shionoro schrieb:Deine angedachten Fälle von Betrug führten zu sage und schreibe 60 mio Euro pro Jahr, die da zu viel ausgezahlt worden sind. Fast immer, weil irgendwer geringfügig beschäftigt war und halt einen minijob hatte. Da zu denken, dass ausgerechnet diese niedrige Summe der "solidargemeinschaft" schadet, der 100 milliarden jährlich durch steuerhinterziehung durch die Lappen gehen, ist doch ein schlechter witz.
Wenn alle hartzis doppelt so viel betrügen würden, wäre es immer noch ein schlechter witz.
Die Argumentation dass irgendjemand anders irgendwo aber noch viel mehr Geld hinterzieht ist aber auch langsam mal durch. Das hat so ein bisschen was von "Ja Herr Wachtmeister, ich bin mit 100 durch die 30er-Zone geknallt und habe dabei ignoriert, das hier ein Kindergarten ist - aber da draußen laufen auch Mörder frei herum!".
60 Millionen Euro, das sind 1.000 Euro zusätzlich pro Jahr für 5.000 Rentner. Das sind 30 Kindergärten. Das sind 41.666 kostenlose Mittagessen für Schüler, für ein ganzes Jahr. Mit 60 Mio Euro kann man eine Menge machen.
Bei einem Bruttomonatslohn von 3.500 Euro gehen - legt man 40% Steuern zugrunde - 3571 Menschen ein ganzes Jahr lang arbeiten, um diese Summe aufzubringen.
Du meinst, das schadet der Solidargemeinschaft nicht? Ich schon. Du sagst hier - mit anderen Worten: Schön, dass du und 3570 andere ein Jahr lang malochen und Steuern zahlen, aber eigentlich ist das gar nicht so viel Geld. Ich kann nicht das eine Unrecht mit einem anderen Unrecht rechtfertigen. Gesetz ist Gesetz, fertig, aus. Und, ähm... ja, die Einnahmen aus einem Minijob zu verschweigen ist nunmal nicht legal. Selbst 1.000 Euro die irgendjemand irgendwo zu Unrecht bezieht könnten an anderer Stelle fehlen, gar existenzbedrohend sein.
Ich frage mich woher solche Neid-Phantasien kommen: Da will man Menschen, die arbeiten gehen, dafür vllt. studiert haben verbieten, mehr als Summe X zu besitzen. Und das im Endeffekt nur, weil man selber gerne so viel hätte, aber nicht hat - weil man eben nicht studiert und arbeitet wie die, auf die man schimpft, oder obwohl es trotz Bemühungen eben nicht dazu reicht, so weit zu kommen. Nicht jeder hat das Zeug dazu, ein Unternehmen auf die Beine zu stellen, Raketenphysiker zu werden oder ein Heilmittel gegen irgendeine alte Seuche zu finden. Nicht jeder hat das Zeug dazu, irgendwas supertolles zu erfinden und sich über die Patenteinnahmen zu freuen. Es wird auch nicht jeder Sänger, Fußballprofi, findet ein Ölvorkommen im Garten oder sonstwas.
Bundeskanzleri schrieb:Für mich sollte ein Hartz IV- Empfänger tatsächlich ein Kunde sein, denn er beantragt etwas, das ihm zusteht.
Er beantragt etwas auf das er Anspruch hat, muss sich aber im Gegenzug an ein paar Vorgaben halten. Und die sind eigentlich von jedem erfüllbar, wenn man denn nur will. Und jaja, die ganzen Kranken, und Depressiven, ich weiß - aber die können sich das attestieren lassen oder was auch immer, und können so Sanktionen aus dem Weg gehen. Ansonsten gilt beim JobCenter wie auch im restlichen Leben: Der Ton macht die Musik. Ich hatte beim KJC nie irgendwelche Probleme. Ich war immer freundlich, und wurde auch dementsprechend behandelt. Ich habe auch nie dumme Ausreden gesucht (Briefkasten war voll, jemand hat den Brief geklaut, hahaha!) wenn ich irgendwas verpeilt habe, sondern das offen gesagt. Ich habe sogar mal ganz offen und ehrlich gesagt das ich einfach eine totale Null-Bock-Phase hatte, als ich zwei Termine nicht wahrgenommen hatte. Sanktioniert wurde ich nicht, meine Ehrlichkeit hat da wohl den Ausschlag gegeben.
Wenn man sich aber mal so umschaut was für ein Ton teilweise in entsprechenden Foren herrscht, oder eben auch in den sozialen Medien, dann geht es da oft nicht mehr darum dass man wie ein Kunde behandelt werden möchte - schließlich ist der Kunde ja König - sondern darum, dass der König zu seinen Lakaien kommt, und die gefälligst zu tun haben, was der König gerne möchte. Nie, aber auch nicht ein einziges Mal habe ich mich beim KJC ausgekotzt. Egal ob ich irgendwas sinnvoll fand oder nicht. Hinter dem Schreibtisch sitzt einer, der das beruflich macht. Und wie jedem der etwas beruflich macht, bringe ich demjenigen ein gewisses Grundvertrauen entgegen das davon ausgeht, dass derjenige schon weiß, wie er seinen Job richtig zu machen hat. Ich bin nicht der, der es gelernt hat oder darin fortgebildet wird. Das schließt zwar nicht aus das derjenige sich auch mal irrt und irgendwas falsch macht, aber Fehler passieren ja auch den Besten noch. Mit lautem Geschrei hat noch niemand irgendeinen Pokal gewonnen. Mit Sachlichkeit bin ich beim KJC
immer ans Ziel gekommen.
Bundeskanzleri schrieb:Ohne den Antragsteller wäre auch der hinter dem Schreibtisch seinen Job los.
Und da liegt dann halt der Hase im Pfeffer: "Sei dankbar das ich hier bin, ohne mich würdest du den Job hier gar nicht haben!". Funktioniert bei Polizisten ("ICH zahle Steuern, also IHR Gehalt!") schon nicht, und bei Sachbearbeitern im KJC ebenfalls nicht.