Allmystery
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Die Evolution des Glaubens
08.08.2006 um 22:44Was ist das erste, das Sie tun, wenn der Boden unter Ihren Füßen anfängt zu beben und die Wände um Sie herum beginnen zu wackeln? Die Kinder packen und flüchten? Die Hausversicherungs-Policen prüfen? Auf Ihre Knie fallen und für Gnade beten? - Alles gut nachvollziehbare Reaktionen, aber nicht Ihre Allererste. Stattdessen werden Sie, auch wenn Sie einer unmittelbaren Katastrophe gegenüberstehen, wertvolle Zeit damit verbringen, sich zu fragen, „Was war das"?
Man nennt dies den "kognitiven Imperativ", das einzigartige und festverankerten Streben des Menschen Ursache mit Wirkung zu verknüpfen. Dieser Instinkt verschaffte uns einen entscheidenden evolutionären Vorteil gegenüber anderen Tierrassen. Schließlich könnte der Lärm lediglich von einem vorbeifahrenden Lastkraftwagen stammen, worüber man sich keine grauen Haare wachsen lassen muss.
Wie wir auf ein Erdbeben reagieren, ist nur ein Beispiel für den "kognitiven Imperativ", der von dem englischen Wissenschaftler Lewis Wolpert in seinem Buch „Six Impossible Things Before Breakfast" beschrieben wird. Wolpert beschäftigt sich in diesem Buch eingehend mit dem evolutionären Ursprung des Glaubens. Wenn Ihnen dieses Thema bekannt vorkommt, dann liegt das daran, dass die Suche nach den wissenschaftlichen Wurzeln religiösen Glaubens dieser Tage ein heiß diskutiertes Thema ist.
In seinem 2004 veröffentlichten Buch „The God Gene" (Das Gott Gen) behauptet der Molekularbiologe Dean Hamer, eines der Gene ausgemacht zu haben, dass für Spiritualität verantwortlich sei. Kürzlich heizte der amerikanische Philosoph und Evolutionstheoretiker Daniel Dennett die Auseinadersetzung erneut an, indem er Religion im Sinne von Memen auslegte - kulturelle Ideen, die sich ausbreiten, weiterentwickeln und in unseren Köpfen überleben können, ob sie gut für uns sind oder nicht. Unterdessen setzen Forscher am „Centre for the Science of the Mind" in England Freiwillige heftigen Schmerzen aus, um herauszufinden, ob ihnen religiöser Glauben helfen kann mit physischen Leiden umzugehen.
Als Entwicklungsbiologe an Londons University College und als einer der bekanntesten Förderer des öffentlichen Verständnisses für Wissenschaft, behandelt Wolpert in seinem Buch Gene, Memen, Schmerz und diverse andere Themen. Doch anstatt sich bloß mit Gottesgläubigen anzulegen, bemüht sich sein Buch darum die Wissenschaft, auf der aller intuitiver Glauben basiert, zu untersuchen, einschließlich Religion, an die sich die Menschen hartnäckig klammern, trotz der größten Anstrengungen sie rationell zu verwerfen: der Glaube an Paranormales, Magie und Übernatürliches; Aberglauben; der Glaube an alternative Heilmedizin und Therapien; die Überzeugung davon, dass wir früher oder später dazu bestimmt sind, einen Lottojackpot zu gewinnen.
Wolpert folgert, dass unsere Glaubensmaschine nach gänzlich unwissenschaftlichen Prinzipien funktioniert: „Sie bevorzugt schnelle Entscheidungen, sie ist schlecht im Umgang mit Zahlen, liebt Metaphern und sieht Muster, wo nur Wahllosigkeit herrscht. Sie wird zu oft von Autorität beeinflusst und hat eine Vorliebe für Mystisches."
Es ist kein Zufall, dass die Eigensinnigkeit unserer "irrationalen" Überzeugungen unseren Ängsten vor dem Unbekannten und Unausweichlichen entsprechen - die Angst vor Krankheit, Tod und natürlichen Katastrophen. Obwohl Wolpert ein leidenschaftlicher Befürworter der Wissenschaft ist, erkennt er an, dass Religion ihre Vorteile hat und dass in manchen Dingen „die Vernunft niemals über den Aberglauben triumphieren wird." Der Nobelpreisträger Physiker Niels Bohr erklärte einmal warum er trotzdem ein Hufeisen an seiner Wand zu hängen hat - nicht, weil er glaubte, dass es ihm Glück bringen würde, sondern da man ihm sagte, dass es das tun würde, selbst wenn er nicht daran glaube. „Wie soll man gegen solch eine Logik argumentieren?," fragte Bohr.
