Wir sollten Gefängnisse langfristig abschaffen
01.03.2021 um 19:13Anzeige
Ray. schrieb:Der kleine Kreis wird ohnehin in der SV landen oder eben im ll bleiben.@Ray.
sacredheart schrieb:Ich wünschte das wäre so. Aber warum werden dann nicht so selten Kinder von einschlägig vorbekannten Tätern missbraucht? Das passt nicht so gut zusammen.Ein langes bzw ein wegsperren für immer wird von Seiten der Justiz vorbereitet, leider auch zum Ungunsten der Bevölkerung. Insbesondere wenn man eine zeitigen Haftstrafe hat bleibt oft ja nichts anderes übrig als zu entlassen. Letztlich benötigt es eine Sache um jemanden möglichst bis zum Schluß einzusperren. Man muss jemanden austherapieren. Sprich jemand begeht z. B ein sexualdelikt sagen wir mal er hat Bilder auf dem Rechner drauf. Verwerflich und nicht zu dulden aber niemand wird diesen auf ewig wegsperren. Er bekommt seinen Stempel und seine Strafe zB 2 Jahre. Jetzt bemerkt man bei der Arbeit im Gefängnis das diese Person noch nicht wirklich therapiert ist. Man hat zwei Wahlen. Zum einen kann man ihn vorzeitig entlassen und hat ihn durch eine Bewährung noch etwas unter Kontrolle oder man lässt ihn bis zum Schluss sitzen. Fakt ist, diese Person kommt nach 2 Jahren raus. Wird er wieder straffällig und begeht, sagen wir mal einen Missbrauch. Hierfür geht er 6 Jahre ins Gefängnis. Man ist ja nicht dumm dort. Man kennt die Vorgeschichte, weiß was die Beamten bei der vorherigen Haft über ihn gedacht hat und wo er stand. Mit dem Hinblick, daß man ihn vorher schon nur schwer therapiert bekommen hat schickt man solche Leute dann in die Sotha, der sozialtherapie. Man schließt sie erfolgreich ab oder bricht sie ab, beides möglich und letztlich wird diese Person nach spätestens 6 Jahren entlassen. Mit einem großen Unterschied zur vorherigen Strafe. Mit dem Abschluss der Sotha gilt man in internen kreisen als austherapiert. Folgt eine weitere nennenswerte Straftat folgt dann auch meist die SV. Vorher benötigt es schon sehr viel überhaupt die SV vor Gericht durch zu bekommen.
Bei Kinderschändern wäre ich auf jeden Fall für eine one strike one out Regel.
sacredheart schrieb:enau genommen stimmt das nicht. Forensiken sind für psychisch Kranke. Es gibt aber auch kriminelle Widerholungstäter, denen man nicht eine Diagnose ans Revers stecken kann. Das geschieht gelegentlich dennoch, aber ein Serienmörder muss ja nicht automatisch krank sein.Ja gut, dann lass uns das für diesen kleinen Täterkreis machen als Zwischenschritt. Aber in unseren Gefängnissen sind 64.000 Leute und das Problem ist ja, dass selbst, wenn du alle wegsperrst, die bandenmäßig kinder missbrauchen, du immer noch nur einen winzigen Teil des Kindesmissbrauchs in Deutschland wirklich addressierst.
Natürlich darf man nicht vergessen und das stimmt mit den von Dir verlinkten Daten überein, dass wüste Serienmörder zwar im Crime TV geradezu ein Regelfall, in der Reailität aber absolute Ausnahmen sind.
Und aus meiner Sicht sollte dieser kleine Kreis von Serienmördern, Serienvergewaltigern und Kinderpornoproduzenten in jedem Fall ein Gefängnis nie wieder von außen sehen. Das kann die Gesellschaft leisten. Deren gesellschaftlicher Beitrag ist ohnehin wertlos.
Ich schätze mal, dass es sich hier um einen Personenkreis von hoch dreistellig bis niedrig vierstellig handeln. Es gibt einfach Personen, denen kann man nicht helfen, vor denen müssen aber andere beschützt werden.
Die eigentlich aus Frankreich stammende, in den USA aber angewandte 'three strikes one out' Reel finde ich rigide angewendet übertriebn, die Intention finde ich aber völlig ok. Und die muss man auch nicht in einer forensischen Psychiatrie unterbringen, sofern es keinen Grund gibt, der über die Straftaten hinausgeht.
Und ein Täter in der Zelle gefährdet einfach niemanden außerhalb der Einrichtung. Das ist ein Wert an sich.
