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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

21.513 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Hartz IV, Sanktionen, BGE ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

13.05.2020 um 22:38
Zitat von capspauldincapspauldin schrieb: Nehme ich nun den Barrista, der eigentlich gedanklich schon an der Charité arbeitet, finde ich es jedoch leicht händelbar. Ich würde ihn niemals demotivieren und seine Illusion nehmen, Arzt zu werden. Die Illusion muss er sich selber nehmen.
Ich denke, das ist fossiliert - es ist schwer, das zu akzeptieren, wenn deine Zukunft dann überhaupt nicht so gelaufen ist, du praktisch nah dran warst und das Ziel nun unerreichbar ist.
Zitat von FerneZukunftFerneZukunft schrieb: Ich verstehe diese Menschen sogar! Ich kann nur sagen, wie ich in deren Situation denken würde: Mir ginge es nicht darum, dass die Arbeit "unter meiner Würde" ist - im Gegenteil, mir würde "einfachere" Arbeit sogar mehr Spaß machen. Das Problem ist die Bezahlung in diesen Berufen! Genau dieser Punkt würde mir die Motivation nehmen!
Das mit der Bezahlung ist auch immer ein Problem ... das stimmt. Dennoch ist es glaube ich besser, einem Beruf nachzugehen, der einem Spaß macht, als einem Beruf, den man halt macht. Mr Mary arbeit in der Eventbranche. Gerade haben wir echt Glück, dass ich nicht in der Branche arbeite, damit wir unseren finanziellen Verpflichtungen nachkommen können. Generell ist es aber so, dass ich ihn manchmal schon etwas "beneide" - er liebt seinen Job, buttert aber auch ewig viele Stunden rein, hat echt coole Kontakte und so weiter. Der Job hat echt was ... Da Mr. Mary zum Fußvolk gehört, gibt es echt mies bezahlte Monate und dann Monate, wo es richtig kracht ... Er brennt aber für den Job. Ich glaube, er würde ihn auch machen, wenn er kein Geld bekommen würde.

Es war für mich persönlich schwer einschätzbar, was ich auf dem Arbeitsmarkt wert war. Ich habe hier auch schon mehrfach erzählt: als ich studiert habe, war bei mir um die Ecke ein Kaufland - da habe ich mich jahrelang beworben und habe nicht mal ein Vorstellungsgespräch bekommen, obwohl die an der Uni eigentlich immer Aushilfen gesucht haben und auch relativ viele Studenten da arbeiteten. Ich finde, das macht die berufliche Orientierung auch schwierig.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:missmary schrieb:
Ich glaube, dass das Arbeitsamt solche Fälle eben gerne "dauerhaft" von der Fallliste streicht.

Kürbisgesicht schrieb am 09.05.2020:
Ein Interesse hat nämlich jeder Mensch, man muss es nur finden und fördern.

Ich stehe gerade auf dem Schlauch und frage mich, wo der Zusammenhang besteht.
Mein Zusammenhang war - der normale Klient des Arbeitsamtes möchte natürlich das Beste aus sich rausholen und einen Job, der möglichst Spaß macht - allerdings deckt sich die Selbst- und die Fremdeinschätzung nicht, sind die Pläne unrealistisch.

Das Arbeitsamt möchte die Leute möglichst dauerhaft unterbringen, ohne dass sie alle zwei-drei Jahre arbeitslos auf der Matte stehen. Wenn nun also z.B. Erzieher gesucht werden und es auch dauerhaft absehbar ist, dass Erzieher gesucht werden, wird das Arbeitsamt natürlich versuchen, die Leute, die nicht wissen, was sie machen sollen, in dem Bereich unterzubringen, wenn sie sich das vorstellen können.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb: Zeigst du mir die Stelle, in welcher @MissMary davon geschrieben hat, dass der Barista noch immer Arzt werden möchte? Ich lese das nicht raus... An dieser Stelle musss ich auch mal kurz sagen, dass ich es wirklich übelst finde, dass man einem Bekannten, der eine ganz normale Arbeit verrichtet, der vertrauensvolle Infos preisgab, hier im Thread der Öffentlichkeit preisgibt und lächerlich macht. Was für ein Vertrauensverlust... Das ist für mich unterste Schublade.
Wo mache ich ihn lächerlich? Und - Ich kann dich beruhigen. Es ist der Barista, dessen Spitzname "Doc" ist (und bevor du dir nun wieder Sorgen machst -diese Info ist verändert)- es ist nicht so, dass er mir das vertrauensvoll erzählt hat - er erzählt das immer und jedem. Daher auch der Spitzname. Zudem kannst du ja nicht zurückverfolgen, wo er seinen Kaffee braut. Es gibt ihn wirklich ... aber du wirst ihn vermutlich nicht finden, es sei denn, du frequentierst auch dieses Kaffee oder kannst aus meinen Infos rauslesen, wo ich wohne und wo ich meinen Kaffee schlürfe. Und -ich habe das schon öfters mit ihm diskutiert, dass ich es schade finde, dass er keinen Anlauf mehr genommen hat, seine berufliche Situation nochmals zu verändern - einfach, weil er selbst auch so unzufrieden ist -mit Arbeitszeiten, Arbeitsinhalten und Lohn und irgendwie den Absprung nicht mehr schafft. Wegen ihm selbst und seiner Selbstzufriedenheit, nicht wegen seinem gegenwärtigen Job.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb: Das heisst, dass du Menschen, die Hindernisse im Leben überwinden mussten und dabei ins Straucheln gekommen sind (viele der Alg 2 Leistungsempfänger sind übrigens z.B. alleinerziehende Frauen) den netten Rat gibst, sich der Willkür einzelner Sachbearbeiter/Teamleiter auszusetzen und möglichst da einzureihen, wo die Gesellschaft gerade Bedarf hat? Und deine Begründung dafür ist, dass diese Leute es nicht besser verdient haben, da sie ins Stolpern gekommen sind und jetzt nehmen müssen, was über bleibt.
Eine Frage. Bist du vom Fach?
Ich arbeite an einer Brennpunktschule. An uns angekoppelt ist ein Bildungsträger, der sich genau um diese Gruppe Menschen kümmert - Schule ohne Schulabschluss verlassen, die nun als Erwachsene nachqualifiziert werden. Ganz viele der "Klienten" haben unfassbar viel Biss, weil sie selbst erlebt haben, wie schwer es auf dem Arbeitsmarkt ist, ohne Ausbildung (und es gibt sicher Leute, die auch ohne Ausbildung Fuss fassen, aber die landen nicht bei uns). Gerade Alleinalleinerziehende arbeiten oft nebenher, managen die Kinder und machen Schule, oft auch mit dem Ziel, den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen.

Damit verschieben sich aber auch oft die Prioritäten. Gerade Alleinerziehende kommen oft und die erste Priorität ist nicht mehr "macht der Job Spaß?" sondern: Zahlt er genug, um mir einen guten Lebensstandard zu ermöglichen? Gibt es genug Arbeitsstellen, ohne dass ich umziehen muss (ist ja mit Kindern oft nur erschwert möglich)? ... Solche Dinge.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb: Was hat dieses Beispiel mit dem Topic zu tun? Es ist eine klare Aufforderung. Adressaten sind jene Menschen, die einfach schlechtere Karten gezogen haben. Die Aufforderung geht klar in die Richtung, dass selbige besser ihr Scheitern aktzeptieren sollten, um kleinere Brötchen zu backen. Man weiß natürlich besser als die Betroffenen, was Menschen wirklich glücklich macht.
Es ist mit Sicherheit besser, eine Ausbildung gut abzuschließen und dann gutes Geld zu verdienen, als sich in irgendwelche Hirngespinste zu verrennen - jeder Mensch hat ein Begabungs- und Interessensspektrum, in dem sich die Berufswahl abspielen sollte.

