Bündnis 90/Die Grünen

Abahatschi schrieb:Danach ist das Portal tot.

Und du hast eine Straftat begangen. Möchtest du dazu aufrufen das zu tun? Ist auch ne Straftat.

bgeoweh schrieb:Damit erlangst du dann den "hinreichenden Anfangsverdacht" um irgendwo zur Hausdurchsuchung aufzukreuzen

Das legt die Staatsanwaltschaft fest. Nicht die Polizei. Und die sind nicht besonders glücklich, wenn du da mit anonymen Zeig kommst. Außerdem sollte denen eigentlich auffallen, wenn da was gewaschen werden soll. Ist doch alles nix Neues was du da schilderst, es gibt doch schon heute einen Umgang mit anonymen Hinweisgebern. Auch dieses Portal ändert da nix.

paxito schrieb:Das legt die Staatsanwaltschaft fest. Nicht die Polizei. Und die sind nicht besonders glücklich, wenn du da mit anonymen Zeig kommst. Außerdem sollte denen eigentlich auffallen, wenn da was gewaschen werden soll

Gut, damit hast du für mich eingeräumt, dass das Portal in diesem Fall eine mögliche Missbrauchsquelle ist und du dich darauf verlassen musst, dass Kontrollmechanismen bzw. Aufsichtsbehörden korrekt ihren Job machen, um diese Gefahr abzuwenden.

Mehr wollte ich doch garnicht.

Ich sags mal so: würde es hier um Kindesmißbrauch, Sachbeschädigung von Autos durch Krawalle, Hausbesetzung, Erschleichen von Sozialleistungen gehen, usw., würden dieselben Menschen die jetzt so massiv dagegen hetzen, plötzlich voll für solche Portale sein. ;)

@bgeoweh
Ja sicher kann das missbraucht werden, so wie jedes Telefon. Oder jeder Briefkasten. Wenn du über das Portal nen Mord oder sowas meldest, dürfte die Staatsanwaltschaft das immer kassieren, weil es einfach völlig Banane ist das darüber zu melden.

@McMurdo
Sowieso. Und gäbe es nicht die entsprechende Berichterstattung hätte wahrscheinlich kein Hahn wegen dem Kontaktformular gekräht.

paxito schrieb:Wenn du über das Portal nen Mord oder sowas meldest, dürfte die Staatsanwaltschaft das immer kassieren, weil es einfach völlig Banane ist das darüber zu melden.

Darf sie doch garnicht, Offizialdelikte müssen verfolgt werden, sobald sie der offiziellen Stelle zur Kenntnis gelangen. Wenn ich da hinreichend glaubhafte Hinweise gebe ("Der XY aus der Bumsstraße in Kleinficken hat am XX.XX.2020 seine Bekannte Tatjana Z mit dem Spaten erschlagen und hinter dem großen Baum am Maisfeld am Ortsausgang Vögelbronn Richtung Knattersfeld vergraben") kommt man da um Ermittlungen nicht drumherum. Banane oder Orange, ist halt so.

@bgeoweh
Genau „glaubhaft“. Und bei anonymen Hinweisen darf die Staatsanwaltschaft problemlos annehmen, dass die Angaben nicht glaubhaft sind. Erst Recht, wenn sie über ein Steuerhinterziehungsportal kommen.

@paxito

Lassen wir uns überraschen. Wie gesagt, ich habe mit dem Portal "bestimmungsgemäß" eigentlich kein Problem, ich halte es nur für unnötig. Sehen wir mal, ob das überhaupt genutzt wird oder nach ein paar Jahren leise wieder eingeht. Ich würde fast auf Zweiteres tippen.

@shionoro
Die eigentliche Frage, die sich mir aufdrängt und die du als Experte mir sicherlich beantworten wirst, ist die folgende.
Warum ausgerechnet jetzt erfinden oder refreshen die Grünen das Meldesystem? Weil es gerade gut passt und opportun ist bei der angepeilten Wahlklientel?
Steckt da ein Gedanke dahinter? Wie kann man effizienter zukünftige Einnahmen gerieren ohne jeden schröpfen zu müssen?
Und warum muss man das Rad jetzt noch mal neu erfinden? Was ist nun das wirklich revolutionäre an dieser Blitzbirnenidee.
Und was noch viel wichtiger ist, ist diese beinahe perfide freundliche Aufforderung ja geradezu Einladung" Bürger geniert euch nicht, wir nehmen euch die letzte Hemmschwelle, Hinweise zu geben ist Patriotismus"?
So in etwa wie die Aufforderung zum friendly hunting.
Man muss doch Bürger nicht extra noch zu etwas animieren, was sowieso täglich überall ganz normal ist. Nur unter der Pandemie scheint das jetzt inzwischen zum guten Ton zu gehören, nochmal extra einzuladen. Jeder soll sich beteiligen, Bürger seid wachsam, habt keine Hemmungen?
Das ist eine, absolut der Wahlkampfbervositöt geschuldete, recht verlogene Debatte.
Bei den wenigsten Hinweisgebern, dürfte es sich um ehrlich besorgte Bürger handeln, die nur das Wohl der Solidargemeinschaft im Auge haben.
Aus diesem Grund macht das kaum einer. Das Motiv dahinter spielt eine entscheidende Rolle. Welches Instrument geben wir da frei? Eine weitere Möglichkeit seinen persönlichen Frust gegen XY oder Faktor Neid auszuleben mit ausdrücklicher Zustimmung und unter freundlicher Einladung der Behörden?
Darum geht es hier mE nach. Du hast, was ich nicht habe und das missgönne ich dir. Du kennst mich nicht, aber bald lernst du die Finanzbehörde durch mich kennen. Und ich fühle mich vielleicht mal für eine Weile besser, weil ich das Leben eines anderen evtl etwas schlechter gemacht habe.

