@Noumenon Klasse Erwiderung.
Endlich mal ein anderer Blickwinkel.
Schopenhauers Ansicht würde ich widersprechen, es gibt zu viele verschiedene Meinungen, woher nun die Religion kommt
(Marx, Freud, Feuerbach usw.) damit ich sagen könnte, dass diese Frage nun geklärt wäre.
Und die Religion nur vom Tod aus zu denken, halte ich für zu einfach, dafür bereichert der Glaube das tatsächliche Leben zu viel.
Ich würde auch glauben, wenn ich wüsste, dass nach dem Tod nichts kommt. Eher befreit der Glaube sogar, da das Leben eben nicht mehr vom Tod aus gedacht wird. Fast zu vergleichen mit der Aufwertung des Lebens durch den Tod nach Michel de Montaigne.
Außerdem ist sie irrelevant warum man glaubt.
Wenn der Glaube nicht aufgezwungen ist, keine negativen Folgen für andere hat und das eigene Leben bereichert, warum sollte man ihn dann aufgeben?
Vom Sündenfall spreche ich eher als Bild. Ich glaube nicht, dass die biblische Geschichte von Adam und Eva wahr sind. Jedoch als Bild zeigen, dass der Mensch sich letztendlich von Gott entfernt. Das Leid entsteht eben aus dieser Trennung, die Gott aus liebe zulässt.
Dieses Modell beantwortet letztendlich nur die Theodizee Frage im christlichen Glauben, für die es auch andere geben mag.
Und genau an dieser hängen sich manche hier im Forum ja auf.
Mein christlicher Glaube beantwortet für mich nicht die Frage nach dem Leid in der Welt. Wenn ich von Gott aus denke, ist der Sündenfall meine Antwort.
Jedoch tue ich dies nicht unbedingt.
Mein Glaube ist meine Privatsache, der natürlich durch meine Sozialisation, meine Erfahrungen und meine eigenen Gedanken bedingt ist, ich persönlich würde auch von Offenbarung sprechen, die mir teil wurde, was jedoch natürlich absolut subjektiv ist und auch anders erklärt werden kann. Er hindert mich jedoch nicht im geringsten daran, eigenständig zu denken und zu urteilen.
Hier wurde des öfteren nun mein Gottesbild damit kritisiert, dass es unsinnig sei und Widersprüchlich. Das habe ich so gut ich konnte widerlegt, damit versuche ich jedoch nicht den Glauben zu rechtfertigen oder als wahr darzustellen.
Noumenon schrieb:Warum man sich auf die Weltdeutung der Bibel beschränken sollte, erschließt sich mir insofern nicht im Geringsten.
Mir auch nicht. Das tue ich als gläubiger Mensch auch nicht. Deshalb ist mein Glaube sozusagen nur für mein eigenes Seelenheil da.
Sobald es um fragen geht, die nicht nur mich selbst betreffen, gehe ich nicht von meinem Glauben aus.
Auch verschließe ich mich nicht vor anderen Meinungen oder mir noch unbekannten Ansätzen.
Bisher hat mich aber nichts davon überzeugen können, meinen Glauben aufzugeben, oder davon, dass dieser falsch sei.
Ich denke nur nicht, dass Glaube Vernunft ausschließt.
Menschen wie Max Planck oder Georges Lemaître (Begründer der Urknall-Theorie) waren gläubige Christen und im Falle Lemaîtres sogar Priester und Theologe.
Ich sehe die Bibel als großes Bild, das uns vielleicht einen kleinen Ausschnitt der Selbstoffenbarung Gottes zeigt, personifiziert in Jesus Christus. Was vor allem, wie schon erwähnt, durch persönliches Erleben bei mir geprägt ist.
Noumenon schrieb:Wichtig ist aber eben, dass man nicht den archaischen Vorstellungen längst vergangener Epochen nachweint, während man sie - fast schon wie ein kleines, bockiges Kind - mit Händen und Füßen verteidigt, sondern sie, sofern möglich, weiterentwickelt und dem aktualen Stand von Naturwissenschaft bis Philosophie anpasst
Ich frage mich nur, warum es so wichtig ist?
Außerdem sehe ich aktuell vor allem in Beziehung auf die Quantenphysik ein großes Potenzial, dass sich die Theologie, wie auch die Philosophie weiterentwickeln. Jedoch hat auch die Theologie sich immer mit weiterentwickelt. Sie hat nur eine völlig andere Grundannahme als die Philosophie oder die Naturwissenschaften. Auch sehe ich eher eine Gleichrangigkeit der verschiedenen Disziplinen. Jede ist eine andere Art die Wirklichkeit sehen zu wollen, wie wollen wir nun beurteilen, welche die beste sei und welche sich an wen anzupassen hat?
Auf den Antagonisten gehe ich nicht weiter ein, da ich persönlich nicht an ihn glaube, er aber unter bestimmten Voraussetzungen das Leid im christlichen Glauben gut erklären kann.
Abschließend möchte ich noch einmal betonen:
Für mich ist Glaube Offenbarung, welche wir durch unsere Vernunft überprüfen können.
Er liefert maximal für jeden selbst Erkenntnisse und kann uns im Leben bereichern.
So bleibt er immer ein subjektives und von Zweifeln begleitetes erleben.
Abgesehen davon, sehe ich jedoch auch in der Naturwissenschaft, der Philosophie usw. Arten von Religion.
Jede Ideologie steht letztendlich auf gewissen Prämissen die willkürlich vom Menschen gedacht sind.
Somit kann nur jeder für sich selbst wissen und urteilen, was ihm am plausibelsten ist.
Ich hoffe ich konnte meinen Standpunkt mehr oder weniger klar deutlich machen.
Mit freundlichen Grüßen,
Expertiser