Wolpert scheint glücklich zuzustimmen. Sein Buch trägt den bekannten Titel „Through the Looking Glass", benannt nach der gleichnamigen Geschichte von Lewis Carroll, in der die Weiße Königin Alice erklärt, dass der Glauben an unmögliche Dinge nur einer Frage der Übung sei. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Autor mit seiner Novelle die Absicht verfolgte zu verdeutlichen, dass der "Trieb" Ursache und Wirkung miteinander zu verknüpfen direkt auf die frühesten Erfindungen von Werkzeugen unserer menschlichen Vorfahren zurückzuführen ist. Die Fähigkeit, einen Pfeil zu spitzen, so vermutet Wolpert, begünstigte eine Art des kausalen Denkens, dass über den Horizont anderer Spezies ging: man nehme einen bestimmten Typ von Stein, schlage ihn auf genau eine Art und Weise und es entsteht eine Schnittkante. Die spätere Entwicklung eines weiteren Werkzeuges, der Sprache, ermöglichte es den frühen Menschen, die Technologie Anderen zu erklären und innerhalb eines evolutionären Augenschlages waren wir genetisch ausgestattet, um eine Ursache für alles zu suchen, was wir sehen.
Wolpert verbindet die Erkenntnisse über unseren Glaubensmechanismus mit dem Benutzen von Werkzeugen und schlägt so ein fruchtbareres Übereinkommen zwischen Glauben und Wissenschaft vor, anstatt sich auf den entweder/oder Konflikt einzulassen, bei dem wir uns normalerweise immer für eine Seite entscheiden müssen. Wolpert schrieb sein Buch, nachdem er durch den Eintritt seines Sohnes in eine fundamentalistische christliche Kirche erschüttert war. Der Sohn sagte seinem Vater, dass er ihn beneide, da der ältere Wolpert bald sterben würde und zuerst in den Himmel kommen würde. Diese Logik beunruhigt den Wissenschaftler noch immer, der Elter in ihm erkennt jetzt jedoch an, dass die Kirche eine große Bereicherung für seinen Sohn ist. Die Menschen werden immer an religiöse Dinge glauben, so Wolpert: „nicht nur, weil das Mystische in unseren Gehirnen ist, sondern auch, da es enormen Trost und Sinn spendet." Wenn Ihnen also Ihr "kognitives Imperativ" sagen will, dass es der Boden ist, der unter Ihnen bebt, ist die gute Nachricht, dass Ihnen der menschliche Werkzeugkasten noch andere Glaubensüberzeugungen bereitstellt, die sie ausprobieren können.
Man nennt dies den "kognitiven Imperativ", das einzigartige und festverankerten Streben des Menschen Ursache mit Wirkung zu verknüpfen. Dieser Instinkt verschaffte uns einen entscheidenden evolutionären Vorteil gegenüber anderen Tierrassen. Schließlich könnte der Lärm lediglich von einem vorbeifahrenden Lastkraftwagen stammen, worüber man sich keine grauen Haare wachsen lassen muss.
Wie wir auf ein Erdbeben reagieren, ist nur ein Beispiel für den "kognitiven Imperativ", der von dem englischen Wissenschaftler Lewis Wolpert in seinem Buch „Six Impossible Things Before Breakfast" beschrieben wird. Wolpert beschäftigt sich in diesem Buch eingehend mit dem evolutionären Ursprung des Glaubens. Wenn Ihnen dieses Thema bekannt vorkommt, dann liegt das daran, dass die Suche nach den wissenschaftlichen Wurzeln religiösen Glaubens dieser Tage ein heiß diskutiertes Thema ist.
In seinem 2004 veröffentlichten Buch „The God Gene" (Das Gott Gen) behauptet der Molekularbiologe Dean Hamer, eines der Gene ausgemacht zu haben, dass für Spiritualität verantwortlich sei. Kürzlich heizte der amerikanische Philosoph und Evolutionstheoretiker Daniel Dennett die Auseinadersetzung erneut an, indem er Religion im Sinne von Memen auslegte - kulturelle Ideen, die sich ausbreiten, weiterentwickeln und in unseren Köpfen überleben können, ob sie gut für uns sind oder nicht. Unterdessen setzen Forscher am „Centre for the Science of the Mind" in England Freiwillige heftigen Schmerzen aus, um herauszufinden, ob ihnen religiöser Glauben helfen kann mit physischen Leiden umzugehen.
