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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

13.791 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Griechenland, 2015, Grexit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

01.05.2015 um 09:56
sehr schön im ersten absatz:
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:riechenland hat seinen immensen Wohlstandszuwachs seit 1999 auf einem riesigen Schuldenberg aufgebaut. Bis zur Wirtschaftskrise hat sich das Pro-Kopf-Einkommen des Landes fast verdreifacht.
VERDREIFACHT! Mit anderen worten - die griechen nähern sich jetzt wieder dem lebensstandard an den sie vor der Euroeinführung hatten.

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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

01.05.2015 um 10:03
Verglichen mit 1998, dem Jahr vor der Euro-Einführung, sei das Pro-Kopf-Einkommen auch jetzt noch stärker im Plus als das in Zypern, Dänemark, Italien oder Portugal, rechnet etwa der Harvard-Entwicklungsexperte Ricardo Hausmann vor. Dabei habe Griechenland "nie die produktive Struktur gehabt, um so reich zu sein wie es war."
Die Griechen haben es nach der EURO-Einführung einfach mal richtig krachen lassen. Und sogar jetzt ist der lebensstandard noch höher als vor der EURO-einführung... . Das wir aber gerne mal vergessen.


Quelle: http://lpb-bw.de/ und capital.de


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

01.05.2015 um 23:56
@Kc @armleuchter @libertarian
Zitat von KcKc schrieb:Denn die Banken beispielsweise machen Gewinn, indem sie das Geld ihrer Kunden nehmen, damit Kredite verteilen oder spekulieren und so Zinsen einstreichen.
Nein, die Banken verleihen nicht das Geld ihrer Kunden - also deren Spareinlagen - sondern schöpfen Geld für Kredite, indem sie den entsprechenden Betrag in ihrer Bilanz verbuchen. Diese Geldschöpfung aus dem Nichts (die Kohle für den Kredit gab es vor dem Buchungseintrag nicht) orientiert sich an Mindest- bzw. Barreserve und am Interbankenmarkt, da die Banken bilanztechnisch in etwa im Gleichgewicht stehen müssen.
Zitat von KcKc schrieb:Verspekulieren sie sich oder kann der Kreditnehmer das Geld nicht zurückzahlen, müssen die Banken aus eigener Tasche die Konten ihrer Kunden wieder auffüllen.
Nope. Erstmal kriegt die Bank einen Teil des toxischen Kredits aus der Kreditausfallversicherung (Credit Default Swap) refinanziert. Der restliche Verlust wird vom Gewinn vor Steuern und Abschreibungen (EBITA) abgezogen, wodurch letztlich der Gewinn geschmälert wird. Durch den Verlust hat die Bank aber auch geringere Steuerabzüge, der bei entsprechenden Beträgen schon ordentlich was ausmachen kann, was letztendlich der Allgemeinheit zur Last fällt, v.a., wenn die Abschreibungen so hoch sind, dass die Versicherungsgesellschaft gerettet werden muss, wie das 2008 bei der AIG der Fall war.

Realer Verlust entsteht der Bank keiner, weil Geld, das vorher nicht existierte (und somit nicht von Spareinlagen genommen wurde), nicht zurückgezahlt werden kann. Bis auf den Verwaltungsaufwand für die Abschreibungen kommt es zu keinem realen Verlust. Die Abschreibungen können im Notfall immer noch mit Eigenkapital (z.B. von den Aktionären) ausgeglichen werden, es sei denn, die Bank hatte vorher so viel Giftmüll in der Bilanz, dass die Kreditausfallversicherung nicht mehr bezahlt werden kann (remember AIG...) und/oder die Abschreibungen die Gewinne übersteigen. Dann ist die Bank tatsächlich klamm und muss abgewickelt oder in eine Bad Bank transformiert werden (remember Hypo Real Estate). Aber auch das passiert nur in Ausnahmefällen, da den Krediten i.d.R. ja noch Sicherheiten (z.B. Immobilien) gegenüberstehen, die dann versteigert werden und den Ausfall wieder ausgleichen.
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:In erster linie ist derjenige schuld der sich geld leiht und es einfach verjuxt. Und genau das war bei griechenland der fall. Hätte das land die kredite, sagen wir mal "unglücklich investiert", würde ich das ggf anders bewerten. Die Griechen (da ist es schon wieder ^^) haben das geld aber einfach in den konsum gesteckt, sie haben im wahrsten sinn des wortes über ihre verhältnisse gelebt. Deswegen trifft sie in allererster linie die schuld.
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:Trotzdem sollte man bei dieser geschichte nicht vergessen was die ursache des ganzen übels ist: die griechische haushaltspolitik!
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb: WARUM kam griechenland nach der euroeinführung günstiger an kredite? Weil man die bonität positiver bewertete. Warum war dies so?
1. Einige glaubten wohl an die einhaltung der stabilitätskriterien
2. Ander glaubten an ein einspringen der leistungsfähigeren staaten - genauso wie es gekommen ist.
(Vgl. Beitrag von armleuchter (Seite 79))

Sehr einseitige und populistische Sicht. Die Ursachen für die ganze Krise liegen weit tiefer, nämlich in den strukturellen Problemen der Eurozone per se, und garantiert NICHT allein bei Griechenland, wie es in dem Link beschämenderweise auch noch postuliert wird.

Als es um die Schaffung der Währungsunion ging, wurde die geldpolitische Verantwortung auf die frisch gegründete EZB projiziert, deren Währungspolitik ziemlich einheitlich ablief, dafür, dass zwischen den Mitgliedsländern z.T. erhebliche wirtschaftliche Unterschiede herrschten. Vor dem Beitritt in die Währungsunion gab es bei den einzelnen Ländern durchaus Bemühungen, die erforderlichen Kriterien des Maastricht-Vertrages zu erfüllen, obwohl von vornherein jeder wusste, dass diese Konstruktion nicht lange haltbar sein wird. Was passiert, wenn man eine Gemeinschaftswährung für Länder etabliert, die vorher (wie Deutschland) mit harten oder (wie Griechenland) mit weichen Währungen zu tun hatten, kann man heute begutachten. Die Zinsen für alle Euro-Länder wurden vereinheitlicht, da mit der Einführung des Euros die Wechselkurse wegfielen. Somit orientierte sich die EZB am Durchschnittswert der Zinsen für alle Mitgliedsländer, was für die Länder, die hohe Risikoabschläge zu zahlen hatten und inflationär benachteiligt waren (wie Griechenland) zu einem Wachstumsschub führte. In der Folge kam es v.a. in Griechenland, Irland und Spanien zu einem kreditfinanzierten Konsumrausch, bes. im Hinblick auf Immobilien. Deshalb gibt es in diesen Ländern auch so viele Geisterstädte, in denen nie irgendjemand wohnte.

