@Fichtenmoped Die Zustimmungsraten für den Brexit haben sich nicht dramatisch verschoben, wenn es auch mittlerweile ziemlich sicher eine (knappe) Mehrheit dagegen geben würde. Die Argumente haben sich aber schon verändert, Brexiteers sehen Dinge wie die Zollproblematik als weiteren Beweis dafür, dass die EU feindlich und böse ist und genau deshalb sollte man raus. Dass es einem danach (finanziell) besser geht, werden die wenigsten denken.
Ein wichtiges Argument ist auch, dass die Arbeitslosigkeit weiterhin sehr niedrig ist, sogar auf Rekordtief und bislang noch keine Rezession eingetreten ist. Das Treasury paper hatte sowohl eine deutlich erhöhte Arbeitslosigkeit als auch eine Rezession für die 2-Jahres Periode bis zum Vollzug prognostiziert. Das wird nicht mehr in dieser Form eintreten. Dies wird als Beweis gesehen, dass "die Experten" in Wahrheit von der EU infiltriert sind und propagandistisch "project fear" betreiben, da es in Wirklichkeit die EU sei, die den Austritt verhindern will und entsprechend die öffentliche Meinung beeinflusst. In den übrigen Punkten hatten die Wirtschaftswissenschaftler allerdings recht (deutlich verlangsamtes Wachstum, sinkende Reallöhne/faktischer Einkommensverlust, dauerhafter Währungsverfall). MMn konnte nur deshalb zeitweise schlimmeres verhindert werden, da die Regierung konsequent an der Legende festhielt, ein Deal mit hürdenfreiem Handel, ähnlich wie als Vollmitglied, sei verhandelbar.
Gerade deshalb könnte die Situation im kommenden Jahr recht dramatisch werden. Wenn man das Wohlstandsgefälle bedenkt und dass Menschen auf Sozialhilfe oder die JAMs (just about managing), von denen es so viele gibt, nur von Tag zu Tag leben können - und es dann zu den Versorgungsengpässen kommt (das ist mMn allenfalls eine Frage der Zeit, auch wenn die Weltgemeinschaft Notlösungen im Grenzverkehr erlaubt), könnte es schnell zu Unruhen und Gewalt kommen. Nicht jeder kann es sich leisten, sich für Wochen oder Monate einen Vorratskeller anzulegen. Die Regierung ist viel zu unfähig, um das Land angemessen darauf vorzubereiten. Schon bei den 2011 riots hatte Theresa May als Innenministerin völlig versagt (David Cameron musste damals seinen Urlaub abbrechen).