Wilhelm II. - genial oder irre ?
12.03.2006 um 23:06Ich möchte an diesem Punkte noch einmal auf die Ausgangsfrage desThemeneröffners
zurückkommen:
Wilhelm II - genial oder irre?
Keine von beiden
Aussagen dürfte zutreffend sein; Willhelm II war gewiß weder einGenius noch ein
halbgescheiter Irrer, aber ganz sicher eine Person, die schon zuseiner Zeit - und nicht
zuletzt aus den unterschiedlichsten politischen Gründen- imIn- und Ausland sehr stark
polarisiert rezeptiert worden ist.
Nicht zuletztdarum fällt aus heutiger Sicht
eine ausgewogene Stellungnahme bezüglich seiner Personund seines Schaffens so überaus
schwer.
Wenn man einer historischen Personund Ihrer zeitgenössischen Bedeutung
wirklich Gerechtigkeit im Urteil widerfahrenlassen will, so darf man zunächst einmal
nicht in den leider allzu häufig begangenenFehler verfallen, deren Wirken und Handlungen
aus dem heutigen Wissen umzeitgenössische Zusammenhänge und Ursachen zu bewerten
sondern muß sich auf dierealen Gegebenheiten und Möglichkeiten ihrer Zeitepoche
zurückbesinnen.
Wendet man diese Maßstäbe einmal nüchtern auf Wilhelm II an, so
ergibt sich nachmeiner persönlichen Einschätzung doch ein deutlich freundlicheres Bild
von ihm alsjenes, welches heute gemeinhin gezeichnet wird.
Er war für seine
Zeit undgemessen an seinen internationaler Standesgenossen erstaunlich fortschrittlich
undganz gewiß von ehrlichem Verantwortungsgefühl für sein Volk beseelt, dessenWohlfahrt
(und dabei auch besonders jene der unteren Gesellschaftsschichten) im sehram Herzen lag.
Er liebte preußische Tugend und militärisches Gehabe ohne jedoch defacto
Kriegstreiber zu sein; tatsächlich war gerade der Kaiser i.d.R. eher dasmäßigende
Element in der deutschen Aussenpolitik - ganz zum Leidwesen vieler seinerGeneräle, die
darum oftmals sehr heftig gegen seine aussen- und sicherheitspolitischenWeisungen
antichambrierten.
Leider ist die ganze Thematik ungeheuerlichkomplex und daher
im Rahmen dieses Forums unmöglich auch nur annäherndzufriedenstellend darlegbar (und
nebenher auch heute noch viel zu politisch, als daßtatsächlich vorbehaltslos darüber
diskutiert werden könnte) aber de facto geht dieGeschichtsschreibung doch deutlich zu
hart mit einem Regenten ins Gericht, der sich imRahmen seiner Möglichkeiten doch stets
bemühte.
So lässt sich z.B. selbst beidem doch so profunden Wilhelm-Kenner
Professor John C.G. Röhl (Universität von Sussex)eine deutlich verfärbte
Quellenrezeption bemerken, die zu einer sehr verschobenenBewertung seinerseits beiträgt.
Vermutlich ist die Zeit für ein wirklich ausgewogenesUrteil noch nicht reif..
Viele Grüße, Höllenhund
zurückkommen:
Wilhelm II - genial oder irre?
Keine von beiden
Aussagen dürfte zutreffend sein; Willhelm II war gewiß weder einGenius noch ein
halbgescheiter Irrer, aber ganz sicher eine Person, die schon zuseiner Zeit - und nicht
zuletzt aus den unterschiedlichsten politischen Gründen- imIn- und Ausland sehr stark
polarisiert rezeptiert worden ist.
Nicht zuletztdarum fällt aus heutiger Sicht
eine ausgewogene Stellungnahme bezüglich seiner Personund seines Schaffens so überaus
schwer.
Wenn man einer historischen Personund Ihrer zeitgenössischen Bedeutung
wirklich Gerechtigkeit im Urteil widerfahrenlassen will, so darf man zunächst einmal
nicht in den leider allzu häufig begangenenFehler verfallen, deren Wirken und Handlungen
aus dem heutigen Wissen umzeitgenössische Zusammenhänge und Ursachen zu bewerten
sondern muß sich auf dierealen Gegebenheiten und Möglichkeiten ihrer Zeitepoche
zurückbesinnen.
Wendet man diese Maßstäbe einmal nüchtern auf Wilhelm II an, so
ergibt sich nachmeiner persönlichen Einschätzung doch ein deutlich freundlicheres Bild
von ihm alsjenes, welches heute gemeinhin gezeichnet wird.
Er war für seine
Zeit undgemessen an seinen internationaler Standesgenossen erstaunlich fortschrittlich
undganz gewiß von ehrlichem Verantwortungsgefühl für sein Volk beseelt, dessenWohlfahrt
(und dabei auch besonders jene der unteren Gesellschaftsschichten) im sehram Herzen lag.
Er liebte preußische Tugend und militärisches Gehabe ohne jedoch defacto
Kriegstreiber zu sein; tatsächlich war gerade der Kaiser i.d.R. eher dasmäßigende
Element in der deutschen Aussenpolitik - ganz zum Leidwesen vieler seinerGeneräle, die
darum oftmals sehr heftig gegen seine aussen- und sicherheitspolitischenWeisungen
antichambrierten.
Leider ist die ganze Thematik ungeheuerlichkomplex und daher
im Rahmen dieses Forums unmöglich auch nur annäherndzufriedenstellend darlegbar (und
nebenher auch heute noch viel zu politisch, als daßtatsächlich vorbehaltslos darüber
diskutiert werden könnte) aber de facto geht dieGeschichtsschreibung doch deutlich zu
hart mit einem Regenten ins Gericht, der sich imRahmen seiner Möglichkeiten doch stets
bemühte.
So lässt sich z.B. selbst beidem doch so profunden Wilhelm-Kenner
Professor John C.G. Röhl (Universität von Sussex)eine deutlich verfärbte
Quellenrezeption bemerken, die zu einer sehr verschobenenBewertung seinerseits beiträgt.
Vermutlich ist die Zeit für ein wirklich ausgewogenesUrteil noch nicht reif..
Viele Grüße, Höllenhund