Resultat der für die Weichwährungsländer relativen Niedrigzinsen war die Wachstumsexplosion, steigende Beschäftigung, die Realeinkommen und die Lohnstückkosten kletterten enorm nach oben, wodurch sich wiederum Leistungs- und Handelsbilanz verschoben (mehr Importe, weniger Exporte). Normalerweise würde sich so was durch Abwertung der jeweiligen Landeswährung regulieren, die Importe würden teurer und die Exporte günstiger werden. Da die Währungsunion aber das Abwertungsrisiko aushebelte, konnte bis zur globalen Finanzkrise 2008 das Leistungsbilanzdefizit auf Pump durch die Überschuss-Länder ausgeglichen werden, und zwar reibungslos. Eine solche Konstellation kann auf Dauer nicht funktionieren.

Für Deutschland waren die verhältnismäßig hohen Leitzinsen der EZB tödlich: Seit der Mitgliedschaft in der Euro-Zone begann eine Konjunkturtalfahrt von noch 1,2% Wirtschaftswachstum im Jahr 2001 bis auf -0,2% im jahr 2003 im Gepäck mit progressiver Arbeitslosigkeit auf bis zu 10,5% im Jahr 2005 bei geringer werdender Inflationsrate.
Bei der Gründung der Währungsunion wurden über den Stabilitäts- und Wachstumspakt folgende Kriterien für verbindlich erklärt:

Im Stabilitäts- und Wachstumspakt ist konkret geregelt, dass Staaten die Höhe ihres jährlichen Haushaltsdefizits auf 3 % ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) und den Stand ihrer öffentlichen Verschuldung auf 60 % ihres BIPs begrenzen müssen.

Wikipedia: Stabilitäts- und Wachstumspakt#Generelle Regelungen

Die 60% erreichten Deutschland und Frankreich schon vor der Gründung der Euro-Zone nicht, weshalb sie das vorgegebene Verschuldungs-Limit einfach so anhoben, bis es passte. Der Vertrag wurde also schon vor dem eigentlichen Vorhaben von den Hauptantreibern Frankreich und Deutschland gebrochen! Dank der restriktiven EZB-Geldpolitik war die 3%-Grenze 2002 schon überschritten, wodurch v.a. Deutschland vom Europäischen Rat sanktioniert werden sollte (was von Rot-Grün verhindert wurde). Um das Defizit auszugleichen, gab es die Option, die Steuern zu erhöhen, aber Rot-Grün entschied sich (dank der Bertelsmann-Stiftung / Anm. d. Red.) für die Variante des rücksichtslosen Kaputtsparens des Sozialsektors (Agenda 2010) (und setzte sich damit ein Denkmal...).

Durch die neu verordnete Niedriglohnpolitik wurde ein Teufelskreis in Gang gesetzt: Export- und Leistungsbilanzüberschüsse wurden nach 2005 als Kapitalexporte in's Ausland transferiert. Damit unterstützte Deutschland die kreditfinanzierte Wirtschaft in den PIGS-Staaten aktiv. Was sonst durch die Wechselkurse zwischen den einzelnen Ländern reguliert worden wäre, war unter der Einheitswährung Euro, wie gesagt, nicht möglich. Die auf Grund der Agenda 2010-Politik verbilligten Exportüberschüsse waren de facto unterbewertet und auf dem Markt natürlich schön begehrt; andere Wettbewerber, die nicht mithalten konnten (PIGS-Staaten) wurden weiter abgehängt.

Um's kurz und bündig zu resümieren: Für Länder mit ziemlich hohen Inflationsraten und Risikoabschlägen (PIGS) waren die EZB-Zinsen zu niedrig ('billiges Geld'), was zum Konsum auf Pump verleitete, der durch Länder mit niedrigen Inflationsraten (Deutschland, Frankreich) mittels Überschüssen mitfinanziert wurde. Nochmal: Normalerweise wären solche eklatanten Schwankungen durch die angepassten Wechselkurse nie möglich gewesen! Hier wurde durch die Währungsunion also eine extreme Ungleichheit zwischen den Ländern erzeugt.

Richtig los ging's dann mit der Subprime-Krise 2008 in den USA (datentechnisch auch belegt durch das Arbeitspapier "The Janus-Headed Salvation" (Die Janusköpfige Rettung)). Die Schnapsidee der Währungsunion lieferte das wacklige Fundament mit ihrer irrsinnigen Geldpolitik. Durch Subprime aber schwappte das Becken endgültig über, denn auf Grund der internationalen Kreditverknappung (plus Mängeln bei der Bankenaufsicht in manchen Ländern) standen die PIGS vor dem zusätzlichen Problem, ihr Bankensystem zu stützen - natürlich auf Kredit → Staatsverschuldung ging nach oben. Und wir wollen bitte auch nicht vergessen, wie tief die Banken aller Euro-Länder im Subprime-Wahnsinn verwickelt waren. In Good Ol' Germany wollten Mittelstands- und Landesbanken wie die KfW oder WestLB bei den Großen mitmischen und verzockten sich mit Hypotheken in Übersee, wodurch sie mit Milliarden an Steuergeldern gerettet werden mussten! Davon abgesehen, dass sich DL mit Schulden über 80% des BIPs lieber bedeckt halten sollte, denn selbst Spanien konnte die Maastricht-Kriterien von 60% über Jahre einhalten. Leider prahlen die Bundesmutti und besonders ihre bebrillte 'Mitfahrgelegenheit' (ja, der war böse...) in unsäglicher Arroganz vom heillosen Sparplan als Allzeitrettung für den griechischen Miss-Haushalt, und wissen dabei selbst nur zu genau, wie selbiger die eigene Gesellschaft destabilisiert hat, und absolut ungeeignet als Vorbild für Reformen in anderen, ökonomisch seit jeher benachteiligten Ländern, ist.

Vgl. http://www.mpifg.de/pu/mpifg_ja/ZSE_9_2011_Scharpf1.pdf

Dank Subprime stand das ganze europäische Bankensystem in der Folge im Erdbebengebiet. V.a. auf die Bonität von Staaten (nicht von Banken) hatte das große Auswirkungen:

Durch die Rettungspakete wurden die Bank-Risiken zu Staatsrisiken

Nach dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Mitte September 2008 haben die meisten Staaten - darunter Griechenland - umfangreiche Garantien für ihre Banken abgegeben. Außerdem päppelten viele Länder ihre angeschlagenen Geldhäuser mit neuem Eigenkapital auf und gaben Milliarden für riesige Konjunkturpakete aus, um die Schäden für die Realwirtschaft abzumildern.

