@InfidelInfidel schrieb:Wenn wir ehrlich sind liegen Welten dazwischen, also zwischen einer illiberalen Demokratie und einem faschistischen Regime zum Beispiel.
Schon richtig, der historische Faschismus funktioniert nach Führerprinzip, die illiberale Demokratie im Prinzip nicht.
Aber die faschistischen Staatsrealitäten aus den 20ern und 30ern als Bedingungen für Faschismusdeklaration 2021 herzunehmen ist absurd.
Faschismus zeichnet sich über Methodik, Ideologie und Rhetorik aus.
Trump ist Faschist, aber hat es nicht geschafft einen Faschismus aufzubauen.
Dazu hätte er es schaffen müssen die Gesamtheit der gesellschaftlichen Macht zu bündeln (fasces = das Bündel, daher kommt der Name - Im Faschismus wird die Macht gebündelt. Im Parlamentarismus wird sie geteilt).
Er hätte es aber nur zu gerne getan, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte.
Übrigens: Eine der zentralen Motivationen hinter dem Neoliberalismus war es den Markt als zusätzliche Instanz von Checks & Balances wirken zu lassen. Ein freier Markt, der wirtschaftliche Macht marktgesetzen unterwirft, lässt sich nur schwer (so die Annahme) von faschistischen politischen Akteuren kontrollieren. Also wird die "Bündelung" von Macht unterbunden.
Ich mag den Neoliberalismus natürlich nicht, aber in dem Punkt muss man sagen, dass die Theorie funktioniert hat.
Infidel schrieb:Das gilt auch für potenzielle Vergleiche zwischen der AfD und NSDAP
Was für Vergleiche? Beide Partei sind in ihrem jeweiligen historischen Kontext verankert. Wenn man Vergleiche anstellen will muss man erstmal Aspekte finden die vom historischen Kontext möglichst unabhängig sind.
Z.B der Hang zu Verschwörungstheorien. "Post-Truthism" wie man heute so schön sagt.
Die Spaltung der Menschen in "zugehörig" und "nicht zugehörig". Die Freund/Feind-Distinktion ganz nach Carl Schmitt.
Die völkische Rhetorik.
Die Frage die mir stelle: Wieviel Spielraum besteht rechts der Union für verfassungstreue Politik und Ideologie?
Meiner Meinung nach langfristig keine.
Die AfD lebt von ihrer rechtsextremen Basis. Gemäßigtere Stimmen passen sich auf dauer an oder verlassen die Partei. Inhaltlich hat die Partei ausser völkischem Nationalismus nichts zu bieten.
Ist ja nicht so als gäbe es nicht ausreichend valide Kritikpunkte an EU, Aussenpolitik, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik. Aber darum geht es der AfD nicht. Sie will nur den Unmut über diese Themen nutzen um Stimmung gegen Sündenböcke zu machen. Und die Sündenböcke sind eben in der Regel Minderheiten.
Plumper Populismus ohne Substanz.
Kein Plan zu Klimaschutz, kein Plan zur Rente, keine Vision für den Sozialstaat, kein Plan zum Aussenhandel, kein Plan zu wirtschaftlichen Transformationsprozessen.
Also mit anderen Worten: Wie die FDP nur mit mehr Ausländerfeindlichkeit.