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Fachkräftemangel in Deutschland?

897 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Arbeit, Beruf, Soziales ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Fachkräftemangel in Deutschland?

11.07.2022 um 18:12
Zitat von AberacadaberaAberacadabera schrieb:Um Mal das Beispiel der Friseurin zu nehmen, einen Beruf, den meine Schwester erlernt und aufgegeben hat wegen dem zu geringen Einkommen. Was nützt es dort den Stundenlohn zu erhöhen, wenn die Kunden nicht bereit sind, diese zu zahlen und stattdessen selber Schneiden oder schwarz schneiden lassen? Nix.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Umso wichtiger, dass weitere unterbezahlte Arbeiten finanziell aufgewertet werden, denn umso mehr könnten die Menschen auch für notwendige Dinge ausgeben bzw. wären eher bereit dazu.
Die schlechte Bezahlung ist ja kein Geheimnis, mich würde aber mal interessieren, warum der Beruf immer noch so viel Zulauf hat. Wenn als eine der wichtigsten Stellschrauben das Gehalt genannt wird, dann passt hier ja irgendwas nicht. Hatte erst die Statistik von 2021, die ist fürs Friseurhandwerk aber nicht aussagekräftig, da man hier ja besonders unter dem Lockdown zu leiden hatte.

2021
https://www.zdh-statistik.de/application/stat_det.php?LID=1&ID=MDUwNTk=&cID=00855

Im Vergleich dazu die Statistik von 2014. Der Rückgang an Azubis ist dortmit 5,5% verhältnismäßig gering. Für den Büchsenmacher wars aber ein gutes Jahr :D

2014
https://www.zdh-statistik.de/application/stat_det.php?LID=1&ID=MDM4MDk=&cID=00663

Aber Aberacadabera hat recht und das nehme ich seit Jahren auch bewusst wahr. Die Kunden wissen, dass die Friseusen und Friseure viel zu wenig verdienen und dennoch wird über Preiserhöhungen gemotzt. Ich hoffe, dass wenigstens die Bereitschaft Trinkgeld zu geben hoch ist.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Ist aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Höhere Gehälter sind zwar nach wie vor ein Anreiz, aber auch nicht mehr ausreichend. Wollen Menschen bspw. partout etwas nicht arbeiten, weil zu anstrengend oder weil es sie einfach nicht interessiert oder bleiben andere Arbeitsbedingungen wie Schicht- oder Wochenendarbeit bspw. usw. gleich, was sich ja eigentlich je nach Bereich und Branche nicht vermeiden lässt, dann können die Gehälter noch so hoch sein - man wird nicht genügend Mitarbeiter oder auch nur Azubis oder Hilfskräfte finden.
Ich glaube das Problem liegt nicht nur an körperlicher Anstrengung. Grundsätzlich leben wir in einer Welt der ständigen Verfügbarkeit, das führt zu einem verkorksten Anspruchsdenken. Wir setzen ständige Erreichbarkeit voraus, wollen ständig Spaß haben und wollen um jede Uhrzeit einen Kaffee kaufen können. Daraus resultiert auch ein wenig, dass viele Menschen keine großen Anstrengungen mehr auf sich nehmen wollen um an ihr Ziel zu kommen. Sei es das hohe Gehalt oder der gute Job.

Wir wissen schon seit der Kindheit, dass Profi-Fussballer reich sind ... dennoch nimmt kaum einer die Anstrengungen auf sich, die dieses Ziel erfordert. Selbes gilt für das schaffen einer tiefgründigen Expertise, die uns zu gut bezahlten Beratern machen könnte. Manchmal wissen wir, wie es ginge ... wie man sogar sein Hobby zum Beruf machen könnte ... und dennoch scheut man den Weg. Aus Angst, Faulheit oder falscher Bescheidenheit. Die, die es geschafft haben, die die Extra-Meile gingen, die müssen dann in unserem Ermessen zwangsläufig Glück gehabt haben. So sehe ich das zumindest, wenn über Profi-Sportler berichtet wird.


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11.07.2022 um 18:24
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:Die schlechte Bezahlung ist ja kein Geheimnis, mich würde aber mal interessieren, warum der Beruf immer noch so viel Zulauf hat. Wenn als eine der wichtigsten Stellschrauben das Gehalt genannt wird, dann passt hier ja irgendwas nicht. Hatte erst die Statistik von 2021, die ist fürs Friseurhandwerk aber nicht aussagekräftig, da man hier ja besonders unter dem Lockdown zu leiden hatte.
Bei dem Beruf bzw. der Branche habe ich auch nie geschrieben oder auch nicht auf meine hier vor kurzem geschriebene Liste gesetzt, wo es überall mehr oder weniger brennt, dass diese auch unter Personalmangel oder unter Nachwuchsmangel leiden würden, weil immer weniger sich für diese Ausbildung interessieren. Das Beispiel mit der Friseurin und dem Gehalt hattest du ja gebracht, welches sich natürlich übertragen lässt.
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:ber Aberacadabera hat recht und das nehme ich seit Jahren auch bewusst wahr. Die Kunden wissen, dass die Friseusen und Friseure viel zu wenig verdienen und dennoch wird über Preiserhöhungen gemotzt. Ich hoffe, dass wenigstens die Bereitschaft Trinkgeld zu geben hoch i
Ja natürlich. Aber ich unterstelle mal, dass sehr viele Kunden nicht nur aus ungerechtfertigtem Geiz und wegen fehlender Wertschätzung über höhere Preise meckern, sondern notgedrungen, weil sie auch nicht viel verdienen und nicht viel ausgeben können. Ein Teufelskreis.
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:Ich glaube das Problem liegt nicht nur an körperlicher Anstrengung
Nein, ich auch nicht. Das ist nur ein möglicher Grund von vielen Gründen.
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:Wir wissen schon seit der Kindheit, dass Profi-Fussballer reich sind ... dennoch nimmt kaum einer die Anstrengungen auf sich, die dieses Ziel erfordert
Na ja, aber bedenke auch hier, dass wir es uns nicht erlauben können alle Fußballer zu werden. Selbst wenn wir es alle packen bzw. schaffen und auch die nötigen Voraussetzungen mitbringen würden.
Hör mir aber auf mit Fußball. Die Profiliga und was da für Summen über den Tisch gehen und einzelne Spieler auch verdienen - ist für mich jenseits jeden gesunden Verhältnisses. Davon könnten zig Familien Jahre von leben.
Profifußballer verdienen zu viel - während Millionen anderer Menschen für viel systemrelevantere Leistungen viel zu wenig verdienen. Zu dieser Meinung stehe ich auch weiterhin.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

11.07.2022 um 18:34
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Profifußballer verdienen zu viel
Wieviele sind das von allen Fußballern 0,0001%?
Aber ich verstehe dein Problem wirklich nicht, in Deutschland geben sie fast die Hälfte davon ab - unter anderem dafür dass viele die es besser wissen wie man spielt sanktionsfrei auf der Couch sitzen.

