Ich glaube, es ist schwierig zu beurteilen (Tagebuch). Würde ich persönlich so ein richtig privates Tagebuch führen, in das ich alle Gefühle ungefiltert schreibe und mich auch mal ebenso ungefiltert richtig auskotze, wüsste maximal mein Freund, dass es dieses Ding gibt. Und ich würde es auf deutsch führen, damit er es nicht lesen kann, weil ja auch mal was über ihn völlig ungefiltert drin stehen würde. Wenn ich persönlich mich richtig ärgere oder mich etwas sehr bewegt, das ich erstmal für mich selber alleine einsortieren und durchblubbern muss, schnapp ich mir die Tölen und geh ein paar Stunden raus. Eine Strecke, auf der mir bevorzugt niemand begegnet. Da hören die Schnüffels dann auch mal kurz ein lautes: "Ist das nicht ein selten dämliches Arschloch?" oder so. Bevor ich weiter vor mich hindenke und verarbeite und sie weiter schnüffeln. Sowas z.B. ist aber auf einem Schiff gar nicht möglich.
Was wäre denn eigentlich der Unterschied, wenn "nur" ihre Sachen aus dem Wertfach auf dem Postweg verschwunden wären und es kein zusätzliches Tagebuch gegeben hätte?
Klar: weg wäre, da hätte etwas drin stehen können, das zur Klärung hilft (bei einem Unfall aber nur zur Klärung, wie sie sich gefühlt hat, nicht wie der Unfall stattgefunden hat). Ich persönlich halte, ohne mich damit auszukennen, eine Gewalttat für sehr unwahrscheinlich. Einen spontanen Selbstmord auch, sie hätte ja nur noch einen Tag durchstehen müssen.
Aber die Eltern hätten sicher trotzdem gerne ihre persönlichen Sachen aus diesem Fach komplett erhalten. Und es kommt halt komisch rüber, dass dies nicht funktioniert hat. Würde es uns nicht auch so gehen, wenn es unser Kind wäre? Und man viel zu viel grübelt und nachdenkt und sich verstrickt und verrennt dabei? Einfach, weil man eben nicht weiß, was nun ganz genau passiert ist.
Ich glaube, es war "ganz einfach". Sie war entweder müde und unachtsam. Oder sie hatte eine dieser "Einschlafattacken". Und dabei ging sie über Bord. Gesichert hätte das nicht passieren können. Man kann noch die Diensttauglichkeitsdiskussion mit rein nehmen. Ich habe es in meinen Posts nicht gemacht bisher. Ich sehe auch keinen Sinn darin. Ich könnte mir vorstellen, dass es den Eltern schon sehr helfen würde, wenn sie nicht mehr einer "wir haben alles richtig gemacht"-Blockade gegenüberstehen würden. Sondern mal einer auf die heiligen Vorschriften scheißt (sorry) und zu ihnen sagt: Es tut uns unsagbar leid. Wir hätten sie sichern sollen. Menschen machen leider immer wieder Fehler.
Jeder Mensch macht mal Fehler. Egal, ob Straßenkehrer, Herzchirurg oder Offizier. Es gibt keine 100%. Warum Menschen bei der Bundeswehr und auf einem Schulungsschiff nicht? Nur wenn etwas passiert, wobei ein Mensch stirbt (und bitte versteht meine Texte nicht falsch, ich sehe keine 100% "Schuld" bei den Vorgesetzten, aber sie sind halt erfahrener, als ein junger Kadett und ihnen fällt es leichter zu sagen "du hast jetzt Zwangspause" oder "du sicherst dich jetzt", als einem jungen Menschen, der nicht Waschlappen sein will zu sagen "bitte nehmt mich sofort raus").
Und verdammt nochmal versucht, dieses auf dem Postweg verschwundene Zeug wieder zu finden. Irgendwo muss es ja sein. Was wäre daran zuviel verlangt? Rückgängig machen kann man jetzt sowieso nichts mehr. Und wie
@Rick_Blaine schon geschrieben hat, wurde ja darauf reagiert: jetzt wird auf diesem Posten gesichert. Also warum nicht zu den Eltern sagen: "Es tut uns so leid, wir hätten es damals schon tun sollen."? Ich glaube, es würde den Eltern ein kleines bisschen helfen.