LehrerLämpel schrieb:Fakt ist aber auch , für mich ein schwerwiegender!
Nazideutschland hat nicht nur Juden , Roma und Sinti gegenüber schwere Schuld auf sich geladen durch Vernichtung dieser Menschen. Auch gegenüber Russland!
Deutschland hat nicht Russland überfallen, sondern die Sowjetunion und infolgedessen acht Millionen Ukrainer ermordet. Heute rechtfertigt es sein Appeasement gegenüber Putin genau damit, von grosser Verantwortung gegenüber der Ukraine hört man dagegen von den Almans nichts.
Bei Polen (Deutschland hat rund sechs Millionen polnische Juden und Nicht-Juden ermordet) und Israel, das vielen Holocaustüberlebenden eine Zuflucht gab und bis heute die globale Selbstschutzinstanz für Juden ist, hat man indes nie Nachsicht vor dem Hintergrund der Geschichte; bei Israel wird das Argument auch gern mal in sein Gegenteil verkehrt, nämlich dann, wenn Deutsche Israelis schulmeisterlich belehren, im Kampf gegen mörderische islamische Antisemiten ja nichts aus der Geschichte gelernt zu haben und doch bitte mit ihnen zu verhandeln.
Das ist einfach ein billiger Taschenspielertrick, der je nach Land und Lage variiert wird, und mal das ureigene Bedürfnis nach Überlegenheit und die Pflege historischer Feindbilder befriedigt, mal die eigenen Interessen verschleiern soll.
Das andere zentrale Argument ist auch nicht schlüssig. Keine Waffen in Krisengebiete? Lmfao, den barbarischen Krieg der Saudis gegen die jemenitische Zivilbevölkerung oder die ethnischen Säuberungen der Türkei und ihrer islamofaschistischen Verbündeten in Afrin hat in Deutschland auch noch kein Politiker zum Anlass genommen, auch nur in Erwägung zu ziehen, Waffenlieferungen an diese Staaten zu stoppen. Das Gewissen meldet sich just in dem Moment zu Wort, wenn der Kriegsherr im Kreml verärgert werden könnte. So ein Zufall aber auch.
LehrerLämpel schrieb:Russland Einkreisungsängste können aus historischer Sicht nachvollzogen werden. Der Krieg Hitlerdeutschlands hat tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis hinterlassen.
Nein, können sie nicht. Im 19. Jahrhundert waren Hohenzollern und Romanows treibende Kräfte des antiaufklärerischen und konterrevolutionären Gegenpols in einem sich modernisierenden Europa. Im 20. Jahrhundert hat die Sowjetunion durch den Vertrag von Rapallo Deutschland beim Bruch der Versailler Verträge und seiner Wiederaufrüstung geholfen. Der negative Höhepunkt war der Hitler-Stalin-Pakt, der Deutschland das Ok zum Krieg gegen Polen gab, mit dem sowjetischen Einmarsch aus der Liquidation der polnischen Nation einen deutsch-sowjetischen Gemeinschaftsakt machte, für in die Sowjetunion geflohene deutsche Kommunisten die Auslieferung in ein Nazi-KZ bedeutete und den Nazis dringend benötigte Ressourcen verfügbar machte, um ihren Krieg in Westeuropa zu führen. Stalin hat sämtliche Warnungen vor dem deutschen Überfall in den Wind geschlagen und seine exzessiven Säuberungsmaßnahmen haben den Kommandostrukturen der Roten Armee so stark zugesetzt, dass das Land die ersten Wochen kaum verteidigungsfähig war.
All das verschweigt man im heutigen Russland aber gern, wo die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg nur noch das Leid ausblendende Pathos des Sieges und den Nationalismus des Großen Vaterländischen Krieges kennt, an den man nur zu gern anknüpft.
Wenn jemand Grund zur Sorge haben sollte, dann sind es Russlands Nachbarn. Denn wenn Berlin und Moskau zusammenkommen, richtet sich das immer gegen den Westen und die Zeche zahlen die Nachbarländer. Und nicht die Nato ist der Aggressor, sondern ein die letzten Jahre immer aggressiver gewordenes Russland, das seinen Nachbarn jeden Grund gibt, aus der historischen eine aktuelle Angst zu machen.