Das Friseurhandwerk leidet unter massiver Konkurrenz - wenn ich sehe wie in bestimmten Viertel ein Friseur neben dem anderen steht und ein Männerhaarschnitt für 8-9€ angeboten wird...wie soll da der Preis steigen? Und apropos Fachkräfte, ich glaube kaum dass alle ausgebildete Friseure sind.


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11.07.2022 um 18:39
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Bei dem Beruf bzw. der Branche habe ich auch nie geschrieben oder auch nicht auf meine hier vor kurzem geschriebene Liste gesetzt, wo es überall mehr oder weniger brennt, dass diese auch unter Personalmangel oder unter Nachwuchsmangel leiden würden, weil immer weniger sich für diese Ausbildung interessieren. Das Beispiel mit der Friseurin und dem Gehalt hattest du ja gebracht, welches sich natürlich übertragen lässt.
Damit wollte ich auch auf nichts Bezug nehmen. Mich hat nur mal interessiert, ob mich meine Wahrnehmung trügt ... oder ob es wirklich trotz schlechter Bezahlung noch viel Zulauf gibt. Daher die Statistiken, die Lockdown-Zeit ausgenommen, gab es dort noch mehr Azubis als in anderen Gewerken.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Ja natürlich. Aber ich unterstelle mal, dass sehr viele Kunden nicht nur aus ungerechtfertigtem Geiz und wegen fehlender Wertschätzung über höhere Preise meckern, sondern notgedrungen, weil sie auch nicht viel verdienen und nicht viel ausgeben können. Ein Teufelskreis.
Ich höre es eher von Leuten, die es verkraften würden.
Vielleicht liegt es auch an der psychologischen Komponente, dass man aus dem Friseur-Salon geht und weniger von allem hat als vorher. Weniger Geld, weniger Haare :D Der Elektriker lässt dir immerhin ein Kabel in der Wand, wenn er dein Geld kassiert. Verstehst du, was ich meine?
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Na ja, aber bedenke auch hier, dass wir es uns nicht erlauben können alle Fußballer zu werden. Selbst wenn wir es alle packen bzw. schaffen und auch die nötigen Voraussetzungen mitbringen würden.
Ja, aber selbst wenn wir gerne Fussball spielen und gerne Profi würden, richtig ernste Bemühungen betreibt kaum einer. Man resigniert vor dem Versuch es mal mehrere Jahre richtig konzentrierten Training zu versuchen. Da lässt man sich auch bereitwillig ablenken.
Zitat von AbahatschiAbahatschi schrieb:Und apropos Fachkräfte, ich glaube kaum dass alle ausgebildete Friseure sind.
Worauf stützt du diese Vermutung?


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11.07.2022 um 18:59
@Abahatschi
Ich kann nur aus eigener Erfahrung seit über 16 Jahren in Verwandter Branche berichten. Ich hatte gerade heute Vormittag eine Bewerberin zum Gespräch. Absolute Fachkraft, top berufserfahren und am liebsten hätte ich sie zu morgen eingestellt. Und ginge es nach dem Tarif für unsere Branche bzw dem durchschnittlichen h Einstiegs Lohn, ( lachhafte lächerliche 9,37€/ h) dann müsste sie komplett Ga ga sein, für so einen Stundenlohn zu arbeiten. Fachkräfte zb für meine Branche sind derzeit Gold wert. Ich hätte keine Mitarbeiter, wenn ich da gemäß Richtlinie zahlen würde. Ich zahle also mindestens 15-18 € /h inzwischen. Dementsprechend sind auch unsere Preise nach Corona angestiegen. Und welch ein Wunder, die Kunden kommen trotzdem.
Ich möchte damit nur ausdrücken, dass gute handwerkliche Arbeit auch gut entlohnt werden kann, selbst wenn man nur ein kl Dienstleistungsunternehmen führt. In der Pandemie habe ich meinen Mitarbeitern das Kurzarbeitergeld unter den lockdowns auf 100% aufgestockt.
Es gibt genug Fachkräfte auch in unseren Branchen. Nur eben ist leider leider der Schwarzarbeit Sektor bei uns auch sehr verbreitet. Leider! Unter der lockdowns wurde so viel schwarz gearbeitet.
Ich persönlich mache seit der Corona Pandemie einige erhebliche Abstriche an meinen persönlichen Einnahmen und da liegt evtl der Hase bei den Kollegen im Pfeffer. Sie wollen verdienen ohne Rücksicht auf Verluste, daher hohe Fluktuation, nur der mickrige Tarif, am besten noch viele mini jobber. Lehrlinge. Hauptsache keine hochpreisige top Kraft gerecht entlohnen.
Friseur Handwerk ist existenziell, das haben wir alle mehr oder weniger in den lockdowns gemerkt. Aber geändert hat sich eben doch nichts für die Mitarbeiter.
Wertschätzung durch leistungsgerechte Bezahlung. Auch so etwas wissen Kunden zu schätzen und sind dann auch eher bereit Preisanpasssungen mitzutragen.


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11.07.2022 um 20:05
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:warum der Beruf immer noch so viel Zulauf
Grundsätzlich ist es ja ein Beruf sehr nah am Menschen, der viel Kreativität zulässt und fordert, das kann sehr reizvoll sein. Nichtsdestotrotz hat eine gelernte Friseurin hervorragende Chancen sich schwarz eine goldene Nase zu verdienen. Seit ich denken kann gab es immer schwarz arbeitende Friseurinnen, die Mal eben für den halben Preis, ganz flexibel usw...das Know how verliert man nicht und das Werkzeug hat man sowieso, weil jede Friseuse so meines Wissens ja ihr eigenes Werkzeug benutzt. Alles andere ist frei zu kaufen und au Ort und zeit muss keine rucksicht genommen werden. Welcher handwerker sonst hat es so leicht Schwarz zu arbeiten?
Zitat von AbahatschiAbahatschi schrieb:Das Friseurhandwerk leidet unter massiver Konkurrenz - wenn ich sehe wie in bestimmten Viertel ein Friseur neben dem anderen steht und ein Männerhaarschnitt für 8-9€ angeboten wird...wie soll da der Preis steigen? Und apropos Fachkräfte, ich glaube kaum dass alle ausgebildete Friseure sind.
Das stimmt, das erlebe ich genauso. Selbst bei uns auf dem Dorf gibt es 7 Frisörsalons, davon 2 alteingesessene, zwei ganz neue und drei Barbershops. Eine solche Dichte gibt es nicht Mal bei Bäckern oder Metzger. Letzteres haben wir gar nicht mehr und von ersterem zwei.
Während man in den klassischen Salons immer irgendwo den meisterbrief hängen sieht, gibt es das im Barbershops gar nicht und ich glaube auch nicht, dass Qualifikation dort eine Rolle spielt. Der preis treibt die leute dorthin. Und letztlich ist die Leistung doch dieselbe. Also nix mit nur Männer und Bärte.


