Heide_witzka schrieb:Hat nicht Jesus selbst den Jüngern angekündigt dass er nach drei Tagen auferstehen würde? Hingen sie nicht auch sonst an seinen Lippen?
In der Tat kann man das in den Evangelien so lesen. In der Forschung geht man gemeinhin aber davon aus, daß zahlreiche Jesusworte erst nachösterliche Bildungen sind. Gerade solche, die erst aus nachösterlicher Sicht einen Sinn ergeben (z.B. "wer mir nachfolgen will, der [...] nehme sein Kreuz auf sich [...]"). An verschiedenen Stellen werden solche Jesusworte ergänzt um das Gebot, es vorerst nicht weiterzusagen, an anderen Stellen wird angemerkt, daß die Jünger Jesu Wort (vorerst noch) nicht verstanden. Auch dies in der Forschung oft ein Hinweis darauf, daß hier etwas Nachösterliches "vorverlegt" wurde. Auch manche Gemeinderegeln Jesu ergeben keinen Sinn, wenn die Jünger unter Jesus doch noch gar nicht als Gemeinde organisiert sind.
Daß die Auferstehungsankündigungen nicht vorösterlich sind, wird in der Forschung eben damit begründet, daß mit Karfreitag nicht ein Hinweis auf Auferstehungserwartung unter der Jüngerschaft berichtet wird, sondern nur Hoffnungslosigkeit, Furcht, Flucht.
Bishamon schrieb:In den ältesten Handschriften des Markusevangeliums (Codex Sinaiticus und Codex Vaticanus) endet das Markusevangelium mit Vers 16,8
Und es ist definitiv ein "Cliffhanger", also kein redaktionell beabsichtigtes Ende des Evangeliums.
Mk14,28:
Nachdem ich aber auferweckt sein werde, werde ich euch voran nach Galiläa gehen.Mk16,7:
Aber geht hin, sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er euch nach Galiläa vorausgeht! Dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.Mk16,8:
Und sie gingen hinaus und flohen von der Gruft. Denn Zittern und Bestürzung hatte sie ergriffen, und sie sagten niemand etwas, denn sie fürchteten sich.Das ursprüngliche Ende des Markusevangeliums dürfte sehr früh verloren gegangen sein. Eben darum, weil ein richtiges Ende fehlt, gab es in der Textgeschichte so viele verschiedene Erweiterungsvarianten, von denen nur die eine, die sog. Langversion, bis heute noch in vielen Bibelausgaben angeboten wird.
Nein, der Markus"schluß" mit Vers 8 ist kein Argument, das Leere Grab stünde am Anfang der evangelischen Überlieferung.
Das älteste Dokument des Auferstehungsgeschehens ist es ohnehin nicht. Die Paulusbriefe sind alle älter als MkEv. 1.Korinther15,3-8:
Denn ich habe euch vor allem überliefert, was ich auch empfangen habe: dass Christus für unsere Sünden gestorben ist nach den Schriften; und dass er begraben wurde und dass er auferweckt worden ist am dritten Tag nach den Schriften; und dass er Kephas erschienen ist, dann den Zwölfen. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten bis jetzt übriggeblieben, einige aber auch entschlafen sind. Danach erschien er Jakobus, dann den Aposteln allen; zuletzt aber von allen, gleichsam der unzeitigen Geburt, erschien er auch mir.
Nicht das Sehen des leeren Grabes, sondern das Sehen des Auferstandenen durch die Apostel steht am Anfang.
Bishamon schrieb:Kein Wiedersehen mit Jesus:
Und als sie in die Gruft eintraten, sahen sie einen jungen Mann zur Rechten sitzen, bekleidet mit einem weißen Gewand, und sie entsetzten sich.
6 Er aber spricht zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferweckt worden, er ist nicht hier.
Entweder es endet wirklich so, dann ist das bemerkenswert.
As yo can see (Mk14,28 und 16,7), das Wiedersehen war auch im Markusevangelium vorgesehen.
Bishamon schrieb:Zumindest gibt es in jüngeren Schriften 2 unterschiedliche Abschlüsse:
Gibt mehr. Und gibt auch Mischungen verschiedener Enden.
Bishamon schrieb:wobei
[...]
Mk das auch nicht explizit macht?
Die älteste Überlieferung kennt das leere Grab nicht. Nur im Zusammenhang mit erzählerischer Entfaltung erscheint das leere Grab. Die Formeltradition bietet eine Fehlanzeige, Paulus spricht ebenfalls nicht vom leeren Grab.
https://www.bibelstudium.kaththeol.uni-muenchen.de/staatsexamen/mat_rep/auferstehung/osterglauben/leeres_grab/index.html (Archiv-Version vom 20.09.2020)
Also das nenn ich jetzt mal Haarspalterei. Selbstverständlich berichtet MkEv vom leeren Grab. Nur nicht mit den Worten "und sie fanden das Grab leer", oder "und sie sahen, daß das Grab leer war". Aber es steht ja deutlich genug da. Mk16,5f:
Und als sie in die Gruft eintraten, sahen sie einen Jüngling zur Rechten sitzen, bekleidet mit einem weissen Gewand, und sie entsetzten sich. Er aber spricht zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hingelegt hatten.
Wenn in der Bibel in einer erzählenden Passage eine Aufforderung steht oder etwas zum Betrachten präsentiert wird odgl. wobei das Ausführen bzw. das Betrachten unmittelbar erfolgen soll, dann steht oft diese Ausführung nicht da. Dennoch muß ein solcher Text dann durchaus so gelesen werden, als hätte die Ausführung etc. stattgefunden. Im Falle, daß dies nicht der Fall ist, muß das Nichtbefolgen schon ausdrücklich mitgeteilt werden. Markus16,6 bildet da keine Ausnahme.
Hier mal ein Beispiel. Markus3,1-5:
1 Und er ging wieder in die Synagoge; und es war dort ein Mensch, der eine verdorrte Hand hatte.
2 Und sie lauerten auf ihn, ob er ihn am Sabbat heilen würde, damit sie ihn anklagen könnten.
3 Und er spricht zu dem Menschen, der die verdorrte Hand hatte: Steh auf [und tritt] in die Mitte!
4 Und er spricht zu ihnen: Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses zu tun, das Leben zu retten oder zu töten? Sie aber schwiegen.
5 Und er blickte auf sie umher mit Zorn, betrübt über die Verhärtung ihres Herzens, und spricht zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus, und seine Hand wurde wiederhergestellt.