Die beiden EZB-Ökonomen Jakob Ejsing und Wolfgang Lemke haben in ihrer Studie untersucht, wie sich das auf die Beurteilung des Ausfallrisikos von Staatsanleihen und von Bankanleihen ausgewirkt hat. Sie konzentrierten sich dabei auf den Preis für Versicherung gegen Zahlungsausfälle der Staatsanleihen, die sogenannten Credit Default Swaps. Das Ergebnis: Das Kreditrisiko der Staaten ist durch die Rettungspakete massiv gestiegen, das der Banken in etwa gleichem Ausmaß gesunken. Griechenland war davon nach Irland unmittelbar nach der Lehman-Pleite am stärksten betroffen.


http://www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/nachrichten/ezb-studie-die-wahren-ursachen-der-griechischen-tragoedie/3356102.html (Archiv-Version vom 17.05.2015)

Noch was zu dem immer wieder gerne verzählten Märchen vom deutschen Michel, der die faulen Griechen mit seinen Steuern finanziere. Das meiste, was die 'Rettungsschirme' EFSF und ESM an Kapital für die Kredite an Griechenland erhalten, stammt nicht vom Steuerzahler, sondern aus dem Finanzsektor. Genauer können sich Banken, Fonds und Versicherungen ESM-Anleihen kaufen und geben damit Kapital als Kredit weiter. Jetzt kommt allerdings auch das Problem (und einer, wenn nicht DER Grund, warum der ESM als verfassungswidrig und antidemokratisch angesehen wurde und wird): So lange Griechenland seine Schulden beim ESM zurückzahlen kann, passiert für die Bevölkerung der Euro-Länder nicht viel. Ansonsten besteht das Haftungsrisiko, und insbes. Deutschland ist mit 27% Anteil am ESM dabei. Sollte Hellas also nicht bezahlen können, muss DL seinen Anteil dazugeben, und das sind satte 190 Mrd. €! Sollten Portugal, Irland und Italien auch noch ausfallen, erhöht sich die Haftungssumme um 113 Mrd.! Von den gesamten so genannten 'Hilfsgeldern' flossen 77% direkt oder indirekt über den griechischen Staat an den Finanzsektor. Das griechische Volk selbst hatte davon absolut nichts. Es darf aber den von IWF und Konsorten oktroyierten Austeritätszwang auslöffeln. So werden verzockte Gewinne und politische Schwachsinnigkeiten eben sozialisiert.

Mehr Infos:


Und dann war da noch die Story mit Goldman... Dass vor dem Beitritt Hellas' in die Währungsunion heftig getrickst wurde, und Goldman Sachs gegen eine ordentliche Rendite 'netterweise' behilflich war, ist ja kein Geheimnis mehr. Abgesehen von den immer noch nicht getilgten Schulden des griechischen Staates an Goldman, verkaufte die Bank den entsprechenden Währungs-Swap 2005 an die National Bank of Greece, die anders, als ihr Name es vermuten würde, eine Privatbank ist.
Als es 2008 in Amerika wegen Subprime krachte, und die EZB danach den Finanzmarkt der EU liquide halten musste, kam Goldman Sachs abermals auf die National Bank of Greece zu, um den Giftmüll zusammen mit anderen Assets zu verbriefen bzw. zu bündeln und über die 2009 speziell dafür gegründete Briefkastenfirma Titlos PLC in Dublin der EZB als Kredit-Sicherheit zu präsentieren. Passenderweise war Mario Draghi 2002-2005 bei Goldman Sachs in London tätig, bevor er in den Stuhl des EZB-Präsis wechselte. Natürlich will er von all dem nix gewusst haben, klar... Und plötzlich passt es auch in's Bild, dass die Troika-Politik überwiegend von den USA aufgelegt wird. Hier sind v.a. Goldman Sachs und BlackRock zu erwähnen.

Mehr Infos:
http://www.fr-online.de/schuldenkrise/euro-krise-das-maerchen-von-den-griechen,1471908,17172592.html (Archiv-Version vom 25.06.2015)
http://www.welt.de/politik/ausland/article111959153/Wie-die-Griechen-sich-in-den-Euro-schummelten.html
http://www.wallstreet-online.de/nachricht/2904070-griechenland-krise-die-london-connection
http://www.spiegel.de/wirtschaft/eurokrise-hat-die-eu-griechenland-gerettet-oder-banken-a-1018964.html

Ich hoffe, es wird klar, dass man die Schuld nicht allein auf die Griechen abwälzen kann. Eine solche Krise hat tiefere Ursachen, die sich gegenseitig verstärken, ist eine Verkettung kausaler Zusammenhänge und somit systemisch bedingt. Auch kann gar nicht oft genug erwähnt werden, dass die EUrokraten genau wussten, was sie tun, und ihr bewusstes Versagen klar verleugnen. Ebenfalls lohnenswert ist ein Blick auf die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die bei der Errichtung der Währungsunion gehörig koordinierte.
Zitat von libertarianlibertarian schrieb:Ich wage die Aussage, dass all unser Geld nur durch Kredite aus der Zentralbank entsteht (Ist das falsch?) und dieses dann an Schuldner ausgegeben wird. Was ich jetzt schreibe, das ist auch durch bestimmte Dokus und Erklärungen beeinflusst, die ich hierzu schon sah. Für gewöhnlich wird dieser ursprüngliche Kredit also verzinst. Jetzt wird doch aber ursprünglich nie mehr Geld in den Kreislauf gepumpt, als der Kredit ohne Zinsen. Wo sollen also die Zinsen her kommen? Diese müssten doch dann notgedrungen durch erneute Darlehen erzeugt werden. Wenn dem aber so ist, dann ist unser System ein System der Schuld.
Zentralbanken schaffen Zentralbankgeld/Bargeld, welches sich Geschäftsbanken zum Leitzins leihen. Geschäftsbanken sind meistens privat und für die Kreditvergabe an Unternehmen oder Konsumenten wie du und ich (wird alles 'Nichtbanken' genannt) zuständig. Hierfür orientieren sie sich an der sog. Mindestreserve, also einer mindestens vorhandenen Menge an Zentralbankgeld, die hinterlegt sein muss (in der EU 1%). Die Mindestreserve muss also zwingend 1% des maximal erschöpflichen Kreditvolumens ausmachen. Also dürfen Deutsche Bank, Sparkasse, Targobank und wie sie alle heißen von sagen wir mal 1 € Bargeld als Sicherheitseinlage 100 € Giralgeld aus dem Nichts schaffen (unverzinst). Um die Zinsen bezahlen zu können, muss entweder ein neuer Kredit aufgenommen werden, oder - man ist ja ständig im Wettbewerb - muss es Verlierer geben, denen das Geld für die Zinsen quasi weggenommen wird. Wobei die Zinsen nicht das Hauptproblem darstellen, sondern die Zinseszinsen, aber das ist 'ne andere Geschichte. Aber das mit dem System der Schuld hast du treffend erkannt.


