Bezahlbarer Wohnraum
19.06.2019 um 11:58
Aus meiner Sicht trennt sich bei der Debatte um Enteignungen (und auch Mietendeckel... im Folgenden spreche ich jetzt nur noch von Enteignungen, gemeint sind einfach in Bündelung alle Eingriffe des Staates) in Berlin schnell die Spreu vom Weizen.
Diejenigen, die ihre linkspopulistischen Parolen loswerden wollen trennen sich von denen, die vernunftbasiert herangehen.
Ich möchte jetzt gar nicht den großen Pathos schwingen und davon reden, dass Enteignungen gehörig an den Grundfesten einer funktionierenden sozialmarktwirtschaftlich-geordneten Demokratie rütteln würden.
Und ich lasse auch mal den Vergleich mit anderen Hauptstädten weg. Wer etwa zentral mitten in London oder Paris leben möchte, der... nee, wie gesagt, ich lasse das einfach weg.
Oder, na gut, ich vergleiche stattdessen mal mit anderen eher mittelgroßen Städten, wie Düsseldorf, oder Köln. Ich habe in beiden Städten zur Miete gewohnt, in "normalen" Vierteln und "normalen" Wohnungen, und Quadratmeterpreise im zweistelligen Bereich gezahlt.
In Berlin wird in den Bezirken, die aktuell im Blickpunkt stehen, aktuell einen Quadratmeterpreis von 6 - 8 EUR abgerufen..... puh... also da habe ich zwei Mal hingucken müssen, als ich das gelesen habe.
Aber gut - die Debatte ist entfacht, befassen wir uns also damit.
Man kann den Vorschlag der linken Aktivisten auf mehreren Ebenen untersuchen.
Auf der juristischen Ebene zum Beispiel, die schnell klarmacht, dass es sehr schwierig werden würde, "mal eben" grundlos 3000 Wohnungen zu enteignen.
Hier geht's nicht einfach nur um zwei Grundgesetzartikel (die vorher niemand kannte und mittlerweile fix auf Wikipedia nachgelesen wurden), sondern hier geht es um Rechtsprechungen, um Urteile, um Güterabwägungen und nicht zuletzt um "gute Gründe".
Aber ich will keine Paragraphen wälzen, der Vorschlag der Berliner Linkspopulisten ist auch ohne Juristerei angreifbar genug.
Ich kann mir nämlich vorstellen, dass Enteignen fatale Konsequenzen hätte, nicht nur in Bezug auf jetzige und aktuelle Investoren, sondern auch auf junge Menschen, die sich in einem größeren Maßstab wirtschaftlich einzubringen versuchen.
Linke fallen ja seit jeher mit abenteuerlichen Konzepten (wie "Reichensteuer" etc.) auf, aber da muss jetzt mal ganz klar ein Punkt gesetzt werden. Wir können die Zukunft unseres Landes nicht derart herschenken, wir sind doch sowieso in manchen Bereichen schon "hinten dran" (Digitalisierung, technische Innovationen, Mobilität...)
Was für einen Eindruck macht so eine Debatte auf Menschen, die sich betätigen und das Land voranbringen möchten? Dass sie ab einem gewissen Level mit Strafen und Sanktionen zu rechnen haben, bis hin zur Enteignung?
Hier ist ein Fakt:
Es können nicht alle Menschen dieser Erde in der Stadt leben; oder konkret: In Berlin. Es können noch nicht mal alle Deutschen in Berlin leben.
Und - so hart es klingt - es kann auch nicht jeder, der gerne in einem bestimmten Viertel in Berlin leben möchte, eben genau dort leben, auch dann, wenn er vielleicht seit Jahren in Berlin gewohnt hat, wenn es seine Einkommensverhältnisse nicht zulassen.
Ich frage mich, ob die Linksaktivisten auf dem Schirm haben, dass in den Wohnungen der Konzerne (z.B. "Deutsche Wohnen") bereits viele tausende Mieter wohnen, die nicht einfach das Feld räumen würden, nur weil der Vermieter wechselt.
Es ist also nicht nur so, dass durch Enteignungen keine neuen Wohnungen gebaut werden würden - nein, die bereits bestehenden Wohnungen würden doch auch nicht plötzlich wie durch Zauberhand frei und leer werden.
Insbesondere dann nicht, wenn - so sieht es die linke Initiative ja vor - die Mieten fallen würden?!
Seltsam genug bis hierhin.
Aber es kommen mir weitere Fragen auf.
Zum Beispiel die nach einer Rechtfertigung für die enormen Kosten und den zu bewerkstelligen Aufwand, den eine "Enteignungswelle" nach sich ziehen würde.
Die linke Regierung in Berlin tut sich ja seit Jahren eher negativ hervor, was wirtschaftliche Entwicklungen angeht (von anderen Versäumnissen mal abgesehen, wie etwa das Dulden des Heranwachsens krimineller (Clan-)Strukturen in gewissen Bezirken und Parks, das Hinterherhinken im Bildungssektor oder einfach auch nur das Millionenverschlingen des BER-Flughafens...) -
und diesen Leuten soll ernsthaft zugetraut werden, dass sie es mit den Wohnungen (die sie ja 2004 - das ist ja auch ein Witz für sich - selbst veräußert haben!) besser hinkriegen, als Private, die seitdem dort für Wohnraum, Steuereinnahmen und Arbeitsplätze sorgen?
Nee, das sehe ich nicht.
Mit dem puren Enteignen ist es ja nicht getan, obwohl die Linkspopulisten das gerne so darstellen. Denn mit der Enteignung kommen Kosten und Folgekosten.
Ob's am Ende 30, 20 oder auch nur 5 Milliarden wären (der Betrag ändert übrigens an den Argumenten nichts) - kein einziger Linkspopulist oder Aktivist kann doch ernsthaft behaupten, dass es sinnvoll wäre, diese Entschädigung aufzubringen, wenn mit diesem Geld das Problem an anderer Stelle weitaus besser gelöst werden könnte (denn das ist eine Sache, bei der ich zustimme - das Problem kann nicht [mehr allein] nur der Markt lösen - die Politik muss eingreifen).
Denn - ich rufe in Erinnerung: Eine Wohnung muss verwaltet werden. Sie muss instandgehalten werden.
Die Verwaltung müsste Personal übernehmen, das sich neu einarbeiten müsste, das überhaupt erst mal hergezaubert, eingestellt und eben auch bezahlt werden müsste.
Mit der Instandhaltung ist es das Gleiche, etwaige Sanierungen... das alles kostet Geld. Geld, das in Berlin knapp ist.
Wie also gesagt - die Politik muss eingreifen. Selbstverständlich NICHT mit Enteignungen.
Sondern beispielsweise damit, dass neu gebaut werden könnte.
Etwa in Tempelhof, wo dutzende Quadratkilometer zur freien Verfügung stehen würden - aber Moment mal... war da nicht was?!
Ach ja... da hat sich das linke Klientel ja selbst sabotiert, indem es - noch bevor die marxistisch-erdbeerroten "Enteignen!"-Transparente hochgehalten wurden - GEGEN eine Bebauung gestimmt wurde.
Wir sind also gespannt auf das nächste Kapitel der rot-rot-grünen "Berliner-Blase"-Irrungen...