@DonFungiDonFungi schrieb:Wenn du mir schreibst, du bist das Opfer deiner Vorstellungen. Hast du da schon Erfahrungen gesammelt mit. Kannst du darüber berichten oder wie kommst du zu dieser Aussage?
Ja, sicher, darüber kann ich eine Menge aus eigener Erfahrung berichten.
Wie ich zu der Aussage komme?
Ich benutzte dieselbe Methode, die alle anderen auch benutzen und die man nur schwer selbst steuern kann, weil sie in einem Bereich des Bewusstseins liegt, den die Gehirn- und Bewusstseinsforscher das Reptiliengehirn nennen. Es hat seine Bezeichnung daher, dass wir diesen Bereich des Gehirns mit den Reptilien gemein haben. Dieser Bereich an Aufmerksamkeit kommt immer dann zum Zug, wenn wir uns angegriffen fühlen, in welcher Form auch immer. Die dort befindlichen Aufmerksamkeitsanteile (=Absichten) sind zuständig für das Umsetzen eines Verhaltens von Kampf oder Flucht, bei dem dann akribisches Denken nicht mehr gefragt ist.
Ein Beispiel: Der Mensch der Frühzeit war gefährdet, wenn ihm ein Berglöwe begegnete. Heute sind wir gefährdet, wenn jemand ein Stück Papier nimmt, auf das wir etwas geschrieben haben, und zerreißt es. Dann sind wir sauer und dann kommen diese Aufmerksamkeitsanteile aus dem Reptilienbewusstseinsbereich zum Einsatz.
Immer wenn ich das Gefühl habe, ich bin unterlegen, in welcher Situation auch immer, dann beginnen die Aufmerksamkeitsanteile aus diesem Bereich meines Bewusstseins zu wirken. Das sind Gewohnheiten. Sehr wichtige und wertvolle Gewohnheiten, aber sie können einen auch täuschen.
Wenn ich mich z.B. in eine "Kampfstellung" begebe, gemeint ist hier "vom Denken" her, weil mir jemand komisch vorkommt, weil ich ihn nicht wirklich einordnen kann, dann fange ich an, mir Vorstellungen zu erschaffen, dir mir vorgaukeln, ich bin besser als er. Dann sage ich solche Sachen wie "Ich weiß genau, wer du bist und was du von mir willst" oder "Ich kenne dich, du willst mir etwas aufdrängen" oder "Mir kannst du nichts vormachen" und Ähnliches.
Der Trick ist, als ich lernte, mit entsprechender Aufmerksamkeit zu bemerken, dass ich es war, der mich mit solchem Verhalten selbst zum Deppen machte. Denn sobald ich wieder klar denken kann, weiß ich schließlich, dass ich diesen Jemand tatsächlich nicht wirklich kenne und ich mir nur "mich zufrieden stellende" Vorstellungen über ihn erschaffen habe, um meine Position zu wahren. Das ist ein ganz natürliches Verhalten.
Du siehst, ich kenne solche Situationen aus eigenen Erfahrungen sehr genau.
Auf diese Weise habe ich mich öfter selbst reingelegt, als du denkst!
So viel dazu.
DonFungi schrieb:Eigentlich gehts um die Evolution der Gottesvorstellung.
Wenn ich so etwas lese, wie dieses Diskussionsthema, dann weiß ich, hier geht es zunächst um eine Vorstellung und der Frage, wie sie entstanden ist. Ich brauche gar nicht lange zu überlegen, denn ich weiß aufgrund persönlicher Erfahrungen:
Eine Vorstellung bedarf einer Erinnerung. Wenn ich mir etwas vorstellen will, egal was, dann benötige ich dazu eine Erinnerung, diese verändere ich dann und erhalte als Ergebnis das, was man eine Vorstellung nennt. So entstehen alle meine Vorstellungen. Eine andere Möglichkeit kenne ich nicht.
Ich bemerke also genau, immer dann, wenn ich mir etwas vorstelle, dann weiß ich, dass da eine Erinnerung zugrunde liegt. So kann ich mit genügend Aufmerksamkeit prüfen, ob ich mir nur etwas vorstelle, oder nicht.
Das heißt:
Wenn nun jemand etwas über seine Gottesvorstellung erfahren möchte, dann muss er sich zunächst seine Erinnerungen anschauen. Da wird er dann die Antwort finden. Ich kann sie ihm nicht geben. Denn ich erschaffe mir keine Vorstellung von einem Gott, die ich ihm dann mitteilen könnte.
Ich bemerke, die Frage ist also nicht mehr, wie die Vorstellung evolviert sein könnte, sondern welche Erinnerungen zugrunde liegen, damit es überhaupt zu einer Gottesvorstellung kommen kann.
Wie entstehen denn nun solche Erinnerungen, die eine Gottesvorstellung hervorrufen?
Ich bin mir sicher, die Erinnerungen, welche die allermeisten Menschen auf diesem Planeten benutzen um damit ihre Gottesvorstellung zu erschaffen, haben sie im Laufe ihres Lebens durch das Lesen von Texten und Schriften, in denen etwas über einen Gott erzählt wird, oder einfach vom Hörensagen übernommen.
Aus der Geschichte der Menschheit kann man entnehmen, dass nahezu in allen zeitlichen Phasen, in denen es Menschen gab, sie eine Vorstellung von etwas "Höherem" als sie selbst hatten. Diese Vorstellungen sind aus Erinnerungen entstanden, weil man in der Natur etwas bemerkte, das man sich nicht erklären konnte. Man erschuf sich eine Metapher, mit der sich dann bestimmte Prozesse in der Welt erklären ließen. Das Gewitter wurde erklärt mit einem Donnergott, der dann böse war, wenn es donnerte. So gab es bei den Normannen den Donar, von dem sich der Donnerstag ableitet. Die Römer hatten dafür den Cousin vom Donar, den Tonanz, von dem wir immerhin noch das "tönen" ableiten. Auf diese Weise kamen immer mehr Metaphern hinzu, ergänzten sich und formten schließlich die eine oder andere Gottesvorstellung. Das nur als Beispiele.
Und dann kommt die Wissenschaft und sagt nun, das ist so und so, Elektrizität, Feuchtigkeit, pi-pa-po, und so haben wir eine neue, eine derzeitige wissenschaftliche Metapher. Es kann sein, dass wir in 2.000 Jahren eine ganz andere Metapher haben, wenn wir nämlich begriffen haben werden, dass die Denkweise "Körper und Geist" (body and mind), tatsächlich eine Einheit ist und keiner zwei Partner, die sich streiten.
Es ist auch sicher: Derjenige, der eine Gottesvorstellung benötigt, kann noch niemals einem Gott persönlich begegnet sein, denn dann bräuchte er ja keine Vorstellung mehr.
Fazit:
Eine Gottesvorstellung kann nur aus Erinnerungen evolviert sein.
Falls du keine Fragen mehr an mich haben solltest, dann ist dieses Diskussionsthema für mich erledigt.
Danke für deine Aufmerksamkeit.
:)