navi12.0 schrieb:Naja, eigentlich kann sie sogar schon wirken, bevor sie überhaupt erhoben wird - einfach durch die Ankündigungen der Zentralbanken, die daraus resultierenden Erwarutngshaltungen auf den Märkten, und die damit einhergehenden spekulativen Operationen.
Erwartet der Markt zB, dass durch den erhöhten Leitzins bald die Nachfrage nach Energie einbrechen wird, werden auch die Lagerbestände gerne gleich verkauft, weil man vllt annimt, dass die Preise eh bald fallen werden, und genau damit werden die Preise schon gedrückt. Eine selbsterfüllende Prophezeihung.
So eine Leitzinsänderung bewirkt eine Vielzahl von Dingen an unterschiedlichsten Stellen in der Wirtschaft. Das Bloße Reden über mögliche Zinsänderungen durch die Zentralbank kann zwar sehr kurzfristig etwas bewirken, aber ehe sich die Änderung auf die wichtigsten Märkte, die starke Wirkung auf die Inflation haben durchschlägt, dauert es eben eine ganze Weile. Im Schnitt sagt man 12 bis 18 Monate bis die Änderung bis ganz nach unten durchgesickert ist. Man sieht das gut anhand der Staatsanleihen. Die Rendite einer kurzfristigen Anleihe (z.B. 2-jährige) wird sofort stark steigen, wenn die Zentralbank von Zinsanhebungen spricht, weil die Anhebung sehr wahrscheinlich in ihre Laufzeit fällt. Längerlaufende Assets betrachten auch den Zeitraum nach der Zinsanhebung und schauen weiter in die Zukunft. Wenn die Zentralbank später die Zinsen wieder senkt, sind die kurzfristigen Anleihen schon ausgelaufen. Daher reagieren längerlaufende Anleihen eher weniger und entsprechend später auf Zinsanhebungen.
Das doofe ist nur, dass man immer einen sehr heterogenen Cocktail an Ursachen hat, die in der Wirtschaft etwas bewirken können oder eben auch nicht. Daher ist es immer schwer zu sagen, ob und wie viel Ursache X zu Wirkung Y beigetragen hat. Beispiel:
parabol schrieb:Ein Hoch auf die Inflation :D. Es scheint eine "echte" Inflation zu sein, denn obwohl der Rohölpreis international gefallen ist,
bis jetzt ist von der Preissenkung noch nichts angekommen, und wird wohl auch nichts ankommen. Für nächstes Jahr wird eine Inflation
von 5% prognostiziert.
Das ist ein Gedankengang, den man schnell haben könnte: Der Rohölpreis fällt also gehe ich übermorgen tanken
;)Auch das ist halt nicht so einfach. Der Rohölpreis ist wie bei allen Rohstoffen (und auch beim Strom) ein Futurepreis. Das bedeutet, es ist der Preis für die Lieferung zu einem Zeitpunkt in der Zukunft. Beispielsweise bei Rohöl häufig der Preis für eine Lieferung in drei Monaten. Ich muss also jetzt 87$ zahlen, wenn ich in 3 Monaten ein Fass Rohöl geliefert bekommen möchte. Wenn ich es erst in 6 Monaten brauche, kaufe ich einen anderen Kontrakt der dann im Zweifel günstiger/teurer ist. Würde der Rohölpreis also heute fallen und dann drei- oder sogar sechs Monate konstant auf demselben Niveau bleiben, würde man es nach dieser Zeit auch am Benzinpreis merken, weil der dann verbrauchte Benzin zu diesen günstigeren Konditionen eingekauft wurde.
Marfrank schrieb:Könnte nicht der Staat einfach die Strombörse schließen? Früher gab es ja auch keine Strombörse!
Einfach schließen würde nur zu Chaos führen. Produzent und Energieversorger brauchen eine Möglichkeit, um ihre Energie zu verkaufen bzw. zu kaufen. Auch das passiert mit Future-Kontrakten. Der Energieversorger kauft also z.B. Strom, der erst in 1 oder 2 Jahren vom Produzent geliefert wird. Blöd sind dann solche externen Effekte wie Ukraine-Krieg oder Lockdowns, denn das erhöht die Unsicherheit für beide massiv. In dem Moment steigen die Preise vor allem deswegen so stark, weil viele Versorger diesen Zustand der Unsicherheit beheben wollen und sich schnellstmöglich mit Lieferungen absichern wollen aus Angst, es gibt am Ende zu wenig. In Zeiten solcher Unsicherheit ist die Preisfindung für Energie in 1-2 Jahren sehr schwierig, daher auch die großen Ausschläge derzeit - sowohl nach oben als auch nach unten.