Menedemos schrieb:Da muss man den Planeten aber exakt ansteuern, damit man diesen Effekt ausnutzen kann. Bei zufällig durch das Planetensystem trudelnden Brocken ist eine solche Flugbahn zwar nicht auszuschließen, aber vermutlich nicht besonders wahrscheinlich.
Stell Dir mal unser Sonnensystem als Dartscheibe vor. Nehmen wir nur den inneren Bereich, so einen Radius von 50 Astronomischen Einheiten, sodaß sämtliche acht Planeten und der Pluto in dem Bereich vorkommen. Die Sonne in der Mitte lassen wir mal weg. Damit hätten wir also eine Dartscheibe von 100 AE bzw. fast 15 Milliarden Kilometern Durchmesser. Die acht Planeten und der Pluto wären auf der Dartscheibe große Kreisflächen. Alle Kreisflächen zusammenaddiert ergäbe das eine Fläche von nahezu 31,75 Milliarden Quadratkilometer. Wirklich nicht wenig. Diese Fläche verteilt sich allerdings auf einer immens großen Dartscheibe, welche eine Fläche von fast 8,79 x 10
19 Quadratkilometern besitzt. 87,9 Trillionen Quadratkilometer. Die Dartscheibe ist knapp 2,77 Milliarden mal so groß wie die Gesamtfläche der Planetenscheiben auf ihr.
Wenn Du nun einen Dart auf die Dartscheibe wirfst, einen Dart von Asteroidengröße, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß Du einen Planeten triffst? Richtig: eins zu 2,77 Milliarden ungefähr.
nun gibt es nicht nur einen Asteroiden, sondern zahlreiche. So viele, daß diverse Gesteinsplaneten und -Monde geradezu übersät sind von unzähligen Einschlagkratern. Hinzu kommt, daß die allermeisten Objekte, die auf einen Himmelskörper knallen können, nicht nur einmal in Richtung Dartbrett geworfen werden, sondern seit Milliarden von Jahren immer und immer wieder ihre Bahn durchs Innere Sonnensystem nehmen.
Obwohl also die Einzelwahrscheinlichkeit für so einen Darttreffer so extrem grottenschlecht ist, kommt in ein paar Milliarden Jahren und bei den sehr zahlreichen kleinen Himmelskörpern doch eine geradezu immense Trefferzahl zusammen. Klar, bei meinem "Dartspiel" haben die "Darts natürlich selbst bei nem knappen Vorbeiflug noch die Chance, einen Planeten zu erwischen, weil die Planeten die Knappvorbei-Flieger mit ihrer Gravitation noch zu sich hin ablenken. Trotzdem dürfte an der Größenordnung 1 : 2,77 Milliarden sich nicht viel ändern.
So, nun müssen solche Asteroiden oder wasauchimmer, um das System zu verlassen, nicht auf nen Planeten knallen, sondern ihn eng umkreisen. Aber auch dafür müßten diese Objekte eine "Fläche auf der Dartscheibe" treffen, die ähnlich groß ist wie die Planeten selbst. Immerhin darf der Bereich sicher etwas größer sein. Aber es bleibt dennoch bei ungefähr der Größenordnung von eins zu einer Milliarde. Nun ist es auch noch wichtig, in welche Richtung die die Sonne umkreisenden Planeten angesteuert werden, von vorn oder von hinten.
Nehmen wir mal an, der Bereich um den Planeten herum, in dem ein Flyby nennenswerten Schub einbringt, ist sehr viel kleiner als so ein Planetenquerschnitt, und die Chance, den Planeten von der richtigen Seite her anzufliegen, im richtigen Winkel usw., ist gegenüber den Alternativen ebenfalls gering. Zusammen, nehmen wir es mal an, wäre die Chance, um einen Planeten rumzuschwingen und dabei den nötigen Fluchtspeed zu gewinnen, um eine Million mal geringer als die Chance, solch einen Planeten direkt zu treffen.
