Hallo
@Kayla Kayla schrieb:Ja und ? Quellen gibt es viele und bevor man anzweifelt, sollte man erst mal alle durchlesen.
Gut gesagt, dann machs mal. Steht bei Dir ja leider noch aus, sonst wüßtest Du das ja, wie das mit der Kanonsentwicklung abgelaufen ist.
Kayla schrieb:Aus deiner und aus der Sicht einiger Ignoranten ist das sicherlich so.
Immer gleich mal persönlich werden, ja? Das Dumme ist doch, daß selbst Du diese von Hieronymus aufgegriffene Überlieferung für falsch hältst, denn unser bekanntes griechisches Matthäusevangelium
ist eben nicht die Übersetzung jenes Evangeliums, das sagst Du genauso wie ich.
Kayla schrieb:Und weil deine Annahmen natürlich richtig sind ? Ist schon klar. Danke.
Nein, ich habe gar nichts darüber gesagt, wie rum die Abhängigkeitsrichtung nun auszusehen habe. Ich laß es erst mal offen. Meine Aussage ist nur, daß die Abhängigkeitsrichtung eben nicht die von Hieronymus genannte sein
muß, eben weil Hieronymus' Herleitung, warum das so wäre, falsch ist. Könnte grundsätzlich ja noch immer so rum sein, hab ich hier nirgends ausgeschlossen.
Du denkst Dir zu viel in meine Ausführungen hinein und kritisierst mich dann dafür, das muß doch nicht sein. Wäre wirklich schön, wenn Du da zurückhaltender wärst.
Kayla schrieb:Von entscheidender Bedeutung ist dabei ein Ur-Matthäusevangelium mit teilweise anderen Inhalten als das biblische Matthäusevangelium. Hieronymus selbst berichtet über einen in Hebräisch verfassten Urtext des Matthäusevangeliums, der nicht mit dem aus der Bibel bekannten Matthäusevangelium übereinstimmt. Dieses Evangelium sei zudem identisch mit dem so genannten Nazaräerevangelium.
Hieronymus berichtet über das Nazaräerevangelium, das dem griechischen Matthäusevangelium ähnelt, aber in bestimmten Punkten davon abweicht. Daß dieses Evangelium für den "Urmatthäus" gehalten wird, ist dabei nur eine Überlegung bzw. persönliche Folgerung. Kein einziger Kirchenvater beruft sich auf eine Überlieferung, wonach jenes hebräische Evangelium das des Matthäus sei. Angesichts der sonstigen zahlreichen kirchenväterlichen Berufung auf Überlieferungen, daß das griechische Matthäusevangelium von Matthäus stamme und eine Übersetzung aus dem Hebräischen wäre, erweist sich diese Identifizierung mit dem Nazaräerevangelium (oder einem anderen, etwa dem Hebräerevangelium) als reine Spekulation.
Jedenfalls desavouiert Hieronymus seine Folgerungen aus dem Vergleich der beiden Evangelien selbst, indem er behauptet, jenes hebräische kürzlich erst selbst übersetzt zu haben. Denn was er dann als seine Übersetzung bringt, findet sich wundersamerweise so bereits in einem Zitat des Origenes aus dem Nazaräerevangelium. Im Wortlaut! Kein Wunder, wenn Hieronymus dafür schon als "einer der schamlosesten und hinterlistigsten literarischen Schwindler und Freibeuter" gerügt wurde. Da Hieronymus' Interpretation, der griechische Matthäustext sei Übersetzung des Nazaräerevangeliums, auf seiner vorgeblichen eigenen Übersetzung und Analyse des letzteren fußt, wiegt diese Interpretation natürlich durch die nur vorgetäuschte Leistung umso weniger als ohnehin.
Kayla schrieb:Und nach Kirchenvater Epiphanius (315-403) wäre wohl auch das so genannte Ebionäerevangelium eben dieses Ur-Matthäusevangelium. Epiphanius schreibt wörtlich, dass jenes Ebionäerevangelium "nach Matthäus genannt wird" und auch mit "dem hebräischen Evangelium" identisch sei (haer.30.13,2f.)