T.Rick schrieb:Du weißt aber nicht, wie viele potentielle Täter von der Aussicht, viele Jahre ihres Lebens hinter Gitter zu verlieren, von einer Tat abgeschreckt werden. Die Strafe für die, die eine Tat begangen haben, ist nur ein Teil des ganzen.Aber ich kann da begründet vermuten, denn ich sehe ja, dass es nicht die länder mit den härtesten strafen sind, die am gewaltfreiesten sind. Oft sogar im Gegenteil.
shionoro schrieb:Wir brauchen da eben wirklich einen ansatz, der den willen zur straftat verringert. Ob wir dazwischen täter einsperren oder nicht, ist für mich eine zweitrangige sache, die sich nach gesellschaftlichen konventionen und normen richtet.@shionoro
shionoro schrieb:Problem ist ja, dass selbst, wenn du alle wegsperrst, die bandenmäßig kinder missbrauchen, du immer noch nur einen winzigen Teil des Kindesmissbrauchs in Deutschland wirklich addressierst.@shionoro
shionoro schrieb:Die meisten Totschläge passieren im bekanntenkreis aus Gefühlseskalationen heraus, da ist die abschreckungswirkung eher vernachlässigbar und die wiederholungswarscheinlichkeit auch.@shionoro
sacredheart schrieb:Nur haben wir die Mittel nicht, den Willen zu Straftaten zu verringern.Ich glaube, wir haben diese Mittel. Wir machen das ja auch schon mit einem gewissen Erfolg, verglichen mit anderen Ländern. Beispiel Korruption und Betrug: Die meisten Menschen hier wollen gar nicht das Gesetz übertreten. Klar sind auch hier Leute auf ihren Vorteil bedacht, aber das tricksen findet dann oft eher aus eine gewissen Faulheit heraus statt anstatt aus wirklich krimineller Energie oder aus Überzeugung.
Unser Stafrecht geht im Prinzip davon aus, dass jemand erst mal gut sozialisiert ist, dann irgendwie abrutscht und es bedarf nur eines netten Sozuialarbeiters mit einer Lederweste und einer grünen Ente (Werner, alter Wixer), der lässt den Räuber Hotzenplotz dann ein paar Mandalas ausmalen und man singt zusammen aus der Mundorgel, dann gibt es ein Busticket und der Herr Hetzenplotz klaut der Oma nicht mehr die Erbsensuppe.
Ich denke, für einen Teil der Straftäter trifft das halbwegs zu.
Nicht jedoch für Menschen, die mehrfach schwere Gewaltstraftaten begehen. Da ist oft gar kein 're' zu dem man sozialisiert werden könnte. Und da ist Sozialromantik einfach unangebracht. Da hilft nur dauerhaft Wegsperren als Schadensbegrenzung.
Auch Renommierprojekte der Streichelzoopädagogik für Serienkiller wie Jack Unterweger gingen ja schlecht aus.
Und es trifft halt in aller Regel ohnehin Unerprivilegierte als Opfer.
sacredheart schrieb:Die Existenz eines großen Dunkelfeldes kann aber nicht bedeuten, nicht mal das Hellfeld ausreichend zu sanktionieren. Der Staat ist für Straftaten, die ihm nicht bekannt sind, auch nur in begrenzter Verantwortung. Für Widerholungstaten steht er meines Erachtens aber zu 100% in der Verantwortung.Natürlich nicht, aber sie setzt schon dinge ins verhältnis.
sacredheart schrieb:Auch das stimmt doch eher zum Teil. Jemand, der schon mal aus Wut heraus jemanden totgeschlagen hat, dürfte durchaus eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Totschlag haben als eine unbescholtene Gesamtschullehrerin kurz vor der Pension, die den Häkelkreis leitet.Wie gesagt: Die große Mehrheit der Totschläger machen das nur einmal. Obwohl die heute wieder rauskommen. Und die Mehrheit der Totschläge findet in emotionalen ausnahmesituationen im familien- und bekanntenkreis, selten als Straßengewalt gegen Fremde, sodass da die Abschreckungswirkung auch minimal sein dürfte (daran denkst du nicht, wenn du deinen besten Freund umbringst, weil du ihn mit deiner Freundin erwischst. Oder wenn du vollkommen besoffen deine ehefrau verprügelst).
nachthauch schrieb:... damit Straftäter wie Mörder und Pädohile frei herumlaufen und weiter ihr Unwesen treiben können?Damit weniger Menschen ermordet oder missbraucht werden.
shionoro schrieb:Wenn ich die kriminelle Energie eines 12 jährigen adäquat angehe (oder im Idealfall sogar schon mit 9) und dafür frühwarnsysteme habe, dann bekomme ich weniger Intensivtäter.@shionoro
shionoro schrieb:Damit weniger Menschen ermordet oder missbraucht werden.Und warum sollte das passieren, wenn es keine Gefängnisse mehr gibt? Passiert dann nicht genau das Gegenteil, wenn die Täter keine Konsequenzen mehr zu fürchten hätten?
