Gottes Engelsmacht
16.11.2004 um 00:30@ sonny black
nicht persöhnlich nehmen
Warum ich Atheist bin und ihr nicht.
Nehmen wir eine Analogie, um das Prinzip zu erklären. Angenommen, ein vertrauenswürdiger Freund erzählt mir, dass in ein leer stehendes Haus in der Nähe eine fünfköpfige Familie einzieht, Vater, Mutter und drei Kinder. Dann werde ich ihm dies ohne weiteres glauben. Denn das ist für den Ortsteil, in dem ich lebe, völlig normal. Aber angenommen, ich kenne das Haus und weiß, dass es eben nicht leer steht und dass darin eine Bekannte von mir lebt, mit der ich erst kürzlich gesprochen habe, und die auf jeden Fall hier weiter leben wollte. Dann würde ich anfangen, an der Geschichte zu zweifeln. Ich hätte immer noch keinen Grund, an meinem Freund zu zweifeln - denn solche Dinge kommen vor, und meine Bekannte könnte inzwischen ihre Meinung geändert haben. Aber ich würde so etwas wie einen Beweis oder ein Indiz fordern, bevor ich das völlig glaube.
Wenn nun aber mein Freund behauptet, dass in das Haus eine Familie vom Sirius einzieht, menschenähnliche Außerirdische - dann würde ich mit völligem Unglauben reagieren, Vertrauenswürdigkeit hin oder her, und ich würde einen starken Beweis für seine Behauptung verlangen. Und nur nach dem Vorliegen eines sehr überzeugenden Beweises (Fotos würden mir beispielsweise nicht ausreichen) würde ich anfangen, an diese Geschichte zu glauben (im Sinne von: vermuten, es sei wahr).
D. h. je weiter etwas von meiner alltäglichen Erfahrung weg ist, umso stärker müssen die Beweise sein, dass etwas wahr ist. Das ist das "normale" Verfahren. Das gilt in ganz besonders starkem Maße, wenn die gemachte Behauptung von mir eine Revision meines Denkens oder meiner Lebensweise erfordert. Je weiter etwas von meiner Wissenbasis entfernt ist, umso perfekter (überzeugender) müssen die Beweise sein.
Nun ist es so, dass die Behauptung, dass es ein unendliches, ewiges, allmächtiges, (all)gütiges, allwissendes, unsichtbares und allgegenwärtiges Wesen gibt, unendlich weit von meiner eigenen Erfahrung weg ist. Außerirdische vom Sirius mag ich mir noch vorstellen können, aber bei Gott ist das fast unmöglich. Die Beweise für die Existenz Gottes müssten also sehr, sehr, sehr stark sein, erheblich besser, als wenn ich annehmen sollte, es zögen Außerirdische in ein Nachbarhaus ein.
Diese starken Beweise aber - so geben die Theisten selbst zu - existieren nicht. Im Gegenteil, die Gottesbeweise beruhen alle auf Denkfehlern und sind widerlegt (siehe Gottesbeweise / Vorbemerkung zu den Gottesbeweisen), und die Berufung auf das Gefühl ist noch sehr viel schwächer. Auch die Behauptung, man müsse eben auf Beweise verzichten und "einfach so" glauben kann nicht befriedigen - denn dieses schwache Argument wird auch für Vishna, Krishna, Allah etc. angeführt. Danach könnte man sich für jeden Gott entscheiden - was aufgrund des Exklusivitätsanspruchs der Religionen nicht möglich ist. Man kann an alles glauben, wenn man seine rationalen Skrupel über Bord wirft, aber warum sollte man? Denn um zu entscheiden, warum ich den einen Glauben einem anderen vorziehe, muss ich meine Vernunft einsetzen und die Argumente abwägen. Deswegen gibt es ein Primat der Vernunft gegenüber dem Glauben. Es wäre fahrlässig, ohne Not auf die Vernunft zu verzichten.
Warum das Primat der Vernunft? Weil wir uns für einen Glauben entscheiden müssen (es gibt sehr viele Möglichkeiten zur Auswahl - selbst dann, wenn man sich auf das Christentum beschränkt). Wir können natürlich (wie die übergroße Mehrheit der Gläubigen) den erstbesten Glauben nehmen, mit dem wir als Kind konfrontiert wurden - aber dann haben wir überhaupt keine Entscheidung getroffen, sondern diese dem "biographischen Zufall" überlassen. Wenn wir auf diese Weise keine Entscheidung treffen, dann können wir auch nicht behaupten, wir hätten eine rationale Entscheidung getroffen, denn diese bestünde aus einem Abwägen der Gründe für und wider etwas. Man kann auch nicht einfach anfangen, etwas zu glauben, um es dann für die richtige Entscheidung zu halten, weil man es glaubt - dies ist ein logischer Zirkel. Allerdings locken so ziemlich alle Glaubensrichtungen damit, dass man sich erstmal auf den Glauben einlassen solle, der Rest würde sich dann finden - was wiederum bedeutet, dass man keine Entscheidung trifft. Da fast alle Glaubensrichtungen mit dieser Strategie der Entscheidungsvermeidung locken, ergibt sich daraus kein Grund, sich für die eine oder die andere Richtung zu entscheiden. Dieser "Grund" (wenn es denn einer wäre) spricht für alle Glaubensrichtungen, also für keinen bestimmten. Wie wir es auch drehen und wenden: Ohne ein Abwägen der Gründe für und wider gibt es keine Entscheidung, die Gründe können sich nicht erst einstellen, wenn wir bereits glauben, wir müssen also mit dem Abwägen beginnen, bevor wir anfangen, zu glauben, ansonsten ist es eine Täuschung, anzunehmen, man habe sich aus vernünftigen Gründen für den Glauben entschieden.
