kuno7 schrieb:Der Staat diktiert nich was Recht und Unrecht is, sondern das, was legal oder Illegal is.
Ich nehme an, dass bezieht sich jetzt eher auf die Kriminalisierung von Beitragsverweigerern, sonst würde die Diskussion etwas ins Absurde abdriften. Jetzt lass ich mir natürlich den Vorwurf machen, dass die Formulierung "Kriminalisierung" etwas reißerisch war, weil ich darauf aufmerksam machen wollte, dass Leute schon in Beugehaft mussten, weil sie sich gegen den Zwangsbeitrag nicht mehr anders zu helfen wussten. Formal hast du natürlich recht, wer unbezahlte Rechnungen nicht bezahlt, handelt erst mal "illegal", egal wie gut man es begründet, denn kein Gericht wird einem Beitragsverweigerer von seiner Zahlungspflicht frei sprechen.
Das mag man auch als Schwäche des Systems deuten können, denn gegen den Beitragsservice lassen sich keine normalen Rechtsmittel einlegen. Daher auch der Begriff Zwang im Wort Zwangsbeitrag.
kuno7 schrieb:Nein, das was man als Recht oder Unrecht empfindet, is in hohem Maße Subjektiv. Wenn du dein eigenes Empfinden darüber als objektiven Maßstab annimmst, wirst du in demokratischen Gesellschaften natürlich ständig Verständnisprobleme haben.
Wenn du mir damit Subjektivität unterstellen willst, musst du mir aber schon aufzeigen wo ich nicht objektiv bin. Natürlich kann es vorkommen das z.B. Russland etwas als Unrecht empfindet, was die USA als Rechtens empfinden, aber ich sehe jetzt bei meinem konkreten Anliegen nicht, wo das der Fall wäre.
kuno7 schrieb:Is das auch dann so, wenn es für diese Benachteiligungen nachvollziehbare Gründe gibt?
Ich bin mir ziemlich sicher Unrecht, Unrecht bleibt und Benachteiligung, Benachteiligung bleibt, auch wenn es nachvollziehbare Gründe dafür geben würde. Zum Beispiel, um mal das aktuelle Zeitgeschehen heran zu ziehen, wäre ein Vebot von muslimischer Religion in Deutschland nun auf Grund der Terrorgefahr nachvollziehbar, aber deswegen wäre es trotzdem nicht rechtens da die Benachteiligung vieler, gegenüber der Gefahr einzelner unverhältnismäßig wäre. Ansonsten müsstest du vielleicht schon etwas konkreter werden, wenn du das anders meintest.
kuno7 schrieb:Würde ich mal bestreiten, denn so weit ich weiß, muß diesen ja jeder bezahlen, der nich irgendwie finanziell deutlich schlechter als der Durchschnitt gestellt is.
Die Frage, ob man es sich finanziell leisten kann, den Beitrag zu zahlen oder nicht, ist nicht mal der Kernknackpunkt der Unrechts oder Benachteiligungs-Frage. Ich sage aber trotzdem an dieser Stelle, dass jeder, der auf Hartz IV Niveau lebt oder darunter, sich zwar davon befreien kann, aber das heißt nicht, dass Leuten, die knapp drüber liegen, die 17,50 Euro nicht trotzdem weh tun können.
Wie gesagt, ist nur ne Randbemerkung, denn das ist ja nicht der Kernaspekt der Benachteiligung. Die Benachteiligung entsteht zum Beispiel dadurch, dass Personen, die alleine im Haushalt leben, genauso viel bezahlen, wie in einem Haushalt von 5-6 Leuten. Oder dadurch, dass man für Ferienhäuser, Zweitwohnung und andere wohnlichähnliche Gebäude noch mal (also doppelt) zahlen muss. Die Benachteiligung ist aber eben auch, dass Leute, die gar nicht am ÖR teilnehmen möchten, unabhängig davon ob sie Empfangsgeräte haben oder tatsächlich ÖR Inhalte konsumieren, trotzdem genauso viel zahlen müssen, wie jemand der Empfangsgeräte hat und dies regelmäßig tut (oder sich zumindest die Möglichkeit dazu offen halten möchte).