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

02.05.2015 um 09:34
@Scox

Zu dem Teil, den du an mich geschrieben hast:

Meinst du, dass Banken Kredite vergeben habe, die eigentlich gar nicht so richtig existieren? So klingt das für mich.
Und wenn die nicht existieren, wo ist dann das Problem, wenn die ausfallen? Und wie kann man mit nicht-existenten Dingen dann seitens des Kreditnehmers wiederum was bezahlen?


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

02.05.2015 um 14:44
@Kc

Die Banken nehmen bei der Zentralbank einen Kredit auf und bezahlen dafür den Leitzins. Auf dem Zentralbankkonto ist nun eine bestimmte Menge an Bargeld für die Mindestreserve gebucht. Von dieser Reserve ausgehend können die Banken das 50-fache (oder mehr) an Buchgeld in Form einer Zahl auf dem Konto als Kredit vergeben. Dazu wird der entsprechende Betrag einfach auf dem Girokonto des Schuldners gutgeschrieben und bei den Banken in der Bilanz verbucht. Die Banken verleihen also kein Geld, sondern schöpfen es aus dem Nichts, indem sie den Betrag einfach in's Schuldnerkonto eintragen. Klingt bescheuert, aber so funktioniert es tatsächlich.

Zahlt der Schuldner seinen Kredit zurück, wird die Buchung bei der Bilanz wieder ausgetragen und das Geld ist weg (Geldvernichtung). Da die Banken für das Geld, was vorher eigtl. nicht existierte, aber Zinsen kassieren dürfen, haben sie ein Interesse an möglichst langen Tilgungszeiträumen. Wenn eine Bank Staatsanleihen kauft, wird der Staat zum Schuldner, weil die Anleihe als Sicherheit für den Kredit dient (zu einem festgelegten Zinssatz). Über die entsprechende Laufzeit der Anleihe zahlt der Staat regelmäßig die Zinsen ab und tilgt die eigentliche Kreditsumme am Ende der Laufzeit. Wie sicher eine Staatsanleihe ist, wird von den Rating-Agenturen eingeschätzt, wobei man da ehrlich sagen muss, dass deren Urteile nicht unabhängig und nicht immer logisch sind.

Fallen nun Kreditforderungen aus, kürzt die Bank einfach die Aktivseite ihrer Bilanz (Kredit wird ausgebucht). Der dadurch entstehende Verlust kann die Quartalsgewinne schmälern, wobei hier die Bank noch den Vorteil der Steuerersparnis hätte. Ist die Menge an Abschreibungen zu groß, kann im Einzelfall auch das Eigenkapital herhalten müssen. Aber die Banken können diese Kredite auch verbriefen und dann über den Kredithandel verkaufen. So passierte es auch im Rahmen der Subprime-Krise, als hochgradig giftige Kredite zusammen mit anderen Finanzprodukten verpackt und dann an ahnungslose Vollpfostenbanken wie die WestLB oder HypoVereinsbank vertickt wurden. Natürlich blieben die Vollpfostenbanken auf dem Giftmüll sitzen. Im Zuge dessen musste dieser für die Abwicklung u.a. auf die extra dafür geschaffene Bad Bank Hypo Real Estate ausgelagert werden. Banken können also notleidende Kredite auch in die 'Finanz-Mülldeponie' Bad Bank übertragen, um sich von den Krediten zu 'befreien'.

Kurz gesagt, es entsteht kein wirklicher Schaden für die Banken, die solche Kredite in ihren Bilanzen haben. Das Problem ist lediglich der Verwaltungsaufwand, der bei der Abschreibung entsteht. Den Kreditgeldbetrag gab es vor seiner Buchung auf's Schuldnerkonto nicht, und wenn der Schuldner ihn zurückgezahlt hat, verschwindet er auch wieder dahin, wo er herkam: in's Nichts. Verdienen tun die Banken nur an den Zinsen, nicht am Kredit selbst. Fehlende Zinseinnahmen drücken natürlich auch den erwarteten Gewinn.
Etwas bezahlen kann der Schuldner natürlich schon mit dem Kredit, denn dieser ist ja als Buchgeld auf seinem Konto gutgeschrieben. Dass das Geld vor der Buchung nicht existierte, ist folglich egal.


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02.05.2015 um 15:17
Zitat von maydaymayday schrieb:da traut sich ja keiner ran bzw. Kapitalgewinne sind nicht Einkommenssteuern.
Oh doch. Kapitalerträge fallen unter die Abgeltungssteuer, und die beträgt 25%. Das läppert sich bei entsprechenden Erträgen ganz schön.


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02.05.2015 um 15:39
@Scox
Ok stimmt, ich kennen das deutsche Recht nicht im Detail, ab 2009 in Kraft
http://www.alles-zur-abgeltungssteuer.de/fragen-und-antworten/kapitalertraege/welche-kapitalertraege-fallen-ab-1-januar-2009-unter-die-abgeltungssteuer (Archiv-Version vom 24.04.2017)

Die Schweiz hat die Kapitalgewinnsteuer auf Wertschriften Bach ab geschickt
http://www.srf.ch/news/schweiz/bundesrat-laesst-kapitalgewinnsteuer-fallen


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02.05.2015 um 15:46
@mayday

Man sollte als Aktionär in die Schweiz ziehen... Aber 70% Teilbesteuerung auf Dividenden? :o:


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02.05.2015 um 16:47
@Scox

Crazy...

Danke für die Erklärungen, selbst als gebildetem Laien raucht einem da ja der Kopf :D


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02.05.2015 um 19:22
@Scox
armleuchter schrieb:

WARUM kam griechenland nach der euroeinführung günstiger an kredite? Weil man die bonität positiver bewertete. Warum war dies so?
1. Einige glaubten wohl an die einhaltung der stabilitätskriterien
2. Ander glaubten an ein einspringen der leistungsfähigeren staaten - genauso wie es gekommen ist.