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12.07.2022 um 06:48
Zitat von calligraphiecalligraphie schrieb:Ich kann nur aus eigener Erfahrung seit über 16 Jahren in Verwandter Branche berichten. Ich hatte gerade heute Vormittag eine Bewerberin zum Gespräch. Absolute Fachkraft, top berufserfahren und am liebsten hätte ich sie zu morgen eingestellt. Und ginge es nach dem Tarif für unsere Branche bzw dem durchschnittlichen h Einstiegs Lohn, ( lachhafte lächerliche 9,37€/ h) dann müsste sie komplett Ga ga sein, für so einen Stundenlohn zu arbeiten. Fachkräfte zb für meine Branche sind derzeit Gold wert. Ich hätte keine Mitarbeiter, wenn ich da gemäß Richtlinie zahlen würde. Ich zahle also mindestens 15-18 € /h inzwischen. Dementsprechend sind auch unsere Preise nach Corona angestiegen. Und welch ein Wunder, die Kunden kommen trotzdem.
Ich möchte damit nur ausdrücken, dass gute handwerkliche Arbeit auch gut entlohnt werden kann, selbst wenn man nur ein kl Dienstleistungsunternehmen führt. In der Pandemie habe ich meinen Mitarbeitern das Kurzarbeitergeld unter den lockdowns auf 100% aufgestockt.
Wow. Nicht schlecht. Wirklich Respekt! Solche Arbeitgeber wie dich müsste es viel mehr geben. Und sicherlich zahlt es sich zumindest dahingehend erst mal für dich aus, dass deine Mitarbeiter gerne bei dir und auch bei der eigentlichen Arbeit motiviert arbeiten. Und das wiederum sichert dir sicherlich auch einen festen Kundenstamm, der auch bereit ist mehr zu bezahlen.

Dieser Tariflohn von 9,37 ist ja bald auch Geschichte. Sollten also andere Arbeitgeber deiner Branche bislang nur streng nach Tarif zahlen, so müssen sie bald wenigstens 12 Euro zahlen. Definitiv schon mal eine Verbesserung.


Grundsätzlich kann man sagen, dass es solche und solche Kunden gibt: ungerechtfertigter Geiz ist geil und weil sie die Arbeit nicht wertschätzen. Notgedrungener Geiz, weil sie sich Preiserhöhungen bei Dienstleistungen wirklich nicht erlauben können oder nur schwer und natürlich diese Kunden, die für eine gute Dienstleistung einschließlich einer grundsätzlichen Wertschätzung dieser auch bereit sind mehr zu bezahlen und dafür vielleicht auch lieber anderen Dingen sparen würden, die ihnen nicht so wichtig sind.



Es kommt halt wirklich darauf an. Je nach Branche, wie hoch sie so in der Regel wertgeschätzt wird und natürlich je nach Betrieb und dem jeweiligen Kundenstamm.

Höhere Löhne für Mitarbeiter gleich höhere Preise für die Kunden müssen Kunden nicht verschrecken. Zumindest nicht grundsätzlich.

Und natürlich ist eine höhere Bezahlung weiterhin einer der Anreize schlechthin dem Personalmangel entgegenzuwirken. Egal in welcher Branche. Nicht ausreichend, dafür sind die Gründe der Menschen zu verschiedenen, sich gegen bestimmte Berufe zu entscheiden, die unter Fachkräftemangel leiden, aber trotzdem ist höheres Gehalt ein starker Anreiz Mitarbeiter zu bekommen. War so und wird immer so sein.


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12.07.2022 um 08:04
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Solche Arbeitgeber wie dich müsste es viel mehr geben.
Jain. Das hat was mit Märkten zu tun. Es gibt sicherlich einen Markt für Leute die gewillt sind für gute Arbeit gutes Geld zu bezahlen. Es gibt aber auch einen "scheissegal, Hauptsache billig" Markt. Und der ist im Zweifel größer. Und auf dem Überlebt man halt nur wenn man seine Mitarbeiter ausquetscht wie Zitronen.

Wenn jetzt alle Unternehmen dem Beispiel von @calligraphie folgen, dann werden zwar Frieseure zukünftig gut bezahlt, es wird aber nur noch wenige davon geben, weil es viele Leute gibt, die das dann nicht mehr bezahlen wollen oder können.

Ich bin zwar auch ein Fan von fairer Bezahlung, aber ich sehe auch das das nicht immer so einfach ist.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 08:52
Zitat von alhambraalhambra schrieb:ain. Das hat was mit Märkten zu tun. Es gibt sicherlich einen Markt für Leute die gewillt sind für gute Arbeit gutes Geld zu bezahlen. Es gibt aber auch einen "scheissegal, Hauptsache billig" Markt. Und der ist im Zweifel größer. Und auf dem Überlebt man halt nur wenn man seine Mitarbeiter ausquetscht wie Zitro
Ich schrieb ja auch streng genommen nur von mehr und nicht ausschließlich alle. Und was du schreibst, stimmt absolut. Genauso wie es Arbeitgeber geben dürfte, die sich höhere Personalkosten betriebswirtschaftlich wirklich nicht erlauben können. Viele andere hingegen wollen aber sehr wahrscheinlich einfach nur nicht und wenn sie per Gesetz dürften ihre Mitarbeiter am liebsten für 2 Euro die Stunde arbeiten lassen würden.