Wenn du eine 4 in Physik hast und ein Physikstudium als Berufswunsch angibst ... dann läuft etwas schief und du wirst fast zwangsläufig irgendwann mal scheitern, es sei denn, du warst hochbegabt und ein Schulverweigerer. Du kannst ja auch nicht aus jedem Menschen ein Olympiasieger machen. Du kannst auch "schlechte Karten" ausgleichen. Niemand muss irgenwas akzeptieren, aberman sollte im realistischen Spektrum bleiben. Ich schreibe nirgends, dass die Leute ihr Scheitern akzeptieren sollen. Wir haben auch genug Schüler, die trotz- oder gerade aufgrund- miserabler sozialer Verhältnissen daheim Übermenschliches aus sich rausholen, unter widrigsten Bedingungen ein gutes Abi machen und studieren. Man sollte aber realistisch bleiben. Ich hatte in Sport immer eine 4 - ich konnte kein Geräteturnen. Mir war schon in Klasse 2 klar, dass ich nie Olympiasieger werde. Ich habe auch mit Mathe gekämpft - bis zum Abi, es war klar, dass Studienfächer, die Mathe beinhalten, rausfallen. Das ist der eine Aspekt.

Ich hatte einen Mitschüler, dessen Vater Landwirt war - und völlig untypisch - absolut nicht wollte, dass sein Sohn den Hof übernimmt, weil er selbst den Job nicht mochte. Er hat also forciert, dass mein Mitschüler unbedingt Abi macht. Hat er gemacht ... ein richtig gutes Abi sogar. Hat sich dann für Landwirtschaft eingeschrieben und den Hof übernommen :-). Hatte richtig coole Ideen für den Hof - heute läuft es und er liebt jede Minute. Seiner Berufung sollte man - im Rahmen des gesteckten Rahmens - schon auf folgen.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:@MissMary weiß genau, dass es hier eigentlich um ALG II geht. Da passt es ganz gut vom Job und den unrealistischen Wünschen der Besucher einer Brennpunktschule (Quereinsteigerin?) zu berichten. Diese werden nicht gerade zufällig mit den unrealistischen Wünschen vieler ALG II-Empfänger verbunden.
Du generalisierst hier etwas, was ich nicht generalisiert habe. Ich habe aber darauf hingewiesen, dass das oft das Problem ist, das einen guten Einstieg ins Berufsleben verhindert. Wir haben auch Schüler, die unter widrigsten Umständen ein gutes Abi machen und den Ausstieg aus dem Sumpf schaffen - und so entsetzlich viel Energie brauchen, um da rauszukommen.

Wir haben Schüler, die daheim mit zwei Fremdsprachen aufwachsen und daraus Kapital schlagen -indem sie z.B. Richtung Spedition gehen und sich z.B. als Disponent hocharbeiten und dann, teilweise mit zwei "Ostsprachen" + Englisch + oft Französisch wirklich auch viel Geld verdienen, weil sie für ihre Position dann wie gemacht sind.

Die Schüler, die oft längerfristig scheitern, sind aber oft wirklich die, deren Berufswunsch und deren Leistung nicht zusammenpassen.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb: Allgemein kann es nicht sein, dass ein Thread, der sich mit einem sensiblen, armutsbeladenen Thema - ALG II - auseinandersetzt, und fast nur Menschen anzieht, welche in Privilegien schwimmen und nichts besseres zu tun haben, als nach unten zu treten oder zu proklamieren, dass problematische Empfänger die Berechtigung zur Teilnahme an der Gesellschaft verloren haben.
Das ist so armselig...
Ich habe zehn Jahre unter dem ALG II Satz gelebt und trete sicher nicht nach unten. Es gibt in Deutschland viele Möglichkeiten, aufzusteigen. Für jeden. Aber es gibt dabei Spielregeln. Wenn man die nicht akzeptiert, wird man scheitern. Das ist nicht armselig. Das ist die Realität. Das hat nichts mit "Treten" zu tun.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

14.05.2020 um 09:21
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Ich kann ganz gut selber denken und lesen.
In diesem Glauben möchte ich dich gerne lassen.

Deine fadenscheinigen Behauptungen und Mutmaßungen sind weder der Wichtigkeit des Themas angemessen noch in einem Ton der lesenswert ist.
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Wenn nun also z.B. Erzieher gesucht werden und es auch dauerhaft absehbar ist, dass Erzieher gesucht werden, wird das Arbeitsamt natürlich versuchen, die Leute, die nicht wissen, was sie machen sollen, in dem Bereich unterzubringen, wenn sie sich das vorstellen können.
Wichtig hier, der letzte Part des Satzes. Bei Berufen am und mit Menschen, ist das Interesse am Beruf oft ausschlaggebender als vermeidliche Hemmnisse.


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14.05.2020 um 11:21
@capspauldin
Zitat von capspauldincapspauldin schrieb:Wichtig hier, der letzte Part des Satzes. Bei Berufen am und mit Menschen, ist das Interesse am Beruf oft ausschlaggebender als vermeidliche Hemmnisse.
Da ist oft der richtige Weg nicht so einfach.

Die Berufe, die 'jeder' mal gerne werden würde, sind dann oft auch entsprechend überlaufen. Und irgendwann muss man dann anfangen, Kompromisse zu machen.

Da muss ein Hundehaarallergiker nicht gerade beim Hundefriseur anfangen, aber manchmal startet man ja auch mäßig begeistert und 'der Appetit kommt beim Essen'. Die am häufigsten nachgesuchten Mitarbeiter werden halt nicht für allzu schillernde Berufsbilder gesucht, aber oft findet man dann doch ein paar Punkte, die dazu führen, dass man mit einer Arbeit nicht unglücklich wird, die sich im Vorfeld vielleicht gar nicht so erschließen.

Ich finde es halt wichtig, dass man nicht darauf wartet, dass der Traumjob zu mir kommt. Und manch ein Sargdeckel ist hinterher ein Sprungbrett. Try and error funktioniert oft gut, aber nur, wenn man auch mit try anfängt.


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14.05.2020 um 15:24
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Die Berufe, die 'jeder' mal gerne werden würde, sind dann oft auch entsprechend überlaufen. Und irgendwann muss man dann anfangen, Kompromisse zu machen.
Bei mir war es so, dass sich auch meine Prioritäten sehr verlagert haben - ich war in den Semesterferien 2x in Schottland und habe dort als Zimmermädchen gearbeitet. Für mich war das aufregend - es war zum ersten Mal, dass ich länger aus Deutschland draußen war, die Kollegen waren nett, ich habe gleich Anschluss gefunden und mit dem Geld kam ich super hin, weil ich im Hotel gegessen habe und die Unterkunft superbillig war - ich konnte echt noch was sparen. Abends konnte man völlig kostenfrei am Meer spazierengehen - etwas, was ich auch nicht kannte, die Landschaft faszinierte mich ... alles in allem so sehr, dass ich fast geblieben bin. Die älteren Kolleginnen dort waren mit dem gleichen Job eher frustriert - sehr eintönig, die meisten Gäste beachteten einen einfach gar nicht, sie waren permanent am Rechnen ... damals habe ich das nicht verstanden - heute verstehe ich es schon.


