richie1st schrieb:Du kannst gerne bei einem Gericht Klage einreichen, oder ist es dann doch nicht mehr so wichtig, hm?
Das kann man eben nicht. Und es geht hier eigentlich nur deswegen um die Vorhäute jüdischer Jungen, weil die die Ursache dafür sind, dass das ganze überhaupt erlaubt ist. Erlaubt übrigens für alle Kinder. Auch für deinen (wenn du hast) und meinen Sohn. §1631d BGB nimmt nicht nur jüdischen Kindern ihre Recht auf körperliche Unversehrtheit, er nimmt es allen Jungen, er nimmt es auch meinem Sohn.
Und selbst wenn ich ihn derzeit nicht beschneiden lassen wollte, alleine dass ich es dürfte ist ein Skandal. Und wenn ich und meine Frau morgen vor einen Baum fahren, dann können auch wir nicht verhindern, dass ein dann bestellter Vormund ihn beschneiden lässt. Wie soll ich mich damit einverstanden erklären? Ein Recht zu haben oder nicht zu haben ist selbstverständlich auch dann relevant, wenn man es nicht braucht. Oder würden Sie es ok finden, wenn man ein Gesetz schaffen würde, dass es anderen erlaubte, Ihnen ein Körperteil abzuschneiden und würden Sie sich dann dadurch beschwichtigen lassen, dass man ihnen sagt, sie müssten sich keine Sorge machen, das würde schon niemand tun? Nein, §1631d BGB geht nicht nur jüdische Jungen an. Es geht genauso um muslimische, buddisthische, atheistische, agnostische, schlicht um alle Jungen und letzendlich allgemein um Kinderrechte, denn Mädchen sind von §1631d BGB potentiell auch betroffen, denn die Diskrepanz zwischen §1631d BGB und §226a StGB ist derart offensichtlich, dass zu befürchten steht, dass §226a StGB für die leichteren Formen von FGM geöffnet werden muss, sollte es einmal zu einer Überprüfung durch das BVerfG kommen. Bereits jetzt wird die Diskussion ja geführt, welche Eingriffe bei Mädchen man tatsächlich als durch von §226a StGB gedeckt ansieht und überlegt, ob die weniger gravierenden Formen nicht vielleicht doch keine Tatbestandserfüllung der Verstümmelung sind.
Sie sehen, die Sichtweise, es geht hier nur um jüdische Jungs, lasst die mal ruhig machen, ist reichlich simplifizierend. Es ist ein Ausnahmetatbestand, der weit in die Rechte aller(sic!) Kinder strahlt und der allem entgegensteht, wofür unsere Gesellschaft heutzutage in Bezug auf Kinderrechte steht.