@paxito Zu deinen Überlegungen über den Wahrheitsbegriff fällt mir das allgemein bekannte Gleichnis von
den blinden Männern und dem Elefanten ein. Wenn eine bestimmte Information über ein Objekt oder Ereignis fehlt, bedeutet das nicht, dass diese Teilinformation falsch sein muss. Sie kann durchaus wahr sein, aber aufgrund ihrer Unvollständigkeit könnte sie zu einer unwahren Schlussfolgerung führen, wenn man sie zur allgemeingültigen Antwort erklärt. Das Gesamtbild ergibt sich in der Regel durch eine Folge von Wahrheiten, wobei das Gesamtbild der objektiven Wahrheit näher kommt als eine einzelne Aussage.
Deine Rahmenbedingungen scheinen mir unschlüssig zu sein. Die Unmöglichkeit der schrittweisen Annäherung an die Objektivität wird durch künstlich aufgezogene Grenzen eingeschränkt. Die Praxis der Arbeit mit Informationen widerspricht diesem Konstrukt. Dies betrifft nicht nur die wissenschaftliche Praxis, sondern auch die allgemeine Erkenntnisgewinnung.
Ein relevantes Konzept in diesem Zusammenhang ist das
"Predictive Coding", welches auf einem hohen Grad von Rekurrenz im Gehirn basiert. Aufgrund der evolutionären Entwicklung verfügt unser Gehirn über die Fähigkeit eine interne Modellierung der Umwelt vorzunehmen. Dabei lösen nur Unterschiede zwischen Erwartung und Realität signifikante neuronale Reaktionen aus. Man könnte also sagen, dass das Gehirn selbst durch Wechselwirkungen mit der Umwelt im Laufe seiner Entwicklung "vorprogrammiert" wurde. Aus diesem Grund können unsere Gedanken nicht rein subjektiv sein. Sie sind zwar subjektbedingt, aber nicht unbedingt immer subjektiv.
Wenn du also behauptest, dass man sich der objektiven Wirklichkeit nicht nähern kann, dann frage ich dich nach wie vor: Warum? Das, was wir wahrnehmen, muss aus Prinzip zumindest zu einem bestimmten Grad Teil der objektiven Wirklichkeit sein, allein schon aus entwicklungsbiologischen Gründen.
Wir können uns keine Dinge vorstellen, die wir uns nicht vorstellen können. Das ist eine Tatsache, bei der ich mit dir übereinstimme. Es gibt jedoch ein Konzept von Objektivität. Wir können diesen Begriff definieren. Wir können darüber diskutieren. Daraus folgt, dass wir es uns auch vorstellen können (müssen).
Warum du also immer wieder davon sprichst, dass es unmöglich sein soll, erschließt sich mir nicht. Deine Verweise und Erklärungen sind leider unzureichend um es zu verstehen. Es muss an unterschiedlichen Definitionen von Objektivität liegen. Doch auch wenn ich deine Definition davon nicht gänzlich nachvollziehen kann, muss du es jedoch trotzdem zumindest für dich selbst definieren können. Mit einer Erklärung, dass jeder Gedanke rein subjektiver Natur sein muss (wegen ist eben so), ist es dabei nicht getan. Ich habe dir einige Beispiele dafür geliefert die darauf hindeuten, dass die Gedanken eben nicht immer subjektiv sind. Auch aus der Soziologie kennt man eigentlich, dass die Vorstellung der "Einzigartigkeit" mehr eine Illusion als eine Tatsache ist. Die Menschen funktionieren als Teil eines Systems, sind in dieses System eingebunden und seinen Regeln unterworfen. Dadurch, dass sie diese Regeln mit ihren Sinnen erfassen und verstehen können ändert sich das System nicht.
Damit überhaupt eine Möglichkeit bestehen kann unsere Innenwelt, die subjektive Betrachtung, Meinung, etc. auf etwas projizieren zu können, müssen diese Informationen vorher in unserem Körper gespeichert worden sein. Da du Determinismus nicht ablehnst, müssen diese Ausführungen für dich nachvollziehbar sein.
_______________________
Ich verstehe übrigens deine Kritik, meine Ausführungen beruhten allerdings auf deiner Aufforderung:
paxito schrieb:Aber auch du müsstest zeigen, welche Erkenntnisse, egal mit welchem Wekzeug gewonnen, denm nun wie "ein Bild der objektiven Wahrheit" darstellen und warum.
Ich hatte dich vorgewarnt, dass ich dich zuerst verstehen müsste um eine Zielgerichtete Antwort geben zu können. Das tue ich bisher nicht vollständig. Deswegen auch die breitgefächerten Antworten, die keineswegs als ein Angriff oder Unterstellungen irgendeiner Art zu deuten sind. Betrachte es bitte als eine Reflexion. Mehr ist es nicht.
Wenn dir diese Diskussion kein Vergnügen mehr bereiten sollte, dann ziehe ich mich gerne wieder zurück.