emz schrieb:Ich würde hier auf den Beitrag von @Yoshimitzu hinweisen, der das in epischer Breite erklärt. Dazu gibt es nichts mehr zu ergänzen.
Doch, da gibt es ziemlich viel zu ergänzen und quasi alles Gesagte richtig zu stellen.
Ich mache das aber gerne, bevor irgendein Prof. Dr. Blabla das in der Achse des Guten tut.
Yoshimitzu schrieb:Wegen „Mohren"-Apotheken ist eine Rassismus-Debatte ausgebrochen. In Deutschland gibt es derzeit noch 100 Mohren-Apotheken. Der Rassismus-Vorwurf kam von der Kommunalen Ausländervertretung in Frankfurt. Professor Dr. med. Christian Tauchnitz aus Leipzig schrieb am 5.2.2018 folgenden erhellenden Leserbrief an die F.A.Z.
Demnach ist die Bezeichnung keine rassistische Diffamierung, sondern eine Ehrung für den Heiligen Mauritius. „Eine höhere Ehrung für einen Schwarzafrikaner kann es im christlichen Abendland nicht geben, als ihn zum Heiligen zu erheben. Das hat St. Mauritius, der Anführer der Thebanischen Legion in Ägypten zur Römerzeit, durchaus verdient. Denn er weigerte sich, Christen nur um ihres Glaubens willen zu töten, lieber wolle er selbst unschuldig sterben. So wurde er zum Märtyrer.
Ja, eine höhere Ehrung für einen "Schwarzafrikaner" kann es im christlichen Abendland nicht geben, als ihn als Heiligen zu verehren...
Nur verehrete man damals eben keinen "Schwarzafrikaner", sondern der heilige Mauritius wurde bis ins 13 Jhr. als weißer Mensch dargestellt. Das war selbsterständlich auch unter den Ottonen so im 10. und 11 Jhr folglich.
Mauritius wurde von Anfang an als römischer Offizier im Kettenhemd, auch mit Schild und Lanzenfahne dargestellt; so findet er sich bereits auf der Mailänder Elfenbeintafel, die entweder Otto I. oder Otto II. abbildet. Seit der Darstellung in Magdeburg etwa 1250 wird Mauritius in der Ikonographie als Schwarzer Mauretanier dargestellt
Wikipedia: Mauritius (Heiliger)#DarstellungZunächst vereinzelt – zum Beispiel in der Deutschen Kaiserchronik aus dem 12. Jahrhundert – vom späten 14. Jahrhundert an immer häufiger wird Mauritius als Mohr dargestellt und gilt seither auch als Patron aller Handwerker, die mit Farben zu tun haben.
Wikipedia: Mohr#Heiliger MauritiusWobei der obige Satz in den Bindestrichen so nicht stimmt. Die Kaiserchronik enthält keine bildliche Darstellung sondern der heilige Mauritius wird lediglich als "Herzog der Moren" genannt. Ob das nun ein Beleg für irgendwas ist sei dahingestellt.
Wieso lügt der Herr Professor also so dummdreist?
Man kann das schön an den bildlichen Darstellungen verdeutlichen:
Mauritius kein "Mohr":
Mauritius als "Mohr":
Mauritius kein "Mohr:
Mauritius als "Mohr"
Mauritius kein "Mohr"
Mauritius als "Mohr"
Kann man den Unterschied womöglich ausmachen?
Und wer könnte nun auf die selten-bescheuerte Idee kommen, Bild 2, 4, 6 stellen einen römischen Legatus dar? Niemand eigentlich...
Die Bilder stellen schlicht und ergreifend "Neger" dar. Die riesigen Ohrringe, die Lippen, die Kette, die krausen Haare.
Selten beruhen mitteleuropäische Darstellungen von „Mohren“ auf tatsächlichen Begegnungen, weit eher auf Reisebeschreibungen und überlieferten Darstellungen. Historische Abbildungen von Mohren folgen daher oft einem Stereotyp: dunkle bis schwarze Haut, dicke Lippen, krauses Haar, oft mit großen Ohrringen oder anderen Attributen „wilder Völker“.
Zahlreiche Wortprägungen, historische Namen, Wappen und Abbildungen haben dieses Bild des „Mohren“ bis heute erhalten.