Und diese große Nachfrage nach dem Billigmarkt, hat wie gesagt nicht nur den Grund, weil Geiz ist so geil, sondern weil viele Menschen notgedrungen geizig sein müssen, was dann auch wieder u.a. an ihrem jeweiligen Lohn liegen könnte, sollten sie arbeiten.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 10:22
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Und diese große Nachfrage nach dem Billigmarkt, hat wie gesagt nicht nur den Grund, weil Geiz ist so geil, sondern weil viele Menschen notgedrungen geizig sein müssen, was dann auch wieder u.a. an ihrem jeweiligen Lohn liegen könnte, sollten sie arbeiten.
Ich glaube nicht, dass die Rechnung aufgeht. Egal wieviel ich verdiene, ich kann jeden Euro immer nur einmal ausgeben. Und das macht man nach Prioritäten. Und die sind immer was sehr Individuelles. Und dann gibt es halt Leute, denen ein guter Haarschnitt wichtig ist, und die denen das komplett wurscht ist. Die einen sind gewillt dafür Geld auszugeben, die anderen wollen es halt möglichst billig.

Und da ist es dann egal ob sie billig brauchen, weil sie sich teuer nicht leisten können, oder ob sie billig wollen, damit sie das Geld für irgendein Hobby verbraten können.

Es ist eine Inhärente Eigenschaft des Kapitalismus, das man seine Kosten optimiert. Und es einem dabei auch egal ist, wie es den anderen dabei geht. Deshalb ist der Staat an den Punkten gefragt und deshalb ist halt der Mindestlohn so wichtig.

Um mal wieder den Bogen zum Fachkräftemangel zurück zu spannen. Das ganze läuft eigentlich zyklisch. Wenn es in einem Bereich zu viele Fachkräfte gibt, dann kann man prächtig den Preis drücken. Das ganze geht so lange, bis die Leute nicht mehr gewillt sind zu diesen Konditionen zu arbeiten. In Bereichen wo Fachkräftemangel herrscht, steigen die Preise bis soviele Leute in den Bereich strömen bis dort Überschuss herrscht. Dabei gibts aber zwei Probleme. Erstens ist Deutschland ein Land der Ausbildung und der Zertifikate, wenn ich Friseur gelernt habe, kann ich nicht als Elektriker arbeiten gehen. Das ist in anderen Ländern einfacher. Und zweitens wirds mittlerweile in allen Branchen knapp. Wir steuern da auf ganz große Probleme zu

Und dahilft auch keine Diskussion Ausbildung vs. Studium weil wir in wenigen Jahren den Mangel nur noch von rechts nach links schieben können.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 11:01
Zitat von calligraphiecalligraphie schrieb:Ich möchte damit nur ausdrücken, dass gute handwerkliche Arbeit auch gut entlohnt werden kann, selbst wenn man nur ein kl Dienstleistungsunternehmen führt. In der Pandemie habe ich meinen Mitarbeitern das Kurzarbeitergeld unter den lockdowns auf 100% aufgestockt.
@calligraphie

Was mich für Dich freut, aber wohl nicht immer gilt. Wenn man gute Qualität abliefert und vielleicht noch ein Kunststück kann, das andere nicht können und überhaupt eine Kundschaft hat, die auch ein paar Euro mehr drauflegen kann, dann kann das wohl gehen.

In meiner Wohnumgebung sind die Preise auch deutlich gestiegen, ohne dass dadurch die Kunden wegbleiben. Das geht aber nicht in der tristen Vorstadt zwischen Kik und T€di gegenüber dem Discount Bäcker, wo die Leute jede PET Flasche 3x umdrehen müssen.

@alhambra

Und dann gibt es gerade was den Friseur für den Herren angeht Männer, denen im Lockdown die Frau die Haare geschnitten hat und die ihrer Gattin im Nachgang in dieser Angelegenheit weiter vertrauen, so wie ich. Allerdings war mein Friseur mit dem Lockdown auch mit U70 in Rente gegangen, was die Entscheidung, die bleibt, leicht macht.

Da hat es der Starkstromelektriker besser, da übernimmt nicht die Gattin.


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12.07.2022 um 11:40
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Und diese große Nachfrage nach dem Billigmarkt, hat wie gesagt nicht nur den Grund, weil Geiz ist so geil, sondern weil viele Menschen notgedrungen geizig sein müssen, was dann auch wieder u.a. an ihrem jeweiligen Lohn liegen könnte, sollten sie arbeiten.
Es gibt da aber auch Wege heraus. Das ist nicht einfach und man muss kreativ, wirklich gut oder einfach nur besser wahrgenommen werden, aber es geht. Wenn das Storytelling zu deinem Salon passt, werden Leute auch bereit sein mehr zu zahlen. Es ist ohnehin eine gefährliche Sache, wenn man die Preise ständig im Konkurrenzkampf mit drückt. Damit suggerierst du nur, dass du nicht anders als die anderen bist und deine Dienstleistung auch nicht wertig.

Fakt ist, wenn du dich billiger verkaufst als du sein müsstest, vermuten die Leute einen Haken. Womit willst du den Wert deiner Arbeit noch untermauern, wenn du bereit bist bei dem Dumping mitzumachen? Du setzt damit einen Prozess in Gang, der die wahrgenommene Qualität deiner Arbeit schmälert, was dich auch weiterhin Kunden kostet. Nämlich die, für die eine gute Frisur weit oben in der Bedürfnispyramide sitzt.

In Baden-Württemberg gibt es sogar Männer, die 50 km und mehr fahren um bei einem bestimmten Friseur bedient zu werden. Das sind dann beispielsweise Friseure mit dem Image, die Stars, Rapper oder Fussballprofis zu bedienen. Vermarktung ist alles. Bei solchen Leuten bekommen die Kunden Zweifel, wenn der Haarschnitt nur 8 € kosten würde ... die Dienstleistung fühlt sich auch hochwertiger an. Teilweise pellt man sich schon ein Ei darauf, dass man überhaupt einen Termin bei so einem wichtigen Friseur bekommt. Storytelling und Selbstvermarktung ist heutzutage wichtiger denn je. Und das liegt zum Glück in unseren Händen.
Zitat von alhambraalhambra schrieb:Erstens ist Deutschland ein Land der Ausbildung und der Zertifikate, wenn ich Friseur gelernt habe, kann ich nicht als Elektriker arbeiten gehen. Das ist in anderen Ländern einfacher. Und zweitens wirds mittlerweile in allen Branchen knapp. Wir steuern da auf ganz große Probleme zu
Das betrifft bei Weitem nicht alle Bereiche. Ich beobachte einen massiven Zuwachs an Quereinsteigern in Handwerkstätigkeiten. Bei Berufen wie dem Elektriker ist das schon allein versicherungstechnisch nicht möglich, aber die Hürden fallen zunehmend. Es wurde bereits die Meisterpflicht massiv beschnitten. Die benötigten "Zertifikate" werden für viele Tätigkeiten zudem gar nicht mehr eingefordert und überprüft, erst im Falle, dass etwas passiert. Ich kann dir versichern, dass in Deutschland Elektroanschlüsse nicht zwangsläufig von Leuten mit der notwendigen Qualifikation durchgeführt werden. Fachkräfte, die aus Ländern "ohne Ausbildung oder Zertifikate" nach Deutschland kommen ... betrachten unsere Anforderungen ohnehin oft als übertrieben. Da geht ein ungelernter auch mal an einen Gasanschluss, weil er "weiß wie das geht". Wenn du ein paar Jahre auf Baustellen unterwegs bist, wird's dir da echt anders. Gleichzeitig ist ein Meisterbrief noch lange keine Garantie, dass die Arbeit sauber erfolgt ... aber die Chance darauf steigt mit zunehmender Qualifikation.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 11:48
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:Fachkräfte, die aus Ländern "ohne Ausbildung oder Zertifikate" nach Deutschland kommen ... betrachten unsere Anforderungen ohnehin oft als übertrieben. Da geht ein ungelernter auch mal an einen Gasanschluss, weil er "weiß wie das geht". Wenn du ein paar Jahre auf Baustellen unterwegs bist, wird's dir da echt anders. Gleichzeitig ist ein Meisterbrief noch lange keine Garantie, dass die Arbeit sauber erfolgt ... aber die Chance darauf steigt mit zunehmender Qualifikation.
@anonymus88