Grundsätzlich sind anonymisierte Hinweise auf dies und das überhaupt nichts unübliches oder ethisch bedenkliches.
Nur eben so so eine Aufforderung mit extra Animation, das hat für mich einen seltsamen Geschmack und es weckt Instinkte in manchen, die man besser nicht erwecken sollte.

calligraphie schrieb:Und was noch viel wichtiger ist, ist diese beinahe perfide freundliche Aufforderung ja geradezu Einladung" Bürger geniert euch nicht, wir nehmen euch die letzte Hemmschwelle, Hinweise zu geben ist Patriotismus"?

Klingt für mich eher nach dem Gegenteil. Das als Aufruf zu werten seine Nachbarn zu denunzieren kommt definitiv nicht von den Grünen (sondern schwarz/gelb/Bild):

Bayaz erklärte zur Funktionsweise des Portals: „Anzeigen müssen selbstverständlich gut begründet sein, sonst werden sie von der Steuerfahndung erst gar nicht bearbeitet. Ein einfacher Hinweis genügt ausdrücklich nicht.“ Der Grüne versicherte: „Niemand muss befürchten, dass künftig die Steuerfahndung vor der Tür seht, nur weil der Nachbar ihn angeschwärzt hat. Es geht außerdem um relevante Fälle von Steuerbetrug.“

Quelle: https://www.welt.de/finanzen/article233493604/Gruener-BaWue-Finanzminister-verteidigt-Meldeplattform-fuer-Steuersuender.html

Ähnlich sieht das Transparency Deutschland:

Begriffe wie 'Denunziantentum' und 'Blockwartmentalität' sind absolut fehl am Platz. Es geht beim Whistleblowing um Hinweise auf Verstöße, die der Allgemeinheit schaden und deren Aufdecken im Interesse der Gesellschaft liegt", sagte Louisa Schloussen, Whistleblowing-Expertin von Transparency

Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-09/steuerbetrug-meldeplattform-online-gruene-danyal-finanzminister?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com

Und warum jetzt? Gute Frage, wahrscheinlich wird das von FDP und CDU auch nur wegen den eigenen miesen Umfragewerten zum Thema gemacht. Denn eigentlich gibt es da kein Thema.

@paxito
Ich erwähnte die Grünen hier nur weil aus dieser Ecke eben mal ad hoc das Thema noch in die Arena musste. Man muss sich da nichts vormachen, hinsichtlich solcher Dinge wie Steuerhinterziehung zu minimieren, Schwarzarbeit endlich mal bei den Wurzeln zu packen, da hat sich die Ära Merkel nun auch nicht mit immensem Ruhm bekleckert. Ich wüsste nicht, daß die geschätzten Zahlen zum Schaden durch solche Delikte weniger geworden sind.
Eher habe ich das Gefühl, daß in den letzten Jahren die Zahlen noch mal den extra Push erlangt haben.
Es wird mit schöner Regelmäßigkeit Alarm geschlagen und dann ist wieder Pause und Business as usual.
Nur glaube ich eben nicht daran, daß solcherlei Portale, extra beworben und animierend, das wirkliche Problem hinter dem Problem lösen kann. Das ist nur an den Symptomen etwas gekratzt. Abschreckung durch gezielte einzelne Präzedenzfälle schaffen?

calligraphie schrieb:Ich erwähnte die Grünen hier nur weil aus dieser Ecke eben mal ad hoc das Thema noch in die Arena musste.

Nein. Das wurde von FDP & Konsorten in die Arena gehoben. Ohne deren Theater hätte es doch niemanden interessiert ob es jetzt auf einer Behördenseite ein Kontaktformular gibt oder in China ein Sack Reis umfällt.

shionoro schrieb:Würdest du es auch Denunziantentum nennen, wenn ich der Polizei sage, dass ein Bekannter von mir etwas geklaut hat?

nein, denn dann würdest du eine dir bekannt gewordene Straftat anzeigen. (Strafanzeige kann jeder stellen)
Du wärst dabei allerdings nicht anonym und vermutlich würdest du deinen Bekannten nicht wegen einem geklauten Kaugummi anzeigen. Der die Anzeige entgegennimmt, wird dich zum Sachverhalten gleich befragen und der Anzeige dann nachgehen.

