@QuironDas ist genau die Antwort, die ich von dir erwartet habe. Du bist nicht bereit, offen zuzugeben, das es sich bei Omar um eine Antisemitin handelt: die tweetet "unbedacht" und es wird mit
"Böswilligkeit" etwas so gedreht, damit man sie als "unbedingt antisemitisch motiviert" hinstellen kann. Sie wird nicht ernstgenommen und alle anderen wollen ihr halt am Zeug flicken. Die Arme.
Ihre Entschuldigung ist völlig wertlos, da die Geisteshaltung, die hinter den Aussagen steht, nicht zur Debatte stand. Pelosi und Co. sprachen ausdrücklich von ihrer "antisemitischen Ausdrucksweise", wofür sich Omar dann entschuldigte. Inhalt und Gesinnung spielten keinerlei Rolle, aber gerade darauf wäre es angekommen.
Was du für eine "grundsätzlich antisemitische Gesinnung" hältst ist mir vollkommen egal, genauso wie der Umstand, das in der "relevanten amerikanischen Öffentlichkeit kein endgültiges Urteil getroffen" wurde. Für dich fängt Antisemitismus bei wüsten Hasstiraden von Nazis an und endet da auch, während die Amerikaner gar keinen ernstzunehmenden Begriff von Antisemitismus haben, wie Jeffrey Herf angemerkt hat.
https://www.google.com/amp/s/www.washingtonpost.com/amphtml/outlook/2018/10/28/trump-doesnt-understand-how-anti-semitism-works-neither-do-most-americans/Wer über Jahre immer wieder Äußerungen tätigt, die an das Konstrukt der jüdischen Weltverschwörung anknüpfen, anderen Abgeordneten unterstellt, sie wären Israel hörig und Amerika illoyal gegenüber, das Land als Apartheidstaat dämonisiert und BDS unterstützt, deren Gründer keinen Hehl daraus macht, das Israel kein Existenzrecht hat, der legt ein manifestes, geschlossenes antisemitisches Weltbild an den Tag, das sich vor dem Robert Bowers nicht verstecken muss, der übrigens auch Trump für einen Judenknecht hielt. Das sind zwei Seiten einer Medaille: die sehen beide überall Juden am Werk.
Auf die größere Autorität des Präsidentenamtes zu verweisen wirkt auf den ersten Blick schlüssig, ist aber Augenwischerei. Trump wurde für seine Äußerungen nach Charlottesville zurecht heftig kritisiert und es herrschte in der amerikanischen (Medien-) Öffentlichkeit breites Entsetzen. Schließlich sind auch dort Neonazis gesellschaftliche Randfiguren, die bei der breiten Masse Ekel auslösen.
Omar hatte wochenlang die Schlagzeilen der landesweiten Presse sicher (ergo Aufmerksamkeit und landesweite Bekanntheit) und wird für ihre Identität hochgejubelt; schon allein das nimmt ihr den Status als "unbedeutende Abgeordnete" und gibt ihr den Ruf als role model einer inklusiveren demokratischeren Partei, die das andere Amerika verkörpere - etwas, dass du ja auch selbst affirmativ einbringst. Das die Demokraten sich ihres Shootingstarstatus völlig bewusst sind und davon profitieren wollen, zeigt ihre Platzierung im Außenausschuss des Kongresses, was für eine Newcomerin ein hoher Einstieg ist. Statt Kritik zu üben, tun sich die amerikanischen Medien aber in ihrem Fall mit Indifferenz hervor, das ganze wird - der Behandlung des Antisemitismus in Deutschland, wenn er als Israelkritik zutagetritt, nicht unähnlich - als bloße Meinungsverschiedenheit aufgefasst. Ihr Antisemitismus wird also diskursfähig gemacht, die Grenzen des Sagbaren werden verschoben. Eine Strategie, die die wenigsten verstehen, die aber aufgeht.
