Bürgerkrieg in Syrien
11.12.2015 um 01:13Voll Neid dürfte die saudische Regierung dieser Tage verfolgen, wie bei ihrem Konkurrenten in Teheran eine europäische Delegation der anderen die Klinke in die Hand gibt. Ohne den Iran, so heißt es neuerdings aus Paris, Brüssel und Berlin, sei Frieden im Nahen Osten nicht möglich. Die Saudis dagegen stehen zunehmend am Pranger, fast täglich liest man, wie grässlich es dort um Menschen- und Frauenrechte bestellt ist. Je mehr der Iran in der Gunst als Dialog- und Wirtschaftspartner steigt, desto heftiger scheint sich Kritik an den Saudis zu artikulieren.http://www.welt.de/print/die_welt/debatte/article149730999/Falsche-Verbuendete-in-Nahost.html
Bis vor Kurzem galt Saudi-Arabien noch als "unser moderater Alliierter am Golf ", man ignorierte nicht nur geflissentlich die verheerende Menschenrechtslage, sondern auch die Milliarden von Petrodollars, die Riad Jahr für Jahr an salafistische und dschihadistische Bewegungen überweist. Das hat weder Europäer noch Amerikaner daran gehindert, lukrative Geschäfte mit der Golfmonarchie zu machen, die Saudis waren zugleich ein enger Partner im Kampf gegen Kommunisten im Kalten Krieg und, als er noch als Feind galt, zur Eindämmung des Iran.
Nun, leider Jahre zu spät, beginnt man festzustellen, dass die Saudis zur Befriedung oder Stabilisierung des Nahen Ostens doch nicht so viel beizutragen haben, eher sogar selbst Teil des Problems sind. Aus dieser Erkenntnis ziehen Europäer und Amerikaner aber keineswegs die Lehre, fortan die Kooperation mit Islamisten ganz einzustellen. Mehr noch: Wenn dieser Tage europäische Politiker nach Teheran reisen, klingen sie ganz so, wie man es früher von Besuchen in der saudischen Hauptstadt gewohnt war. Ginge es um Frieden und Stabilität, komme der Islamischen Republik Iran eine Schlüsselrolle zu, gab etwa jüngst der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, bei seinem Iranbesuch bekannt. Man habe nämlich auch ein gemeinsames Ziel: die Bekämpfung des IS.
Dabei besteht das erklärte Ziel des Iran in der Errichtung eines persisch-islamischen Imperiums im Nahen Osten, der Zerstörung Israels, der Niederringung des Westens und allem, wofür er steht. Auch im Iran werden Homosexuelle und Atheisten hingerichtet, gefoltert und unterdrückt, Teheran finanziert ein weltweites Netz islamistischer Gruppierungen, von denen viele auf US- und EU-Terrorlisten stehen. Auch wenn sich radikale Sunniten und Schiiten, Saudi-Arabien und der Iran in einem konfessionellen Krieg um die Vorherrschaft im Nahen Osten befinden, es geht ihnen gleichermaßen um die Errichtung totalitärer Gottesstaaten, in denen ihre jeweilige Auslegung der Scharia einzig gültiges Gesetz ist.
Regelmäßig aber schweigt sich nun über den Iran aus, wer Saudi-Arabien laut kritisiert. Denn zunehmend gilt jene selbst ernannte Achse des Widerstandes, die Teheran zusammen mit dem syrischen Diktator Assad, der Hisbollah und anderen radikalen schiitischen Milizen gebildet hat, als zeitgemäßer Verbündeter im Kampf gegen den IS oder doch wenigstens als das kleinere Übel. Wer aber glaubt, es gäbe bessere und schlechtere Islamisten, ja die Islamische Republik sei im Kampf gegen den Islamischen Staat ein Teil der Lösung, bietet in Wirklichkeit nur einem der größten Brandstifter den Fahrersitz im Feuerwehrwagen an.