martenot schrieb:Ich glaube mich nicht erinnern zu können, dass ich gefordert hatte, jemanden mit Lob zu überschütten. Es ging mir darum, dass wir von Generation zu Generation eine Art Treppe voranschreiten. Unsere Generation hat vielleicht die Stufen weiter unten beschritten, die nächste Generation ist auf den folgenden Stufen weiter geschritten. Die Vorwürfe lesen sich ein wenig so, als ob man gefragt würde, warum man nicht gleich im dritten Stock angefangen hat, und dass es doch fahrlässig gewesen sei, im Erdgeschoss nicht gleich ins dritte Geschoss zu springen.
Die vorherigen Generationen hatten die damals anstehenden Probleme zu bewältigen, und die folgenden Generationen haben die neuen Probleme zu bewältigen. Das wird auch in der nächsten und übernächsten Generation so weitergehen. Wollt Ihr denn, dass Ihr mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert werdet, wenn Ihr selbst zu den Älteren gehören werdet? Genaugenommen könnt auch Ihr doch nur die Probleme angehen, die JETZT auf den Nägeln brennen, aber nicht diejenigen, die den kommenden Generationen zu schaffen machen werden.
Es geht hier nicht um persönliche Vorwürfe, es geht darum anzuerkennen, dass das System, nach dem unser Welt funktioniert (und was von unseren großeltern und eltern nach dem zweiten Weltkrieg aufgebaut worden ist) uns bezüglich des Klimawandels ins Verderben stürzt und das in der Breit bei der momentan machthabenden Generation so noch nicht angekommen ist.
Denn das war auch schon damals ein Problem, was auf den Nägeln brennen musste (und Ungleichheit, Rassismus, Sexismus und Gewalt) genauso. Aber man hat das damals ignoriert. Diese Probleme waren auch damals da, wurden aber erst durch spätere Generationen wirklich problematisiert. Und die alte Generation wehrt sich ganz deutlich dagegen. Nicht alle, in unterschiedlicher Intensität, aber eben doch.
Da ist keine alte Generation, mit ihren damals Helmut Kohls oder Schäubles, heute Scholzes und Lindners, die jetzt verstanden hat, dass ihr verhalten sehr problematisch war und deutlich umsteuert. Man hat grundsätzlich eingesehen, dass klimawandel schlecht ist, aber keinesfalls, welche Intensität dieses Problem hat und was man vorher falsch gemacht hat.
Und dass es überhaupt mal so weit ist, dass wir jetzt alle wenigstens zugeben können, dass KLimawandel existiert, hat was mit jungen Menschen zu tun, die auf die Straße gehen. Diese Information gab es in den 90ern auch, wer es wissen wollte, konnte es wissen. Auch da gab es Leute, die auf die Straße gingen, aber nie so deutlich und unerbittlich (und so intersektional) wie heute (damit möchte ich nicht aktivisten von damals entwerten. Ohne die wäre der Protest heute so nicht möglich).
Aber die vorherige Generation hat weitergemacht und möchte auch jetzt weitermachen. LG ist dafür ein gutes Beispiel. Da überschlägt man sich mit Beschimpfungen oder sogar mit Forderungen nach Repression, wenn sich leute auf die straße kleben, während man zulässt und nicht großartig problematisiert, dass sich unsere Welt und Gesellschaft in den Abgrund bewegt und die Menschen in Verantwortungspositionen diesen Prozess nicht ernst genug nehmen.
Wenn ich 20 bin und sich da ein Christian Lindner oder Volker Wissing hinstellt und das Verbrenneraus torpediert und nichtmal ein Tempolimit zulassen willl, die eigenen Klimaziele reißt und dabei nicht mal was falsches sieht, was bleibt mir da denn großartig übrig außer Protest? Das ist eine Generation, die wenigstens in ihrem politischen Verhalten und in ihrem Durchschnitt Ihr Auto höher priorisiert als ihre Kinder. Zumindest in dem Effekt, den ihr Wahlrverhalten auf unsere Gesellschaft hat.
Tripane schrieb:Darum dreht sich doch der ganze Strang hier. Weil es Menschen den letzten Nerv kostet, du aber in Ermangelung jeglicher Einsicht glaubst, dass es völlig schnurz ist, wenn man sich darüber hinwegsetzt. Von der Strafbarkeit will ich an dieser Stelle gar nicht anfangen.
Wen das den letzten Nerv kostet aber das Verhalten der Regierung nicht, der hat nichts verstanden und der muss dann auch weiter genervt werden.