Wikipedia: Mohr#Mohr als StereotypAber warum ist das so? Ja, darauf gibt es eine recht schlüssige Antwort:
Ab dem 16. Jahrhundert galt „Mohr“ ausschließlich als Synonym für einen „Neger“, „Menschen mit dunkler Hautfarbe“, während der Maure fortan als solcher bezeichnet wurde. English Moor, italienisch und spanisch moro sowie französisch maure bewahrten dagegen die ethnische oder geographische Zuschreibung.
Als im 18. Jahrhundert der Ausdruck „Mohr“ zunehmend durch „Neger“ ersetzt wurde, entwickelte sich ein Gegensatz vom edlen Mohren einer noch vorkolonialen Vorstellungswelt und dem kolonialen primitiven Neger. Rassentheoretische Versuche, zwischen schwarzafrikanischen „Negern“ und „weißafrikanischen“ „Mohren“ zu differenzieren oder Völker Afrikas mithilfe der Hamitentheorie zu kategorisieren, sind heute obsolet. Die Bezeichnung „Mohr“ für einen Menschen dunkler Hautfarbe wird heute nur noch historisch verwendet. Wie auch der Ausdruck „Neger“ kann „Mohr“ als ein rassistisch diskriminierender Ausdruck verstanden werden.
Wikipedia: Mohr#SprachgeschichteIch hab dir übrigens mal das Obige fett markiert, damit du die unsinnigen Verweise auf Maurice und Mauritius usw sein lässt. Diese Namen sind ganz offensichtlich aus anderen Sprachen entledigt und wie du lesen kannst, gibt es in diesen Sprachen diese Gleichsetzung nicht.
Das Wort bedeutet da tatsächlich leidglich "Maure".
Das ist in Deutschland nicht so. Hier ist das ein Synonym für "Neger".
Ich hatte zur Wortbedeutung auch schonmal einen kleinen Leserbrief an die Allmygemeinde verfasst und konnte meine Aussagen sogar mehr oder minder belegen im Gegensatz zu Prof. Dr. Was-Weiß-Ich.
Sollte die Mohrenstraße in Berlin umbenannt werden? (Seite 24) (Beitrag von Fierna)Du hast in den Links ja jetzt genug Information bzgl Menschen, die als "Mohren" bezeichnet wurden, das geht von Hof- und Kammermohren, die man nach ihrem Tod präparierte und anschließend mit Federn und Muschelketten in einem Kuriositätenkabinett austellte - wo sollte hier Rassismus zu finden sein? - bis hin zu rechtsextremistischer Musik der Moderne.
Yoshimitzu schrieb:Die Beziehung von Mohr, Moritz oder Mauritius zu Apotheken beruht darauf, dass er als Heilkundiger galt und die Trennung der Berufe von Arzt und Apotheker erst durch Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen im Jahre 1237 verfügt wurde".
Und auch das hier ist kompletter Bullshit.
Abgesehen davon, dass es alles (vermeintlich) vor der Darstellung von Mauritius als schwarzen Menschen passierte, wissen die Apotheken komischerweise absolut nichts von dieser Story...ja, die wissen nichtmal, dass es sich dabei überhaupt um den heiligen Mauritius handeln soll sicher.Ich habe mich da nämlich mal bei deiner quasi antiken Apotheke erkundigt:
Doch wie kommt die Apotheke zum „Mohren“?
Es ist verzwickt, und keineswegs eindeutig – so viel sei vorab verraten. Briefwechsel aus der jüngeren Vergangenheit belegen das stete Interesse auch von Fachleuten an dieser Frage. Selbst das Adelsgeschlecht Tucher trägt einen Mohr im Familienwappen – und sogar hier ist die historische Herkunft bis heute nicht eindeutig geklärt, wenn verschiedene Schlussfolgerungen und Vermutungen auch eine Lösung nahelegen. Im Falle des Mohren als Apotheken-Signum müssen verschiedene Erklärungsstränge verfolgt werden. Doch auch die wohl schlüssigste Argumentation ist nicht wirklich historisch gesichert, nicht belegbar.
Mmmh...