Es nützt auch nichts, mir vorzuhalten, man müsse schließlich an etwas ohne Beweise glauben, z. B. an die Logik. Zum einen ist die Logik ein ungeeignetes Beispiel, weil sie Voraussetzung meines Denkens ist, d. h. es ist kein Glauben nötig, sondern die Existenz der Logik ist die Vorbedingung, um überhaupt glauben zu können (das gilt für viele andere Beispiele auch - ich halte es sogar für einen unlauteren Trick, solche Beispiele überhaupt zu benutzen, was mein Misstrauen noch verstärkt). Zum anderen, selbst wenn der Theist recht hätte, und es gäbe Dinge, an die ein Glauben unverzichtbar ist, dann hätte ich nicht die Wahl, ob ich daran glaube oder nicht.
Ich habe aber die Wahl, ob ich an Gott glaube oder nicht. Mehr noch: Ich sehe in den Naturwissenschaften, dass Erklärungen besser sind, die auf Gott verzichten. Ich sehe sogar den Erkenntnisfortschritt, den es gegeben hat, seitdem man auf Gott als Supererklärung verzichtet hat. Die Behauptung, wir sollten auf starke Beweise verzichten, weil dieses in diesem Fall nicht sinnvoll ist, ist wiederum eine Behauptung, die weit weg von aller alltäglichen Vernunft ist und wiederum eines starken Beweises bedürfte, damit man sie akzeptieren könnte. Die Beweislast liegt bei den Theisten, die solches behaupten.
Gott mag existieren oder nicht existieren - dies ist von unserem Glauben daran vollkommen unabhängig - aber für den Glauben selbst bräuchte man eine rationale Rechtfertigung, und die gibt es nicht [2]. Folglich ist es sinnvoll, nicht an Gott zu glauben, bis zum Vorliegen eines wirklich starken Beweises.
Und deswegen bin ich Atheist.
„Philosophen verstecken einen Stein hinter einem Baum und dann gehen sie ihn suchen“ Nietzsche
nicht persöhnlich nehmen
Warum ich Atheist bin und ihr nicht.
Nehmen wir eine Analogie, um das Prinzip zu erklären. Angenommen, ein vertrauenswürdiger Freund erzählt mir, dass in ein leer stehendes Haus in der Nähe eine fünfköpfige Familie einzieht, Vater, Mutter und drei Kinder. Dann werde ich ihm dies ohne weiteres glauben. Denn das ist für den Ortsteil, in dem ich lebe, völlig normal. Aber angenommen, ich kenne das Haus und weiß, dass es eben nicht leer steht und dass darin eine Bekannte von mir lebt, mit der ich erst kürzlich gesprochen habe, und die auf jeden Fall hier weiter leben wollte. Dann würde ich anfangen, an der Geschichte zu zweifeln. Ich hätte immer noch keinen Grund, an meinem Freund zu zweifeln - denn solche Dinge kommen vor, und meine Bekannte könnte inzwischen ihre Meinung geändert haben. Aber ich würde so etwas wie einen Beweis oder ein Indiz fordern, bevor ich das völlig glaube.
Wenn nun aber mein Freund behauptet, dass in das Haus eine Familie vom Sirius einzieht, menschenähnliche Außerirdische - dann würde ich mit völligem Unglauben reagieren, Vertrauenswürdigkeit hin oder her, und ich würde einen starken Beweis für seine Behauptung verlangen. Und nur nach dem Vorliegen eines sehr überzeugenden Beweises (Fotos würden mir beispielsweise nicht ausreichen) würde ich anfangen, an diese Geschichte zu glauben (im Sinne von: vermuten, es sei wahr).
D. h. je weiter etwas von meiner alltäglichen Erfahrung weg ist, umso stärker müssen die Beweise sein, dass etwas wahr ist. Das ist das "normale" Verfahren. Das gilt in ganz besonders starkem Maße, wenn die gemachte Behauptung von mir eine Revision meines Denkens oder meiner Lebensweise erfordert. Je weiter etwas von meiner Wissenbasis entfernt ist, umso perfekter (überzeugender) müssen die Beweise sein.
Nun ist es so, dass die Behauptung, dass es ein unendliches, ewiges, allmächtiges, (all)gütiges, allwissendes, unsichtbares und allgegenwärtiges Wesen gibt, unendlich weit von meiner eigenen Erfahrung weg ist. Außerirdische vom Sirius mag ich mir noch vorstellen können, aber bei Gott ist das fast unmöglich. Die Beweise für die Existenz Gottes müssten also sehr, sehr, sehr stark sein, erheblich besser, als wenn ich annehmen sollte, es zögen Außerirdische in ein Nachbarhaus ein.
