@sacredheart Aber da siehst du doch: Es ist gar nicht die Politik, die da vertreten wird, sondern wie Politiker auftreten. Quer durch die Bank, selbst bei Parteien, die du gut findest (und da würde ich eben sagen, dass da Lindner und auch die AFD und Linke gewisse Vorteile haben, weil die rein aus der Opposition ballern können, auch wenn die Linke daraus nichts macht).
Ich gebe mal zwei Beispiele: Thierse und Kühnert und dann Merkel und Seehofer/Söder.
Ich erinnere mich daran, dass viele anti SPDler im Forum Thierse gut fanden, als einen der alten, aufrechten Sozialdemokraten. Warum sind nicht mehr in der SPD so? Weil du so als Politiker schnell keinen Erfolg hast.
Was bei manchen in der Bevölkerung als aufrichtig ankommt, kommt in der Partei als Verrat an. Denn die SPD weiß, dass solche Debatten ihr zwar schaden können (und die Partei spalten und beschäftigen, wenn sie besseres zu tun hat), ihr aber keine Wählerstimmen bringen können. Auch alle, die Thierse loben, werden niemals die SPD wählen, selbst dann nicht, wenn die es mit den LGBTQ themen und der PC ein bisschen lockerer angehen lässt. Damit stellt Thierse sich, unabhängig davon wie man seine Meinung findet, ins politische Abseits.
Bei Kühnert lief das anders. Kühnert hat etwas aufgegriffen, was viele in der Partei gespürt haben und damit rabbatz gemacht (anti groko), aber ist dann eingeschwenkt und hat die Reihen wieder geschlossen. Er hat sich damit kein politisches Kapital verspielt, sondern viel politisches kapital gewonnen. So viel, dass er in der Lage war, Esken und Borjans, die seine Linie vertreten, als Parteiführung durchzukriegen, obwohl Olaf Scholz das eigentlich wollte. Dadurch, dass kühnert austariert, wie weit er gehen kann, auch mal zurücksteckt, auch mal sachen vertritt, die ihm nicht passen, kann er ein erfolgreicher politiker sein.
Und das bringt letztendlich auch wählerstimmen ein, wenn man es schafft, einen konsens zu finden, wo man sowohl seine neue politische linie durchkrieg, aber dafür auch den segen der anderen linien in der Partei hat.
Das ist auch der große unterschied zu kühnert und wagenknecht. Wagenknecht stellt sich eben nicht hin und sagt, dass sie zwar nicht mit allem zufrieden ist aber grundsätzlich die Linke eine tolle Partei ist. Die schreibt ein Buch darüber, dass die Linke furchtbar ist und davor hat sie jahrelang nie den Konsens mit den anderen Parteiflügeln gesucht, weswegen sie auch politisch bedeutungslos geworden ist.
Jetzt Merkel und Seehofer/Söder als Tandem in der Flüchtlingskrise.
Da haben Seehofer und Söder gedacht, sie müssen das Land befrieden, indem sie am rechten Rand fischen. Merkel dachte das nicht. Merkel ist in beliebtheitswerten gesunken, bekam dresche von vorne und von hinten, hat sich aber trotzdem mit ihrem Kurs durchsetzen können, weil sie weiß, wie das politische spiel geht.
Am Ende mussten Seehofer und Söder weitestgehend auf ihren Kurs einschwenken, weil die Union zu zerbrechen drohte und ihre umfragewerte in Bayern auch nicht gut aussahen. Merkel hat immer dann, wenn sie in so einer situation war, zurückgesteckt. Beispielsweise durch den abtritt als CDU vorsitzende oder auch durch kursänderung in der Flüchtlingskrise.
Seehofer und Söder haben das letztendlich auch verstanden und haben ihr image und ihre haltung geändert, um politisch weiter überleben zu können.
Das müssen politiker so machen, wenn sie erfolgreiche politiker bleiben wollen. Wer das nicht kann, dem wird jede partei, unabhängig der ausrichtung, schnell die Tür zeigen.
Früher war das noch ein bisschen anders, weil einfach mehr gesagt werden konnte, weniger kameras da waren und die gesellschaft weniger fragmentiert war.