Gleicht die Kirche Hitler?
09.05.2008 um 15:50
Und der zweite Teil für den Klickfaulen:
Band 5: 9. und 10. Jahrhundert [Bearbeiten]Karlheinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums. Band 5. 9. und 10. Jahrhundert. Von Ludwig dem Frommen (814) bis zum Tode Ottos III. (1002). Rowohlt, Reinbek, 1997. ISBN 3498013041
Dem Band ist eine Replik Deschners auf die Anthologie Kriminalisierung des Christentums? und ein Editorial dazu von Hermann Gieselbusch, Lektor beim Rowohlt-Verlag, vorangestellt.
Im dann dargestellten 9. und 10. Jahrhundert kommt es laut Deschner zu einer innigen Verfilzung weltlicher und kirchlicher Macht. Geistliche Fürstentümer entstehen, es blüht der Kriegsdienst des hohen Klerus. Unter den Ottonen ist die Kirche im Heiligen Römischen Reich völlig militarisiert; Bistümer und Abteien gebieten über ein bedeutendes militärisches Potenzial. Auch Päpste ziehen in den Krieg: 849 Leo IV., 877 Johannes VIII., 915 Johannes X.. Päpste exkommunizieren sich gegenseitig, einige werden in den Kerker geworfen, erwürgt, verstümmelt, vergiftet. Sergius III. lässt gleich zwei umbringen. In Kap. 3 werden die Pseudoisidorischen Dekretalien behandelt, die als die bedeutendste Fälschung der Karolingerzeit (Dawson) bezeichnet werden.
Band 6: Das 11. und 12. Jahrhundert [Bearbeiten]Karlheinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums. Band 6. Das 11. und 12. Jahrhundert. Von Kaiser Heinrich II., dem 'Heiligen' (1102), bis zum Ende des Dritten Kreuzzugs (1192). Rowohlt, Reinbek, 1999, ISBN 3498013092
Dieser Band behandelt Kaiser Heinrich II. den Heiligen, der, mit Heiden verbündet, drei Kriege gegen das katholische Polen führt, das folgenschwere Pontifikat von Gregor VII., einem „aggressiven Satan“, der im Investiturstreit zum Sieg des Heiligen Stuhls über den Kaiserthron führt (Canossa), das Schisma mit der Ostkirche, den Ersten Kreuzzug mit dem Massaker aller Einwohner von Jerusalem sowie den Zweiten und Dritten Kreuzzug.
Band 7: Das 13. und 14. Jahrhundert [Bearbeiten]Karlheinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums. Band 7. Das 13. und 14. Jahrhundert. Rowohlt, Reinbek, 2002, ISBN 3498013203
Deschner schreibt über den Staufer-Kaiser Heinrich VI., der die Weltherrschaft auch ohne päpstlichen Segen wollte, und über den mächtigsten Papst der Geschichte, Innozenz III.. In die beschriebene Zeit fallen Kreuzzüge in alle Himmelsrichtungen, darunter der Vierte Kreuzzug, der Kreuzzug Friedrichs II., die Kreuzzüge Ludwigs IX. nach Ägypten und Tunis, der groteske Kinderkreuzzug, die Kreuzzüge von Christen gegen Christen, die Sizilianische Vesper, die Vernichtung der Templer, die Ausrottung der Heiden im Nordosten, das christliche Judenmorden und nicht zuletzt die totalitäre Inquisition, die jegliche Regung freiheitlicher Geister unterdrücken sollte.
Band 8: Das 15. und 16. Jahrhundert [Bearbeiten]Karlheinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums. Band 8. Das 15. und 16. Jahrhundert. Vom Exil der Päpste in Avignon bis zum Augsburger Religionsfrieden. Rowohlt, Reinbek, 2004, ISBN 3498013238
Deschner beschreibt die beginnende Hexenverfolgung, das Abendländische Schisma, die Renaissance-Päpste, den Kampf gegen die innerchristliche Opposition (Wycliff, Hus und das Konzil von Konstanz, Luther und der Bauernkrieg).
