rhapsody3004 schrieb:Und auch immer bedenken, dass Studierende sehr viel länger als Azubis brauchen, um dann Defizite je nach Branche wieder aufzufüllen.
Aber nur, wenn sie nach dem Bachelor weiter studieren oder einen Studiengang erwischt haben, bei dem du schlechte Jobchancen nur durch das reine Studium hast. Letzteres ist aber dann sicherlich weniger vom Fachkräftemangel betroffen. Wenn du dich nach einer dualen Ausbildung weiter qualifizierst, stehst du auch dem Arbeitsmarkt in aller Regel auch nicht zur Verfügung.
Wenns nach Plan läuft, hast du einen Bachelor auch nach 3 oder 4 Jahren. Mit einem dualen Studium oft sogar mit einer Anstellung direkt im Anschluss. Master, Dr., Prof. oder eine Fachspezialisierung, die ja auch noch mal eine Menge Zeit frisst, taugt als Vergleich nicht so ganz. Dann müsste man das mit den jeweiligen Weiterbildungsmöglichkeiten dualer Ausbildungen vergleichen ... wenn du einen Meister machst, arbeitest du in der Regel auch nicht nebenher. Beim Techniker das Gleiche.
Du hast natürlich, dass es eine besorgniserregende Entwicklung ist, dass sich der Fachkräftemangel im nicht akademischen Bereich durch die zunehmende Anzahl von Studenten zu verschärft. Zumal die gesellschaftlich relevanten Berufe überwiegend im nicht akademischen Bereich liegen.
rhapsody3004 schrieb:Wir werden auch in Zukunft auf viele verschiedene ausländische Arbeitskräfte (Hilfskräfte/Azubis und Gesellen /Studierende und Studierte) angewiesen sein, weil es in immer mehr Branchen nicht gut aussehen soll und natürlich, weil der deutsche Staat Menschen nun mal nicht verpflichten und schon gar nicht zwingen könnte nur das zu lernen oder zu studieren, wo auch wirklich Bedarf an Fachkräften herrscht.
Möglicherweise ist das auch ein ganz normaler Prozess eines aufsteigenden Industrielandes. Dass der Wohlstand und seine Begleiterscheinungen dazu führen, dass man anfängt Ansprüche an das Leben zu stellen, die für Einwohner aus Schwellen- und Entwicklungsländern nicht nachvollziehbar sind. Beim Spargel stechen haben wir doch das typische Beispiel, das macht so gut wie kein Deutscher mehr für das Geld. Das hat natürlich einen herben Beigeschmack, wenn man für die "Drecksarbeit" Leute aus dem Ausland holt ... ob ein solcher Prozess, einmal in Gang gesetzt, sich überhaupt umkehren lässt, daran glaube ich kaum. Kürzlich erst einen Satz gelesen, der mich etwas beunruhigt, wenn ich in diesen Zeiten darüber nachdenke: "Sozialer Fortschritt, der sich sich ins Gegenteil verkehrt, hat in der Geschichte nur zu Bürgerkriegen geführt". Möglicherweise starke Polemik, die Radikalität in der Klimadebatte kann man aber als Hinweis darauf deuten. Ich schweife ab ...
Aberacadabera schrieb:Ich denke, dass das nicht nur Forderungen von jungen Leuten sind, sondern generell viele das erwarten.
Aberacadabera schrieb:Wenn es nach mir ginge, dann hätte ich gerne absolute Flexibilität solange ich die gewünschten Ergebnisse erzielen kann, aber da mangelt es noch am vertrauen der Dienststelle.
Warum soll man das eigentlich nicht fordern, wenn es genügend Hinweise gibt, dass dieser Weg funktioniert? Eigentlich stellt berufliche Flexibilität fast eine Notwendigkeit dar, sobald du Kinder hast. Im Kindergarten meiner Nichte wird regelmäßig gestreikt, beide Eltern berufstätig. Wie soll man das noch auf die Reihe kriegen? In der Pandemie mit dem Home-Schooling ist das ja noch auf die Spitze getrieben.
Der demografische Wandel erfordert es doch, dass die Menschen im arbeitsfähigen Alter auch arbeiten gehen. Dass der Mann arbeitet und die Frau zu Hause bleibt, das ist doch nicht mehr die Regel. Meistens ist das schon rein wirtschaftlich nicht möglich. Wenn dann die Erziehung von Kindern derartige berufliche Konsequenzen und Einschränkungen nach sich zieht, denkt man noch mal gründlich über die Familienplanung nach. Die Folgen können wir uns ausmalen.
Mangelndes Vertrauen ist die Wurzel allen Übels. Dabei sorgt erbrachtes Vertrauen oft für eine gesteigerte Leistungsbereitschaft, zumindest bei Menschen, die vorher schon ihre Arbeit gut gemacht haben.
Aberacadabera schrieb:Ich habe aktuell einen Antrag auf 4 Tage Woche gestellt. Wenn der genehmigt wird, würde ich mo - do arbeiten, danach drei Tage frei. Von den vier Tagen wäre ich zwei Tage im mobile n arbeiten. Das fände ich es optimal. Für einen Berufsanfänger oder Azubi ist es natürlich erstmal nicht optimal, wenn er im Home Office sässe, anstatt im Unternehmen zu lernen.