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14.05.2020 um 15:32
@MissMary

Diese Erfahrungen, die man in passageren Jobs macht, die sind am Ende oft sehr wertvoll. Ich kenne das und habe mein Studium als Pflegehilfskraft, in der Videothek, kurz mal an der Tanke und längerfristig mit einer Hinterhofwerkstatt finanziert. Und über den Gelderwerb hinaus habe ich sehr interessante Menschen kennengelernt und viele Kompetenzen erworben, Kontakte geknüpft, Spaß gehabt. Und on top gab es hinterher 0 Euro Bafög zurückzuzahlen. Das war auch nicht zu verachten. Als Student fühlte ich mich mit dem Erwirtschafteten geradezu reich. Ich konnte eigentlich immer alles machen, was ich wollte, bin aber ohnehin nicht der Typ, der immer 5 Sterne und Statussymbole braucht, die meine Finanzen auch schnell überstiegen hätten.

Und als ich als berufsanfänger einmal 4 Wochen arbeitslos war, hab ich halt wieder in der Videothek gearbeitet und anderer Leute Autos fit gemacht. ich wäre nicht mal auf die Idee gekommen, zum Amt zu gehen. Da fehlte mir auch die Zeit für. Daran, dass ich in einer Videothek gearbeitet habe, sieht man aber leider auch, wie lange das schon her ist.

Wer aber immer gleich abwinkt 'Unter meiner Würde' wird am Ende oft auch nicht dafür belohnt.

Ich hätte es als unter meiner Würde empfunden, als gesunder junger Mann Transferleistungen anzunehmen.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

14.05.2020 um 15:44
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Diese Erfahrungen, die man in passageren Jobs macht, die sind am Ende oft sehr wertvoll.
Das stimmt und so im Nachhinein sind es tolle Erinnerungen. Ich habe immer noch versucht, es mit was Nützlichem verbinden, daher die Semesterferien in Schottland (um mein Englisch aufzubessern). Und ich erinnere mich wirklich gerne daran ... es war auch sehr interessant, einen Einblick in die ganze Hotelerie, Großküche etc zu bekommen - ein paar "wichtige" Leute stiegen in dem Hotel auch ab, während ich da war :-).
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Und als ich als berufsanfänger einmal 4 Wochen arbeitslos war, hab ich halt wieder in der Videothek gearbeitet und anderer Leute Autos fit gemacht. ich wäre nicht mal auf die Idee gekommen, zum Amt zu gehen. Da fehlte mir auch die Zeit für. Daran, dass ich in einer Videothek gearbeitet habe, sieht man aber leider auch, wie lange das schon her ist.
Ich finde es sehr wichtig, dass man "drive" hat und selbst Sachen probiert. Das fällt auch unter die so propagierte Selbstverantwortung, wo sich viele Leute heute wirklich schwer tun.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Wer aber immer gleich abwinkt 'Unter meiner Würde' wird am Ende oft auch nicht dafür belohnt.
Es lernt dir auch Demut. Ich habe hier glaube ich schon mal geschrieben: Im Studium wohnte ich in einem reinen Wohnstadtteil mit einem Kaufland. Ich habe mich zweimal jährlich bei Kaufland beworben, die haben auch immer studentische Aushilfen gesucht - egal, was ich tat, ich bin nicht mal zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum (später habe ich mal woanders bei Kaufland gearbeitet - da ging es). Es hat aber schon auch massive Selbstzweifel in mir ausgelöst, die auch zu einem gewissen Grad gut waren, weil es einfach eine Warnung war.

Meine Tochter (Abiturientin) hat eine Weile in einer Großküche gejobbt - als Spülerin - paarmal vom Koch angebrüllt worden, weil er sie so langsam fand (war sie aber wohl nicht, war die Hitze des Gefechts). Im Gegensatz zur Schule, wo sie echt gepampert wird, war das eben auch mal eine besondere Erfahrung. Zudem hat sie da auch Sachen gelernt wie schnell arbeiten, überpünktlich sein, erst gehen, wenn alles fertig ist, kein Fehler wird verziehen. Sie jobbt gerade woanders und die waren echt angetan, weil sie meinten, dass all das heute nicht mehr selbstverständlich ist.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Ich hätte es als unter meiner Würde empfunden, als gesunder junger Mann Transferleistungen anzunehmen.
Bei mir war es so, dass ich Abi (mit Schülerbafög) und Studium komplett alleien gestemmt habe - es waren z.T. echt finanziell harte Zeiten, aber es wäre ein Horror gewesen, irgendwas abzuzahlen. Gelernt habe ich (auch heute noch) ein echt gutes finanzielles Management und die Ehrfurcht vor Geld. So im Nachhinein war es echt schwer, aber ich bin stolz, dass es geklappt hat.


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14.05.2020 um 15:57
@MissMary

Das ist auch ein wichtiger Punkt: Man lernt bei diesen Gelegenheitsjobs ja auch den Umgang mit schwierigen Menschen, schwierigen Situationen und das nicht immer alles total entspannt und erfüllend ist, was man so tun muss. Und wenn dann mal etwas aus dem Ruder läuft, ist das ja noch kein Weltuntergang. Wenn man dann aber in seinem 'richtigen' Job angekommen ist, bringt man schon ein paar Steherqualitäten mit.

Und wenn dann etwas Unvorhergesehens passiert, kann man auch alte Kompetenzen wieder auspacken, zum Beispiel mal ne weile mit sehr wenig Geld auskommen. So ging es mir eine Zeitlang nach einer Scheidung. Da ist es ganz gut, wenn man gelernt hat, eine Weile lang mal sehr kleine Brötchen zu backen und es wirft einen nicht so um, wie das vielleicht bei Leuten die 'born with a silver spoon' der Fall wäre.

Und ich konnte ja den Zahnriemen dann halt wieder selber wechseln, hatte ich ja oft genug gemacht.

Und Glückwunsch, dass es bei Dir geklappt hat.

Leider wird aus meiner Sicht auch durch BGE Befürworter bewirkt, dass viele Menschen glauben, das Leben müsse völlig anstrengungslos sein. Dabei heisst es 'per aspera ad astra' und nicht 'per playstation ad astra'.

Nur wenn mir dann einige Politiker die Welt erklären wollen, deren Lebenslauf vom Juso direkt ins all inclusive Parlament führte, ohne je die Mühsal normalen Lebens auf sich genommen zu haben, kann ich das echt nicht ernstnehmen.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

14.05.2020 um 19:30
Zitat von capspauldincapspauldin schrieb:In diesem Glauben möchte ich dich gerne lassen.
Tja, wenn man keine Argumente hat, dann liest sich das genau so. Ich habe auch kein Interesse, dass wir das vertiefen. Für mich bist du die falsche Adresse.

