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martenot schrieb:Bei mir ist es so, dass ich schon seit meiner Kindheit eine große Sehnsucht nach Musik (unerklärlicherweise überwiegend nach klassischer Musik) verspüre, die andere nicht nachvollziehen können.
Interessant wäre es, meiner Meinung nach, Dein Gehirn mal zu scannen, während Du Deine Lieblingsmusik hörst. Mich würde es nicht wundern, wären dabei die gleichen oder ähnliche Bereiche aktiv, wie bei religiösen / spirituellen Aktivitäten. Meine Vermutung ist und da bin ich bei
@Inv3rt, der das so ausdrückt:
Inv3rt schrieb:Wenn die Studien aus der Neurowissenschaften den richtigen Weg weisen, dann wäre die wurzelnde Biologie dazu evolutionär so alt wie die Empathie, der Altruismus und die Liebe im Gehirn.
.. und damit etwas anspricht, das immer wieder im Kontext Gottesbeschreibung auftritt: "Gott ist Liebe." So scheint es sich für viele Gläubige auch anzufühlen. Natürlich gehen dabei dann die Rationalisten die Palme hoch, weil sie - mit gutem Grund - all das Elend in der Welt anführen, das von Liebe gar nicht weiter entfernt sein könnte. Dennoch, die aktivierten Gehirnareale scheinen exakt damit zu korrelieren. Du "liebst" Musik. Wir landen also wieder dort. Möglicherweise ist Gott also eine Metapher / Trigger, die / der exakt mit diesem Gefühl korreliert, es anspricht und (aus)füllt. Für Dich wäre damit Musik quasi Deine Art von Spiritualität / göttliches Erleben.
Damit lande ich bei den "Löchern" in Herz und Hirn:
Heide_witzka schrieb:Insofern sind Götter für mich menschliche Schöpfungen und es bleibt für mich unverständlich, warum der Schöpfer (Mensch) hingeht und das von ihm Erschaffene (Gott) als seinen Schöpfer ansieht, anbetet etc.
Weil, so vermute ich (und kann das nun aus meiner Erfahrung auch bestätigen), das damit einhergehende Erleben, sich so anfühlt, als wäre da etwas weitaus "Größeres" als man selbst am Werk. Als ich mein Gotteserlebnis hatte, saß ich tränenüberströmt am Boden und flüsterte: "Ich wusste nicht, wie groß du bist ..". Es war absolut überwältigend und ich fand keine valide, psychologische Erklärung dafür, die das hätte hinlänglich erklären können. Ergo beschloss ich, mir selbst zu glauben, dass das, was ich da erlebt hatte, nicht alleinig mir selbst entsprungen war. In Folge ergaben sich daraus weitere veränderte Verhaltensweisen meinerseits. Dieses Erleben war heilsam für mich, in vielerlei Hinsicht - wieder etwas, das
@Inv3rt angesprochen hat.
Hinzu kam, dass ich immer mal wieder über Berichte stolperte, in denen Menschen exakt das gleiche Erleben schilderten. Sie hatten ebenso nach Erklärungen dafür gesucht, sie aber nicht in befriedigender Form finden können. Ergo blieb am Ende nur die Akzeptanz. So, wie auch denen, die sich der Wissenschaft vollumfänglich anschließen und verschreiben, am Ende nur die Akzeptanz bleibt, für ein: "Wir wissen es nicht." Punkt. So sagen sich diese Leute am Ende: "Nur ich weiß es." In aller Regel missionieren diese Personen nicht und können respektieren, dass die Wissenschaft nicht das geeignete Mittel ist, sich Gewissheit in einem solchen Erleben zu verschaffen.
Man kann im Endeffekt nur interpretieren, möglichst so, dass es sich konfliktlos einfügt. Konfliktlos meint, ich muss nicht negieren oder anderweitig bestätigen. Ich muss nicht streiten und nicht mit mir ringen (oder mit Anderen). Ich lebe, was ich fühle und schaue was geschieht. Bei mir war das eine allumfassende Verbesserung meines Daseins. Man könnte auch sagen: "Gott funktioniert für mich am besten (bisher). Und das bestätigt mich. Ich fühle mich dadurch bestätigt / begünstigt / angenommen / geliebt (vom Leben, dem Universum, Gott .. whatever)." Womit wir wieder bei der Liebe wären. Ich erlebe es als eine Art Gnade - ein Geschenk.
Heide_witzka schrieb:Es werden Meinungen diskutiert. Das ist doch völlig i. O.
Ob es nun um die Aufstellung der Fußballnationalmannschaft geht, um Gott, das beste Futter für Kois, darum ob sich Yetifrauen die Fußnägel lackieren oder was auch immer. Ich sehe da keine großen Unterschiede.
Es gibt unterschiedliche Meinungen, man tauscht sie aus, diskutiert darüber und fertig. Das muss doch nicht in Streit ausarten.