Ich lebe ja einen Teil der Zeit in einem Land, im dem viele Handwerker nicht zwingend entsprechende Zertifikate haben. Allerdings wird da die formale Qualifikation fast immer durch Familien- oder Freundschaftsbande ergänzt.

Der angelernte Schwippschwager wird den Gasanschluss bestimmt besser und gewissenhafter machen als der vielleicht angelernte 'Weissnicht'

Insofern kann man diese Verhältnisse nicht ganz auf unsere Vereinzelungsgesellschaft übertragen.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 11:56
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Der angelernte Schwippschwager wird den Gasanschluss bestimmt besser und gewissenhafter machen als der vielleicht angelernte 'Weissnicht'
Gewissenhaftigkeit ist gut, aber leider nicht ausschlaggebend. Wenn du Gefahren nicht kennst und kein Hintergrundwissen hast, kannst du diese Arbeiten einfach nicht richtig machen, Punkt. Es gibt Gründe, warum ein Handwerksberuf 3 Jahre Ausbildung benötigt, und warum Berufserfahrung einen hohen Stellenwert hat. In viele Situationen kommst du erst nach Jahren in dem Beruf.

Einen Gasanschluss anzustecken kann jeder, dazu gehört aber auch eine Dichtigkeitsprüfung. Und die führt ein Ungelernter einfach falsch aus. Das geht 100 mal gut, aber wenn du der eine bist, bei dem es schief geht ... gute Nacht.

In der Elektrik sind im letzten Jahrhundert sehr viele Erfahrungswerte hinzu gekommen, die etwas wie die "klassische Nullung" mittlerweile verbietet. Wenn man sowas macht, weil es früher Stand der Technik war, kann das gut gehen. Wenn nicht, fackelt dir die Bude ab. Und gerade in der Elektrik sind viele Querschläger unterwegs. Da ist aber auch das Problem, dass die schlimmsten Fehler oft keine unmittelbaren Folgen haben ... und sich schleichend entwickeln. Das funktioniert dann Jahre wunderbar und das reicht den Leuten. In der Zeit schmorrt dir unbemerkt eine Leitung in der Wand weg und der Super Gau, den hast du dann 10 oder 15 Jahre später.


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12.07.2022 um 12:06
@anonymus88

Aber die Lösung muss doch lauten, den Standard beizubehalten und entsprechend auszubilden. Das geht aber nur, wenn das auch finanziell attraktiv für den Elekriker oder GWS Mann ist. Das ist ja nebenbei auch noch harte Arbeit.

Und tatsächlich ist es in Ländern mit geringeren Ausbildungen natürlich eine Notlösung, die keinesfalls echte Ausbildung ersetzt oder gar als Modell taugen kann.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 12:21
@sacredheart

Nachdem ich deinen Post nun nochmal gelesen habe, muss ich feststellen ... dass ich es absolut nicht nachvollziehen kann, wie du eine "angelernte" Person aus dem Verwandtenkreis als fähiger erachten kannst, als jemanden der eine konkrete Ausbildung und zudem noch Berufserfahrung hat. Dir ist klar, dass hinter einem Zertifikat auch eine Prüfung und eine Haftung steht? Wenn der Elektriker einen Personenschaden verursacht, haftet er auch privat, wenn ihm Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Und das geht ganz schnell. Warum brauch er da erst eine Bindung zum Kunden um seine Arbeit gewissenhaft zu machen?

Möglicherweise hast du auch keine wirklichen Berührungspunkte mit dem Handwerk und weißt daher nicht, wo der Unterschied zwischen angelernt und ausgebildet liegt. Den Schwippschwager, der vom Großonkel seiner Freundin was erzählt bekommt und das dann bei dir umsetzt, zähle ich übrigens weder als angelernt noch als ausbildet. Das ist einfach ein Laie, der dir einen Gefallen tut. Das ist auch ok, solange es gut geht.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Aber die Lösung muss doch lauten, den Standard beizubehalten und entsprechend auszubilden. Das geht aber nur, wenn das auch finanziell attraktiv für den Elekriker oder GWS Mann ist. Das ist ja nebenbei auch noch harte Arbeit.
Sehe ich genauso. Und ich sehe im Übrigen genauso, dass es immer noch Bereitschaft zu anstrengender Arbeit gibt. Ob die nun aufgrund zunehmender Bequemlichkeit oder besseren Perspektiven nachlässt, kann ich nicht beurteilen. Im Handwerk liegt für mich die Ursache des Fachkräftemangels je nach Beruf an Bezahlung, Perspektiven, Status und der körperlichen Belastung. Letzteres hat in vielen Gewerken übrigens massiv nachgelassen. Ich glaube aber auch nicht, dass junge Leute keinen Bock drauf haben schwer zu arbeiten ... ich denke eher, dass man sich nicht verheizen will um dann mit körperlichen Problemen gerade so die Rente zu erreichen. Nachdem man jahrelang in der Rentendebatte den Dachdecker als Paradebeispiel für die körperliche Belastung ("der kann nicht bis 67 arbeiten") verwendet hat, ist das auch nicht verwunderlich.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Und tatsächlich ist es in Ländern mit geringeren Ausbildungen natürlich eine Notlösung, die keinesfalls echte Ausbildung ersetzt oder gar als Modell taugen kann.
Dann habe ich deinen ersten Post vermutlich fehl interpretiert. Das finde ich prinzipiell auch nicht schlimm. Nur gibt es besonders in sicherheitsrelevanten Berufen wie Gas-Wasser-Technik oder Elektrik viele Gefahren, die nicht offensichtlich sind und die man deshalb einfach stur lernen und akzeptieren muss. Dass ein 1,5 mm² Kabel dauerhaft max. 16 A Strom aushält, bevor es zu schmoren beginnt ... das siehst du nicht, und das glaubst du vielleicht auch nicht ... weil es 25 A auch über einen längeren Zeitraum packen würde. Materialermüdung, Schmoren oder ähnliche Effekte treten aber schleichend auf und kommen dann mit einem gigantischen Knall. Daher ist es einfach wichtig, dass man nicht jedes Mal das Rad neu erfinden muss. Die technische Entwicklung ist doch nichts weiter als die fortschreitenden Erfahrungswerte vorheriger Generationen ... die kannst du in einem Berufsleben niemals selbst kompensieren. Daher ist die Ausbildung wichtig.