Keine Ahnung was das hier für Leute sind, die den ganzen Zeit haben und einen Thread, der eigentlich den Empfängern von Arbeitslosengeld II gehört, zuspamen. Vom Spargelstechen bis zum sinnlosen Strammstehen, bis zum gesellschaftlichen Ausschluss, hier kann man seine Aggressionen prima loswerden.

Nur Hilfemaßnahmen und Solidarität, sowas sucht man hier vergebens. Hier wird mit Leidenschaft ein Keil zwischen Menschen die in Armut leben, getrieben. Hier wird sich der langhaarige Bombenleger mit Joint zusammengesponnen, der um 5 Uhr am Morgen schon Frühstücksfernsehen schaut, nur um sich genüßlich zu ergötzen, wie gut er es doch hat. Er freut und freut sich den ganzen Tag hämisch darüber, dass er nichts arbeiten muss, dass er auf Kosten anderer Leben kann... Haha.

Wie muss man ticken, um sich sowas auszudenken? Ich glaube, man fühlt sich ein wenig besser, da der eigene Frust nicht mehr so schwer wiegt. Dafür sind sie gut, die "Harzer".
Oder man muss sich als guter Harzer abgrenzen von den anderen, um ein paar Streicheleinheiten zu bekommen.

Jetzt werdet ihr zur Abwechslung mit einer anderen Perspektive konfrontiert. Nehmt es sportlich oder als Anregung mal was neues zu versuchen!

Alternativ könnten sich hier Juristen, Erfahrene, Sozialarbeiter, Unternehmer... zusammen mit den Empfängern von Arbeitslosengeld II Probleme diskutieren und Lösungen finden. Ohne Vorurteile, mit etwas Empathie und Verständnis. Dann würde sich die Energie auch lohnen...

@MissMary

Ich frage nochmals ganz einfach:

Was hat ein Barista in Arbeit, was haben deine Schüler mit den Empfängern von Arbeitslosengeld II gemeinsam? Warum postest du das in diesem Thread?
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Wenn du eine 4 in Physik hast und ein Physikstudium als Berufswunsch angibst
Ich sag es mal so, mir scheinen derart polarisierte Beispiele eher ungeignet, als dass man sie mal eben allgemein übertragen könnte. Das geht und ging in die falsche Richtung! Ich habe es auch schon erwähnt. Es ging um gezielte Förderung im Vorfeld!
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Es gibt in Deutschland viele Möglichkeiten, aufzusteigen. Für jeden.
Hier ein Veto meinerseits. Es gibt sowas wie Chancenungleichheit.
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Aber es gibt dabei Spielregeln. Wenn man die nicht akzeptiert, wird man scheitern.
Noch eine Frage. WER befolgt die Regeln nicht? Wo sind diese Menschen. Ich habe mit sehr vielen arbeitslosen Menschen gesprochen, aber solche Leute, kenne ich nicht!


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

14.05.2020 um 20:22
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Keine Ahnung was das hier für Leute sind, die den ganzen Zeit haben und einen Thread, der eigentlich den Empfängern von Arbeitslosengeld II gehört, zuspamen.
Gehört? Wurde im Eingangspost, der zumeist die Rahmenbedingungen bestimmt, festgelegt, dass nur (aktiven?) Empfängern von ALG II eine Diskussionsgrundlage bzw. Schreibrecht gebilligt wird?
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Nur Hilfemaßnahmen und Solidarität, sowas sucht man hier vergebens.
Ich meine mich zu entsinnen, dass bei Frage nach konkreter Hilfe in den hunderten oder tausenden Posts hier oft auch im Rahmen des Möglichen versucht wurde, Unterstützungsleistung zu geben. Ansonsten sehe ich nicht ein, Solidarität bei denen (die es betrifft) zu zeigen oder aufzubringen wenn sie quasi nichts an ihrer Lage bessern wollen. Solche Leute gibt es nun mal auch.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Hier wird mit Leidenschaft ein Keil zwischen Menschen die in Armut leben, getrieben. Hier wird sich der langhaarige Bombenleger mit Joint zusammengesponnen, der um 5 Uhr am Morgen schon Frühstücksfernsehen schaut, nur um sich genüßlich zu ergötzen, wie gut er es doch hat. Er freut und freut sich den ganzen Tag hämisch darüber, dass er nichts arbeiten muss, dass er auf Kosten anderer Leben kann... Haha.

Wie muss man ticken, um sich sowas auszudenken?
Das muss man sich nicht "ausdenken", das gibt es auch in unterschiedlichsten Abstufungen oder Formen. Ich kann sogar Belege dafür finden wenn ich nicht aktuell oder historisch ALG 2 bezogen habe - was ich auch tat. Wer sagt, jeder sei so, spinnt natürlich, weil das nicht der Fall ist, aber Gegenfrage an dich: Meinst du solche Leute die das ausnutzen und auf der faulen Haut liegen gäbe es nicht?
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Hier ein Veto meinerseits. Es gibt sowas wie Chancenungleichheit.
Das würde ich nicht abstreiten mit Bezug zum zweiten Satz. Kommt halt drauf an. Aber ich gehe davon aus, dass viele Personen grundsätzlich unterschiedliche Wege haben, ihre Situation zu verbessern.

Manchmal über Umwege oder mit erhöhtem Aufwand, den man bei einem anderen Lebenslauf nicht hätte und manchmal nur in einem Zeitfenster (ich brauche z.B. mit 50+ Jahren im Schnitt nicht mehr unbedingt an einen kompletten Neustart oder eine krasse Umorientierung denken, das ist in jüngeren Jahren zumeist praktikabler oder realer) möglich ist. Aber es dürfte theoretisch in vielen Fällen machbar sein. Selbst wenn man anbringt, dass wohlhabendere Haushalte oder Biografien in der Regel von Grund auf bessere Möglichkeiten oder Perspektiven haben, was in vielerlei Hinsicht nachvollziehbar ist. Aber: Wir betreiben in Deutschland kein "Kastenwesen" wie in Nordkorea oder so.

Auch wenn man nicht immer von sich auf andere(s) schließe kann aber ich nehme ich mal selbst als Beispiel. Kind einer Arbeiterfamilie - selbst quasi auf dem Weg Akademiker zu werden. Manche mögen ein Fachabi bzw. Fachhochschulreife nicht viel beimessen aber ich habe in der bildungstechnischen Hinsicht meine Eltern überholt und kann bzw. werde aller Voraussicht nach studieren und ggf. noch einen Master anpeilen.

Von der Hauptschule (und trotz heftiger Schicksalsschläge wie verlorenen Angehörigen) zur Fachhochschulreife. Und wenn ich das schulisch verkackt hätte, hätte ich das nachholen können. Vom quasi suchenden / Arbeitslosen mit stetem Fleiß in eine solide Arbeitsstelle, in dem Fall bei Vater Staat, alternativ aber auch woanders. Ich hatte wirklich nicht immer die besten Voraussetzungen aber ich habe aktiv daran mitgewirkt, quasi unterschiedliche Wege genutzt, meine Situation zu verbessern. Ganz ohne diesen goldenen Löffel im Mund. Ja, es geht oft.

