FrankM schrieb:Nur wird in dem Fall wird eben Religionsfreiheit (oder Erziehungsrecht bei nicht-religiöser Beschneidung) der Eltern durch das durch die Rechte des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und eben auch seine eigene Religionsfreiheit begrenzt.
(Jedenfalls sollte es so sein)
Die Grundrechte sind aber grundsätzlich gleichrangig und nicht absolut (mit Ausnahme von Art. 1, aber das ist etwas anderes). Es ist nicht so, dass es da eine Hierarchie zwischen Art. 2 oder Art. 4 gäbe.
Sind also zwei Grundrechte betroffen, muss man die jeweiligen Eingriffe in die Grundrechte betrachten und deren jeweilige Verletzung gegeneinander abwägen. Man kann nicht sagen: Wenn Grundrecht A eingeschränkt werden würde, ist es an dieser Stelle mit der Prüfung vorbei.
FrankM schrieb:Zustimmung der Eltern ist nicht ausreichend, wenn sich aus dem Eingriff zu diesem Zeitpunkt kein Vorteil für das Kind ergibt
Wie willst Du das pauschal beurteilen? Stell Dir vor, das Kind ist todunglücklich, weil es sehr religiös ist und nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt alle Vorgaben des jeweiligen religiösen Umfeldes erfahren hat? Oder es wird in der Glaubensgemeinschaft nicht anerkannt, weil es viel zu spät beschnitten wurde.
Ist ein Kind objektiv glücklicher mit abstehenden Ohren oder mit angelegten? Mit schiefen Zähnen oder mit einer kieferorthopädischen Behandlung? Mit einer bestimmten Entstellung?
Was ich damit ausdrücken möchte: Es klingt alles ganz einfach - aber betrachtet man die verschiedenen Möglichkeiten, wird es immer schwieriger. Man kann nur eine gute Prognose abgeben, was im Interesse des Kindes sein könnte.
Und ausgeprägte soziale Verhaltensweisen sind da letztlich ein starkes Indiz. Menschen möchten meist Teil einer Gemeinschaft sein und wenn eine bestimmte Gemeinschaft bestimmte Verhaltensweise erfordert, hat das ein Gewicht. Und das Gewicht steigt mit der Stärke einer gesellschaftlichen Verankerung.
Würdest Du morgen eine Religion gründen, die es erfordert, Kindern das linke Ohrläppchen zu amputieren, bräuchtest Du über eine mögliche Erlaubnis nicht mal nachzudenken - das wäre in jedem Fall verboten.
Gäbe es aber eine solche Religion seit 1000 Jahren und wäre sie fester Bestandteil einer sozialen Umgebung, sähe das schon wieder anders aus.