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12.07.2022 um 12:47
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:Nachdem ich deinen Post nun nochmal gelesen habe, muss ich feststellen ... dass ich es absolut nicht nachvollziehen kann, wie du eine "angelernte" Person aus dem Verwandtenkreis als fähiger erachten kannst, als jemanden der eine konkrete Ausbildung und zudem noch Berufserfahrung hat.
@anonymus88

Vielleicht hätte ich auch weiter ausholen sollen. Es gibt nun mal Dörfer in den Anden, da kriegst Du keinen gelernten Techniker.
Dann macht es halt jemand, der es schon mal gesehen hat und bringt immerhin noch eine besonders hohe Motivation mit, vielleicht fragt der auch einen Profi über whats app Video, ist ja schließlich kein Mittelalter mehr da.

Natürlich haben die keine Gasleitung, sondern Gasflaschen, allenfalls einen Tank.

Und für die bestehende Expertise passiert da nicht 'nichts', aber erstaunlich wenig.

Und wenn Du besagten Schwager hierher holen würdest, wo er auch die Sprache nicht versteht UND die Leute nicht kennt, wird seine Arbeit bestimmt nicht besser.

Also, sollte keine Idee sein, das hier zu imitieren.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 13:11
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:Es gibt da aber auch Wege heraus. Das ist nicht einfach und man muss kreativ, wirklich gut oder einfach nur besser wahrgenommen werden, aber es geht. Wenn das Storytelling zu deinem Salon passt, werden Leute auch bereit sein mehr zu zahlen. Es ist ohnehin eine gefährliche Sache, wenn man die Preise ständig im Konkurrenzkampf mit drückt. Damit suggerierst du nur, dass du nicht anders als die anderen bist und deine Dienstleistung auch nicht wertig.
Man muss auch bedenken, dass nicht alle Unternehmen ihre Produktionen in Billiglohnländer verlagern - nur weil sie geizig bzw. profitgeil sind und an Personal und anderen Produktionskosten sparen wollen, sondern weil sie keine Wahl haben, möchten sie wettbewerbsfähig bleiben, wo wir dann wieder bei deiner Problematik der Nachfrage nach dem Billigmarkt wären.

Das kostet uns Arbeitsplätze. Kann sich je nach Unternehmen aber auch in der Richtung auszahlen, sollte ein Unternehmen hier nicht mehr genügend Arbeitskräfte finden. Entweder holt man ausländische Kräfte, wenn es geht bzw. man sie findet oder verlagert wichtige Teile gleich ganz ins Ausland, wo das Personal voll zur Verfügung steht.


Noch kurz hier zu was:
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:Wenn der Elektriker einen Personenschaden verursacht, haftet er auch privat, wenn ihm Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Und das geht ganz schnell. Warum brauch er da erst eine Bindung zum Kunden um seine Arbeit gewissenhaft zu machen?
Aber wohl auch nur dann, aus der Erinnerung heraus, sollte er selbständig sein oder? Ein Angestellter ist ja über seine Firma abgesichert und kann glaube ich bei kompletten Unfällen ohne jegliches Fremdverschulden und sogar auch noch bei der einfachen Fahrlässigkeit nicht haftbar gemacht werden. Erst bei mittlerer und grober Fahrlässigkeit kann ein Mitarbeiter für verursachte Schäden während seines Dienstes haftbar gemacht werden.


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 15:36
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Und für die bestehende Expertise passiert da nicht 'nichts', aber erstaunlich wenig.
Es ist mir klar, dass es Regionen in der Welt gibt, in denen man weder Geld noch Zugang zu den benötigten Fachkräften hat. Und wir wollen alle hoffen, dass trotz fehlender Expertise nichts passiert. Prinzipiell gibt es viele Dinge, die fachlich falsch sind und dennoch funktionieren ... es gibt jedoch gute Gründe, warum solche Sachen nicht mehr Stand der Technik sind. Und eben das, ist für Laien ohne Hintergrundwissen oft nicht erkennbar.

Dennoch ist diese Aussage hier völliger Unsinn und in jeglicher Hinsicht nicht haltbar:
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Der angelernte Schwippschwager wird den Gasanschluss bestimmt besser und gewissenhafter machen als der vielleicht angelernte 'Weissnicht'
Du unterstellst damit ausgebildetem Fachpersonal gewissenlos zu arbeiten, sobald keine persönliche Bindung zum Kunden bestünde. Das ist schon unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Haftung völliger Unfug. Gerade eine erworbene, nachweisbare Qualifikation ... Lehrgang, Ausbildung Whatever ... bescheinigt dem Kläger im Schadensfall, dass du Kompetenzen hast, an denen deine Arbeit messbar wird. Passiert ein Schaden und dir kann nachgewiesen werden, dass du eine Sicherheitsprüfung ausgelassen oder die Umsetzung nicht nach Stand der Technik umgesetzt hast, kannst du dich richtig schön rein reiten. Da reden wir von 6- bis 7-stelligen Schadensersatzsummen, die dir auch keine Versicherung abnimmt ... bis hin zu Haftstrafen. Da ist jemand, der es "schwarz" macht deutlich besser dran. Denn dem musst du als Kläger erst mal nachweisen, dass er es wirklich war.