Ich will gar nicht sagen, JEDER kann das Ruder je nach Lebenslage rumreißen. Aber frei nach Pispers: Während es zwar nicht alle schaffen können, hat jeder individuell gesehen gewisse Chancen oder Wege es zu etwas zu bringen bzw. sich in Richtung einer besseren Lage zu bewegen. Die Umschreibung ist zwar rumgedreht, die Logik bleibt aber erhalten.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Noch eine Frage. WER befolgt die Regeln nicht? Wo sind diese Menschen. Ich habe mit sehr vielen arbeitslosen Menschen gesprochen, aber solche Leute, kenne ich nicht!
Ja, kein Problem, man kennt ja nicht alle, ich helfe gerne weil ich solche kennengelernt habe.

Leute, die nicht mitwirken oder "mitspielen". Das ist stark vereinfacht ausgedrückt und ist meist komplexer. Ganz plakativ jemand, der an einer Maßnahme teilnehmen soll, teilnimmt und vor der Halbzeit hinwirft weil er keine Lust hat, sich nicht unter Kontrolle hat, hinschmeißt, sich aber auch nicht benehmen kann und aggressiv ist, logischerweise fliegt, dann vermutlich sanktioniert wird. Dadurch in Wechselwirkung vermutlich noch "abgefuckt" ist und noch weniger Willen entwickelt, seine Perspektive zu bessern.
Das sind diese gewissen Spielregeln wo man sich meines Eindrucks nach selbst ein Bein stellt obwohl es unnötig ist. Hätte zum Beispiel die eine Person die ich mir als Beispiel rausgepickt habe mitgemacht, hätte sie sogar einen Führerschein oben drauf haben können und hätte die Attraktivität anhand der Unterlagen / Bewerbungen durch erhöhe Mobilität gesteigert, selbst etwas privat davon gehabt und eben keine Sanktionen o.Ä erhalten.

Nicht jeden trifft so was, aber das ist ein sehr gutes oder einfaches Beispiel dafür aufzuzeigen, dass man bei fehlender Mitwirkung im Kontext von Eigenverschulden halt eher scheitert oder seine Perspektive eingrenzt. Wenn ich nach eigenen Erfahrungen und nach Gesprächen mit Sachbearbeitern dort auf die Frage antworten müsste, wo diese Menschen wären, würde ich sagen: Überall. Ob quantitativ? Keine Ahnung. Aber räumlich in Ballungsräumen findet man sie bestimmt. Ich hab sie zumindest da gefunden.

Da nützt diese gewünschte Förderung (hier im Rahmen der Maßnahme, allein der Führerschein war für viele ein Glücksbringer!) auch nichts, wenn Leute sie nicht wahrnehmen wollen.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

14.05.2020 um 20:55
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Keine Ahnung was das hier für Leute sind
Es ist die (problematische) Mitte :D Die schimpfen über Arbeitslose aber genau so schlimm auch über Reiche!
Aber mach Dir keine Sorgen, bei den Abgaben und Belastungen sowie Null Gegenleistung sorgt der Staat schon dafür dass die meisten nach unten wandern und die wenigsten nach oben.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

14.05.2020 um 22:12
Auch wenn du eine andere Position vertrittst, finde ich deine Zeilen konstruktiv.
Zitat von WardenWarden schrieb:Gehört? Wurde im Eingangspost, der zumeist die Rahmenbedingungen bestimmt, festgelegt, dass nur (aktiven?) Empfängern von ALG II eine Diskussionsgrundlage bzw. Schreibrecht gebilligt wird?
Das habe ich auch eher darauf bezogen, dass ich seitenweise lese, wie hier über Empfänger hergezogen wird. Klar, soll auch diskutiert werden, warum diese oder jene gesetzliche Änderung sinnvoll/sinnlos ist. Das war von mir ungeschickt formuliert.
Zitat von WardenWarden schrieb:ch meine mich zu entsinnen, dass bei Frage nach konkreter Hilfe in den hunderten oder tausenden Posts hier oft auch im Rahmen des Möglichen versucht wurde, Unterstützungsleistung zu geben.
Soweit habe ich leider nicht gelesen, ist aber gut zu hören.
Zitat von WardenWarden schrieb:Ansonsten sehe ich nicht ein, Solidarität bei denen (die es betrifft) zu zeigen oder aufzubringen wenn sie quasi nichts an ihrer Lage bessern wollen. Solche Leute gibt es nun mal auch.
Das lässt sich leicht sagen. Wenn man etwas mit Einzelfällen zu tun hatte, erschließt sich vllt leichter, dass niemand ein konkretes Interesse an Armut hat.
Zitat von WardenWarden schrieb:Meinst du solche Leute die das ausnutzen und auf der faulen Haut liegen gäbe es nicht?
Diese Gruppe ist garantiert nicht derart relevant, wie hier getan wird. Meist ist es so, dass man schleichend dahin abrutscht. Und ja, ich kann nachvollziehen, dass es müde macht, Enttäuschungen zu erleben. Andere haben sich für einen "Hungerlohn" aufgearbeitet, um irgendwann psychisch nicht mehr zu können. Wieder andere arbeiten und sind trotzdem faul. Das gibt es in jeder beruflichen Sparte. Hat jeder hier selber erlebt. Einige der Alg-II-Empfänger sind in einem schwierigen Umfeld aufgewachsen, sind dadurch krank geworden.

Ich glaube der Unterschied ist der, dass ich fest daran glaube, dass jeder Mensch ein Lebenskonzept, Ziele, Perspektiven haben möchte. Es gibt jedoch Faktoren, die das erschweren (Chancenungleichheit) oder auch manchmal verunmöglichen. Die Funktionalität eines Individuums entspricht nun mal nicht immer den ökonomischen Maximen. Dafür gibt es immer Gründe.

Ich denke, Menschen scheitern nicht weil sie es gerne möchten. Jeder der mal mit Menschen gearbeitet hat, die an den Rand gedrängt wurden, kann feststellen, wieviel da an Dankbarkeit zurückkommt. Wenn ich mit einer destruktiven Einstellung auf solche Gruppen zugehe, was kann da konstruktiv rumkommen?
Alg-II bedeutet sehr hart an der Armutsgrenze, bedeutet meist, dass man entsprechend am Boden ist, bedeutet Erniedrigungen und Schikanen (Ja, die gibt es tatsächlich!) zu ertragen, bedeutet für Nichteinhaltungen mit Abzügen vom Regelsatz bestraft zu werden, verlangt extrem anpassungsfähig /trotz der Situation) zu sein, bedeutet gesellschaftlich in gewisser Weise "geächtet" zu sein... Wenn du dann noch eine schlechte Bildung hast, dein Selbstbewußtsein nicht sehr stark ist, dein Fallmanager dich nicht mag, keinen Zugang zum SGB II hast, keine familiären Ressourcen hast u.s.w. ist es verdammt schwer, da wieder raus zu kommen. Da müssen Hilfemaßnahmen (und keine Ächtung) ansetzen... Die Leute sind am Boden!
Zitat von WardenWarden schrieb:Leute, die nicht mitwirken oder "mitspielen". Das ist stark vereinfacht ausgedrückt und ist meist komplexer. Ganz plakativ jemand, der an einer Maßnahme teilnehmen soll, teilnimmt und vor der Halbzeit hinwirft weil er keine Lust hat, sich nicht unter Kontrolle hat, hinschmeißt, sich aber auch nicht benehmen kann und aggressiv ist, logischerweise fliegt, dann vermutlich sanktioniert wird. Dadurch in Wechselwirkung vermutlich noch "abgefuckt" ist und noch weniger Willen entwickelt, seine Perspektive zu bessern.
Wurde auch thematisiert und berichtet, dass Maßnahmen meist dann eine überraschend große positive Wirkung haben, wenn sie einzelfallspezifisch angepasst und angemessen sind. Für mich ist es nachvollziehbar, wenn Menschen denen unpassende Bereiche zugewiesen werden, den Kopf hängen lassen. Das ist auch weder ökonomisch noch zielführend.
Zitat von AbahatschiAbahatschi schrieb:Aber mach Dir keine Sorgen, bei den Abgaben und Belastungen sowie Null Gegenleistung sorgt der Staat schon dafür dass die meisten nach unten wandern und die wenigsten nach oben.
Na dann läuft es doch für dich... ;)
Zitat von AbahatschiAbahatschi schrieb:Die schimpfen über Arbeitslose aber genau so schlimm auch über Reiche!
Oder doch nicht?


