Cantaloupe schrieb:Black Lives Matter co-founder describes herself as ‘trained Marxist’
Marxismus ist eine kritische Perspektive auf den Kapitalismus und die Art wie sich aus ihm Machtstrukturen entwickeln.
Marxismus ist auch Teil des Fundaments der sozialen Marktwirtschaft. Ist soziale Marktwirtschaft in deinen Augen deswegen auch linksextremistisch?
Die kritische Theorie der Frankfurter Schule, die wohl bekannteste und meist gelehrte politische Theorieschule in Deutschland, ist auch marxistisch.
Inwiefern geht von dieser intellektuellen Strömung die stets zentraler Bestandstandteil Nachkriegsdeutschlands war jetzt plötzlich eine Gefahr aus?
Ich sag es dir:
Die Frankfurter Schule bzw. ihre kritische Theorie war aus offensichtlichen Gründen eine tiefgreifende Analyse des Faschismus im Deuschland der 20er, 30er und 40er Jahre.
Damit ist die Frankfurter Schule zum Feindbild von Faschisten geworden, was letztendlich auf der Grund war wieso die Mitglieder dieser Schule Deutschland in den meisten Fällen bereits 1933 verlassen hatten. Zu dem Zeitpunkt hatten sie ja schon seit vielen Jahren gegen die Gefahren des Nationalsozialismus angeschrieben.
Vertreter der Alt-Right-Bewegung wie Andrew Breitbart, Stephen Bannon und Paul Joseph Watson verbreiten die Verschwörungstheorie, jüdische Emigranten wie Theodor W. Adorno oder Herbert Marcuse(Vertreter der Frankfurter Schule), die in der NS-Zeit in die USA kamen, hätten den Cultural Marxism importiert, um die amerikanischen Werte zu unterminieren und eine Weltregierung zu ermöglichen.
Diese Gruppe habe sich seitdem zum Ziel gesetzt, den weißen US-Amerikanern den Stolz auf ihre europäische Abstammung und Ethnie auszureden sowie christliche bzw. konservative Familienwerte[2] als reaktionär und rückständig darzustellen, sexuelle Befreiung stattdessen als gut. William Sturgiss Lind definiert neben den Philosophen der Frankfurter Schule auch Feministen, Homosexuelle, Multikulturalisten, Migranten und Umweltschützer als feindliche „Kulturkrieger“.
Wikipedia: Cultural Marxism (Schlagwort)Kulturmarxismus, genauso wie "jüdischer Bolshevismus", sind Begriffe die die Nazis geprägt haben um liberale Denker zu Feindbildern zu stilisieren.
Der "Kulturkrieg" in dem sich die Rechten heute sehen, der selbe Kulturkrieg in dem sich die Nazis damals sahen, dreht sich um eine recht simple aber tief sitzende Meinungsverschiedenheit.
Individuelle Werte vs. kollektivistische Werte.
Individuelle Werte sind liberale Persönlichkeitsrechte, hervorgegangen aus der Moralphilosophie der Aufklärung und der Naturphilosophie von Amerikanern wie John Locke oder Thomas Hobbes. Hier wird grundsätzlich Gleichheit der Menschen angenommen und entsprechend individuelle Rechte abgeleitet.
Kollektivistische Werte sind Resultat eines kollektivistischen Menschenbildes in dem der Mensch über seiner Zugehörigkeit zu Gruppen definiert wird. Nation, Kultur, Religion, Ethnie etc. Die kollektiven Interessen der Gruppe wiegen hier höher als die individuellen Rechte des Einzelnen.
Beispiel 1:
Eine Person ist homosexuell, aber die Gruppe hat ein religiös informiertes Familienbild und dementsprechend werden dem homosexuellen verschiedenste Rechte abgesprochen um die Integrität der Gruppe zu erhalten.
Beispiel 2:
Eine Person ist Migrant, aber die Gruppe hat ein nationalistisch informiertes Selbstverständnis und lehnt dementsprechend "fremde" Einflüsse ab.
Beispiel 3:
Ein Person ist Feminist und und lehnt die Rollenerwartungen die von der Gruppe an Frauen gestellt werden ab.
In allen 3 Fälle gilt: Individuelle Wertesysteme würde die Rechte des einzelnen Verteidigen, während kollektivistische Wertesysteme das Interesse der Gruppe verteidigen.
Der Zugrundeliegende Konflikt dreht sich also um kollektivistische vs. individualistische Werte.
In genau diesem Kulturkampf sieht sich die Rechte heute (siehe: das Essay von Orban das ich im letzten post verlinkt habe, da erzählt er genau das).
Auch Russland sieht diesen Kampf als "entscheidenden Widerspruch unserer Epoche":
„the fundamental contradiction of our epoch...is the opposition of liberal civilized standards on the one hand(individualistische Werte), and the values of national, cultural and religious identity on the other(kollektivistische Werte)“
- Moskauer Patriarch Kirill
Hitler sah sich im selben Kampf.
Die Gruppe war für ihn das oberste Gut und die Idee individueller Rechte unabhängig von Gruppenidentität bedeutete für Hitler den Zerfall der Zivilisation.
Hitler verstand liberale Philosophie nie, deswegen sah als er Ursache dieser Bewegung stets eine jüdische Verschwörung, statt die Geister der Aufklärung und die legitimen Interessen aufgeklärter Menschen.
Hitler legte besonderen Wert auf nationale und kulturelle Identität.
Liberale hingegen wollten individuelle Identät mit individuellen Rechten verbinden aber jegliche kollektivistischen Identitäten wurden abgelehnt.
Kommunisten auf der anderen Seite wollten Konzepte nationaler, kultureller und religiöser Identität ersetzen durch eine einziges identitätstiftendes Moment: Das der Klasse.
Hitler konnte nicht wirklich zwischen den beiden unterschieden wie die Worte "Kulturmarxismus" und "jüdischer Bolshevismus" schon zeigen: Er vermischte Liberalismus, Kommunismus und Judentum zu einer verschworenen Einheit, die die Zerstörung des deutschen Volkes zum Ziel hatte.
Und du greifst genau diesen Schwachsinn auf indem du die Talking Points der Alt-Right Bewegung übernimmst in denen sie Versuchen den Marxismus als Feindbild und große Gefahr darzustellen.