Optimist schrieb:jetzt wäre für mich mal interessant, wie es nach dem Mindestlohn aussieht?
Also ich meine wenn man die Überstunden mit einpreist, auf was für einen Stundenlohn man dann kommt? Bleibts dann sozusagen bei den 5 Euro?
In der Reinigungsbranche umgehen die auch den Mindestlohn mittels unbezahlter Überstunden.
Die fünf Euro waren praktisch der "Basislohn" früher, alles Trinkgeld durfte behalten werden, musste aber mit dem "Hintergrund", also der Küche etc. geteilt werden. Da gab es mitunter gute Abende. Dann gab es Abende, wo eine Firma beispielsweise ihre Weihnachtsfeier feierte, Umsätze von lass sagen 2500€ generierte und generieren durfte und wo wirklich so lange bestellt wurde, bis dieses Limit erreicht war - da gab es dann mitunter 0€ für den langen Abend. Die Regel, dass der Lohn nur bezahlt wird, solange auf ist, gab es schon immer. An solchen Abenden ist der Stundenlohn dann unter 5€ gerutscht - klar, du musstest ja noch zwei Stunden dranhängen und aufräumen.
Jetzt verdient man den Mindestlohn minus der Zeit, die man hinten dran hängen muss, die nicht bezahlt wird. Das Trinkgeld wird nun kompett abgegeben und man bekommt einen Miniteil zurück, praktisch als Bonus - das ist umsatzabhängig, wobei du den Umsatz oft nicht beeinflussen kannst. Sprich: Sitzen zwei Leute in deinem Service, die den gesamten Samstagabend nur zwei Bier umsetzen, dann hast du halt Pech gehabt.
Es gibt hier aber schon Gastrobetriebe, wo du grundsätzlich 10% oder so vom Umsatz + Trinkgeld verdienst. An tollen Abenden - super. Bei Flaute läufst du dann wieder mit einem Stundenlohn von 3€ heim. Und du bringst dein eigenes Wechselgeld etc, passiert dir ein Fehler, hast du eben Pech gehabt.
Da, wo mein Mann arbeitet, weil du die Reinigungsbranche ansprichst, gibt es auch ein Hotel. Da wurde nach Einführung des Mindestlohnes bei den Zimmermädchen auf Bezahlung pro Raum umgestellt. Sprich, du bekommst nun glaube ich 5€ für jedes geputzte Hotelzimmer, im Schnitt schaffst du zwei komplett in der Stunde ... wenn nicht ... der Gast zu spät auscheckt, voll das Chaos hinterlassen hat, eigentlich schon ausgecheckt hat, aber doch nochmal zurückkommt und duscht, dann sinkt dein Stundenlohn, weil du ja ggf. noch ne gute halbe Stunde warten musst, bis du das Zimmer endlich machen kannst.... Das ist dennoch ein superbeliebter Job bei jungen Familienmüttern, da du schnell angelernt bist und mal eben am Wochenende für drei bis vier Stunden arbeitest.
Von Arbeitgeberseite her: seit es die Internetbewertungen gibt, kannst du das gar nicht als Vollzeitstelle mehr vergeben, da der Gast, wann auch immer er anreist, eigentlich das Zimmer beziehen möchte, du lässt also möglichst viele Zimmermädchen möglichst kurz putzen, damit die Zimmer wieder einsatzfähig sind. Sprich: Übernachtungsgast X checkt morgens um 9 Uhr aus. Sofort wird dieses Zimmer gerichtet, da, falls jemand um 9.30 einchecken möchte, möglichst ein Zimmer fertig sein muss. Du bist als Zimmermädchen aber langsamer, wenn du Zimmer für Zimmer arbeitest. Manche machen es dann so, dass sie zusammengehen - die eine macht dann Betten, die andere Bäder. Da musst du dem Partner aber vertrauen, stimmt im Zimmer was nicht, verlierst du sonst deinen Job. Daher machen lieber viele das Zimmer für Zimmer System alleine und nehmen in Kauf, dass sie eben länger bleiben und dadurch der Stundenlohn sinkt.