(Vgl. Diskussion: Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie? (Beitrag von armleuchter))

Scox schrieb:
Sehr einseitige und populistische Sicht. Die Ursachen für die ganze Krise liegen weit tiefer, nämlich in den strukturellen Problemen der Eurozone per se,....
@Scox
Meine beiden punkte beschrieben warum u.a griechenland günstigere zinsen bekam und mitnichten "Die Ursachen für die ganze Krise". Was ist an dieser these populistisch?


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

02.05.2015 um 20:38
@Scox schrieb:

Was passiert, wenn man eine Gemeinschaftswährung für Länder etabliert, die vorher (wie Deutschland) mit harten oder (wie Griechenland) mit weichen Währungen zu tun hatten, kann man heute begutachten. Die Zinsen für alle Euro-Länder wurden vereinheitlicht, da mit der Einführung des Euros die Wechselkurse wegfielen. Somit orientierte sich die EZB am Durchschnittswert der Zinsen für alle Mitgliedsländer, was für die Länder, die hohe Risikoabschläge zu zahlen hatten und inflationär benachteiligt waren (wie Griechenland) zu einem Wachstumsschub führte. In der Folge kam es v.a. in Griechenland, Irland und Spanien zu einem kreditfinanzierten Konsumrausch, bes. im Hinblick auf Immobilien. Deshalb gibt es in diesen Ländern auch so viele Geisterstädte, in denen nie irgendjemand wohnte.

Resultat der für die Weichwährungsländer relativen Niedrigzinsen war die Wachstumsexplosion, steigende Beschäftigung, die Realeinkommen und die Lohnstückkosten kletterten enorm nach oben, wodurch sich wiederum Leistungs- und Handelsbilanz verschoben (mehr Importe, weniger Exporte). Normalerweise würde sich so was durch Abwertung der jeweiligen Landeswährung regulieren, die Importe würden teurer und die Exporte günstiger werden. Da die Währungsunion aber das Abwertungsrisiko aushebelte, konnte bis zur globalen Finanzkrise 2008 das Leistungsbilanzdefizit auf Pump durch die Überschuss-Länder ausgeglichen werden, und zwar reibungslos. Eine solche Konstellation kann auf Dauer nicht funktionieren.
Kann ich zu 100% unterschreiben. Und normalerweise hätte man die günstigeren zinsen zur ablösung von teuren krediten verwenden können wie es zB italien machte.
Die auf Grund der Agenda 2010-Politik verbilligten Exportüberschüsse waren de facto unterbewertet und auf dem Markt natürlich schön begehrt; andere Wettbewerber, die nicht mithalten konnten (PIGS-Staaten) wurden weiter abgehängt.
Wer bestimmt ob etwas "de facto unterbewertet" ist? Man könnte das auch "sehr wettberwerbsfähig" nennen...
Zitat von ScoxScox schrieb:Um's kurz und bündig zu resümieren: Für Länder mit ziemlich hohen Inflationsraten und Risikoabschlägen (PIGS) waren die EZB-Zinsen zu niedrig ('billiges Geld'), was zum Konsum auf Pump verleitete, der durch Länder mit niedrigen Inflationsraten (Deutschland, Frankreich) mittels Überschüssen mitfinanziert wurde. Nochmal: Normalerweise wären solche eklatanten Schwankungen durch die angepassten Wechselkurse nie möglich gewesen! Hier wurde durch die Währungsunion also eine extreme Ungleichheit zwischen den Ländern erzeugt.
Eben. Ein ausgleich von wettberwerbsschwäche durch abwertung war mit dem euro nicht mehr möglich. Zum konsum auf pump wurde aber niemand gezwungen, wie beschrieben hätte man mit den billigen zinsen auch teure kredite ablösen können und das geld investieren statt verkonsumieren können. Niemand hat griechenland z.B. einen so ausufernden beamtenapparat aufgezwungen. Niemand hat griechenland die extreme korruption aufgezwungen. Und auch niemand hat griechenland gezwungen seine steuern nur halblebig einzutreiben.
Von den gesamten so genannten 'Hilfsgeldern' flossen 77% direkt oder indirekt über den griechischen Staat an den Finanzsektor. Von den gesamten so genannten 'Hilfsgeldern' flossen 77% direkt oder indirekt über den griechischen Staat an den Finanzsektor. Das griechische Volk selbst hatte davon absolut nichts. Es darf aber den von IWF und Konsorten oktroyierten Austeritätszwang auslöffeln.. Es darf aber den von IWF und Konsorten oktroyierten Austeritätszwang auslöffeln.
auf deutsch: das geld floß direkt oder indirekt zu den (privaten) kreditgebern. Dieses geld hätte ansonsten vom schuldner kommen müssen also (zT) dem griechischen staat. Und der hätte das geld über steuern oder sparmaßnahmen vom "griechischen volk" holen müssen. Insofern ist mir unklar warum "das griechische Volk selbst davon absolut nichts" hatte. Wenn jemand meine kredite (zwischen)finanziert weil ich es selbst nicht mehr kann, habe ich davon selbstverständlich etwas, auch dann wenn das geld direkt bei der bank landet.... .


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

03.05.2015 um 10:20
@Kc
Hier noch mal von Pispers, ganz gut erklärt.

https://www.youtube.com/watch?v=NVAkETaO8Zc


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

03.05.2015 um 10:40
Zitat von ScoxScox schrieb:Nein, die Banken verleihen nicht das Geld ihrer Kunden - also deren Spareinlagen - sondern schöpfen Geld für Kredite, indem sie den entsprechenden Betrag in ihrer Bilanz verbuchen. Diese Geldschöpfung aus dem Nichts (die Kohle für den Kredit gab es vor dem Buchungseintrag nicht) orientiert sich an Mindest- bzw. Barreserve und am Interbankenmarkt, da die Banken bilanztechnisch in etwa im Gleichgewicht stehen müssen.
Eine Bilanz muss immer im Gleichgewicht stehen. Es wird überigens auch kein Geld durch diese Buchungen geschaffen. Wäre dem so hätte keine Bank Pleite gehen können.


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

03.05.2015 um 11:50
Weiß jemand etwas über die armut in griechenland,ggf aus eigener erfahrung? Mich wundert es etwas dass der lebensstandard dort noch immer höher sein soll als vor der euroeinführung.... .


