@Realo Ich finde unsere Kultur allen anderen Kulturen überlegen. Du nicht?
Dieser Satz fasst unser ganzes Problem im Umgang mit Muslimen, also mit dem Islam, kurz & knackig zusammen, denn es war nicht satirisch gemeint, sondern im Ernst.
Ich finde diesen Satz äußerst problematisch, aber aus ganz anderen Gründen. Vielleicht verstehst du, was ich meine, wenn ich folgendes ausführe:
Gehen wir doch mal einige deiner im EP dargelegten Aussagen durch.
Noch Goethe sah (im west-östlichen Divan, daher auch die Headline) in der "morgenländischen" Kultur eine absolute Bereicherung für uns, der man auf Augenhöhe zu begegnen habe, weil ein Dialog zwischen der abendländischen und der morgenländischen Kultur beide nur bereichern könne; er war so gesehen der erste westliche Multikulturalist.
Goethe lebte a) in einer Zeit, in der Männer das Sagen hatten. Frauen waren bestenfalls in bestimmten Kreisen hübsches Beiwerk, ansonsten hatten sie zu Hause sich um Mann und Kinder zu kümmern.
b) Goethe war - wie fast alle Männer damals - ein Chauvinist. Er sah die Welt aus männlichen Augen: Alles, was quirlig und bunt war, was er auf seinen Reisen sah und erlebte war männlich geprägt. Alles, was wichtig war, haben ausschließlich Männer geprägt. Hätte es das Testesteron nicht gegeben, so wären ihm Frauen überhaupt nicht aufgefallen. Wir leben Gott sei Dank in einer anderen Zeit heute: Frauen dürfen reisen und sich die Welt erobern. Das gefällt nicht allen Männern.
Goethe als Beispiel zu nehmen, schließt also schon mal wieder die Hälfte der Menschheit aus, die das sicherlich alles anders wahrgenommen haben. Und das soll jetzt keine Wertung Goethes sein: Er war ja auch nur ein Mann
;).
Nun zu deinen weiteren Ausführungen, die du als Fakten hier darstellst:
Auch was den männlichen Chauvinismus und die Unterdrückung der Frau angeht, lagen beide Kulturen bis in die 1970er Jahre praktisch gleichauf; erst danach setzte im Westen die Frauenemanzipation ein.
Das ist so nicht richtig, denn eine Emanzipation kann sich nicht von heute auf morgen entwickeln und ist dann irgendwann da (noch weniger bleibt sie einfach so).
Die Emanzipation der Frau setzte schon in der westlichen Welt sehr viel früher ein (ich zitiere aus Wiki):
Erste Ansätze einer Frauenrechtsbewegung entstanden im Zeitalter der Aufklärung und den Anfängen der bürgerlichen Emanzipationsbestrebungen zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Grundgedanke war die Gleichwertigkeit aller Menschen, wie sie beispielsweise im Laufe der französischen Revolution proklamiert wurde. So forderte Olympe de Gouges mit ihrer Déclaration des droits de la Femme et de la Citoyenne bereits 1791, also kurz nach der Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte (1789), dieselben Rechte und Pflichten für Frauen ein. Denn Aussagen zu Menschen- und Bürgerrechten berücksichtigten zu diesem Zeitpunkt nur Männer.
Quelle:
Wikipedia: FrauenbewegungBeide Kulturen – und nehmen wir noch die jüdische dazu – haben monotheistische Religionen, sind sich in ihrer Weltanschauung also ähnlicher als allen anderen Kulturen gegenüber.
Eine Interpretation deinerseits, die ich nicht teilen kann. Du gehst hier einzig auf den Glauben an (den) einen Gott ein. Das, was die drei Religionen grundsätzlich unterscheidet, lässt du lieber hinten runter fallen: Die Dogmen, die hinter jeder Religion stehen. Hier, bei diesen dreien, sind sie grundverschieden.
1. Judentum (hier streiten sich zwar die Gelehrten, ob es überhaupt ein jüdisches Dogma gibt - aber ich stehe da auf Seiten derer, die das mit Ja beantworten - führt hier aber zu weit):
Ausgangspunkt ist hier die 'Hebräische Bibel', die fünf Bücher Mose = 'Die Thora', die Gebote. Es ist der ewige Bund des Volkes Israel mit Gott, die Befreiung des Volkes Israels aus der Gefangenschaft Ägyptens. Das ganze ist ein in sich geschlossenes System (= Dogma) und hat nur Gültigkeit für das Volk Israel.
2. Christentum:
Ausgangspunkt ist hier der 'Neue Bund' unter anfänglicher Einbeziehung der Gebote Moses, die durch das 'Neue Testament', durch den von Gott gesandten Jesus, abgeschafft wurden. Sie wurden ersetzt durch die Glaubenswahrheit der Trinität (Vater, Sohn, Heiliger Geist). Sie gilt für alle im Namen Christi 'Getauften'.
3. Islam:
Ausgangspunkt sind hier die Rezitation und Texte des 'Koran' (= durch den Propheten Mohammed vorgetragene Rede Gottes) und der 'Hadithen' (= Überlieferung von Handlungsweisen, Brauchtum). Das 'Ewige Wort Gottes' wird durch die Verehrung des Propheten Mohammeds bezeugt. Mohammed sah Abraham als seinen 'leiblichen Stammvater' (= Umma = Gemeinschaft aller Gläubigen). Ismael, der Sohn Abrahams, war für Mohammed der Wegbereiter sich als 'Auserwählter' für die Gründung des Islams zu sehen.
Ismael kommt übrigens in der Bibel kaum vor. Man könnte nun geneigt sein zu glauben, dass das der Grund dafür ist, die Anhänger der beiden anderen Religionen als 'Ungläubige' zu bezeichnen. Denn Mohammed definierte sich ja über Ismael als auserwählt. Für mich ist das schlüssig.
Diese grundlegenden Verschiedenheiten haben natürlich Auswirkung auf die jeweiligen Anhänger der Religion. Sie sind überhaupt nicht miteinander vereinbar. Man kann nicht ein bisschen davon, ein wenig davon und ein Teil davon nehmen und weiterhin von sich behaupten, man gehöre einer bestimmten Religion an. Und das wiederum hat nichts mit dem Glauben an den einen Gott zu tun: Es ist im Gegenteil die grundlegende Erklärung für die jeweilige Religion (Gemeinschaft), warum es nur (den) einen Gott geben kann.
Wie man sieht, bin ich nicht auf die Inhalte der jeweiligen Religion eingegangen. Denn das würde hier a) zu weit führen und b) hat das Gegenüberstellen dieser noch nie dazu geführt, Verständnis für die jeweils andere "Seite" zu wecken, seien sie sich in gewissen Bereichen auch noch so ähnlich (Paradoxon), geschweige denn, wenn man die Unterschiede benennt.
Fazit:
Auch du machst immer wieder den Fehler - und ich muss leider sagen, mittlerweile auch wieder viele Frauen - die Welt nur aus den Augen eines Mannes zu sehen. Das Wesentliche, das Wichtige in deinen Augen ist und bleibt: männlich. Deswegen bin ich äußerst skeptisch, was Gespräche auf dem Diwan angehen. Diese hat es immer schon gegeben, es gibt sie noch (s. Saudi Arabien) und es wird sie wohl auch in Zukunft geben. Die Ergebnisse sind bekannt.
Aber wie sagte damals schon Margarete Mitscherlich: "Die Zukunft ist weiblich". Und ich hoffe, sie hatte Recht.