martenot schrieb:Genau da sehe ich allerdings nach wie vor den Knackpunkt, denn zumindest nach meinem Empfinden sind solche Aktionen eher nicht dafür geeignet, bei der breiten Bevölkerung ein Problembewusstsein für die Klimathematik zu schaffen. Und sei so ein Kleinflugzeug noch so nutzlos und sein Besitz noch so luxuriös.
Ich denke, da kommt in erster Linie rüber, dass etwas beschädigt wurde, was irgendwem privat gehört. Hat das einen konstruktiven Effekt auf die öffentliche Wahrnehmung? Es fällt mir schwer, mir das vorzustellen.
Da gebe ich einen Kontrapunkt: Es ist bestimmt auch nicht geeignet, ein Unrechtsbewusstsein zu schaffen, wenn man weiterhin so tut, als sei das kein Unrecht und sich auch so benimmt.
Wenn man immer nur nett sagt, dass eigentlich Ungleichheit nicht gut ist aber andererseits auch einfach alles lässt, wie es ist, dann kann kein Bewusstsein dafür entstehen. So ist auch sozialer Wandel historisch nie abgelaufen.
Homosexuellenrechte wurden erkämpft.
Bürgerrechte für Minderheiten wurden erkämpft
Streikrechte wurden erkämpft.
Demokratie wurde erkämpft
Frauenrechte wurden erkämpft.
Transrechte werden erkämpft.
Das läuft nie so ab, dass man da nett eine Debatte führt und sich dann am Ende die meisten Leute einig sind, dass schwul sein doch in Ordnung ist. Da gibt es auch immer, bei jedem sozialen Wandel, solche Kräfte, die die Mehrheit gegen sich haben und trotzdem radikale Forderungen stellen. Und die sind auch notwendig.
Das ist bei der Klimabewegung nicht anders.
Die Botschaft der letzten Generation ist im Kern, dass unsere Situation und unser politisches System so hoffnungslos überfordert und verfilzt ist, dass es mit den Krisen der heutigen Zeit nicht umgehen kann, insbesondere mit der Klimakrise und dass deswegen ziviler Ungehorsam notwendig ist, um ein Umdenken einzuleiten.
Und ich denke, dass das ein sehr konstruktiver Beitrag ist, weil sie damit meiner Ansicht nach vollkommen recht haben. und dazu gehört auch ein solcher Protest mit dem Flugzeug.
Wir haben unheimlichen Reichtum (und dazu gehören private Flugzeuge, auch kleine), während wir angeblich kein Geld für viele Klimaprogramme haben (insbesondere die, von denen die Ärmsten Menschen auf dem Planeten profitieren) und auch kein Geld z.b. für eine Kindergrundsicherung.
Wir haben viele Menschen die in slums leben und nichtmal ein eigenes Zimmer haben und von der Klimakrise wohl auf die Flucht geschickt werden, andererseits haben Menschen Luxusobjekte wie Privatflugzeuge, mit denen sie Spaßeshalber und für sehr viel Geld mit fossilen Mitteln herumfliegen.
Diesen Zustand prangert die letzte Generation an. Und je mehr MEnschen sie davon überzeugt, dass man diesen Status quo nicht hinnehmen darf, desto wichtiger und konstruktiver wird sie. Und dazu muss sie nicht 50% , auch nicht 30%, der Menschen auf ihrer Seite haben. Da geht es eher darum, dass man einen gesellschaftlich harten Kern von 10-20% hat die konsequent und unnachgiebig diese Meinung vertreten. Das ist deren Ziel und ich denke, dass das auch funktionieren kann.
Der 70 jährige CDU wähler der schon immer helmut kohl und dann merkel gewählt hat, der ist nicht der Adressat von diesem Protest. Sondern eher enttäuschte Grünen- und Linkenwähler, denen die aktuelle Klimapolitik wie eine Farce vorkommt.