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03.05.2015 um 11:52
@armleuchter

Abb-3-BIP-ALQ


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03.05.2015 um 13:16
@matzea


ich dachte eher an erfahrungsberichte und psychologische deutung^^. Aber trotzdem danke und das diagramm ist auch sehr aussagekräftig: Reales BIP wieder auf anfangsniveau, aber bei deutlich gestiegener arbeitslosigkeit.


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

03.05.2015 um 15:35
@Kc

:D

Naja, an für sich ist es nicht so kompliziert, aber es kann schon ganz schön verwirrend sein.^^

@armleuchter
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:Meine beiden punkte beschrieben warum u.a griechenland günstigere zinsen bekam und mitnichten "Die Ursachen für die ganze Krise". Was ist an dieser these populistisch?
Den entscheidenden Zitatteil haste wohl überlesen?
In erster linie ist derjenige schuld der sich geld leiht und es einfach verjuxt. Und genau das war bei griechenland der fall. Hätte das land die kredite, sagen wir mal "unglücklich investiert", würde ich das ggf anders bewerten. Die Griechen (da ist es schon wieder ^^) haben das geld aber einfach in den konsum gesteckt, sie haben im wahrsten sinn des wortes über ihre verhältnisse gelebt. Deswegen trifft sie in allererster linie die schuld.

Trotzdem sollte man bei dieser geschichte nicht vergessen was die ursache des ganzen übels ist: die griechische haushaltspolitik!
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:Wer bestimmt ob etwas "de facto unterbewertet" ist? Man könnte das auch "sehr wettberwerbsfähig" nennen...
Qualitativ wurden die Exporte unterbewertet. Dank der Niedriglohnproduktion aber schön erschwinglich. Mit der Agenda 2010 wurde die Wettbewerbsfähigkeit der GIPS-Staaten schlichtweg ausgehebelt.
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:Zum konsum auf pump wurde aber niemand gezwungen, wie beschrieben hätte man mit den billigen zinsen auch teure kredite ablösen können und das geld investieren statt verkonsumieren können.
So einfach ist das nicht. Konsumschulden sind zwar kein Zwang, aber ein ständig wiederkehrendes Phänomen, bei dem die wirtschaftliche Situation des Landes nicht unbedingt wichtig ist. Wie viele Leute in DL bspw. stottern allmonatlich ihre Leasing-Raten für's Auto ab, das sie sich eigentlich nicht leisten können? Wie viele Leute verschulden sich auf Jahrzehnte für ein Eigenheim? Was in Spanien und Irland passierte, geschah in noch größerem Stil vorher in den USA (die Ur-Krise), aktuell geschieht es in China, der Türkei, ja sogar in DL... Wenn doch niemand die Menschen/Länder/Banken dazu zwingt, warum machen sie es dann? ;)
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:Und der hätte das geld über steuern oder sparmaßnahmen vom "griechischen volk" holen müssen. Insofern ist mir unklar warum "das griechische Volk selbst davon absolut nichts" hatte. Wenn jemand meine kredite (zwischen)finanziert weil ich es selbst nicht mehr kann, habe ich davon selbstverständlich etwas, auch dann wenn das geld direkt bei der bank landet.... .
Die Reeder versteuern ihre Schiffe im Ausland, da kommt die griechische Regierung nicht dran. Unternehmen sind (im Ggs. zu früher) heutzutage längst nicht mehr national, sondern international.
In den Medien wird es oft so dargestellt, als würde der Steuermichel den Griechen "helfen", weil sie zu eigener Wirtschaft zu faul seien (VerBILDung). Dabei wird den Griechen eben nicht geholfen, sondern der Steuermichel haftet für die Zahlungen an die Banken, während im Gegenzug der griechischen Bevölkerung Verarmungsreformen aufgezwungen werden. Das Volk muss für den Mist, den die Finanzindustrie und Politik verzapft hat, nun bluten.
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:Aber trotzdem danke und das diagramm ist auch sehr aussagekräftig: Reales BIP wieder auf anfangsniveau, aber bei deutlich gestiegener arbeitslosigkeit.
V.a. ist interessant, wann es zu diesen Knicks kommt. Deutlich zu erkennen, dass ab 2008 alles den Bach runtergeht. Und genau in diesem Jahr schwappte die Subprime-Krise von Amerika nach Europa. Womit wir wieder bei den globalen Zusammenhängen wären, die ich ja schon beschrieb...

@Fedaykin
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:Eine Bilanz muss immer im Gleichgewicht stehen. Es wird überigens auch kein Geld durch diese Buchungen geschaffen. Wäre dem so hätte keine Bank Pleite gehen können.
Nich gelesen? Vom bilanziellen Gleichgewicht schrieb ich bereits. Und doch, so wird Geld geschaffen.


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

03.05.2015 um 19:15
@Scox
Zitat von ScoxScox schrieb:Den entscheidenden Zitatteil haste wohl überlesen?
hatte ich tatsächlich überlesen ;-) - bin aber noch immer von der richtigkeit überzeugt.
Zitat von ScoxScox schrieb:Qualitativ wurden die Exporte unterbewertet. Dank der Niedriglohnproduktion aber schön erschwinglich. Mit der Agenda 2010 wurde die Wettbewerbsfähigkeit der GIPS-Staaten schlichtweg ausgehebelt.
was soll das sein "qualitativ unterbewertete exporte" ?
Bzgl. aushebeln: deutschland steht aber nicht nur im wettbewerb zu GIPS staaten sondern weltweit. wäre deutschland schwächer wäre das für die GIPS staaten auch nicht hilfreich.
Konsumschulden sind zwar kein Zwang, aber ein ständig wiederkehrendes Phänomen, bei dem die wirtschaftliche Situation des Landes nicht unbedingt wichtig ist. Wie viele Leute in DL bspw. stottern allmonatlich ihre Leasing-Raten für's Auto ab, das sie sich eigentlich nicht leisten können? Wie viele Leute verschulden sich auf Jahrzehnte für ein Eigenheim? Was in Spanien und Irland passierte, geschah in noch größerem Stil vorher in den USA (die Ur-Krise), aktuell geschieht es in China, der Türkei, ja sogar in DL... Wenn doch niemand die Menschen/Länder/Banken dazu zwingt, warum machen sie es dann? ;)
ja eben, wer zwingt einen zu ökonomisch irrationalem handeln? Das würde mich mal interessieren^^!
Zitat von ScoxScox schrieb:Die Reeder versteuern ihre Schiffe im Ausland, da kommt die griechische Regierung nicht dran. Unternehmen sind (im Ggs. zu früher) heutzutage längst nicht mehr national, sondern international.
In den Medien wird es oft so dargestellt, als würde der Steuermichel den Griechen "helfen", weil sie zu eigener Wirtschaft zu faul seien (VerBILDung). Dabei wird den Griechen eben nicht geholfen, sondern der Steuermichel haftet für die Zahlungen an die Banken
Das ist ja alles nichts neues...
Zitat von ScoxScox schrieb:während im Gegenzug der griechischen Bevölkerung Verarmungsreformen aufgezwungen werden. Das Volk muss für den Mist, den die Finanzindustrie und Politik verzapft hat, nun bluten.
Das volk hatte aber zuvor auch von der riesenkreditparty profitiert. Und es hatte die politiker gewählt die blühende landschaften^^ versprachen. Und die korruption toleriert und selbst gepflegt. Und steuernzahlen als unnötige zumutung empfunden.