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

14.05.2020 um 22:13
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Oder doch nicht?
Da hast Du recht über Reiche schimpfen auch die unwilligen Arbeitslosen, ich hoffe da ist mir keiner böse weil ich sie vorher nicht erwähnt habe.


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15.05.2020 um 07:50
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Hier wird mit Leidenschaft ein Keil zwischen Menschen die in Armut leben, getrieben.
Genau hier ist doch der Punkt. Ich denke nicht, dass die Leute in Armut leben. Ich gebe monatlich auch nicht mehr Geld als ein Hartz4-Bezieher aus und komme damit gut zurecht. Warum das ein Arbeitsloser nicht auch können soll, es sogar im kulturellen Leben Vergünstigungen für ihn gibt, die ich nicht bekomme, und stattdessen am Ende ständig 'mehr' gefordert wird, ist mir schleierhaft.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

15.05.2020 um 08:54
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Hier wird mit Leidenschaft ein Keil zwischen Menschen die in Armut leben, getrieben.
Zitat von GriespuddingGriespudding schrieb:Genau hier ist doch der Punkt. Ich denke nicht, dass die Leute in Armut leben
Ich denke, es geht doch nicht um "Armut nach Zahlen", sondern eher um sowas hier (find ich sehr gut auf den Punkt gebracht):
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Alg-II bedeutet sehr hart an der Armutsgrenze, bedeutet meist, dass man entsprechend am Boden ist, bedeutet Erniedrigungen und Schikanen (Ja, die gibt es tatsächlich!) zu ertragen, bedeutet für Nichteinhaltungen mit Abzügen vom Regelsatz bestraft zu werden, verlangt extrem anpassungsfähig /trotz der Situation) zu sein, bedeutet gesellschaftlich in gewisser Weise "geächtet" zu sein...
Wenn du dann noch eine schlechte Bildung hast, dein Selbstbewußtsein nicht sehr stark ist, dein Fallmanager dich nicht mag, keinen Zugang zum SGB II hast, keine familiären Ressourcen hast u.s.w. ist es verdammt schwer, da wieder raus zu kommen.
Da müssen Hilfemaßnahmen (und keine Ächtung) ansetzen... Die Leute sind am Boden!
Wer sucht sich denn schon gerne solch ein Leben aus?
Aber wer einmal an solch einem Punkt ist, dann kommt eben auch das hier zum Tragen:
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Für mich ist es nachvollziehbar, wenn Menschen denen unpassende Bereiche zugewiesen werden, den Kopf hängen lassen. Das ist auch weder ökonomisch noch zielführend.
Natürlich nicht in jedem Falle, manche Jugendlichen sagen schon von Haus aus: "ich werde mal Hartzer", aber ob das die Meisten sind?
Und selbst bei denen hat es doch auch Gründe, dass sie so denken (Elternhaus evtl. oder andere Einflüsse... )
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Ich denke, Menschen scheitern nicht weil sie es gerne möchten. Jeder der mal mit Menschen gearbeitet hat, die an den Rand gedrängt wurden, kann feststellen, wieviel da an Dankbarkeit zurückkommt.
Wenn ich mit einer destruktiven Einstellung auf solche Gruppen zugehe, was kann da konstruktiv rumkommen?
das sehe ich ganz genau so.
Finde ich einen sehr wichtigen Aspekt.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

15.05.2020 um 09:21
Sorry, aber eine Mitwirkungspflicht ist keine Schikane oder Erniedrigung.
Ich denke nicht, dass es von jemandem, der den ganzen Tag Zeit hat, zuviel verlangt ist, ein paar Bewerbungen zu schreiben und auch nen Job anzunehmen, der vielleicht auch "nicht ganz zu einem passt". Das haben weiß ich wieviel Leute in Jobs auch. Dazu Druck auf und durch die Arbeit. Wenn ich einfach Zuhause bleibe, bekomm ich auch kein Geld und mir droht die Kündigung.
Und mit einem aufgetürmten "wenn, wenn, wenn" wird man wohl den wenigstens ALG2-Beziehern und Bezieherinnen gerecht. Zumal all diese Punkte auch auf Leute in Arbeit zutreffen können.
Die Gesellschaft lässt niemanden hängen, hat dafür aber auch das Recht, entsprechende Gegenleistungen zu verlangen.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

15.05.2020 um 09:41
Zitat von GriespuddingGriespudding schrieb:Sorry, aber eine Mitwirkungspflicht ist keine Schikane oder Erniedrigung.
das sagt sicher auch keiner.
Aber gewisse "Schikanen" gibts dennoch, habe ich bei Leuten wo ich mal als Beistand mitgegangen war, selbst erlebt. Es gibt für die Mitarbeiter immer auch einen Ermessenspielraum. Den können sie nutzen oder auch ganz besonders streng sein.
Und auch die Bearbeiter sind nur Menschen mit Sympathien und Antipatien - kein Mensch kann gänzlich objektiv urteilen, meine Meinung.
Zitat von GriespuddingGriespudding schrieb:Und mit einem aufgetürmten "wenn, wenn, wenn" wird man wohl den wenigstens ALG2-Beziehern und Bezieherinnen gerecht
das stimmt auch. Aber es gibt Verständnisvolle und welche, die nur hart nach Chema F agieren.
Zitat von GriespuddingGriespudding schrieb:zuviel verlangt ist, ein paar Bewerbungen zu schreiben
nein, ist es nicht. Aber an der Anzahl des Verlangten - bezüglich der jeweiligen Lebenssitzuation und Alter des Arbeislosen - kann man schon einiges erkennen (auch nur meine Meinung).
Zitat von GriespuddingGriespudding schrieb:Die Gesellschaft lässt niemanden hängen, hat dafür aber auch das Recht, entsprechende Gegenleistungen zu verlangen.
Dagegen ist auch nichts einzuwenden.
Dennoch bleibe ich dabei, dass sich niemand gerne solch ein Leben aussucht (bis auf paar Ausnahmen, welche noch nicht mitgemacht haben, wie das ist).