https://www.commentarymagazine.com/anti-semitism/ilhan-omar-apology-unaccepted/ (Archiv-Version vom 16.04.2019)Die demokratische Parteiführung gibt eine völlig verwässerte Erklärung ab, in der Omar noch nicht einmal mehr namentlich erwähnt wird. Stattdessen wird ihre Identität als schützender Kokon um sie gewoben und das Mantra von den "weißen Sexisten und Rassisten" beschworen. Das lenkt vom Wesentlichen ab, nämlich ihrem Antisemitismus, und perhorresziert ihre Kritiker pars pro toto als schändliche Rassisten. Zu kritisieren, das Leute sie wegen ihrer Identität angreifen würden, diese Identität aber anzuführen, um sie als etwas besseres darzustellen (die ständigen Verweise darauf sind ja positiv gemeint und suggerieren, das jetzt eine bessere Zeit angebrochen wäre, weil junge [moslemische] Frauen Politik machen) und sie auf diesem Ticket gegen Kritik zu immunisieren, ist obendrein von ganz besonderer Logik.
Die identitätspolitischen Erklärungsmuster taugen aber nicht nur nicht, um Fortschritt zu messen, sie überdecken auch die Wirklichkeit. Denn die saubere Trennung zwischen links, moslemisch, jung und weiblich als Zeichen des Fortschritts hie und den alten weißen Rassistenmännern da, kommt ins Wanken, wenn der weißeste Rassist Amerikas über die "bloße Existenz einer Person" wie Ilhan Omar nicht einfach nur hinwegsehen kann, sondern sie als wichtigste Abgeordnete gegen die finsteren Juden, die im Hintergrund in Amerika die Fäden ziehen, feiert.
Was Leute wie du, die sich für Antisemitismus nur dann interessieren, wenn er in Form des falschen Parteibuchs daherkommt und beim richtigen gerne großzügig über "unbedachte Äußerungen" hinwegsehen, nicht begreifen wollen, nimmt ein Antisemit wie Duke mit großer Freude schon instinktiv wahr: der virulente Antisemitismus, der von den amerikanischen Liberals ausgeht. Juden gelten als "weiß", was in der identitären Linken ein Malus ist und keinen Platz in der postmodernen Opferhierarchie zulässt, den des Bösewichts aber allemal. Israel gilt als Wurmfortsatz des europäischen Kolonialismus, das ein armes und ach so harmloses autochthones Volk unterdrücke. Ach ja, das ist natürlich auch "weiß".
Solche Schnapsideen, die an amerikanischen Unis intellektuell aufbereitet werden, führen dann dazu, das Lesben, die auf ihr Jüdisch-Sein stolz sind, von LGBT-Demos fliegen, obwohl diese Borniertheit sonst die Eintrittskarte in diese Kreise ist; BLM Israel einen Apartheidstaat nennen und den palästinensischen Terror glorifizieren kann, ohne in die Bredouille zu geraten; die Organisatorinnen des Womens March Groupies Louis Farrakhans sind und regelmäßig durch ihren Antisemitismus auffallen (Bob Bland erst vor ein paar Tagen, die ist auch wieder mit einer billigen Erklärung davongekommen), weswegen es schon Distanzierungen und Abspaltungen gab; an amerikanischen Campussen der Antisemitismus fröhlich Urständ' feiert und laut ADL sich in einer steigenden Zahl von antisemitischen Übergriffen ausdrückt.
Das ist das Milieu, das die Omars und Co. nicht nur feiert, sondern politisch auch relevant macht und ihnen ermöglicht, bei den Demokraten Karriere zu machen, die eigentlich eine lange Tradition in Sachen Gegnerschaft zu Antisemitismus und seinem zeitgenössischen Surrogat, dem Hass auf Israel, haben. Das gilt als modern und zukunftsorientiert und davon erhoffen sich die Demokraten einen Schub an den Wahlurnen. Was Trump der rechte Rand ist, ist den Dem. die postmoderne Linke, die den Antisemitismus nur neu kalibriert.
Das dich das nicht oder zumindest weit weniger stört, hast du jetzt zweimal nachdrücklich bewiesen, weshalb
@Bonobobob sogar mal recht behält:
Bonobobob schrieb:Aber du hast ja Recht, Trump ist der Judenhasser und nicht seine Kritiker im Parlament die "kauft nicht beim Juden" als Position haben.