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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

03.05.2015 um 19:53
Zitat von armleuchterarmleuchter schrieb:ja eben, wer zwingt einen zu ökonomisch irrationalem handeln? Das würde mich mal interessieren^^!
Vielleicht hilft Dir der Spoiler ;)
Deutsche Nettoexporte ja, Kredite für Griechenland nein – wie passt das zusammen?
16. Februar 2015 l Friederike Spiecker l Europa, Finanzmärkte, Wirtschaftspolitik


Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar bekommt von seiner Bank, die auch Ihre Bank ist, einen Kredit nach dem anderen und bestreitet davon jahrelang seinen Konsum, kauft sich z.B. eine teure Villa, ein schickes Auto. Sie hingegen sparen einen Teil Ihres laufenden Arbeitseinkommens, für das Sie schwer schuften müssen, und machen keine Schulden. Nach ein paar Jahren stellt sich heraus, dass der Nachbar seine Kredite nicht zurückzahlen kann und die Bank wegen seiner nun faul gewordenen Kredite in Schwierigkeiten gerät mitsamt Ihren Ersparnissen. Der Staat springt ein und kauft der Bank die faulen Kredite ab, damit das Finanzsystem stabil bleibt. Wie würden Sie das finden? Natürlich himmelschreiend ungerecht. Denn erstens glauben Sie fest daran, dass der Staat Steuergeld für die Rettung der Bank ausgegeben hat, das ihm nun an anderer Stelle, etwa für die Sanierung maroder Straßen, fehlt. Und zweitens haben Sie das Gefühl, Ihr Nachbar hat Dinge konsumiert, für die er nicht gearbeitet hat, während Sie selbst bescheiden von nur einem Teil Ihres Arbeitseinkommens und ein paar Zinserträgen gelebt haben.

Und was würden Sie tun, wenn Sie Macht über Ihre Bank hätten? Natürlich würden Sie dem Nachbarn für die Zukunft auferlegen, dass er ein genauso solides Leben wie Sie selbst führt. Also sparen auf Teufel komm raus bzw. Kredit abstottern. Dann trügen Sie beide, Ihr Nachbar und Sie, Geld zur Bank. Aus einzelwirtschaftlicher Sicht wirkt das anständig und nachhaltig.

Nur, was passiert dann? Nun muss die Bank wieder jemanden finden, der über seine Verhältnisse leben möchte, damit die Ersparnisse arbeiten können, also Zinsen abwerfen, und nicht auf dem Bankkonto verrotten. Mit dem gemeinsamen Sparen ist also nichts gewonnen, sondern es sind nur mehr Ersparnisse da, die umso mehr, allerdings seriöse Schuldner brauchen. Würden Sie und Ihr Nachbar und alle anderen Wirtschaftssubjekte weder sparen noch sich verschulden, also sämtliche Arbeitseinkommen konsumieren, könnte es nicht mehr dazu kommen, dass irgendwer im Laufe der Zeit mehr konsumiert, als er durch Arbeit produzieren kann – es gäbe keine Privatinsolvenz mehr. Umgekehrt könnte aber auch niemand weniger konsumieren, als er herstellt. Es gäbe dann auch keine Zinseinnahmen auf Ersparnisse und keine späteren Konsummöglichkeiten oberhalb des laufenden Einkommens (also Entsparen).

Das Beispiel lehrt uns einiges, was die Situation zwischen Deutschland und Griechenland angeht. Weil Griechenland inzwischen auch spart und mit ihm viele andere mehr in Europa, sich also so verhält, wie das die Gläubiger von ihm erwarten, ist die Lage insgesamt schlechter geworden und für Griechenland sogar katastrophal. Man sieht hier schon, dass man mit dem verbreiteten „Erklärungs“muster à la schwäbische Hausfrau nicht weit kommt. Trotzdem glauben viele an dieses Muster.

Das ist schlimm, weil es die Möglichkeiten der Politik stark einengt, einen für alle Europäer, d.h. auch für die Deutschen guten Ausweg aus der verfahrenen Situation zu finden, in der die Europäische Währungsunion (EWU) steckt. Denn die Politik richtet sich stark nach der Meinung der Mehrheit der Wähler – so soll das in einer Demokratie ja auch sein, hier wie andernorts. Und wenn die deutsche Wählermehrheit ungefähr so denkt, wie eingangs geschildert, dann gibt es auf deutscher Seite praktisch keinen politischen Spielraum für friedliche und dauerhafte Lösungen, dann gibt es nur ein Weiterwursteln und irgendwann in nicht weiter Ferne Gegen-die-Wand-Fahren.

Das Problem fängt ja schon damit an, dass deutsche Leitmedien wie die FAZ und deutsche Spitzenpolitiker wie Wolfgang Schäuble nicht wahrhaben wollen, dass nicht allein Griechenland vor einem ökonomischen wie politischen Abgrund steht, sondern die gesamte EWU und mit ihr auch Deutschland. Das Problem setzt sich damit fort, dass es kaum zu einer breitenwirksamen Aufklärung der Sachzusammenhänge kommt. Wie sollte das auch geschehen, wenn an den Schaltstellen der Macht im Grunde genommen so ähnlich gedacht wird wie von der Wählermehrheit, wenn sich diejenigen (wenigen?), die es besser wissen oder zumindest besser wissen könnten und die sich zugleich an diesen Schaltstellen befinden, lieber darum kümmern, ihre eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen, und zwar in der Regel auf Kosten der Wählermehrheit? Für diese Gruppe ist es geradezu notwendig, dass keine Aufklärung stattfindet. Dass sie sich dadurch langfristig selbst schadet, ist kein Trost für alle, die jetzt schon unter den Folgen der verheerenden Wirtschaftspolitik hier und andernorts leiden, ganz egal ob sie die Sachzusammenhänge verstehen oder nicht.