Des Weiteren ist auch eine Haftungsverschiebung in Form von "das war vom Kunden so gewünscht" oder "das hat er mir sogar unterschrieben", auch wenn's in der Praxis passiert, rein rechtlich völlig nichtig. DU bist der Fachmann, denn DU hast die Qualifikation und DU hast gegen dein Fachwissen gehandelt. Mir fallen sehr viele Gründe ein, warum sich ein ausgebildeter Fachmann sehr viel mehr Mühe geben würde, als jemand der es einfach mal so macht.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Man muss auch bedenken, dass nicht alle Unternehmen ihre Produktionen in Billiglohnländer verlagern - nur weil sie geizig bzw. profitgeil sind und an Personal und anderen Produktionskosten sparen wollen, sondern weil sie keine Wahl haben, möchten sie wettbewerbsfähig bleiben, wo wir dann wieder bei deiner Problematik der Nachfrage nach dem Billigmarkt wären.
Das Teuerste in Industrieländern ist nun mal die Arbeitskraft / Arbeitszeit. Bestimmte Produkte werden gar nicht mehr erschwinglich, wenn sie in einem Industrieland in Handarbeit hergestellt werden. Bzw. besteht ja oft nicht mal die Bereitschaft so viel dafür zu zahlen.
Das ist natürlich auch ein Grund für den Anstieg an Absolventen ... weil viele "einfache" Tätigkeiten in einem Industrieland nun mal wegfallen. Soll ich den Beruf dann noch lernen? Für Schuhmacher und Schneider ist der Bedarf nahezu zum erliegen gekommen.

Wir brauchen uns da nichts vormachen, wir sind Teil des Problems. Unser Anspruchsdenken und unsere Prioritäten. In Zeiten als Made in Germany noch Made in Germany war, gab man prozentual viel mehr Geld vom Gehalt für die Grundbedürfnisse und Lebenserhaltungskosten aus. Heute sieht das anders aus, wir wollen Spaß am Leben, wir wollen ständig Zugang zum Internet, ständig erreichbar sein, brauchen ständig neue Produkte und völlige Mobilität. Da sind wir bei der Bedürfnispyramide, das lässt sich nicht mehr ohne gesellschaftliche Probleme umkehren. Wir wollen den Arbeitsmarkt von vor 60 Jahren, wollen aber nicht das Leben von damals führen? Das funktioniert nicht.

Das beliebte Beispiel Trigema ist auch nicht auf Rosen gebettet. Die überdurchschnittlichen Löhne werden dort auch nicht gezahlt, ganz im Gegenteil. Wie auch, das Produkt wäre gar nicht mehr erschwinglich ... zumindest nicht bei den Maßstäben unserer Gesellschaft. Wer zahlt schon 100 Euro für ein Polo-Shirt ... es fehlt ja schon die Bereitschaft 30 % des Lohns für Nahrungsmittel aufzubringen. Es gab Zeiten, da war auch das "normal". Die Zeiten ändern sich nun mal und es gibt einige schöne und einige weniger schöne Begleiterscheinungen.
Bei Trigema führen die gestiegenen Gaspreise übrigens zu einer realistischen Bedrohung.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Aber wohl auch nur dann, aus der Erinnerung heraus, sollte er selbständig sein oder?
Nein auch in Anstellung. Es gibt Schäden, die versicherungstechnisch abgedeckt sind. Wird dir Fahrlässigkeit vorgeworfen, bist du voll drin. Egal ob selbstständig oder nicht. Ich meine Personenschäden sind mit einer privaten Haftung von 100.000 € gedeckelt, zumindest in Anstellung, sicher weiß ich das nicht.

Fahrlässig hast du aber auch recht schnell gehandelt. Es reicht, wenn du gegen dein Fachwissen eine veraltete Technik, die nicht mehr zeitgemäß war (bsp. klassische Nullung) angewendet hast, dich vom Kunden zu einer günstigen und fachlich falschen Lösung motivieren lässt, eine Sicherheitsprüfung vergessen, einen Sicherheitsmechanismus deaktiviert oder der einfach nicht beweisen kannst, dass irgendwer nach dir rumgefummelt hat.

Ich gebe dir auch gerne ein Praxisbeispiel:
Als ausgebildeter Tischler, benötige ich für Herdanschlüsse eine Qualifikation. Nennt sich "Fachkraft für festgelegte Tätigkeiten" und auch diese Qualifikation ist eine Maßnahme gegen den Fachkräftemangel. Denn wenn jedes Mal ein Elektriker kommen müsste, könnte er keine komplexeren Aufgaben übernehmen in der Zeit, die er für diese vergleichsweise einfache Aufgabe bräuchte. Stattdessen können wir, da wir wissen was und wann wir es können und DÜRFEN, diese festgelegten Tätigkeiten ausführen. In dem Fall ein Drehstromanschluss. Was wir nicht dürfen, ist in irgendeiner Weise in die Hausinstallation eingreifen. Wenn wir Steckdosen wieder einbauen würden, würden wir für ab sofort für das rechtzeitige Auslösen der Sicherungen bzw. etwaiger FI-Schalter haften. Wir sind jedoch gar nicht ausgebildet worden um das zu prüfen, geschweige denn haben wir das richtige Gerät zum messen dabei. Nun gibt es häufig statt einem Fliesenspiegel eine so genannte Nischenrückwand, eine Holzplatte. Die setzen wir auch, müssen dafür jedoch auch Steckdosen ausbauen. Da wir die aber nicht mehr einbauen dürfen, kommt es regelmäßig zu Diskussionen. Der Kunde sieht es nicht ein, für diese vergleichsweise einfache Arbeit ("ihr wisst doch wie das geht") einen Elektriker zu holen. Natürlich wissen wir, wie das geht. Wir dürfen es aus Haftungsgründen nicht macht. Dennoch gibt es viele, die sich verleiten lassen.

Bei einem Brand in der Küche, nehmen die Brandermittler alles auseinander. Jede Unregelmässigkeit kriegst du dann angekreidet, auch wenn die nicht ursächlich war. Bei der Steckdose ist es vielleicht schwer nachzuweisen, dass du es warst. Doch die Aussage des Kundens, in dem Fall Geschädigter, wiegt sehr schwer und sorgt für eine Beweispflicht auf deiner Seite. Tritt ein Personenschaden ein, hast du also den Jackpot.

