Bürgerkrieg in Syrien
01.02.2013 um 08:42Israelischer Luftangriff auf Syrien
Viele Spekulationen - aber keine sicheren Informationen
Noch immer herrscht Verwirrung über einen israelischen Luftangriff auf syrischem Terrain. Laut "New York Times" zielte der Angriff auf einen Waffen-Konvoi für die Hisbollah im Libanon. Das syrische Militär behauptet, eine militärische Forschungseinrichtung sei beschossen worden. Israels Regierung hat sich noch nicht geäußert.
Von Torsten Teichmann, ARD-Hörfunkstudio Tel Aviv
Für Guy Bechor vom Interdisziplinären Zentrum in der israelischen Stadt Herzlia geht es in dem Konflikt um drei Akteure: Israel, das syrische Regime und die Hisbollah-Organisation aus dem Libanon. "Seit etwa Mitte Dezember mischt sich die Hisbollah in den syrischen Bürgerkrieg ein. Ohne direkten Auftrag aus Iran würden sie das nicht tun", sagt Bechor. Hunderte bis tausende Kämpfer der Hisbollah seien aus dem Libanon nach Syrien an die Seite von Assad gekommen. "Und plötzlich kommen sie in die Nähe von Orten, zu denen sie früher nie gekommen wären, also in die Nähe von chemischen Waffen, von unbemannten Flugzeugen der syrischen Armee und so weiter", fährt Bechor fort. "Und ich nehme mal an, dass das hier in Israel ein Warnsignal ausgelöst hat."
Widersprüche über das Ziel des israelischen Angriffs auf Syrien
Die Frage lautet: Wie wahrscheinlich ist es, dass die Hisbollah-Organisation an Waffen aus Syrien kommt? Nach Berichten über einen israelischen Luftangriff auf syrisches Gebiet drehen sich alle Spekulationen in Israel genau darum.
Arabische Liga kritisiert Verletzung der syrischen Souveränität
Im Ausland dagegen steht Israel in der Kritik. Der gemeldete Luftangriff der israelischen Armee sei eine eklatante Verletzung der Souveränität eines arabischen Staates, klagt die Arabische Liga. Das russische Außenministerium spricht von einem Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen. Das sei inakzeptabel, wenn die Berichte zutreffen sollten.
Zwei Versionen über das Ziel des Angriffs
Und genau darin liegt ein Problem: Es ist immer noch nicht klar, was in der Nähe der syrisch-libanesischen Grenze passiert ist. Es gibt bislang zwei Darstellungen: Die "New York Times" beruft sich auf Vertreter der US-Regierung, die erklären, die USA seien von Israel über den Angriff in Kenntnis gesetzt worden. Ziel des Luftschlags sei ein Waffentransport gewesen; ein Konvoi auf dem Weg von Syrien nach Libanon.
Die zweite Erklärung stammt vom syrischen Militär. Danach hätten israelischen Kampflugzeuge keinen Transport, sondern eine militärische Forschungseinrichtung nördlich von Damaskus angegriffen. Pessah Melubami ist israelischer General im Ruhestand. Er war im Militärgeheimdienst und hält auch die Erklärung der Syrer für möglich. "Dieses Institut erzeugt seit seiner Gründung den Anschein einer naiven Forschungseinrichtung zur Förderung der Wirtschaft und der Gesellschaft in Syrien", erklärt Melubami. "Aber in Wirklichkeit beschäftigen sie sich mit Raketen, chemischen und biologischen Waffen und vielleicht sogar mit Atom." Er sei sich nicht sicher, ob dort nur Forschungslabore waren oder ob die Syrer vielleicht Waffen dorthin verlagert hätten, als improvisiertes Waffenlager, sagt Melubami.
Es gibt aber auch den Verdacht, das syrische Militär wolle mit der Erklärung eine Verbindung herstellen - zwischen den Aufständischen im Land und dem syrischen Gegner Israel. Schließlich hätten auch schon die Rebellen versucht, die Einrichtung im Norden von Damaskus zu übernehmen.
Israel: Spekulationen über Waffenlieferung an die Hisbollah
Mutmaßungen, Spekulationen - aber keine verlässlichen Nachrichten. An welchen Waffen könnte die Hisbollah Interesse haben? An Flugabwehrraketen und Raketen mit längerer Reichweite vom Typ "Scud", heißt es in Israel. Immer wieder wird auch über chemische Waffen aus syrischem Arsenal gesprochen. Aber darum gehe es im Moment nicht, erklärt Ex-Geheimdienstler Melubami im israelischen Radio: "Um solche Dinge an die Hisbollah weiterzuleiten, muss man die Hisbollah erst mal ausbilden", sagt Melubami. Das sei eine riesige Angelegenheit und nicht einfach. Konventionelle Waffen könne man leicht verlegen. "Diese Geschichte hier wäre sehr viel komplexer", sagt Melubami.
http://www.tagesschau.de/ausland/syrien-israel110.html (Archiv-Version vom 03.02.2013)
Viele Spekulationen - aber keine sicheren Informationen
Noch immer herrscht Verwirrung über einen israelischen Luftangriff auf syrischem Terrain. Laut "New York Times" zielte der Angriff auf einen Waffen-Konvoi für die Hisbollah im Libanon. Das syrische Militär behauptet, eine militärische Forschungseinrichtung sei beschossen worden. Israels Regierung hat sich noch nicht geäußert.
