TangensAlpha schrieb:Die Römer hatten Jesus zunächst gar nicht auf dem Schirm.
Klingt mir jetzt zu tatsachig. Wir wissen dazu schlicht nichts, haben keinerlei Grundlagen dafür, dazu was zu sagen. Das einzige, was wir wissen, ist die biblische Schilderung, daß Jesus am Sonntag öffentlichkeitswirksam wie ein Thronanwärter gefeiert wurde und am Freitag am Kreuz hing. Es ist nicht einmal erkennbar, daß Jesus sich vor Palmsonntag je öffentlich als Messias ausgegeben hat bzw. von irgendwelchen Gruppen der Bevölkerung als solcher betrachtet wurde. Ohne das gab es für die Römer denn auch keinen Grund, gegen irgendso einen Wanderprediger vorzugehen. Ab dem "Hosianna, Sohn Davids!" hingegen schon, und da standen die Römer auch bald auf der Matte.
TangensAlpha schrieb:Nicht Jesus hat sich angelegt, sondern die Pharisäer-Clique mit ihm.
Erstens waren die Pharisäer vor allem eine Laienbewegung, die politischen Fäden (unter römischer Vorherrschaft, versteht sich) zogen die Sadduzäer.
Und zweitens dürfte der Konflikt zwischen Kirche und Pharisäertum erst deutlich später, weit nach Ostern aufgekommen sein. Bis in die Sechziger Jahre des ersten Jahrhunderts hinein gab es keine erkennbaren Konflikte, eher ein friedliches, geradezu einvernehmliches Zusammengehen. Der Herrenbruder Jakobus war bis zu seinem Tod Leiter der christlichen Jerusalemer Gemeinde und zugleich eine anerkannte Autorität unter den Pharisäern. Zu seinem Tod zitier ich mal was aus der Wikipedia:
Vermutlich im Jahr 62 n. Chr. berief der sadduzäische Hohepriester Hannas II. das Synhedrium ein, um laut Flavius Josephus Jakobus und einige andere der Gesetzesübertretung anzuklagen und zur Steinigung zu verurteilen. Das Urteil wurde vollstreckt, obwohl die Pharisäer im Rat protestierten und schließlich beim römischen Statthalter Albinus die Absetzung Hannas’ erreichten.
Jesus selbst agierte als ein Pharisäer (Gesetzesauslegung und -verschärfung als ethische Handlungsanweisung, siehe z.B. die Bergpredigt), und er wurde auch von den Menschen als Pharisäer geehrt und angesprochen: "Rabbi". Pharisäer warnen Jesus vor den Nachstellungen des Herodes Antipas (Luk13,31), der ja schon den Täufer erst inhaftieren, dann töten ließ.
Erst in den späten Sechziger Jahren, endgültig dann wegen der christlichen Stellung zum Jüdischen Krieg und vor allem wegen der Interpretation der Niederlage sowie der Zerstörung des Tempels als göttliches Gericht wegen der Kreuzigung, kam es zur deutlichen Entzweiung, aber erst eine Generation später zum endgültigen Bruch. Die Evangelien entstanden erst in der Zeit ab dem Jüdischen Krieg, z.T. deutlich später. In ihnen ist der Konflikt mit den Pharisäern natürlich schon Thema.
TangensAlpha schrieb:Glaubst du allen Ernstes, die hätten ruhig gehalten bei den anti-imperialistischen & anti-hierarchistischen Predigt-Inhalten?
Kannst Du mal Textbeispiele mit solchen Predigtinhalten bringen? Vor allem aber waren Pharisäer selber obrigkeits- und romkritisch drauf, wie kommst Du darauf, die hätten was gegen so einen antiimperialistischen Klerus-Anarchisten unternehmen wollen, als den Du hier Jesus verkaufst?
Bishamon schrieb:Manche meine, dass das NT eine verzerrte Darstellung der Pharisäer beschreibt.
Wohl wahr. Die Rabbinen legten vieles nahezu identisch aus wie Jesus, die rabbinische Überlieferung ist geradezu voll von Parallelen.