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

15.05.2020 um 11:28
Zitat von OptimistOptimist schrieb:Es gibt für die Mitarbeiter immer auch einen Ermessenspielraum. Den können sie nutzen oder auch ganz besonders streng sein.
Yepp, wie der Polizist, Richter, Chirurg, Busfahrer, Call Center Mitarbeiter - eine Frechheit ist das oder?
Du willst es aber bestimmt nur dass einer das "richtig" macht und diese Macht des Ermessensspielraums eingrenzen...ich sage dann kann man gleich zum Automaten gehen, zB keine Bewerbung eingereicht gleich Sanktion, Grund egal, im Programm ist es so hinterlegt.
Zitat von OptimistOptimist schrieb:Und auch die Bearbeiter sind nur Menschen mit Sympathien und Antipatien - kein Mensch kann gänzlich objektiv urteilen, meine Meinung.
Ich sage es mal so: wie man im Wald reinruft, so schalt es zurück. Es sei denn man soll hier vermittelt bekommen dass JC Mitarbeiter vom aus Haus jedem was reinwürgen...stehen auf und denken sich, heute mach ich 20 fertig.


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

15.05.2020 um 12:19
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb: Keine Ahnung was das hier für Leute sind, die den ganzen Zeit haben und einen Thread, der eigentlich den Empfängern von Arbeitslosengeld II gehört, zuspamen. Vom Spargelstechen bis zum sinnlosen Strammstehen, bis zum gesellschaftlichen Ausschluss, hier kann man seine Aggressionen prima loswerden.
Der einzige, der hier aggressiv ... ach, lassen wir das. Wo steht denn, dass nur Hartz4 Empfänger hier schreiben dürfen/ sollen?
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Nur Hilfemaßnahmen und Solidarität, sowas sucht man hier vergebens.
Was erwartest/ wünscht du dir denn von dem Thread?
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Was hat ein Barista in Arbeit, was haben deine Schüler mit den Empfängern von Arbeitslosengeld II gemeinsam? Warum postest du das in diesem Thread?
Die Eltern vieler meiner Schüler (da Brennpunktschule) leben entweder von Hartz4, anderen Transfergeldern oder arbeiten im prekären Bereich. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Auffällig ist, dass die Schüler, die ihre eigene Leistungsfähigkeit oft nicht realistisch einschätzen - und hier das Beispiel 4 in Physik, aber Quantenphysik studieren wollen - oft auch wieder in diesem Bereich landen. Da könnte man durchaus auch was für sich ableiten.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Ich sag es mal so, mir scheinen derart polarisierte Beispiele eher ungeignet, als dass man sie mal eben allgemein übertragen könnte. Das geht und ging in die falsche Richtung! Ich habe es auch schon erwähnt. Es ging um gezielte Förderung im Vorfeld!
Wie sieht für dich denn eine "gezielte Förderung im Vorfeld" aus? Es gibt Schüler, die sehr gut kooperieren. Wir haben auch Schüler, die, trotz sehr problematischem Hintergrund, das Abi machen und studieren. Wir haben Schüler, die die Strategien ihrer Eltern kopieren und wieder im Hartz4 landen. Der Unterschied zwischen den beiden Schülergruppen sind die Strategien, die sie für sich selbst anwenden. Da ist z.T. auch Selbstverantwortung gefragt, die Förderung, die ihnen zuteil wird, auch als Chance zu begreifen.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Hier ein Veto meinerseits. Es gibt sowas wie Chancenungleichheit.
Das Leben ist oft kein Ponyhof und nicht fair. Jeder hat irgendwelche Geschichten, wo ihm das Leben übelst mitspielt. Dennoch gibt es für jeden Chancen im Leben. Die nutzen einige Leute gut, andere nicht - je nach persönlicher Einstellung und Lebensentwurf. Daher gibt es dann die Ungleichheit am Ende des Tages.
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Noch eine Frage. WER befolgt die Regeln nicht? Wo sind diese Menschen. Ich habe mit sehr vielen arbeitslosen Menschen gesprochen, aber solche Leute, kenne ich nicht!
Die gibt es leider auch. Es gibt ja nicht den typischen Hartz4 Empfänger. Mein Mann arbeitet ja im Event-/Gastrobereich. Da die Gastro oft bereit ist, Leute einfach anzulernen, wenn du nicht gerade im Hilton sieben Sterne Bereich arbeitest, könnte er dir sehr viele sehr lustige Geschichten von Leuten erzählen, die das Arbeitsamt so vorbeischickt. Da hapert es oft schon an Lernbereitschaft, Freundlichkeit, Pünktlichkeit, Arbeitstempo ...


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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

16.05.2020 um 03:30
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Chancenungleichheit
Ich glaube du solltest überdenken, was du als "Chancenungleichheit" definierst. Chancengleichheit bedeutet, dass man im Rahmen seiner Möglichkeiten alles erreichen können sollte. Chancengleichheit bedeutet nicht, dass auch jeder alles erreichen kann. Der Einbeinige wird niemals Bundesligaprofi, der Blinde wird niemals Pilot, der Stumme niemals Nachrichtensprecher.

Jaja, sind alles körperliche Voraussetzungen. Denk einfach im übertragenen Sinne, ich habe nämlich keine Lust das hier wieder eine Diskussion darüber entbrennt, dass ja niemand dümmer ist als der andere usw. usf.

Ich schreibe mal kurz was zu mir, da hier auch gerne mal unterstellt wird, man wisse gar nicht, wie das als "Hartzer" sei, und wie schwer das Leben ist, wenn man nicht die besten Voraussetzungen hatte. Oder - wie du schriebst: "in Privilegien schwimmen":

- Migrationshintergrund
- erster Sprößling, der in Deutschland zur Welt kam, ca. 1 Jahr nach Übersiedlung
- erstes Familienmitglied mit Abitur, bilingualer Zweig
- abwechslungsreiches Arbeitsleben vor/während Studium
- ursprünglicher Berufswunsch: Polizeibeamter
- Arbeitsleben: Briefzusteller (Aushilfe), Müllabfuhr (ja, Lader), Recyclinghof, Kommissionierer, Arbeiter in einer Kunststofffabrik, am Band in einer Speiseölraffinerie gearbeitet, Telekommunikationstechniker, mittlerweile DiplIng. Zwischendrin noch 2,5 Jahre ALG II (am Stück, nicht insgesamt).
- Trennungskind, Eltern kurz nach Geburt getrennt, langer Streit um Anerkennung der Vaterschaft (Vater wollte anerkennen, Mutter wollte das nicht und zögerte Anerkennung immer weiter hinaus), aufgewachsen schlussendlich bei den Großeltern
- ausdrücklich keine Sprachbarriere, zu Hause bestand man auf Deutsch
- soziales Umfeld stabil, aber "bildungsfern": Großvater war landwirtschaftlicher Helfer im Heimatland, Großmutter Fabrikarbeiterin, beide Onkel Gärtner.

Nun gab und gibt es in Deutschland aber weitestgehend eine Chancengleichheit. Daher hat sich das wie folgt entwickelt:

- Großvater Lagerleiter im kaufmännischen Bereich
- Onkel Nr. 1 Versandleiter im mittelständischen Unternehmen
- Onkel Nr. 2 Justizvollzugsbeamter
- Großmutter Stationsleiterin Altenpflege
- Mutter Arbeitslos -> Umschulung -> Umschulung bestanden -> Langzeitarbeitslos

Ich will meine Voraussetzungen nicht als schlecht darstellen, oder gar irgendwelche Schulterklopfer dafür, aber ich maße mir tatsächlich an zu sagen: Ich hatte es schwerer. Dass ich das nie wirklich als schwerer empfunden habe, lag wohl an den Vorbildern innerhalb der Familie. Mit Ausnahme meiner Mutter hat jeder mehr aus sich gemacht, als er vorher war. Keiner war "dumm", aber die schulischen Voraussetzungen für den jeweiligen Werdegang waren bei Übersiedlung nicht gegeben.
Ich konnte mir meinen Traum/Berufswunsch nicht erfüllen, bin aber auch alles andere als unzufrieden. Wenn ich könnte, würde ich ja trotzdem noch... aber nein. Es geht nicht.