Von Torsten Teichmann, ARD-Hörfunkstudio Tel Aviv
Für Guy Bechor vom Interdisziplinären Zentrum in der israelischen Stadt Herzlia geht es in dem Konflikt um drei Akteure: Israel, das syrische Regime und die Hisbollah-Organisation aus dem Libanon. "Seit etwa Mitte Dezember mischt sich die Hisbollah in den syrischen Bürgerkrieg ein. Ohne direkten Auftrag aus Iran würden sie das nicht tun", sagt Bechor. Hunderte bis tausende Kämpfer der Hisbollah seien aus dem Libanon nach Syrien an die Seite von Assad gekommen. "Und plötzlich kommen sie in die Nähe von Orten, zu denen sie früher nie gekommen wären, also in die Nähe von chemischen Waffen, von unbemannten Flugzeugen der syrischen Armee und so weiter", fährt Bechor fort. "Und ich nehme mal an, dass das hier in Israel ein Warnsignal ausgelöst hat."
Widersprüche über das Ziel des israelischen Angriffs auf Syrien
Die Frage lautet: Wie wahrscheinlich ist es, dass die Hisbollah-Organisation an Waffen aus Syrien kommt? Nach Berichten über einen israelischen Luftangriff auf syrisches Gebiet drehen sich alle Spekulationen in Israel genau darum.
Arabische Liga kritisiert Verletzung der syrischen Souveränität
Im Ausland dagegen steht Israel in der Kritik. Der gemeldete Luftangriff der israelischen Armee sei eine eklatante Verletzung der Souveränität eines arabischen Staates, klagt die Arabische Liga. Das russische Außenministerium spricht von einem Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen. Das sei inakzeptabel, wenn die Berichte zutreffen sollten.
Zwei Versionen über das Ziel des Angriffs
Und genau darin liegt ein Problem: Es ist immer noch nicht klar, was in der Nähe der syrisch-libanesischen Grenze passiert ist. Es gibt bislang zwei Darstellungen: Die "New York Times" beruft sich auf Vertreter der US-Regierung, die erklären, die USA seien von Israel über den Angriff in Kenntnis gesetzt worden. Ziel des Luftschlags sei ein Waffentransport gewesen; ein Konvoi auf dem Weg von Syrien nach Libanon.
Die zweite Erklärung stammt vom syrischen Militär. Danach hätten israelischen Kampflugzeuge keinen Transport, sondern eine militärische Forschungseinrichtung nördlich von Damaskus angegriffen. Pessah Melubami ist israelischer General im Ruhestand. Er war im Militärgeheimdienst und hält auch die Erklärung der Syrer für möglich. "Dieses Institut erzeugt seit seiner Gründung den Anschein einer naiven Forschungseinrichtung zur Förderung der Wirtschaft und der Gesellschaft in Syrien", erklärt Melubami. "Aber in Wirklichkeit beschäftigen sie sich mit Raketen, chemischen und biologischen Waffen und vielleicht sogar mit Atom." Er sei sich nicht sicher, ob dort nur Forschungslabore waren oder ob die Syrer vielleicht Waffen dorthin verlagert hätten, als improvisiertes Waffenlager, sagt Melubami.
Es gibt aber auch den Verdacht, das syrische Militär wolle mit der Erklärung eine Verbindung herstellen - zwischen den Aufständischen im Land und dem syrischen Gegner Israel. Schließlich hätten auch schon die Rebellen versucht, die Einrichtung im Norden von Damaskus zu übernehmen.
Israel: Spekulationen über Waffenlieferung an die Hisbollah
Mutmaßungen, Spekulationen - aber keine verlässlichen Nachrichten. An welchen Waffen könnte die Hisbollah Interesse haben? An Flugabwehrraketen und Raketen mit längerer Reichweite vom Typ "Scud", heißt es in Israel. Immer wieder wird auch über chemische Waffen aus syrischem Arsenal gesprochen. Aber darum gehe es im Moment nicht, erklärt Ex-Geheimdienstler Melubami im israelischen Radio: "Um solche Dinge an die Hisbollah weiterzuleiten, muss man die Hisbollah erst mal ausbilden", sagt Melubami. Das sei eine riesige Angelegenheit und nicht einfach. Konventionelle Waffen könne man leicht verlegen. "Diese Geschichte hier wäre sehr viel komplexer", sagt Melubami.
http://www.tagesschau.de/ausland/syrien-israel110.html (Archiv-Version vom 03.02.2013)