Diese starken Beweise aber - so geben die Theisten selbst zu - existieren nicht. Im Gegenteil, die Gottesbeweise beruhen alle auf Denkfehlern und sind widerlegt (siehe Gottesbeweise / Vorbemerkung zu den Gottesbeweisen), und die Berufung auf das Gefühl ist noch sehr viel schwächer. Auch die Behauptung, man müsse eben auf Beweise verzichten und "einfach so" glauben kann nicht befriedigen - denn dieses schwache Argument wird auch für Vishna, Krishna, Allah etc. angeführt. Danach könnte man sich für jeden Gott entscheiden - was aufgrund des Exklusivitätsanspruchs der Religionen nicht möglich ist. Man kann an alles glauben, wenn man seine rationalen Skrupel über Bord wirft, aber warum sollte man? Denn um zu entscheiden, warum ich den einen Glauben einem anderen vorziehe, muss ich meine Vernunft einsetzen und die Argumente abwägen. Deswegen gibt es ein Primat der Vernunft gegenüber dem Glauben. Es wäre fahrlässig, ohne Not auf die Vernunft zu verzichten.
Warum das Primat der Vernunft? Weil wir uns für einen Glauben entscheiden müssen (es gibt sehr viele Möglichkeiten zur Auswahl - selbst dann, wenn man sich auf das Christentum beschränkt). Wir können natürlich (wie die übergroße Mehrheit der Gläubigen) den erstbesten Glauben nehmen, mit dem wir als Kind konfrontiert wurden - aber dann haben wir überhaupt keine Entscheidung getroffen, sondern diese dem "biographischen Zufall" überlassen. Wenn wir auf diese Weise keine Entscheidung treffen, dann können wir auch nicht behaupten, wir hätten eine rationale Entscheidung getroffen, denn diese bestünde aus einem Abwägen der Gründe für und wider etwas. Man kann auch nicht einfach anfangen, etwas zu glauben, um es dann für die richtige Entscheidung zu halten, weil man es glaubt - dies ist ein logischer Zirkel. Allerdings locken so ziemlich alle Glaubensrichtungen damit, dass man sich erstmal auf den Glauben einlassen solle, der Rest würde sich dann finden - was wiederum bedeutet, dass man keine Entscheidung trifft. Da fast alle Glaubensrichtungen mit dieser Strategie der Entscheidungsvermeidung locken, ergibt sich daraus kein Grund, sich für die eine oder die andere Richtung zu entscheiden. Dieser "Grund" (wenn es denn einer wäre) spricht für alle Glaubensrichtungen, also für keinen bestimmten. Wie wir es auch drehen und wenden: Ohne ein Abwägen der Gründe für und wider gibt es keine Entscheidung, die Gründe können sich nicht erst einstellen, wenn wir bereits glauben, wir müssen also mit dem Abwägen beginnen, bevor wir anfangen, zu glauben, ansonsten ist es eine Täuschung, anzunehmen, man habe sich aus vernünftigen Gründen für den Glauben entschieden.
Es nützt auch nichts, mir vorzuhalten, man müsse schließlich an etwas ohne Beweise glauben, z. B. an die Logik. Zum einen ist die Logik ein ungeeignetes Beispiel, weil sie Voraussetzung meines Denkens ist, d. h. es ist kein Glauben nötig, sondern die Existenz der Logik ist die Vorbedingung, um überhaupt glauben zu können (das gilt für viele andere Beispiele auch - ich halte es sogar für einen unlauteren Trick, solche Beispiele überhaupt zu benutzen, was mein Misstrauen noch verstärkt). Zum anderen, selbst wenn der Theist recht hätte, und es gäbe Dinge, an die ein Glauben unverzichtbar ist, dann hätte ich nicht die Wahl, ob ich daran glaube oder nicht.
Ich habe aber die Wahl, ob ich an Gott glaube oder nicht. Mehr noch: Ich sehe in den Naturwissenschaften, dass Erklärungen besser sind, die auf Gott verzichten. Ich sehe sogar den Erkenntnisfortschritt, den es gegeben hat, seitdem man auf Gott als Supererklärung verzichtet hat. Die Behauptung, wir sollten auf starke Beweise verzichten, weil dieses in diesem Fall nicht sinnvoll ist, ist wiederum eine Behauptung, die weit weg von aller alltäglichen Vernunft ist und wiederum eines starken Beweises bedürfte, damit man sie akzeptieren könnte. Die Beweislast liegt bei den Theisten, die solches behaupten.
Gott mag existieren oder nicht existieren - dies ist von unserem Glauben daran vollkommen unabhängig - aber für den Glauben selbst bräuchte man eine rationale Rechtfertigung, und die gibt es nicht [2]. Folglich ist es sinnvoll, nicht an Gott zu glauben, bis zum Vorliegen eines wirklich starken Beweises.
Und deswegen bin ich Atheist.
„Philosophen verstecken einen Stein hinter einem Baum und dann gehen sie ihn suchen“ Nietzsche