Hm. Prinzipiell gebe ich Dir recht. Aber, man engagiert sich doch idR bei Themen, die einen interessieren. Und, sind wir ehrlich, Herr Lieblingsdentist, Streit gibt es zur Genüge und es wird mitunter auch mal ordentlich hemdsärmelig. Das sagt doch aus, dass da eine erhebliche Motivation / Interesse hinter sitzt. Dabei frage ich mich, warum interessiert man sich für etwas, das man für nicht existent hält? Und, warum stört es einen scheinbar, wenn Andere das anders sehen? Ich sehe schon Unterschiede in der Art der Diskurse, über reine Sach- versus Glaubensthemen (ideologisch aufgeheizte Diskussionen).
Heide_witzka schrieb:Mein Ansatz dazu: "Mit Gott schließen die Menschen, die das benötigen, die Löcher in ihren Hirnen und Herzen"
Ich will versuchen, das anhand von ein paar Beispielen zu erläutern.
Viele Menschen scheinen ein echtes Problem damit zu haben, etwas nicht zu wissen bzw. nicht erklären zu können. Dann gehen sie hin und ziehen sich zurück auf "magic man did it". Gott der Erklärbär. Das wäre dann ein Beispiel für ein "Loch im Hirn".
Okay. Ich sage, Gott ist alles was ist. Also auch Du, ich, das Universum. Ich weiß nicht ob es so ist und habe auch keinerlei Verlangen, das zu verifizieren. Im Gegenteil, kann ich problemlos den Standpunkt der Wissenschaft einnehmen, diesen als korrekt vertreten, denn, es ist einfach so. Wir wissen es nicht. Schluss - aus. Also da ist, zumindest bei mir, kein Loch.
Heide_witzka schrieb:Anderen wiederum fehlt etwas in ihrem Leben. Sie benötigen eine Perspektive, können sich nicht mit der Endlichkeit des Lebens abfinden, fühlen sich im Diesseits ungerecht behandelt, zu kurz gekommen etc. Die versorgt Gott dann, wie benötigt, mit ewigem Leben, einem "Gerechtigkeitsausgleich" oder gar gleich mit einem Lebenssinn.
So stelle ich mir das mit dem "Loch im Herzen" vor.
Gut. Damit "kriegst" Du mich schon eher. Ich hatte mein Erlebnis, als ich mich sterbend wähnte. Davon ging ich zu jenem Zeitpunkt tatsächlich aus. Ich hatte unfassbare Schmerzen, große Teile meiner Haut waren durch die Bestrahlung verbrannt, die Ärzte gaben mir noch kurze Zeit. Eine Extremsituation. In dieser, so könne man sagen, hatte ich ein gewaltiges "Loch". Aber danach, als es mir wieder besser ging und dieses "Loch" nachließ, ließ dieses Glauben / innere Wissen in mir nicht nach - im Gegenteil.
Heide_witzka schrieb:Aus dem riesigen Baukasten baut sich dann jeder letztendlich den Gotteshomunkulus zusammen, den er gerade benötigt. Wie gesagt, nur meine Meinung.
Ich habe nicht das Gefühl, dass ich "bewusst gebaut" hätte. Ich halte mich für recht reflektiert und bilde mir ein, hätte ich das, dann wäre es mir zumindest in Teilen bewusst. So, wie mir heute bewusst ist, dass ich - mittlerweile - "meinen Gott" brauchen
will, weil mir das hilft. Würdest Du sagen, dass all das, was ich hier nun beschrieben habe, Deiner Ansicht nach lediglich eine Art Hilfskonstrukt meiner Psyche darstellt, mit dem ich mir quasi das Leben rettete? Denn der Krebs verschwand, wider allen Erwartens (und kehrte bis heute auch nicht zurück, auch wenn es erst letzthin danach aussah - Fehlalarm), auch seitens der Ärzte. Einer davon meinte zu mir, so etwas habe er noch nie gesehen. Und, was meinst Du, wäre Dir das geschehen, würdest Du das dann auch alleine auf Dich selbst zurück führen?
Vielleicht beantwortet das ein wenig Deine Frage, warum "ich Schöpfer" an "einen Schöpfer" glaube. Wobei ich das im Sinne von "beeinflussend Erschaffen" gar nicht tue. Ich gehe davon aus, dass diese Kraft, die ich als Gott wahrnehme, etwas ist, die allem innewohnt - Liebe (ohne jede Moral und Wertung, schlichtweg zum reinen Dasein, in ALL seinen Manifestationen, seien diese auch noch so schrecklich). Erfahrungs|schätze, jeglicher Form und Prägung, geliebt vom Leben selbst. Ich könnte das nicht. Ich bin zu oft entsetzt und angewidert. Aber ich glaube, dass Gott es kann. Deshalb ist "es" Gott (und nicht ich selbst).
LG Marina