Überaus interessant übrigens:
Rätselraten um Mohren-Apotheken
Herrscht beim Tucher-Wappen über die Herkunft des Mohrenkopfes Unklarheit, betritt man bei der Frage nach der Namensgebung der Mohren - Apotheken gänzlich unsicheres Terrain. Auch bei Bezeichnungen wie Schwanen-Apotheke, Kugel-, Rosen- oder Hirsch-Apotheke liegt die ursprüngliche Bedeutung jedoch weitgehend im Dunkeln. Keinen Satz über den Namen der Nürnberger Mohren-Apotheke erfahren wir aus historischen Abhandlungen. Aus dem Jahr 1442 stammt die älteste Nachricht über diese Apotheke, die damals allerdings noch nicht Mohren-Apotheke hieß: Erst 1578, als die Apotheke an den (auch heutigen Standort) Lorenzer Platz transferiert wurde, wählte man offenbar den Titel.
Wir erinnern uns an dieser Stelle:
Ab dem 16. Jahrhundert galt „Mohr“ ausschließlich als Synonym für einen „Neger“
Wikipedia: Mohr#SprachgeschichteWeiter im Zitat der Webpräsenz der Apotheke:
In vielen Städten (z.B. Bayreuth, Kulmbach oder Brieg in Schlesien) gab es Mohren-Apotheken, doch fällt dabei auf, dass sie allesamt erst ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gegründet und benannt wurden, was den Schluss zulässt, dass die Bezeichnung vergleichsweise jung ist. Bei der Suche nach einem möglichen Apotheker-Patron, findet man keine gewünschte Antwort. Die klassischen Patrone hier sind Maria Magdalena, Cosmas und Damian. Der Heilige Mauritius erscheint nirgendwo in einem solchen Zusammenhang.
Eine sehr interessante Theorie diesbzgl:
Betrachten wir eine wesentlich einfachere Auslegung, wonach sich Apotheken nach dem Mohren benannten, um auf ihr besonderes Angebot, auf Heilmittel aus fernen Ländern - aus der Heimat der Mohren - hinzuweisen. Hier jedoch stellt sich die Frage, ob man im späten 16. Jahrhundert den Vorderen Orient und die Türkei tatsächlich mit dem Land der Mohren in Verbindung brachte. Denn aus eben diesen Ländern, über die dort verlaufenden Fernhandelswege, und eben nicht aus Mauretanien oder Afrika, bezog man jene exotischen Gewürze und Heilmittel. Bräunlein kann hier seiner Theorie und Herleitung einen aufschlussreichen Text von Hans Richard Schittny beifügen. Dieser schreibt über die 1722 nach dem Mohren benannte Apotheke in Glatz: „Der Apotheker Hieronymus Reinisch gibt jetzt der alten Glatzer Apotheke auch einen Namen. (...) Er nennt sie ,Apotheke zum schwarzen Mohren’. Er wählt diesen Namen mit bedacht, weiß er doch, dass der Mohr – nach alter Tradition – die Apothekerkunst symbolisiert, denn in alten Zeiten hielten die Fürsten sich für die Bereitung ihrer Arzneien Mohren an ihren Höfen. Diese Mohren hatten das beste Wissen um heilkräftige Spezies und Drogen. Sie kamen aus dem Morgenland, wo in Bagdad schon vor 800 Jahren die ersten Apotheken bestanden hatten, und wo zuerst in der alten Welt die hohe Kunst der Anfertigung von Arzneien in Blüte stand.“
[...]
Unterstützend für Schittnys obige Behauptung mag jedoch sein, dass jene Glatzer Apotheke in einer Zeit als Mohren-Apotheke benannt wurde (1722), in der tatsächlich Mohren in Deutschland bei adligen Familien als Bedienstete beschäftigt waren. Dies galt für eine dünne Oberschicht als exotisch und chic.
Im Zusammenhang mit diesem „Exotismus“ (frühes 18. Jahrhundert) darf man wohl auch die Motivation des Apothekers sehen, sein Geschäft nach dem „Schwarzen Mohren“ zu nennen.
http://www.mohren-apotheke.org/tl_files/mohrenapotheke/pdf/MO_Internet_Historie2014K.pdf (Archiv-Version vom 10.04.2016)Na, sowas!