Das Ebionäerevangelium, das Hebräerevangelium und das Nazaräerevangelium sind drei verschiedene Evangelienschriften. Dieter Potzel zeigt damit nur, daß das griechische Matthäusevangelium von verschiedenen Kirchenvätern auf je ein anderes "Urevangelium" zurückgeführt wird, sodaß keine dieser Kirchenväteraussagen als verläßliche Quelle gelten kann, mit der man beweisen könne, daß Matthäus ursprünglich mal auf hebräisch (/aramäisch) verfaßt gewesen sein müsse, und dieses dann mit diesem oder jenem hebräischen Evangelium identisch wäre.
Kayla schrieb:Zumindest rechnete Hieronymus einige Jesusworte, die heutige Wissenschaftler dem "Hebräerevangelium" zuordnen, ebenfalls dem Nazaräerevangelium bzw. dem Ur-Matthäus zu.
Noch ein Beispiel dafür, daß Hieronymus das Nazarenerevangelium so schlecht kannte, daß er es nicht von Zitaten aus dem Hebräerevangelium unterscheiden konnte. Ja, er erzählt sogar, daß die AT-Zitate des Matthäus nicht aus der Septuaginta stammen, der griechischen Übersetzung des AT, sondern aus der hebräischen Bibel selbst. Diesen Unterschied kann man zwar wirklich erkennen, aber dumm nur, daß die Matthäuszitate tatsächlich Septuagintazitate sind. Zwar weicht Matthäus wirklich häufiger von dem Septuagintatext ab als die anderen Evangelien, jedoch ohne dadurch eine größere Nähe zum hebräischen Wortlaut zu erhalten. Zu deutsch: Matthäus ging freier mit dem Zitieren um, paßte die AT-Zitate in ihrer Formulierung seinen Bedürfnissen an (wie mit dem Zitat, Jesu Aufwachsen in Nazareth sei die Erfüllung eines "er soll Nazarener heißen", wo es doch um einen Nasiräer geht!)
Kayla schrieb:Machtinteressen werden für die heutige Deutung immer wieder herangezogen und reißen die Wahrheit aus dem Zusammenhang. Du scheinst dich dieser Vorgehensweise gerne anzuschließen, weil du auf jeden Fall Recht behalten musst. Und Jemand der theologie studiert hat, hat natürlich sehr viel weniger Ahnung von der Materie als du.
Abgesehen, daß Du hier schon wieder persönlich werden mußt - wieso muß einer, der Theologie studiert hat, denn mehr Ahnung von der Materie haben als ich? Das "mehr Ahnung" sollte sich aus inhaltlichen Ausführungen ergeben, nicht aus vorzeigbaren Abschlüssen. Die können allenfalls ein statistisches Mittel andeuten, aber besagen für einen konkreten Fall erst mal gar nichts. Wäge inhaltlich ab. Zu vertrauen "der wirds schon wissen, der hats ja studiert", ist trügerisch.
Kayla schrieb:Eben nicht, dass war höchstens den männlichen Bevölkerungsschichten vorbehalten und bei Mädchen wohl eher die Ausnahme.
Solang Du nicht alle Männer als an der Verschwörung beteiligt betrachtest, reicht mir diese Deine Einschränkung (die ich freilich nicht teile) völlig aus. Gibt genügend Leutz, die die von Dir angenommene Täuschung mitbekommen hätten.
Kayla schrieb:Eine vergleichsweise hohe Lesekompetenz bestand im Volk Israel. Die 5 Bücher Mose wiesen Eltern an, ihren Kindern (und dabei besonders den Jungen) das Lesen (und Vorlesen) des „Wortes Gottes“ beizubringen.
Und unter den ersten Christengenerationen, auch in der Diaspora, gab es auch immer Christen jüdischer Herkunft. Erst ab dem zweiten Jahrhundert minimierte sich ihr Anteil drastisch, ging aber noch lange nicht gegen Null.
Kayla schrieb:Was da drin steht kannst du in die Tonne kloppen.
Ach, und wieso? Weil Latein nicht die Muttersprache des Übersetzers ist, der sogar Rechtschreibfehler in den Kanon Muratori einbaute (wenn dies nicht vom Kopisten herrührt)? Weil die Abschrift erst aus dem siebten Jahrhundert stammt, das Original also (wie so gut wie alle Originale aus antiker-spätantiker Zeit) nicht erhalten ist? Wieso?!
Pertti