War Gott schon immer da?
07.07.2012 um 12:56
Glaube und Wissen sind Aspekte der Zeit
Glaube ist Zukunft.
Alles Geglaubte, alle Vorstellungen, dienen der Erschaffung eines Zukunft-Szenarios, dass etwas Bestimmtes so oder so sein könnte.
Wissen ist Vergangenheit.
Alles Gewusste, alle Erinnerungen dienen der Erschaffung eines Vergangenheit-Szenarios.
Jeder Glaube, jede Vorstellung bedarf immer eines Entscheidungskriteriums, ob wir etwas "als geglaubt" oder "als gewusst" betrachten. Die Gewissheit darüber verschaffen wir uns oft mit der Bestätigung eines anderen Menschen. Wenn auch er dasselbe "sieht", was ich sehe, ist die Wahrscheinlich groß, dass ich es nicht mehr als eine Vorstellung sondern als eine Gewissheit betrachte.
Eine tatsächliche Gewissheit ist das jedoch immer noch nicht, es ist lediglich eine Vereinbarung. Denn tatsächlich vereinbaren wir lediglich gegenseitig, was wir als "echt" und "wahr" ansehen, und was wir uns nur vorstellen. Im Grunde genommen bestätigen wir uns gegenseitig unsere vorhandenen Bewusstseinsinhalte.
Qualität von Glauben/Vorstellung
Wenn ich beispielsweise etwas bemerke, was ich sehe, rieche, höre, schmecke und sogar anfassen kann, dann ist das noch lange keine Gewissheit dafür, dass es sich um ein Szenario handelt, welches ich als die "normale Wirklichkeit" bezeichne.
Es kann ebenso gut eine äußerst intensive Vorstellung sein, oder ein Traumgeschehen. Denn in einer Vorstellung wie auch in einem Traumszenario sind meine Sinneseindrücke von derselben Qualität wie in dem Szenario, welches ich als "keine Vorstellung", "keinen Traum", sondern als "normale Wirklichkeit" bezeichne. Da gibt es keinen Qualitätsunterschied.
Das tatsächliche Entscheidungskriterium ist einzig und immer meine Aufmerksamkeit.
Sie entscheidet darüber, ob ich einen Glauben, ein vorgestelltes Zukunft-Szenario genauso echt und wahr erlebe, wie ein solches, welches ich mit Hilfe meiner Sinne als die Gegenwart verstehe. Dann werde ich es nicht mehr als Vorstellung, als Glauben bezeichnen.
Beispiel für sinnliche Qualität
Ich überlege, plane, stelle mir vor, was ich morgen Mittag essen werde. Und aufgrund meiner Aufmerksamkeit weiß ich genau, dass es ich mir nur vorstelle. Ich glaube daher, dass ich morgen keine Suppe, sondern ein saftiges Steak essen werde.
Wenn ich nun anfange, meine Aufmerksamkeit immer intensiver und intensiver auszuüben, dann werde ich das Mittagessen, welche ich mir für morgen vorstelle, genauso intensiv riechen und es sogar schmecken, genauso intensiv das Gefühl haben, das Besteck beim Schneiden des Steaks zu führen, als würde ich es jetzt hier tatsächlich tun. Da gibt es aber auch nicht den geringsten qualitativen sinnlichen Unterschied, vorausgesetzt, dass meine Aufmerksamkeit hinreichend intensiv ist.
Erst wenn ich meine Aufmerksamkeit von dem "geglaubten/vorgestellen" Geschehen wieder abziehe und sie auf meine sogenannten tatsächlichen Sinne richte, werde ich entscheiden, dass ich gerade eben nichts gegessen habe, sondern immer noch am Schreibtisch sitze. Ich werde das Essen als eine Vorstellung bezeichnen, als etwas Geglaubtes.
Doch spätestens morgen, wenn meine Sinne für dieselbe sinnliche Qualität beim Essen und beim Schneiden sorgen, wie heute bei der "Vorstellung", werde ich erneut darüber schmunzeln, wie das zustande kommt, was wir unsere Wirklichkeit nennen, und was wir nur für etwas Geglaubtes, etwas Vorgestelltes halten.
Mit Hilfe meiner Aufmerksamkeit erzeuge ich durch Veränderung von Erinnerungen jeglichen Glauben, jegliche Vorstellung. Denn auf eine andere Art und Weise ist ein Glaube nicht herstellbar.
Der Glaube an Gott, wie auch jeder andere Glaube, ist eine veränderte Erinnerung, die wir Vorstellung nennen. Und es ist allein die Aufmerksamkeit, die darüber entscheidet, wie echt und wahr etwas sein soll und ob ich es einem Zukunfts-Szenario als Glauben zuordne, oder ob ich es jenem Szenario zuordne, welches ich als das Kontinuum des Alltags bezeichne. Qualitative Unterschiede hinsichtlich der Erfahrbarkeit gibt es nicht.