Das Problem ist, dass man noch zu stark in der Vorstellung eines direkten Zusammenhangs von Arbeit und Einkommen verhaftet ist. Diese Vorstellung entspricht allerdings keinesfalls der Realität, hat es niemals. Wenn es so wäre, müsste jemand, der ganz viel arbeitet ganz viel verdienen, jemand, der weniger arbeitet, entsprechend weniger. Tatsache ist, dass wir uns im Prozess eines erheblichen Wertverlusts der menschlichen Arbeitskraft befinden und das nicht erst seit gestern, sondern spätestens seit Beginn der ersten industriellen Revolution vor über 200 Jahren! Grund ist die stetige technologische Weiterentwicklung. Maschine ersetzt Mensch, zu was anderem sollten Maschinen denn da sein? Selbstverständlich, um uns Menschen die Arbeit abzunehmen! Zudem sind Maschinen bekanntermaßen anspruchsloser als Menschen, sie benötigen keine Freizeit, haben keine Familie und Freunde und man muss ihnen auch keine komplizierte menschenwürdige Behandlung zukommen lassen, weil sie keine Emotionen haben und auch nicht eingeschnappt sind. Lediglich ein wenig Wartung ist erforderlich, natürlich auch eine Energiequelle, klar und wenn sie nicht mehr funktionieren oder sie nicht mehr gebraucht werden, kommen sie einfach auf den Müll, ganz easy. Heißt, sobald Anschaffung und Unterhalt der Maschine günstiger ist als eine menschliche Arbeitskraft und sie entsprechende Leistung bringt, was zumeist der Fall ist, muss der Mensch seinen Platz räumen, im Vergleich doch viel zu ineffizient. Und nun steht die totale Automatisierung ins Haus, die durchaus in der Lage ist, mindestens die Hälfte der heutigen Arbeitsplätze überflüssig zu machen.
https://www.focus.de/finanzen/boerse/zukunft-der-arbeit-die-neue-german-angst_id_6816692.htmlMan kann durchaus sagen, dass man derzeit das eherne Prinzip Geld gegen Arbeit noch künstlich aufrecht erhält, indem man einfach die menschliche Arbeit verbilligt, was dieses Prinzip gewissermaßen widersinnig macht. Nicht zuletzt durch die Agenda-Reformen wurde ein immenser Niedriglohnsektor geschaffen, Deutschland quasi zu einem Billiglohnland umgestaltet; das Problem dabei ist jedoch, dass Deutschland, anders als klassische Niedriglohnländer, etwa in Asien, kein Niedrigpreisland ist. So ist etwa adäquater Wohnraum hierzulande nicht gerade billig. Das neue deutsche Jobwunder ist pure Illusion, bezahlt von Billigjobbern, die zwar arbeiten bis zum Umfallen, oft zu prekären Bedingungen, aber ihr Leben kaum noch finanzieren können.
Das Prinzip der reinen Entlohnung der Arbeit kann also bei stetiger Technologisierung und damit verbundener Entwertung menschlicher Arbeitskraft v. a. bei zunehmender Bevölkerungszahl nur zur Verarmung breiter Bevölkerungsschichten führen. Dies führt dann letzten Endes auch zur wirtschaftlichen Desolation. In Ländern der sog. "Dritten Welt" haben wir diesen Effekt ganz stark, da hier auch aufgrund dysfunktionaler Staats- und Gesellschaftssysteme keinerlei sozialen Rettungsleinen bestehen, die Bevölkerung massiv und schnell wächst, die meisten Leute sich aber schlichtweg nichts leisten können, Wirtschaftsleistung hängt nun einmal auch nicht unwesentlich mit dem Konsum zusammen. Wenn keiner was kauft, weil er nichts hat, macht die Produktion wenig Sinn, geschweige denn Investitionen.
Kurzum, wenn wir nicht auf längere Sicht im totalen sozialen Desaster enden wollen, müssen wir uns schon mit den Konzepten des Bedingungslosen Grundeinkommens befassen. Es ist dabei weniger die Frage, ob das überhaupt funktionieren kann, sondern eher, wie man es umsetzt. Beteuerungen, dass wegfallende Jobs ja durch neue Jobs ersetzt würden, helfen jedenfalls nicht weiter, denn auch wenn das ein oder andere neue Jobprofil entstehen mag, es handelt sich dabei stets um Tätigkeiten, die eine relativ hohe Qualifikation voraussetzen und letztendlich werden in diesen Bereichen auch nicht so viele Leute benötigt wie z. B. Anfang des 20. Jhs., als die Fließbandproduktion die Arbeitswelt revolutionierte. Die ganze Bildungspropaganda aus der Politik ist auch nicht viel mehr als Augenwischerei, selbst wenn da tatsächlich was getan würde, gibt es eben immer einen Bodensatz an Leuten, die ungeeignet für höhere Qualifikationen sind. Und auch das ewige Gejammer der Arbeitgeber, dass sie "händeringend nach Leuten suchen" ist absolut lächerlich, die sollten sich lieber überlegen, ob sie qualifizierten Kräften nicht vielleicht zu wenig bieten. Wenn ein Mann keine Frau findet, liegt das ja auch nicht daran, dass es keine Frauen gibt, sondern vielleicht eher daran, dass er äußerlich, charakterlich, einkommensmäßig etc. irrelevant ist und gleichzeitig viel zu hohe Ansprüche hat, so ist das vom Prinzip her da eben auch. Immerhin kann ja jeder Hirni irgendeine Firma gründen und zudem erfolgen Neueinstellungen auch oftmals zu Bedingungen der Arbeitnehmerüberlassung, ist ja nun möglich, nicht nur bei Ungelernten/Unqualifizierten. Als ich mal in der Zeitarbeit war, hatte ich die Gelegenheit, eine ganze Reihe Firmen kennenzulernen, bei denen ich nicht mal für viel Geld fest angestellt arbeiten wollen würde, allein schon aufgrund des miesen Betriebsklimas, das da zumeist herrscht.
Letztendlich handelt die Politik mit der Vorzugsbehandlung von Unternehmen auch aufgrund eines groben Denkfehlers, nämlich dem, dass man glaubt, Unternehmen würden Arbeitsplätze schaffen. Dies ist nicht der Fall, es sind die Kunden der Unternehmen, die Arbeitsplätze erhalten und schaffen und damit selbst der notorisch faule HartzVI-Tunichtgut, denn der muss sich ja auch irgendwas bei Aldlidli kaufen, auch wenn es Alk und Kippen sind (da fällt dann sogar noch ordentlich was für den Staat ab). Die Unternehmen verteilen lediglich die Arbeit und das nicht immer unbedingt im Interesse der Gesellschaft, sondern in der Regel nach Gesichtspunkten der (eigenen) Profitmaximierung.
Es ist mir dabei natürlich durchaus bewusst, dass gerade die deutsche Seele sehr stark mit der Vorstellung von Arbeit als zentralem Sinn des Lebens verwoben ist, auch wenn definitiv nicht jeder Deutsche ein ausgemachtes Arbeitstier sein mag. Dennoch, einst schien es offenbar auch eng mit der deutschen Seele verwoben zu sein, im Stechschritt durch Polen zu marschieren, diese Zeiten sind gottlob längst passé, da habe ich durchaus Hoffnung, dass die Deutschen auch andere Felder und Formen der Betätigung finden können als die schiere Maloche. Schließlich haben wir aller Wahrscheinlichkeit nach auch gar keine andere Wahl.