corazon schrieb:Obama fordert Vollmitgliedschaft der Türkei
Wieso muss - oder besser gesagt - darf Obama den EU-Beitritt der Türkei anpacken? Soweit ich weiß, sind die USA nicht Mitglied der EU, also haben sie sich da mal ganz rauszuhalten. Mir ist schon klar, warum sie die Türkei gerne in der EU sehen würden. Angesichts der notorischen Querschüsse, die selbst jetzt, wo die Türkei eigentlich noch gar nichts zu sagen hat, schon eine beängstigende Häufigkeit annehmen, kann man davon ausgehen, dass eine EU mit der Türkei als Mitglied endgültig nicht mehr fähig zu einer Einigung in Sachfragen fähig wäre. Zu groß sind die kulturellen und mentalen Unterschiede. Die EU wäre damit endgültig gescheitert, allenfalls der Euro könnte vielleicht fortbestehen - und der stört die USA weitaus weniger, als ein relativ unabhängiger Machtblock Europa, erst recht, wenn der sich endlich auch mal außenpolitisch einig wäre. Bisher funktioniert "divide et impera" aber noch ganz gut, um das zu verhindern. Allerdings haben die USA dieses römische Prinzip perfektioniert: Cäsar und Co mussten immerhin noch ihre eigene Macht teilen, Bush und jetzt auch Obama versuchen, die der Europäer mit dem nahen Osten zu teilen. Sehr clever, aber ohne jede Berechtigung - und die Europäer trauen sich mal wieder nicht, Obama auch nur darauf hinzuweisen, dass der EU-Beitritt der Türkei nicht seine Baustelle ist.
Die anderen Themen: Alles, was irgendwie nach Kritik aussieht ist mit den Türken traditionell nicht zu besprechen, weil sie dann lediglich auf ihre "gekränkte nationale Ehre" verweisen und einen Mordsrabatz veranstalten, aber zu keiner konstruktiven Debatte mehr gewillt sind. Iran ist sowieso ein schwieriges Thema, erst recht für die USA.
Und dann ist da ja noch die klitzekleine Frage, was Obama dem Möchtegernimperator vom Bosporus eigentlich für seine "Zustimmung" zum neuen Natochef versprochen hat. Man fragt sich schon, warum man auf eine sich derart unmöglich gestaltende Zusammenarbeit mit diesem sich immer, aber auch wirklich immer und überall querlegenden Land überhaupt noch so scharf ist. Was bildet sich Erdogan eigentlich ein? Er beschwert sich auch noch öffentlich darüber, dass der dänische Staatschef den Gesetzen und der Kultur Europas folgend die Pressefreiheit beachtet hat (die es demnach wohl in der Türkei so nicht zu geben scheint, wenn das so ungewöhnlich sein sollte) und sich nicht in das Karikaturen-Theater eingemischt hat, nur weil er, Erdogan, das von ihm verlangt hat. Geht´s noch? Erdogan sollte sich mal überlegen, dass er nicht die muslimische Republik Europa regiert, sondern nur die Türkei, und die ist nur einer von vielen Bündnispartnern der NATO, wenn auch wohl der einzige muslimische. Letzten Ende ist das übliche türkische Gebahren das Problem, dass den Besuch Obamas schwierig machen könnte, nämlich dann wenn anstatt mit Vernunft mit Nationalstolz "argumentiert" wird.