Ein anonymes Portal funktioniert dahingegen schon wesentlich niedrigschwelliger.
Die Missbrauchsgefahr ist wesentlich höher, denn man ist ja so schön anonym.
Was Anonymität mit Menschen macht, sieht man ja im Netz: Da wird gepöpelt, beleidigt, gehetzt usw, weil man idR anonym unterwegs ist.

Naja, wenn die Bündnisgrünen meinen, ein anonymes Anzeigenportal hilft gegen Geldtransfer in Steueroasen oder Steuerhinterziehung im großen Stil sollen sie es glauben.

Seidenraupe schrieb:Naja, wenn die Bündnisgrünen meinen, ein anonymes Anzeigenportal hilft gegen Geldtransfer in Steueroasen oder Steuerhinterziehung im großen Stil sollen sie es glauben.

Halten wir mal fest das derartige Dinge eigentlich nur durch anonyme Tippgeber ans Licht gekommen sind. Wieder das Paradebeispiel Panama Papers. Ist also nicht so völlig aus der Luft gegriffen darauf zu setzen.

paxito schrieb:Halten wir mal fest das derartige Dinge eigentlich nur durch anonyme Tippgeber ans Licht gekommen sind. Wieder das Paradebeispiel Panama Papers. Ist also nicht so völlig aus der Luft gegriffen darauf zu setzen.

Welche Probleme siehst Du wenn man das nicht anonym macht?

Abahatschi schrieb:Welche Probleme siehst Du wenn man das nicht anonym macht?

Das es überhaupt nicht passiert. Du kannst davon ausgehen, dass der Tippgeber bei den Panama Papers irgendwie in die Sache verwickelt war und nicht zufällig Datenberge auf einem USB Stick fand.

paxito schrieb:Panama Papers

Was ist daraus eigentlich geworden? Man tat ja damals so, als würden demnächst Politiker-, Sport- und andere Promigrößen reihenweise in den Knast wandern.

@paxito
@Abahatschi


Selbst wenn es etwas bringt, finde ich es relativ eklig, dass man da andere anonym anschwärzen soll. Hat für mich immer etwas von 'Ich weiss, wer Westfernsehen geguckt hat'.

Ein Staat, der darauf angewiesen ist, dass Nachbarn sich hassen, sollte besser darüber nachdenken, ob es keine anderen Möglichkeiten gibt.

Und ich wüsste wirklich nicht, warum man nicht zu dem stehen sollte, was man mitteilt. Ist halt etwas für erbärmliche Wichte.

paxito schrieb:Das es überhaupt nicht passiert.

? Verstehe ich nicht, wer Tatsachen zu berichten hat...kann zumindest den Behörden bekannt sein.

paxito schrieb:Du kannst davon ausgehen, dass der Tippgeber bei den Panama Papers irgendwie in die Sache verwickelt war und nicht zufällig Datenberge auf einem USB Stick fand.

Also hat er sich selbst angezeigt...und zwar anonym. Das macht irgendwie auch keinen Sinn.

@SomertonMan

Durch die Auswertung der "Panama Papers" sind bis Februar 2021 bundesweit mehr als 38,4 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen erzielt worden. Dazu kommen weitere Einnahmen von gut 19 Millionen Euro aus der strafrechtlichen Verfolgung der Fälle. Hinzu kommen Steuermehreinnahmen von 14,5 Millionen Euro aus an das Ausland abgegebenen Datensätzen – insgesamt also rund 72 Millionen Euro. In rund 155 Fällen sind Steuerstrafverfahren eingeleitet oder laufende Verfahren durch neu gewonnene Erkenntnisse unterstützt worden. Sowohl in Deutschland als auch weltweit sind noch nicht alle Verfahren abgeschlossen. Die Mehreinnahmen für die öffentliche Hand dürften letztlich deutlich höher liegen.

Quelle: Wikipedia: Panama Papers#Strafverfahren und Steuernachzahlungen

Auf der Seite findest du auch was in anderen Ländern so passiert ist. Übrigens ein Schmankerl in dem Zusammenhang, ist das Kubicki die Anonymität von Briefkastenfirmen verteidigt hat:

Es gibt auch immer wieder gute Gründe, anonym zu bleiben. Ich bin heute Abend in der Sendung bei Markus Lanz. Im Vorgespräch mit der Redaktion habe ich das Beispiel genannt: Man stelle sich vor, eine berühmte Persönlichkeit will ein Grundstück oder ein Haus kaufen. Wenn sein Name bekannt wird, dürfte der Kaufpreis sehr schnell in die Höhe gehen. Wenn man so etwas verhindern will, schaltet man eine Gesellschaft davor, die das Haus erwirbt. Oder aber: Ein Vermögen soll davor geschützt werden, in Erbstreitigkeiten zerschlagen zu werden. Dann gründet man Stiftungen oder eben Gesellschaften.

Quelle: https://www.focus.de/politik/deutschland/reaktion-auf-die-panama-papers-fdp-vize-kubicki-erklaert-warum-wir-briefkasten-firmen-nicht-verbieten-duerfen_id_5408679.html

Aber natürlich ist die Anonymität von Briefkastenfirmen wichtig und richtig, aber Anonymität von Tippgebern bei Straftaten geht mal überhaupt nicht. Eine einzige Heuchlerbande.