Wir drücken dir die Daumen, dass das klappt. Meine Mutter ist seit 5 Jahren auch im Home-Office, 3 Tage ... an 2 Tagen muss sie noch ins Büro. Das hat ihren Alltag erheblich entspannt, auch wenn sie besonders im Home-Office versucht, besonders produktiv zu sein ... um das entgegengebrachte Vertrauen zu belohnen.
Aberacadabera schrieb:Und oftmals wird irgebdwas studiert und des studierens Willens, gerne auch mit etlichen wechseln und nach etlichen Jahren hat man dann gar nix oder einen Bachelor in irgebdwas, was nirgends gebraucht wird.
Das ist natürlich auch oft der Fall. Und dann schiebt man den Master noch in einem fachlich völlig entkoppelten Studiengang hinterher. Liegt aber auch hier oft an der Unentschlossenheit nach der Schule, wohin der Weg gehen will. Manche vertrauen darauf, dass ihr Zukunfts-Ich das schon regelt und spielen auf Zeit.
Aberacadabera schrieb:und die Vorurteilen beginnen ja schon bei den Lehrern, die die Nase rümpfen, wenn ein Abiturient kein Studium sondern eine Ausbildung beginnen will. Das zieht sich ja durch die ganze Gesellschaft.
Lehrer leben halt auch oft in ihrer eigenen Blase. Wobei unsere Lehrer (allerdings Realschule) oft sehr positiv übers Handwerk redeten. Dennoch wurde schlechten Hauptschülern suggeriert, das Handwerk nähme sie mit Kusshand. Das ist natürlich eine völlig weltfremde Äußerung. Das sorgt für den Irrglauben, das Handwerk habe gar kein Interesse an Abiturienten oder Realschülern, weil die ja eh zwei linke Hände haben. Die Entwicklung geht aber genau in die andere Richtung.
Vor einigen Jahren las ich mal von einem Tischler-Meister, der einen Bewerber für eine Ausbildung aufgrund der Mathe-Note ablehnte. Daraufhin rief der Vater wütend an, wozu man denn als Tischler Mathe benötigt. Also dieser Schwachsinn wird manchmal auch schon zu Hause gepredigt.
alhambra schrieb:Was auch noch ein Thema ist, ist das die Unternehmen lernen müssen Nachhaltiger mit ihrem Personal umzugehen. Die Bereiche die derzeit am lautesten Jammern, also die Fliegerei und Gastronomie, das sind auch die, die ihre Leute beidbeinig und mit Anlauf in der Hintern getreten haben, als es in der Pandemie schlecht lief. Und jetzt wundern sie sich, das die Leute nicht mehr zurück wollen.
Und deshalb kommen diese Leute nicht mehr zurück. Sicherheit ist ein hohes Gut, wenn man einmal richtige Existenzängste haben musste. Aber das betrifft ja auch viele ausländische Fachkräfte, die in der Pandemie "zurück" mussten, weil plötzlich kein Bedarf mehr da war. Um über die Runden zu kommen, mussten die sich natürlich was einfallen lassen ... oft war die gefundene Lösung gut genug, um nicht mehr nach Deutschland zu müssen. Und jetzt stehen wir da und wissen nicht mehr, woher man diese Leute bekommen kann. Das hat auch was mit Anerkennung zu tun. Der entgegengebrachte Respekt für ausländische Fachkräfte lässt sehr zu wünschen übrig, da gehst du nicht zurück ... wenn sich im eigenen Land was passables auftut. Allerdings erkenne ich auch hier einen Zusammenhang zwischen Prestige der ausgeübten Tätigkeit und dem Ansehen.
Bauli schrieb:Es gibt viele Beispiele im Leben, die zeigen, dass man nur weiter kommt, wenn man sein Gegenüber respektiert, versucht zu verstehen und darauf eingeht.
Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung, haben besonders viele sehr erfolgreiche Menschen diesen Respekt für andere Menschen verinnerlicht. Und es wird ja auch nicht erst seit Napoleon Hill oder Dale Carnegie gelehrt, dass das der Weg ist. Als Paradebeispiel für respektvollen Umgang mit anderen Menschen wird ja auch gerne Andrew Carnegie herangezogen, einer der reichsten Menschen aller Zeiten. Und selbst in Sachen Verhandlungsführung wird in Harvard gelehrt, dass das Ziel sein muss, die eigenen Interessen sowie die Interessen des Gegenübers so weit wie möglich zu erfüllen. Gelebtes Interesse und "Nächstenliebe" ist kein Gegensatz, sondern eine Bedingung für Erfolg und Glück im Leben. Das Ergebnis ist doch klar: nimm die Menschen ernst, hilf ihnen bei ihren Interessen, sieh die positiven Eigenheiten (möge deinen Gegenüber) und respektiere sie ... sie werden es merken und dir helfen, wenn du ihre Hilfe brauchst. Und du weißt nie, auf wen du wann angewiesen sein kannst.
Getreu dem Motto:
Ein jeder ist dir auf irgendeinem Gebiet überlegen und von jedem kannst du etwas lernen.
Ralph Waldo Emerson