Was hieße das? Allein auf der erdzugewandten Seite des Mondes gibt es 300.000 Krater von mehr als 1km Durchmesser. Da kleinere Impakte häufiger sind als größere, geht die Zahl der Mondkrater ab 100m Durchmesser schon mal in die (mehrere) Millionen. Und nun stell Dir mal alle Impakte von allen 8+1 Planeten des Inneren Sonnensystems zusammen vor. Und teil diese Zahl durch eine Million. Es bleibt noch eine ziemlich große Zahl übrig. Und das ist die Zahl jener Asteroiden udgl. die seit Entstehen des Sonnensystems bis heute durch Flyby das Sonnensystem verlassen haben könnten.
Menedemos schrieb:wenn man sich die Oortsche Wolke so anschaut, da fliegen ja anscheinend ziemlich viele Objekte am Rand des Sonnensystems herum, die dort nicht entstanden sein können, die vielmehr aus den inneren Bereichen des Sonnensystems hinauskatapultiert worden sind und die offenbar nur um ein Haar dem Schicksal eines völligen Entschwindens entgangen sind.
Naja, viel ist relativ. Die sind dort so dünn gestreut, daß es ungefähr ein einziges Objekt innerhalb eines Raumes gibt, der so groß ist wie die kugelförmige Sonnennähe bis zur Saturnbahn. Bis zum Saturn gibt ed dagegen vier kleine und zwei Große Planeten, etliche Monde, den kompletten Asteroidengürtel, ein paar Trojaner und noch zahlreiche NEOs udgl. Nur weil der Raum da draußen so immens riesig ist, sind das schon erklecklich viele Oortschewolken-Objekte.
Die allerdings gar nicht allesamt vom inneren Sonnensystem stammen dürften.
Der nächste Stern zur Sonne, Proxima Centauri, ist 4,246 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Jedoch nicht für ewige Zeiten. Die Sterne ziehen allmählich aneinander vorbei, nähern sich zunächst und entfernen sich dann wieder. In ein paar Millionen Jahren werden wir mehrere andere Sterne als nächsten Nachbarn gehabt haben. Ebenso war das in der Vergangenheit so.
Und das sind immerhin nur 100.000 Jahre (20.000 vergangene und die 80.000 nächsten).
Vor 70.000 Jahren war übrigens der Doppelstern "WISE J072003.20−084651.2", auch Scholz' Stern genannt, auf ca. 52.000 Astronomische Einheiten nahe an unsere Sonne gerückt. Ein Lichtjahr sind übrigens mehr als 63.000 Astronomische Einheiten. Scholz' Stern befand sich also ziemlich genau in der Mitte der Ausdehnung der Oortschen Wolke. Die Objekte der Oortschen Wolke, die in leidlicher Nähe von Scholz' Stern waren, dürften unter die lokale gravitative Dominanz dieses Doppelsterns geraten sein und fortan diesen umkreist haben. Und entsprechend bei dessen allmählicher Abwanderung auch mit ihm mitgegangen sein. Andere Objekte wurden "einfach nur" aus der Oortschen Wolke gekickt, zum einen ins innere Sonnensystem als extrem elliptische Asteroiden, zum anderen in den freien Raum. Und etliche Objekte der Scholzschen "Oortschen Wolke" werden von unserer Sonne übernommen worden sein.
Durch jeden Sternentransit wird die Oortsche Wolke "aufgemischt", kommt es zu Verlusten und Gewinnen. Auch manche interstellaren Objekte mögen von der Oortschen Wolke "eingefangen" worden sein, bzw. waren früher mal Teil der Oortschen Wolke.
Ich weiß nicht, wie man die Herkunft anteilig bestimmen kann, aber ich könnt mir durchaus vorstellen, daß von den heutigen Objekten der Oortschen Wolke nur die wenigsten in unserem Sonnensystem entstanden sind.
Menedemos schrieb:Beweise sind nicht nur Berechnungen, sondern die Existenz der Oortschen Wolke
Meines Wissens ist die Oortsche Wolke bis heute nur ein hypothetisches Konstrukt. So gewiß wir auch bezüglich der Existenz der Oortschen Wolke auch sind / sein können, mit der Oortschen Wolke läßt sich nichts beweisen, solang sie nicht selbst bewiesen ist.