shionoro schrieb:Auch körperverletzungen finden oft besoffen statt, wo die leute nicht nachdenken.Also weil jemand zu blöd war _vorher_ nachzudenken und sich mit Rauschmitteln "abgeschossen" hat soll man Milde walten lassen? Da lob' ich im Nachhinein noch mal die BW, da haste für's Kacke bauen zweimal einen auf den Sack gekriegt. Einml disziplinar und dann zivil.
sacredheart schrieb:a bin ich absolut einverstanden. Das scheitert aber immer an den gleichen Dingen. Erst mal muss man aus allen 12 oder 9 jährigen ja diejenigen rausfiltern, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine kriminelle Karriere vor sich haben. Das ist so simpel auch nicht.Es ist schwer. Das ist klar, darum hat das ja auch noch keiner gemacht. Aber das ist das, was wir tun müssen. Und mir ist natürlich bewusst, dass man nicht sofort doppelt so viele polizisten, staatsanwälte und lehrer herzaubern kann. Aber wir können trotzdem kleine, realistische Schritte unternehmen.
Man kann ja auch nicht für jede Schulkasse neben einem Lehrer noch 4 Sozialarbeiter aufstellen. Wo sollen die herkommen?
Dann sind 9 oder 12jährige minderjährig. Das heisst, es läuft erst mal nichts ohne EInverständnis der Eltern. Die Kinder haben ja noch nichts schlimmes getan, bis auf alterstypische Verhaltensauffälligkeiten. Aber die Elternhäuser von Problemkindern sind ja in aller Regel nicht die Aufgeschlossensten.
Das ist wie mit Infoabenden für Eltern über Drogen, Gewalt, Computerspiele. Da gehen halt die hin, die ohnehin sensibilisert sind, nicht die Dummen.
Den Kurs über 'achtsamen Umgang am Arbeitsplatz' der freiwillig ist, da geht doch auch eher die nette Kollegin hin, die an die Geburtstage der anderen denkt, nicht der tumbe Schlägertyp, der die Spinde seiner Kollegen aufbricht.
Das wird praktishc ungeheuer schwer umzusetzen.
Andererseits: Als ich in den 70ern in eine bunt gemischte Grundschule ging hätte man mich in der vierten Klasse fragen können: Rate mal, welche 3 Deiner Klassenkameraden kommen als Erwachsene länger in Haft, meine Trefferquote wäre 100% gewesen.
nachthauch schrieb:Und warum sollte das passieren, wenn es keine Gefängnisse mehr gibt? Passiert dann nicht genau das Gegenteil, wenn die Täter keine Konsequenzen mehr zu fürchten hätten?Da die meisten Täter, die schlimme Dinge tun, aus Affekten heraus handeln, ist die Abschreckungswirkung bei den wirklich schlimmen verbrechen in der Masse nicht besonders groß. Es geht ja darum, Gefängnisse langfristig abzuschaffen, indem wir verhindern, dass verbrechen begangen werden. Das erreichen wir über prävention. Abschreckung verhindert Gewaltverbrechen kaum, weil die wie gesagt in affekten und zuständen passieren, in dem niemand an die konsequenzen denkt.
cpt_void schrieb:Also weil jemand zu blöd war _vorher_ nachzudenken und sich mit Rauschmitteln "abgeschossen" hat soll man Milde walten lassen? Da lob' ich im Nachhinein noch mal die BW, da haste für's Kacke bauen zweimal einen auf den Sack gekriegt. Einml disziplinar und dann zivil.
Und "besoffen" wirkte da eher verschärfend.
sacredheart schrieb:Das habe ich auch nicht verstanden. Rauschmittel werden ja eher freiwillig zugeführt. Und wenn man weiss, dass nach ein paar Erfrischungen der Hulk rauskommt, dann gibts eben keine Erfrischungen.Es ging ja darum, wie man Totschlag verhindert. dazu muss man zwei Dinge beachten.
Die Ausnahme, die ich natürlich gelten lassen würde, wären Staftaten, nachdem erwiesenermaßen der Sprit gegen den Willen engeflösst wurde. Dürfte aber die Ausnahme sein.
shionoro schrieb:Wie du selbst sagst: Man kann bei späteren Straftätern oft schon im Kindesalter Verhaltensauffälligkeiten sehen, schon in der Grundschule, manchmal im Kindergarten. Wenn wir an jeder Schule Stellen hätten, die nicht einfach nur sozialarbeiter sind sondern wirklich explizit geschult werden (dazu muss natürlich auch forschung betrieben werden), um solche Verhaltensauffälligkeiten auszubügeln, dann hätten wir hinten raus viel weniger Ärger.Ich denke mal, dass schon vieles leichter wäre wenn man für jede Klasse so in der 9 eine projektwoche machen würde. In der man die reale Welt der Verbrecher ihnen zeigt mit anschließenden Gang ins Gefängnis. Dann würde der ein oder andere mal sehen wie uncool so ein Leben wirklich ist. Die Projekte gibt es ja bereits aber viel zu wenige.