Bei der Herdanschlussdose ist das noch viel besser. Da ist der Anschluss bereits nicht mehr fachgerecht, sobald eine Schraube in der sogenannten Zugentlastung fehlt. Das ist eine kleine Schelle, die verhindert, dass man das Kabel des Festanschlusses raus zieht. Fehlt der Deckel der Dose, nicht fachgerecht. Liegt eine klassische Nullung vor, ist die Dose nicht mehr DIN-Konform und der Anschluss kann nur noch von einem Elektriker erfolgen, der wiederum feststellen muss, ob diese klassische Nullung noch im Rahmen des Bestandsschutzes zulässig ist. Wenn nicht - Sanierung! Kannst du dir vorstellen, was der Kunde dir erzählt ... wenn der einen Herdanschluss haben will und zu hören bekommt, dass die komplette Hauselektrik saniert werden muss? Dann kannst du dir auch vorstellen, wie oft in der Praxis Kunden dich versuchen zu nötigen, dich über deine Befugnisse hinweg zu setzen.

Anderer Fall aus der Praxis, und fällt auch unter die Kategorie "Kannst du dir nicht vorstellen, bis es dir passiert". Und genau deshalb lege ich viel wert auf Hintergrundwissen, damit man auch auf so etwas vorbereitet ist. Kunde bekommt eine Küche, Herd wird angeschlossen, Küchenabnahme. Eine Woche später, Elektriker kommt, fummelt im Sicherungskasten rum und verändert was. Folge: Aufgrund der nun veränderten Sicherungsbelegung ist das Kochfeld nicht mehr 3-phasig sondern 3mal mit der selben Phase belegt, was durch fehlender Phasenverschiebung, wie im Drehstrom vorhanden, der Neutralleiter hoffnungslos überlastet wird und dir irgendwann abgefackelt wäre. Wenn du das nicht merkst, und du dann nicht mal richtig dokumentiert hast, wie der Anschluss aussah als du gegangen bist, dann bist du dran. Dem Zeitdruck sei dank wird als erstes bei der Dokumentation zeit eingespart. Nur gut, dass ich den Kunden gut kannte und er mir das "beiläufig" erzählte. Diese Szenario funktioniert übrigens auch wunderbar eine ganze Weile, für einen Laien wäre das Kochfeld richtig angeschlossen. Der Brand wäre aber in einigen Jahren vorprogrammiert.

Du musst dich völlig absichern, musst alles dokumentieren und darfst dich nicht über deine Befugnisse lehnen. Sonst kann es schneller gehen, als dir lieb ist.

Es gibt auch Fälle, die nicht sicherheitsrelevante Gewerke betrifft. Beispielsweise wenn du in einen Kamin bohrst und anschließend Rauchgas austritt.

In der Realität passiert zum Glück selten etwas, und auch viele riskante Dinge funktionieren erstaunlich gut. Aber dennoch ist echtes Fachwissen durch nichts zu ersetzen. Wenn dich jemand nötigt mit der Aussage, er übernehme die Haftung und unterschreibe dir dies ... das bringt dir auch nichts. DU bist der Fachmann und ER ist der Laie. Egal wie du es drehst.

Bei Sachschäden reguliert das in der Regel die Versicherung. Personenschäden treffen dich.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Ein Angestellter ist ja über seine Firma abgesichert und kann glaube ich bei kompletten Unfällen ohne jegliches Fremdverschulden und sogar auch noch bei der einfachen Fahrlässigkeit nicht haftbar gemacht werden. Erst bei mittlerer und grober Fahrlässigkeit kann ein Mitarbeiter für verursachte Schäden während seines Dienstes haftbar gemacht werden.
Wo ist da die Schwelle zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit? Ich denke in der Realität ist die Art des Schadens entscheidend. Aber riskieren, und darauf wollte ich hinaus, wird das kein wirklicher Fachmann auch nur im Geringsten.

Wie die rechtliche Situation aussieht


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Fachkräftemangel in Deutschland?

12.07.2022 um 17:09
Zitat von anonymus88anonymus88 schrieb:Aber dennoch ist echtes Fachwissen durch nichts zu ersetzen.
Im Grunde gebe ich dir Recht, allerdings erlebe ich die Realität anders. Gerade im Handwerk bei Gewerken, die nicht extrem sicherheitsrelevant sind, werden zunehmend aus Gründen des Fachkräftemangels ungelernte eingestellt und eingearbeitet. Auf dem Bau auch gerne althelfer oder Junghelfer scherzhaft genannt. Nach wenigen Jahren ist der verdienst vergleichbar zu einer gelernten Kraft und das Aufgabengebiet in der Regel auch. Und ganz ehrlich, welcher Kunde fragt denn nach, ob der Handwerker gelernte Kraft ist, diesen oder jenen Nachweis hat? Laut Rechnung und eigener aussage hat sowieso immer nur der Meister persönlich gearbeitet.

Ich habe darüber schon unzählige Diskussionen geführt, dass ich es irgendwie merkwürdig finde, dass es für den Kunden keine überprufbarkeit der Qualifikation gibt ( und nein, kein Handwerker führt da etwas mit sich und in der Regel verlässt man sich auf die Aussage). Ich finde es ebenso merkwürdig, dass ein Helfer nach wenigen Jahren denselben verdienst hat wie eine Fachkraft. Woher soll denn dann noch die Motivation kommen überhaupt einen Beruf zu erlernen? Gerade für junge Leute. Die sagen sich doch dann auch, ich spare mir Abschluss und Berufsschule, nach wenigen Jahren bin ich dem gesellen eh gleichgestellt und es kontrolliert doch eh keiner mehr .
Als Gegenargument kommt dann immer, ja was sollen die Firmen denn machen, wenn es keinen Nachwuchs gibt, dann bleibt ja nur die Einstellung von ungelernten, die man kurz anlernt. Ein Helfer ist jedenfalls immer da, ein Azubi die Hälfte der Zeit auch noch in der Berufsschule, Köster Geld trotz Abwesenheit, dann lieber einen Helfer und wenn der geschickt ist, steht ihm der gleiche Lohn auch zu.
Zum Vergleich: als mein Mann in den frühen 90 ern seinen Handwerksberufe gelernt hat, hatte der Ausbildungsbetrieb einen Meister, drei gesellen und 9 Azubis, davon 3 im ersten Lehrjahr, 3 im zweiten Lehrjahr, und drei im dritten Lehrjahr. Durch die wechselnden Berufsschulzeiten waren immer nur drei Azubis zeitgleich im Betrieb. Ich habe zur selben Zeit gelernt und bei mir war es ähnlich.
Heutzutage hat man zunehmend das Gefühl, dass jeder einzelne Azubi nur noch last und Kostenfaktor ist. Wo ist denn die Bereitschaft geblieben gross und breit auszubilden? Wie kann es denn sein, dass man lieber einen ungelernten Helfer einstellt, als sich mit Azubis abzugeben?
In meiner Branche gäbe es sowas nicht, da ist Ausbildung und Qualifikation das a und o.


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