Ohne Chancengleichheit wäre das jedem in meiner Familie - mich eingeschlossen - verwehrt gewesen. In der Grundschule hatte ich Mitschüler, die teilweise eben aus "besserem Haus" als dem meinen waren, und trotzdem hatte ich die gleichen Chancen wie sie. Einige wenige gingen aufs Gymnasium, einige auf die Realschule, einige auf die Hauptschule. Auf dem Gymnasium dann das nächste Beispiel für die Chancengleichheit: ein Fremdspracheneignungstest für Schüler, die Französisch als erste Fremdsprache gewählt haben. Die Chance, in den bilingualen Zweig zu kommen, war dort für alle gleich. Geschafft haben ihn aber nur 28 Schüler - unsere Klasse. Lernen konnten wir dafür nicht, es gab auch keine wirkliche Fremdsprache, die dort Testinhalt war. Es ging um das bloße Verstehen und Merken einer Phantasiesprache, die uns vorgespielt wurde. Die einzige Ungleichheit bestand da allenfalls im Sprachtalent.

Wenn es um Chancengleichheit geht, wird immer wieder so ein lustiges Bild bemüht. Eine Giraffe, ein Elefant, ein Affe und ein Nashorn sollen alle einen Baum hinauf klettern. Damit will man unser Bildungssystem veranschaulichen. Ich sehe das durchaus zwiespältig, denn natürlich wird das Nashorn nicht als Erster oben ankommen, und der Affe wird nicht hilflos am Boden stehen. Aber Chancengleichheit bedeutet, das die Giraffe nicht gegen den Affen um die Wette klettern muss, sondern das der Affe klettern und die Giraffe durch einen 3 Meter tiefen Wassergraben laufen muss ohne zu ertrinken. Das ist Chancengleichheit.

Nun möchte Kevin Pilot werden, und Justin träumt davon, eine Ausbildung als Dachdecker zu machen. Beide können ihre Träume verfolgen, das ist wohl unbestreitbar. Nun ist Justin handwerklich aber total unbegabt und haut sich dauernd die Finger blau, und Kevin hat´s nicht so mit Mathe. Weder Kevin noch Justin sind per se "dumm". Justin kriegt es einfach nicht hin, mit dem verdammten Hammer den Nagel zu treffen, und Kevin kann natürlich kopfrechnen und weiß, das 2% von 100 Euro weniger sind als 2% von 300 Euro, aber das Rechnen bereitet ihm eben Schwierigkeiten. Schnell Rechnen kann er schon zweimal nicht. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für den jeweiligen Berufswunsch, meinst du nicht?

Natürlich könnte man jetzt beide "abholen", fördern, fordern, motivieren. Trotzdem ist wohl jedem ein Pilot, der mit Zahlen schnell und zuverlässig umgehen kann irgendwie lieber, und beim neu gebauten Dach willst du auch nicht, das ein Balken runterkracht, weil die Hälfte der Nägel krumm und schief eingeschlagen sind.

Natürlich darf auch der Barista weiter seinen "Traum" vom Medizinerdasein träumen. Aber werden wird daraus nix mehr. Und das hat nicht damit zu tun das er Opfer einer Chancenungleichheit geworden wäre. Er wurde zwangsexmatrikuliert. Der Super-GAU für jeden Studenten. Die Ex kann mehrere Gründe gehabt haben. Entweder ist er seinen Verpflichtungen nicht nach gekommen, war öfter ab- als anwesend, hat richtig Stunk an der Uni gemacht, seine Beiträge bzw. Studiengebühren nicht (nach)gezahlt - oder aber er ist einfach durchgerasselt, hat seine Prüfungen nicht geschafft und wurde daher zwangsexmatrikuliert.
Und das bedeutet: Er wird diesen Studiengang bundesweit nicht mehr belegen können. Träumen kann er soviel er will - aufwachen wird er aber nicht im Hörsaal, sondern hinter seiner Theke. Ich sehe partout keinen Grund, solchen Menschen noch den Popo zu pudern, ihnen auf die Schulter zu klopfen und ins Ohr zu flüstern "Ach komm, das kriegen wir hin!".

Spätestens wenn du im Krankenhaus liegst willst du auch lieber vom 50jährigen Facharzt mit 20 Jahren Praxiserfahrung behandelt werden statt vom zwangsexmatrikulierten Wiedereinsteiger, dem man die 12. Chance eingeräumt hat, und mit 50 Jahren gerade seine AiP-Stelle antritt.
Menschen müssen sich auch mal daran gewöhnen können, dass sie ihre Träume nicht auf Gedeih und Verderb erreichen werden. Manchmal scheitert es an den Umständen, manchmal an ihnen selbst. Man darf auch davon träumen eine Modelkarriere hinzulegen. Wenn man aussieht wie ALF, wird es damit aber halt nichts werden. Da hilft kein motivieren, kein integrieren, kein gar nix. Höchstens plastische Chirurgie.

Die Ressourcen sind nunmal begrenzt. Und ich sehe die vorhandenen Ressourcen lieber bei Menschen wie Julia Schmid verwendet als bei jemanden, der gerne in einer verantwortungsvollen Position mit Leitungsaufgaben arbeiten möchte, aber von 8 Terminen beim JobCenter in 6 Monaten 5 "vergisst". Ich sehe die Ressourcen lieber bei einer alleinerziehenden Mutter verwendet die sich den Arsch dafür aufreißt als bei einer alleinerziehenden Mutter, die sich mit 16 hat anbumsen lassen und allen Freunden erzählt "Ey alter isch schwör, die beim Jobcenter sind so scheiße ne, jetzt soll ich da morgen früh um 8 uhr hin!".

Denn mal ganz ehrlich: Die Fälle, wo eine Motivationshilfe wirklich angebracht ist und auch helfen könnte ist wohl wirklich gering. Und was hier im Thread (ja ich weiß, er ist mittlerweile sehr lang) immer wieder zu lesen ist, ist das Arbeitslose ja auch Rechte haben und die durchsetzen sollen. Ich vertrete schlichtweg die Meinung: Kenne deine Rechte, fordere sie ein - aber komme verdammt nochmal auch den Pflichten nach!

Arbeitgeber wollen ihre Angestellten auch nicht täglich daran erinnern müssen, dass diese ihren Verpflichtungen am Arbeitsplatz nachzukommen haben.


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16.05.2020 um 06:43
Zitat von MokaEftiMokaEfti schrieb:Es gibt sowas wie Chancenungleichheit.
Jetzt wurde viel dazu geschrieben, vielleicht erklärst Du mal was Du meinst.
Bei mir ist es immer noch ein: "ich würde gerne das Gleiche wie X erreichen, aber bitte mit weniger Aufwand".


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