Guten Abend
@lawine schwierige Kiste.
Ich denke, als erstes sollte sich die dtsch. Gesellschaft entscheiden, welcher Debattenlogik sie folgen möchte.
Die Dinge lassen sich nämlich aus dtsch/europäischer und westlicher Sicht betrachten oder eben aus Sicht dieser betreffenden communities bzw. einer nicht eurozentrischen Interpretation.
Wenn du mit den betreffenden communities in Kontakt trittst, werden sie dir eine völlig eigentümliche, andere Sicht vermitteln. Und ich glaube, dann ist es vielmehr Unsicherheit beim Gegenüber, wie man die Dinge betrachten soll, als mangelnde Empörtheit. Außer du legst dich für dich stur darauf fest, dass wir hier in D leben und die dtsch. Gesellschaft ihrer allgemeinen Denk-und Debattenlogik folgen sollte.
Schon der Begriff "Ehrenmord": In D wird der Begriff in solchen Zusammenhängen benutzt. Basta. ODER: Wir müssen über den Begriff diskutieren, weil entsprechende communities es als diskriminierende Wortschöpfung, antiislamisch, antitürkisch usw. betrachten. Oder wie man oft hört, von den "Deutschen erfunden wurde, um den Islam schlecht zu machen".
Es gibt ja unterschiedliche Strömungen und Interessenvertretungen in diesen communities. Die einen sagen so, die anderen so. Eine Lale Akgün oder Seyran Ates sind bestimmt eher bei dir, während andere dich massiv kritisieren. Und man bleibt als Außenstehender ratlos zurück, warum die Interpretaion in den muslimischen usw. communities bei solchen Themen so derart weit auseinander gehen. Aber häufiger ist der Tenor ja, dass solche Themen von Deutschen "erfunden" werden. Es gäbe keine "Ehrenmorde", es gäbe keine "Clans", es gäbe keine "Parallelgesellschaften", es gäbe keinen "Islamismus" oder "Salafismus". Das wäre alles antiislamische Propaganda, erfunden und erlogen.
lawine schrieb:wo bleibt der mediale Aufschrei, dass Alla W. 14jährig, in Deutschland lebend, verheiratet wurde?
ein Aufschrei, vergleichbar dem Aufschrei rund um die Essener Tafel?
ein Aufschrei bei denen, die den Rassismus der Essener Tafel anklagen ?
es wird stumm bleiben.
Der Begriff beginnt auch irgendwann ne schwierige Kiste zu werden. Wir verstehen alle etwas unter Rassismus. Aber zu weit ausgedehnt, kannst du bei absolut jedem suchen und möglicherweise etwas finden, was als Rassismus ausgelegt werden kann.
Zum Beispiel Allmystery: Warum gibt es einen englischsprachige Rubrik, aber keine türkische? Kann es wirklich mehr englischsprachige Menschen auf Allmystery geben als türkischsprachige? Selbst du benutzt den Begriff "Hayir" in deinem Profilbild, also türkisch ist ne Sprache, die in D gesprochen wird und im Sinne der Vielfalt kann man auch einen türkischsprachigen Teil auf Allmy entwerfen.
Was ist eigentlich noch Rassismus?
Wäre man im Vorfeld anders an solche Themen herangegangen, wäre das Schicksal von Alaa vielleicht anders ausgegangen. Aber irgendwo im Detail sind es nunmal wieder deutsche Behörden mit unsicheren Mitarbeitern, wie sie solche (für sie neuen) Phänomene bewerten und behandeln sollen. Eingreifen ist rassistisch, aber nichts tun ist auch rassistisch. Hinterher ist es sowohl rassistisch, es einfach als ne normale Familientragödie zu werten. Aber es ist auch rassistisch, den Begriff "Ehrenmord" zu verwenden.
lawine schrieb:was meinst du, nach welchem Recht Alaa W. als 14-jähriges Mädchen hier in Deutschland verheiratet wurde?
schlimm genug, dass Ehrenmord und Kinderehen bei manchen in Deutschland weit weniger Beachtung finden als ein vermeintlich rassistischer Tafelmitarbeiter in Essen.
Dabei ist das ein urlinkes Thema im Sinne von Homo/Gender/Feminismus.