@mile83 Zunächst: Ich kann dir hier nur meine Meinung zu den Dingen, meinen Kenntnisstand und meine Interpretation wiedergeben. Und werde für mich auch nicht pachten, der Weisheit letzen Schluss zu besitzen.
mile83 schrieb:Bei Samkhya weiß ich nur nicht wie Purusha und Prakriti (ich hoffe dir sagen die Begriffe etwas) nebeneinander existieren können, es handelt sich doch bei beiden um Unendlichkeiten.
Das Nebeneinander-Existieren in vollkommener Getrenntheit im Urzustand ist für mich auch so eine Sache. Die Probleme kommen nach Samkhya-Philosophie nämlich erst zu tragen, wenn der Purusha, der selbst stets passiv ist, von dem aktiven Schöpfungsprozess der Prakriti tangiert wird, und die Erlösung käme wiederum zum Tragen, wenn sich beide wieder strikt voneinander scheiden. Das sehe ich zum Teil auch so, aber ich weiss nicht, ob meine Interpretation dieser Sätze mit jenen des Samkhya und deren Vertreter übereinstimmen.
Jedoch, um darauf näher einzugehen, weiter:
mile83 schrieb:Advaita geht jetzt noch einen Schritt weiter und spricht von einer absoluten Ebene die über der dualistischen liegt, wo Purusha(Bewusstsein) und Prakriti (Materie) nicht verschieden sind sondern eins ist.
Das kommt darauf an, was man mit Eins ausdrücken möchte. Etwa (1) eine vollkommene Einheit, als dass da überhaupt keine Trennung zwischen beiden und es nur die Zählbarkeit Eins wäre; oder (2) aber eine Einheit, die Zweiheit ist, im Sinne, dass beide untrennbar zueinander gehören, auch wenn sie selbst voneinander getrennt sind. Stelle dir hierzu eine Poker-Karte vor, die sich oben und unten in ihrem Bilde selbst spiegelt. Die Karte ist eine Karte, aber sie hat zwei Bilder wie sie auch eine Vorder- und eine Rückseite besitzt. Eins, doch zwei. Getrennt und doch nicht getrennt.
(1) Wenn wir von einer vollkommenen Einheit ausgehen, in dem Sinne, als dass da nur die Zählbarkeit Eins wäre, so wäre Beobachtung gar nicht möglich. Das darum, da Beobachtung notwendig eine Zweiheit ist, nämlich des Beobachters und des Beobachteten. Fügen wir in dieses Schema die Sichtweise des Samkyha ein, so entstehen die Probleme, wenn wir uns mit dem Beobachteten identifizieren oder uns dafür halten und nicht mehr vermögen, beides voneinander zu trennen. Wie wenn jemand sagte, er wäre sein Gehirn oder wie wenn jemand seine Integrität daran festmachen würde, dass er ein Auto besitzt. Doch da Vergänglichkeiten eben vergänglich sind, entsteht durch das Festhalten und Haben- oder Sein-Wollen an Vergänglichkeiten Schmerz und Leid, da das Sollen, das wir uns erwünschen, nicht eintreffen kann. Das ist auch gleichsam die Sicht des Buddhismus. Wenn der Samkya das ähnlich sieht, nur anders ausgedrückt, so stimme ich ihm zu.
(2) Wenn wir davon ausgehen, dass Beobachtung eine Einheit aus der Zweiheit Beobachter und Beobachtetem ist, welche notwendig zusammengehören, so kann ich dem Advaita zustimmen. Wenn sie sagen möchten, dass Alles eins ist im Sinne, dass alles mit allem untrennbar verbunden ist, so kann ich dem zustimmen. Wollen sie aber das Schema von (1) aufgreifen und für absolut erklären, dann möchte ich ihnen widersprechen.
(I) Purusha: Den Purusha solle man als das wahre Selbst erkennen. Er sei rein, raum- und zeitlos, hätte weder Farbe, Geruch, noch dergleichen. Das sehe ich auch so. Denn für das Bewusstsein kann man weder Ort noch eine Zeit ausfindig machen. Denn, sage mir doch, welch Form dein Bewusstsein besitzt. Richtig, unmöglich, da es formlos ist. Es selbst ist der Form-Geber. Die Formen erscheinen darin, sich ständig abwechselnd. Es ist ein reines Abstrakta. Vielmehr wirkt im Bewusstseinsfeld Raum und Zeit mit dem Erscheinen der Objekte, der Prakriti darin. Doch Purusha selbst ist unberührt und die Ruhe.
(II) Prakriti: Prakriti solle man als die Vergänglichkeiten im ständig aktiven Prozess erkennen, all das, was in das Bewusstseinsfeld eintrifft und wieder verschwindet. Was also Form, Raum und Zeit besitzt. Das, was Ruhelos ist.
(I) Purusha benötigt Prakriti, um überhaupt sein zu können. Sehender.
(II) Prakriti benötigt Purusha, um überhaupt sein zu können. Gesehenes.
(III) Beide entstammen der Urquelle, in welcher, Advaita, es keine Unterschiede gibt, keine Trennungen. Hier ist Purusha und Prakriti latent vorhanden. Da aber, metaphorisch gesprochen, das Selbst vollkommen von sich selbst eingehüllt, und es wirklich nur Eines gibt, ist dort kein Beobachter, noch etwas Beobachtetes. Dies ist das, so bin ich der Meinung, was wir Nichts nennen. Doch darin ist in Wahrheit auch alles enthalten.