Als Entwicklungsbiologe an Londons University College und als einer der bekanntesten Förderer des öffentlichen Verständnisses für Wissenschaft, behandelt Wolpert in seinem Buch Gene, Memen, Schmerz und diverse andere Themen. Doch anstatt sich bloß mit Gottesgläubigen anzulegen, bemüht sich sein Buch darum die Wissenschaft, auf der aller intuitiver Glauben basiert, zu untersuchen, einschließlich Religion, an die sich die Menschen hartnäckig klammern, trotz der größten Anstrengungen sie rationell zu verwerfen: der Glaube an Paranormales, Magie und Übernatürliches; Aberglauben; der Glaube an alternative Heilmedizin und Therapien; die Überzeugung davon, dass wir früher oder später dazu bestimmt sind, einen Lottojackpot zu gewinnen.
Wolpert folgert, dass unsere Glaubensmaschine nach gänzlich unwissenschaftlichen Prinzipien funktioniert: „Sie bevorzugt schnelle Entscheidungen, sie ist schlecht im Umgang mit Zahlen, liebt Metaphern und sieht Muster, wo nur Wahllosigkeit herrscht. Sie wird zu oft von Autorität beeinflusst und hat eine Vorliebe für Mystisches."
Es ist kein Zufall, dass die Eigensinnigkeit unserer "irrationalen" Überzeugungen unseren Ängsten vor dem Unbekannten und Unausweichlichen entsprechen - die Angst vor Krankheit, Tod und natürlichen Katastrophen. Obwohl Wolpert ein leidenschaftlicher Befürworter der Wissenschaft ist, erkennt er an, dass Religion ihre Vorteile hat und dass in manchen Dingen „die Vernunft niemals über den Aberglauben triumphieren wird." Der Nobelpreisträger Physiker Niels Bohr erklärte einmal warum er trotzdem ein Hufeisen an seiner Wand zu hängen hat - nicht, weil er glaubte, dass es ihm Glück bringen würde, sondern da man ihm sagte, dass es das tun würde, selbst wenn er nicht daran glaube. „Wie soll man gegen solch eine Logik argumentieren?," fragte Bohr.
Wolpert scheint glücklich zuzustimmen. Sein Buch trägt den bekannten Titel „Through the Looking Glass", benannt nach der gleichnamigen Geschichte von Lewis Carroll, in der die Weiße Königin Alice erklärt, dass der Glauben an unmögliche Dinge nur einer Frage der Übung sei. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Autor mit seiner Novelle die Absicht verfolgte zu verdeutlichen, dass der "Trieb" Ursache und Wirkung miteinander zu verknüpfen direkt auf die frühesten Erfindungen von Werkzeugen unserer menschlichen Vorfahren zurückzuführen ist. Die Fähigkeit, einen Pfeil zu spitzen, so vermutet Wolpert, begünstigte eine Art des kausalen Denkens, dass über den Horizont anderer Spezies ging: man nehme einen bestimmten Typ von Stein, schlage ihn auf genau eine Art und Weise und es entsteht eine Schnittkante. Die spätere Entwicklung eines weiteren Werkzeuges, der Sprache, ermöglichte es den frühen Menschen, die Technologie Anderen zu erklären und innerhalb eines evolutionären Augenschlages waren wir genetisch ausgestattet, um eine Ursache für alles zu suchen, was wir sehen.
Wolpert verbindet die Erkenntnisse über unseren Glaubensmechanismus mit dem Benutzen von Werkzeugen und schlägt so ein fruchtbareres Übereinkommen zwischen Glauben und Wissenschaft vor, anstatt sich auf den entweder/oder Konflikt einzulassen, bei dem wir uns normalerweise immer für eine Seite entscheiden müssen. Wolpert schrieb sein Buch, nachdem er durch den Eintritt seines Sohnes in eine fundamentalistische christliche Kirche erschüttert war. Der Sohn sagte seinem Vater, dass er ihn beneide, da der ältere Wolpert bald sterben würde und zuerst in den Himmel kommen würde. Diese Logik beunruhigt den Wissenschaftler noch immer, der Elter in ihm erkennt jetzt jedoch an, dass die Kirche eine große Bereicherung für seinen Sohn ist. Die Menschen werden immer an religiöse Dinge glauben, so Wolpert: „nicht nur, weil das Mystische in unseren Gehirnen ist, sondern auch, da es enormen Trost und Sinn spendet." Wenn Ihnen also Ihr "kognitives Imperativ" sagen will, dass es der Boden ist, der unter Ihnen bebt, ist die gute Nachricht, dass Ihnen der menschliche Werkzeugkasten noch andere Glaubensüberzeugungen bereitstellt, die sie ausprobieren können.