Indem von Deutschland aus mehr Waren und Dienstleistungen an das Ausland verkauft werden, als wir von dort beziehen, räumen wir dem Rest der Welt Kredite bei uns ein. Das tun wir seit über zehn Jahren – ganz und gar freiwillig, nämlich vermittelt über anonyme Märkte – in fast durchgehend steigendem Umfang; inzwischen sind es gut 200 Mrd. Euro, die jährlich an Krediten für das Ausland hinzukommen. Und die meisten Menschen hierzulande sehen die güterwirtschaftliche Seite dieses Vorgangs, also die Exportüberschüsse, als Ausweis ökonomischer Kraft, um nicht zu sagen Überlegenheit unseres Landes gegenüber anderen Nationen an. Über die finanzwirtschaftliche Seite dieses Vorgangs machen sie sich meist keine Gedanken. Viele wissen nicht einmal, dass es diese Verschuldungskehrseite der Nettoexportmedaille gibt. Das müssen sie eigentlich auch nicht, da sie als einzelne Wirtschaftssubjekte nicht für die Beurteilung gesamtwirtschaftlicher Vorgänge zuständig sind. Das wäre Aufgabe der Wirtschaftspolitiker, die hier aber kläglich versagen.

Die Frage ist, ob die dem Ausland (genauer: ausländischen Wirtschaftssubjekten) laufend neu eingeräumten Kredite jemals zurückgezahlt werden. Oder ob sie durch private Insolvenzen faul werden bzw. durch staatliche Umschuldungen oder Schuldenschnitte (teilweise) beseitigt werden. Oder ob sie durch die Aufwertung der eigenen Währung (sofern es sich um Kredite an Schuldner aus Nicht-Euro-Ländern handelt) entwertet werden.

Werden dem Ausland eingeräumte Kredite in großem Umfang faul, kann das die Stabilität des Bankensystems untergraben und Stützungsmaßnahmen der Zentralbank erforderlich machen. (Dass davon keineswegs Steuerzahler betroffen sein müssen, wie das meist behauptet wird, steht auf einem anderen Blatt. Wir haben zu dieser Frage bereits Stellung bezogen.)

Eine Aufwertung der Währung wird vor allem dann zum Problem, wenn sie abrupt geschieht und überschießend, d.h. stärker ausfällt, als es zum Ausgleich der Handelsungleichgewichte erforderlich wäre. Das ist leider der Regelfall an freien Devisenmärkten, da diese praktisch immer auch von Spekulanten heimgesucht werden. Auf diese Weise findet dann nicht nur eine Entwertung des im Ausland angehäuften Vermögens der Inländer statt, sondern es sind vor allem auch die Wirtschaftsstrukturen negativ betroffen, deren bisherige Haupteinnahmequelle, die Auslandsnachfrage, von einem Tag auf den anderen wegbricht, weil der neue Wechselkurs die Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Anbieter zunichtemacht. Über Jahre hinweg aufgebaute und auf einen großen Außenhandel abgestimmte Wirtschaftsstrukturen lassen sich nicht über Nacht an plötzlich geänderte Preisverhältnisse anpassen. Daher ist es wahrscheinlich, dass es zu Massenentlassungen kommt.

Wer also bezüglich Kredithilfen an Griechenland ein einzelwirtschaftliches Bild im Kopf hat wie das eingangs gezeichnete, der sollte eigentlich auch starke Bauchschmerzen angesichts der deutschen Exportüberschüsse haben. (Wir auf flassbeck-economics haben ebenfalls Bauchschmerzen wegen der deutschen Exportüberschüsse, denken aber anders über Griechenland.) Wer aber argumentiert, er persönlich könne doch nichts für diese deutschen Überschüsse, da er ja niemanden zwinge, deutsche Waren zu kaufen, er wisse ja nicht einmal, womit die deutschen Waren von wem bezahlt würden, der sollte dieses Argument auch in umgekehrter Richtung voll und ganz gelten lassen: Ein griechischer Bürger kann nämlich auch nichts dafür, dass sein Land insgesamt im Ausland verschuldet ist, weil er nicht wissen geschweige denn steuern kann, wer welche Waren von wem mit welchem Geld oder Kredit kauft.

Solange aber die Meinung vorherrscht, Demokratie bestehe darin, dass jeder bei jedem Thema mitreden und Stimmung machen könne, auch wenn er nichts von den relevanten Zusammenhängen versteht, kann man den griechischen Politikern in der gegenwärtigen Situation nur raten, auf die offene deutsche Flanke zu verweisen: Entweder die deutschen Politiker bequemen sich, endlich gesamtwirtschaftlich zu denken, das der Bevölkerung ehrlich zu kommunizieren und auf dieser Grundlage gemeinsam mit ihren EWU-Partnern nach Lösungen der Eurokrise zu suchen, oder sie stoßen auf genau so viel einzelwirtschaftliches Achselzucken bei den ausländischen Schuldnern, wie sie selbst an den Tag legen (darauf weist auch Frank Hoffer von der ILO hin). Die Schuldner werden sich dann nämlich notgedrungen hinstellen müssen und nach dem Motto „wo nichts ist, kann auch nichts geholt werden“ die leeren Taschen nach außen stülpen.

Und die Politiker, die sich an dieser Stelle darüber aufregen, dass Griechenland die ihm zustehenden Steuern etwa von seinen Reichen nicht genügend eintreibe, also nicht mit leeren Taschen dastehen müsse, wenn es denn nur wolle, diese Politiker müssen sich fragen lassen, warum sie sich nicht für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Europaparlament zu Fragen der Steuergestaltung und -hinterziehung stark gemacht haben. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
http://www.flassbeck-economics.de/deutsche-nettoexporte-ja-kredite-fuer-griechenland-nein-wie-passt-das-zusammen/



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Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

03.05.2015 um 20:40
@eckhart

sehr trivial,aber immerhin nicht falsch. Aber wo seht da jetzt etwas über den zwang zu irrationalem handeln?
Das ist übrigens etwas anderes als die tatsache, dass individuell rationales handeln zu einem für die gesamtheit nachteiligen ergebnis führen kann. Das dürften die griechen auch wissen, schließlich haben sie jetzt ja einen spieltheoretiker als finanzminsiter :-D.


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