behind_eyes schrieb:Meine Meinung: sollte sich die SPD weiterhin dem Thema Migration verweigern wird sie in der absoluten Bedeutungslosigkeit verschwinden.
Das hängt davon ab, welche Bedeutung das Thema "Migration" hat und inwieweit objektive Realität und gesellschaftliche Wahrnehmung übereinstimmen. Ich halte da das Thema "Integration" für viel wichtiger und weitaus komplexer. Zudem dürfte das Thema "Migration" für viele Ex-SPD-Wähler in sehr engem Zusammenhang mit "Sicherheit" stehen. Sowohl "innerer Sicherheit", "äußerer Sicherheit" wie auch "sozialer Sicherheit".
Je unsicherer die eigene Lebensrealität, Existenzgrundlage und Freiheitsverwirklichung wie auch die gesellschaftliche - ja die globale - Entwicklung wahr genommen werden, um so leichter lässt sich das auf das Thema "Migration" hin fokussieren und Stimmung machen. Medien und Internet potenzieren das dann. Migration ist offenbar der "Anfasser" der Wahrnehmung von Unsicherheit.
Aber nicht der Schlüssel für Lösungen, die mehr Sicherheit verschaffen. Würde von heute auf morgen keine Migration nach Deutschland mehr stattfinden, würden sich die Menschen nicht sicherer fühlen. Die meisten Unsicherheitsfaktoren blieben bestehen. Das zeigt schon ein Blick auf die Kriminalstatistik oder die soziale Ungleichheit.
Als Partei, die sich für besonders aufgeklärt hält, hat sich die SPD dieses Themas nicht angenommen, weil sie darin kein real existierendes Problem, sondern eine Chimäre sah. Das ist natürlich ein Fehler, weil Politik eben nicht nur rationale Abwägung ist, sondern viel mit Psychologie und Gefühlen/Stimmungen zu tun hat. Früher nannte man das "den Wähler dort abholen, wo er steht". Das hat die SPD total verlernt. Viel zu lange folgte man der Devise: "Die Nichtwähler haben wir verloren, derer nehmen wir uns nicht an." Bei einer Wahlbeteiligung von über 82% und der schon seit Jahren massiven Wanderung von Nichtwählern zur AfD ist eine solche arrogante Haltung fatal.
Die SPD überzeugt auch nicht mehr, weil sie keine Überzeugungen mehr hat. Für nichts mehr steht. Mit dem Thema "Migration", das auch CDU, CSU, FW, AfD, BSW beackern, könnten sie keine neue Identität schaffen. Sondern entscheidender ist: Welches Themengebiet macht sie noch unterscheidbar von den anderen Parteien? "Mehr netto"??? "Mehr Mindestlohn"??? Und sonst?
"Sicherheit" wäre das Thema. Kein Larifari, Genderismus und kein "ein paar Cent mehr in der Tasche"-Versprechen. Sondern ein Plan, wie sich die Menschen in unsicheren Zeiten wieder sicherer fühlen können. Vertrauen in den Staat und seine Institutionen wieder erlangen. Klingt konservativ und wenig links. Ist aber elementar. 2021 ist Scholz deshalb Kanzler geworden. Er hat nicht geliefert. Deshalb wäre die Opposition der richtige Platz, nicht wieder das Gegeiere nach Ministerien und Pöstchen. Sonst rollt die hohle Nuss SPD weiter ihrer Bedeutungslosigkeit entgegeben.