Fedaykin schrieb:Theoretisch schon Praktisch werden die wenigsten Nationen Ihre Souveränität abgeben.
Die EU sollte dir aufzeigen, dass das durchaus geht. Auch wenn es viel Unmut in manchen Teilen der Bevölkerung gibt, so funktioniert die Abtretung doch.
Fedaykin schrieb:Konsens, gemäß deines Glaubens wäre das aber nicht nötig weil ja eh alle schon an den Sinn "glauben" und sich dran halten würden...
Du verstehst es nicht. Es ist nur die eine Sache, an die Sinnhaftigkeit des Gesetzes zu glauben. Viel wichtiger ist an die Legimitation des Rechts- und Staatswesens zu glauben. Also zu glauben, dass ein Konstrukt, sei es der Staat selbst oder einzelne Gesetze, wirken kann und man mit diesem Konstruk einverstanden ist, an seine Richtigkeit glaubt. Nicht umsonst spiegelt sich der Gedanke in Begriffen wie verfassungstreue wieder. Man bleibt der Verfassung treu. Betrachte Glauben im Sinne von Vertrauen, nicht im Sinne eines spirituellen
Spaghetti-Monster Glaubens.
Dabei unterläuft dir wieder der Fehler, Begriffe und ihre Bedeutung zu verwechseln. Was du meinst die ganze Zeit meinst, ist Macht und die an Macht gebundene Herrschaft. Die gibt es freilich auch, wie vorhin erwähnt heutzutage in faschistischen und autoritären Regimen. Selbst in diesen wird es allerdings nicht von Dauer sein können, wenn das Volk nicht an die Rechtmäßigkeit der Macht- und Herrschaftsverhältnisse glaubt und sich diesen lossagt.
Das niemand außer mir davon reden würde, ist mir eigentlich recht wurscht. Stimmt allerdings auch nicht. Ein gewisseser Max Weber prägt sogar den Begriff Legitimationsglauben:
https://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/recht/polittheorie/glossar.htm (Archiv-Version vom 04.10.2020)Legitimitätsglauben
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(tn) Besteht zwischen Alter und Ego ein Herrschaftsverhältnis dergestalt, daß Alter über Ego herrscht, so besteht die Chance, daß Ego auf bestimmte Befehle Alters mit Gehorsam reagieren wird (Glossar Herrschaft). Das Bestehen des Herrschaftsverhältnisses ist dabei unabhängig davon, warum Ego dies tut, ausschlaggebend ist sein Handeln, nicht die dahinter stehende Motivation. Man kann dann im wesentlichen vier Motivlagen unterscheiden, an denen der Gehorsam Egos orientiert sein kann. Sie sind hier aufgeführt anhand einer hypothetischen Antwort Egos auf die Frage, warum Alter über ihn herrscht.
Traditional: Alter herrscht, weil es immer so war!
Affektuell: Alter herrscht, weil es sich gut anfühlt!
Zweckrational: Alter herrscht, weil es (für Ego!) nützlich ist!
Wertrational: Alter herrscht, weil es richtig ist!
Von Interesse ist hier der wertrationale Glauben an die Richtigkeit und den Eigenwert des Herrschaftsverhältnisses, denn die ‘Legitimität’ eines Herrschaftsverhältnisses wird durch einen solchen Glauben konstituiert. ‘Legitime’ Herrschaft ist also eine solche, von der die Herrschaftsunterworfenen glauben, daß sie richtig und gerechtfertigt ist und man ihr um ihres Eigenwerts willen gehorcht. Nach Max Weber lassen sich im wesentlichen drei Typen von Legitimitätsgeltung unterscheiden: "Es gibt drei reine Typen legitimer Herrschaft. Ihre Legitimitätsgeltung kann nämlich primär sein:
rationalen Charakters: auf dem Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch sie zur Ausübung der Herrschaft Berufenen ruhen (legale Herrschaft), - oder
traditionalen Charakters: auf dem Alltagsglauben an die Heiligkeit von jeher geltender Traditionen und die Legitimität der durch sie zur Autorität Berufenen ruhen (traditionale Herrschaft), - oder endlich
charismatischen Charakters: auf der außeralltäglichen Hingabe an die Heiligkeit oder die Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie offenbarten oder geschaffenen Ordnungen (ruhen) (charismatische Herrschaft)" (Literatur Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 124).
Anmerkung:
Es sei auf eine mögliche Verwechslung hingewiesen: die Motive für Gehorsam ‘traditional’ und ‘wertrational, legitim, traditional’ sind zu unterscheiden, denn jenes meint stumpfe Gewöhnung an die Tradition, dieses jedoch den reflektierten Glauben an die Vorbildlichkeit der Tradition.
Lit: Veit-Michael Bader, Max Webers Begriff der Legitimität. Versuch einer systematisch-kritischen Rekonstruktion, in: Johannes Weiß (Hg.): Max Weber heute. Erträge und Probleme der Forschung, Frankfurt a. M. 1989, 296-334.
Hier mit Kritik dazu:
https://www.merkur-zeitschrift.de/juergen-habermas-legitimationsprobleme-im-modernen-staat/Die sozialwissenschaftliche Behandlung von Legitimationsprozessen bewegt sich heute auch bei marxistischen Theoretikern im »Bannkreis Max Webers«. Die Legitimität einer Herrschaftsordnung bemißt sich am Legitimitätsglauben der Herrschaftsunterworfenen. Dabei handelt es sich um den »Glauben, daß Strukturen, Verfahrensweisen, Handlungen, Entscheidungen, Politiken, Beamte oder politische Führer eines Staates die Qualität der Richtigkeit, der Angemessenheit, des moralisch Guten besitzen und wegen dieser Qualität anerkannt werden sollten«.
Gerade in Deutschland und mit unserer Verfassung sollte man da schon etwas drüber nachdenken. Ohne den Glauben, also das Vertrauen in die Verfassung ist diese natürlich komplett wertlos. Es ist der Inbegriff einer modernen Demokratie, ihre Legitimation durch das Souverän, also dem Volk, zu holen.
http://artikel20gg.de/Texte/Carlo-Schmid-Grundsatzrede-zum-Grundgesetz.htmDazu mal Leselektüre:
Nun erhebt sich die Frage: Soll diese Gleichheit und Freiheit völlig uneingeschränkt und absolut sein, soll sie auch denen eingeräumt werden, deren Streben ausschließlich darauf ausgeht, nach der Ergreifung der Macht die Freiheit selbst auszurotten? Also: Soll man sich auch künftig so verhalten, wie man sich zur Zeit der Weimarer Republik zum Beispiel den Nationalsozialisten gegenüber verhalten hat? Auch diese Frage wird in diesem Hohen Hause beraten und entschieden werden müssen. Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass es nicht zum Begriff der Demokratie gehört, dass sie selber die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft. Ja, ich möchte weiter gehen. Ich möchte sagen: Demokratie ist nur dort mehr als ein Produkt einer bloßen Zweckmäßigkeitsentscheidung, wo man den Mut hat, an sie als etwas für die Würde des Menschen Notwendiges zu glauben. Wenn man aber diesen Mut hat, dann muss man auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie missbrauchen wollen, um sie aufzuheben.
Fedaykin schrieb:Nein, Rechtsystem funktionieren weil fehlverhalten sanktioniert wird. Würden alles auf Vernunft danach leben bräuchten wir den ganzen KRam nicht und wir hätten das Glückbärchenland..
Das ist echt ein verdammt trauriges Menschen- und Weltbild, das du hast. Nicht einmal Gefängnisse funktionieren so.