Kritik [Bearbeiten]Die Reaktionen auf Deschners Reihe waren gemischt. Während er in der eher liberalen Presse Lob erhielt (so urteilte Jean Améry in der ZEIT über den ersten Band: Vieles imponiert an diesem Werk, vor allem, daß Deschner mit einer Akribie ohnegleichen geforscht hat und nicht müde wird (und hierbei auch seinen Leser niemals ermüdet), historische Fakten – häufig dem Nichttheologen – unbekannter Art auszubreiten, und daß er seiner populär geschriebenen Arbeit das Gewicht ernsthafter Wissenschaftlichkeit verleiht.), war u.a. die Reaktion der eher konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung dagegen ablehnend: (Was Karlheinz Deschner [...] bietet, ist einerseits eine phantasiearme Kompilation des konventionellen Tatsachenwissens über das elfte und zwölfte Jahrhundert, andererseits das einsinnige Pamphlet eines Atheisten, der nicht einmal den Toten ihren Glauben gönnt. ... Der Verfasser trug seinen manischen Haß aufs Christentum an den Stoff heran und las nur das heraus, was sich ihm fügte.)
Nicht nur die Presse, sondern auch die Wissenschaft hat sich mit Deschners Werk beschäftigt. So widmeten einige Kirchenhistoriker den ersten drei Bänden von Deschners Kriminalgeschichte Anfang Oktober 1992 ein dreitägiges Symposium. Neben Deschner selbst lud Hans Reinhard Seeliger dazu 22 Spezialisten u.a. für Kirchengeschichte, Patrologie, alte Geschichte, Archäologie, Rechtswissenschaften in die katholische Akademie in Schwerte ein. Die Referate des Symposiums erschienen 1993 als Anthologie mit dem Titel, unter dessen Motto auch das Treffen selbst stand: Kriminalisierung des Christentums? Karlheinz Deschners Kirchengeschichte auf dem Prüfstand (ca. 300 Seiten). Deschner lehnte die Teilnahme ab mit der Begründung, er habe sich zu den grundsätzlichen Fragen seines Werkes im Vorwort des ersten Bandes bereits genügend geäußert. Im Vorwort zum fünften Band seiner Kriminalgeschichte dankte er ausdrücklich vier Referenten (Ulrich Faust, Theofried Baumeister, Erich Feldmann und Gert Haendler) des Symposiums für ihre Fairness. Die übrigen überging er. Hermann Gieselbusch, Lektor im Rowohlt-Verlag, wies an gleicher Stelle darauf hin, dass nur wenige der Symposiumsteilnehmer „sich wenigstens der persönlichen Verunglimpfung enthielten“.
Seine Intention hat Deschner nie verleugnet: „Ich schreibe aus „Feindschaft“! Denn die Geschichte derer, die ich beschreibe, hat mich zu ihrem Feind gemacht.“ Manche Kritiker sehen in dieser Motivation ein Hindernis für wissenschaftlich brauchbare Forschungsergebnisse. Auch manche christliche Laien, die große Teile von Deschners Kirchenkritik teilen, diese begrüßen und die Verbrechen der Kirche nicht verteidigen wollen, sehen darin eine einseitige Fixierung, die seiner eigentlichen Intention – nämlich die gläubigen Christen zum kritischen Nachdenken über ihre Religion und die Kirche anzuregen – eher hinderlich sei.
Literatur [Bearbeiten]Karlheinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums. Bd.1-8. CD-ROM-Version, Digitale Bibliothek, Directmedia GmbH, Berlin, 2005, ISBN 3-89853-532-0
Hans Reinhard Seeliger (Hrsg.): Kriminalisierung des Christentums? Herder Verlag, Freiburg 1993, 2. Auflage 1994, ISBN 3451232227
Clara und Paul Reinsdorf (Hrsg.): Drahtzieher Gottes. Die Kirchen auf dem Marsch ins 21. Jahrhundert. Alibri, Aschaffenburg 1995, ISBN 3980438627 (Studiensammlung zu Kriminalisierung des Christentums?)
Bücher, die in einem unchristlichen Haushalt keineswegs fehlen sollten. Hoffentlich lebt der geschätzte Autor lange genug, um sein Werk zu vollenden.