Das man also ungleiches pauschal gleichsetzt, ist entscheidender als der finanzielle Aspekt dahinter.
kuno7 schrieb:Schön, aber darum gings ja nich, sondern darum, das man auch Zahlungen leisten muss oder sollte, die keine Steuern sind, wenn diese gesetzlich so festgelegt sind. Übrigens sind Geschwindigkeitsübertretungen kein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch sondern gegen die STVO.
Aha, hier bist du auf einen rhetorischen Kniff meinerseits reingefallen
:) Das Trennwort "Oder" im Satz "Eine Geschwindigeitsübertretung oder einen anderen Verstoß gegen das Strafgesetzbuch" war schon so gedacht, dass ich sowohl Verstöße gegen die STVO als auch das Strafgesetzbuch (z.B. Steuerhinterziehung) in meine Aussage einbeziehen wollte. Mir ist das also durchaus bewusst, aber man kann natürlich über solche Kleinigkeiten auch mal stolpern. Ist mir auch schon passiert. ^^'
Abseits davon, wie weiter oben beschrieben, steht man natürlich in der Verpflichtung gesetzlich vorgeschriebene Zahlungen zu leisten. Heißt freilich, dass jeder, der gegen das ÖR System ist, natürlich trotzdem erst mal die Beiträge entrichten muss, bis sich in der Gesetzgebung mal was tut. Man kann aber auch nachvollziehen, dass viele Menschen nach +4 Jahren zunehmend verzweifelter und gefrusteter werden, wenn Ihnen dauerhaftes Unrecht geschieht. Man muss in dem Zusammenhang auch anerkennen, dass einige von diesen Menschen lieber ins Gefängnis gehen als auch nur einen Cent zu überweisen und damit ein Stück weit mehr auf die Problematik aufmerksam machen. Manche Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen treten auch schon mal in einen Hungerstreik im Durchschnitt, sind das keine Dissidenten (Reichsbürger), sondern sie setzen sich für eine gerechte, vielleicht sogar edle Sache ein. Was würdest du sonst tun, wenn der Rechtstaat nicht mehr richtig funktioniert? Würdest du alles widerstandslos weiter ertragen? Dann Willkommen in der DDR.
kuno7 schrieb:Auch hier verfehlst du den Punkt. Es ging darum, dass, wenn der Beitragssevice die Menschen kriminalisiert, dann täte dies auch die STVO. Oder auch, wenn man es als Unrecht empfindet, an einer roten Ampel halten zu müssen, man dies eben unterlässt.
Ich hoffe du verstehst mein Ansinnen.
mfg
kuno
Ich verstehe deinen philosophischen Ansatzpunkt. Zum Thema Kriminalisierung habe ich mich ja weiter oben schon geäußert. Ich muss aber darauf hinweisen, dass wir hier nicht die Straßenverkehrsordnung oder das Sozialsystem außer Kraft setzen wollen, sondern die Frage/Forderung stellen, ob die Bereitstellung von ÖR Inhalten von jedem Wohnenden, der nicht auf Sozialhilfe oder ähnliches angewiesen ist, gezahlt werden muss. Um symbolisch bei der STVO als Gegenbeispiel zu bleiben, muss jeder die KFZ-Steuer zahlen, auch wenn er gar kein eigenes Auto hat? (Dies wäre nach aktueller Gesetzeslage ja zu verneinen)
kleinundgrün schrieb:Aber wie ist das, wenn Du zum Arzt gehst? Zahlst Du da die Behandlung, die Du in Anspruch genommen hast? Bezahlst Du die Benutzung der Straße, auf der Du fährst der läufst? Bezahlst Du die Feuerwehr, wenn sie zum Löschen kommt?
Ich denke, im Normalfall wird er schon die Behandlung durch den Arzt bezahlen und zwar über seine Beiträge zur Krankenkasse. Für die Straßenbenutzung zahlt man in Deutschland schon mal gar nicht (Ausnahme, indirekt über LKW-Maut), sondern für die Instandhaltung. Die Feuerwehr wird in aller Regel aus Steuern finanziert, die man in aller Regel ja auch entrichtet.
Ich finde es aber bedenklich das Sozialleistungen immer wieder in einem Atemzug mit dem staatsfernen Beitragsservice genannt werden. Entscheidend in der Abwägung ist aber dass der Zugang zu Information und Unterhaltung im 21. Jahrhundert nun mal nicht mehr einzig und allein durch den ÖR möglich ist. Das wird hierbei nur allzu gerne unterschlagen.