FlamingO schrieb:Das ist ein elegant formulierter und bündig auf den Punkt gebrachten Ansatz; diesmal sogar noch mit echtem Mäeutik-Potenzial. :)
Trotzdem ein Gedankenspiel dazu: Mal angenommen, ein Stein wird in einem speziellen licht- und luftgeschützten Behältnis deponiert, so dass keinerlei Außeneinflüsse auf diesen Stein einwirken. Wenn wir nun davon ausgehen, dass Zeit sich in Form von Zustandsveränderungen zeigt, der Stein nach 10 Tagen wieder aus dem Behältnis entnommen wird, er sich jedoch offensichtlich nicht verändert hat, dann ist die Zeit ja aber nicht stehengeblieben. Sie ist auch ohne Einwirken weiterer Kausalitäten vergangen.
Womöglich ist Zeit also ihr eigenes Verstreichen. Unaufhaltsam ist sie allemal.
Der Stein in seinem Behältnis bewegt sich ja nach wie vor relativ zur restlichen Materie im Universum.
Angenommen dieses Behältnis ist auf der Erde, dann bewegt es sich um die Sonne. Die Sonne wiederum bewegt sich ums Zentrum der Milchstraße und die Milchstraße wabert auch relativ zu anderen Galaxien umher.
Jede Menge Bewegung also und diese Positionsveränderung im Raum (ist ja eine Zustandsveränderung) lässt sich nur mithilfe einer zeitlichen Dimension beschreiben.
"Zeit anhalten" ist allerdings in gewisser Weise schon möglich. Da die Lichtgeschwindigkeit konstant ist und sich stets aus der Geschwindigkeit im Raum und der Geschwindigkeit in der zeitlichen Dimension zusammen setzt kommt man zu einer recht simplen Beschreibung von Bewegung in der Raumzeit: v1 + v2 = c
v1 = Geschwindigkeit im Raum
v2 = Geschwindigkeit in der Zeit (Zeit verstreicht nie konstant schnell, ist immer abhängig von Geschwindigkeit und relativer Position zu Gravitationszentren. Wir haben nur diesen Eindruck als wäre Zeit konstant, weil unsere Position und Geschwindigkeit immer (sogut wie) konstant bleibt)
c = Lichtgeschwindigkeit
Das bedeutet wenn man sich mit Lichtgeschwindigkeit im Raum bewegt, dann steht die Zeit still. Und ich bin mir nicht sicher, aber ich denke in einer Singularität, also in einem schwarzen Loch, steht die Zeit auch still.
Also wenn v1=c dann folgt daraus, dass v2 = 0.
Sich mit Lichtgeschwindigkeit zu bewegen ist praktisch für Materie mit einer Masse die größer als 0 ist nicht möglich, weil die Energie die nötig ist um Massen > 0 auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen gegen Unendlich geht.
Aber ein masseloses Photon z.B existiert zumindest aus seiner subjektiven Sicht unabhängig von Zeit.
Generell ist es so: Je schneller man sich im Raum bewegt umso langsamer vergeht die Zeit und umso größerer Gravitationskraft man ausgesetzt ist umso langsamer vergeht die Zeit.
Das bedeutet z.B: Wenn wir stehen, dann vergeht die Zeit für unseren Kopf etwas schneller als die Zeit für unsere Füße.
Der Effekt ist extrem klein, aber messbar.
Für GPS Satelliten die deutlich weiter von der Erde entfernt sind als unsere Köpfe, ist der Effekt sogar so groß, dass er mathematisch bereinigt werden muss um die Genauigkeit der GPS-Ortung zu verbessern.
Was ich damit sagen will ist, dass Zeit nichts konstantes ist, sondern ein komplett relatives Resultat von Prozessen die räumlich getrennt voneinander ablaufen in einer Umgebung die keine unendlich schnelle Informationsübertragung erlaubt.
Zeit ist quasi nur die Variable, die diese ganzen Prozesse zueinander in Relation bringt.
Libertin schrieb:Das ist aber eben auch alles nur ne Annahme, bestenfalls ne Hypothese. Ein Abhay Ashketar, Martin Bojowald, Andrei Dmitrijewitsch Linde oder Alexander Vilenkin vertreten dazu z.B. ne ganz andere Position.
Das würde ich nicht so sagen. Der Urknall an sich ist eine recht spezifische Theorie, kann aber auch repräsentative für jeglichen Ursprung stehen. Verschiedene Theorien zur quantisierung von Gravitation erklären die Dimensionalität des Universums im Detail und bieten langfristig evtl. Antworten darauf warum bestimmte Parameter sind wie sie sind, bspw. warum die Lichtgeschwindigkeit so ist wie sie ist oder warum sich Wechselwirkung mit bestimmten Eigenschaften gebildet haben.
Aber nichts davon widerspricht dem was ich geschrieben hab.
Vor allem der Kernpunkt der Kausalität die als Resultat von Energie die verschiedene Formen in einem Vieldimensionalen Raum annehmen kann in Erscheinung tritt, aber gleichzeitig auch den Rahmen für all diese Prozesse setzt, wird so viel ich weiß nicht von den verschiedensten Ansätzen in der Quantenmechanik in Frage gestellt.
Eine offene Frage ist ob es tatsächlich Prozesse gibt, die unabhängig von jeglichen Naturgesetzen ablaufen und damit tatsächlich von rein gar nichts abhängen und absolut zufällig sind, und vor allem wie dieser Zufall sich auf den Determinismus des restlichen Universums auswirkt.
Libertin schrieb:Ja, kann. Ob es dieses Potenzial gab, steht nochmal auf einem anderen Blatt, denn das setzt ja wieder das Ursache-Wirkungs-Prinzip voraus. Ging unser Dasein aber aus einem "ex nihilo" hervor, hätte sich das mit dem Potenzial auch schon wieder erledigt.
Wieso setzt so ein "Potential" ein Ursache-Wirkungs-Prinzip vorraus?
Und wieso kann ein Potential nicht Nichts sein?
Ein Ex-Nihilo kann es ja trotzdem sein und die einzige Eigenschaft des Potentials ist, dass es das Potential hatte nicht Nichts zu bleiben.
Das Potential ist also nichts weiter als die mathematische Aussage, dass es kein Absolut gibt, sondern sich alles über Annäherung hin zu Extremen definiert.
Anders gesagt: Man hat absolutes Nichts. Aber mathematisch kann man nicht mit 100%iger Wahrscheinlichkeit sagen, dass dieses Nichts, Nichts bleiben wird. Die wahrscheinlichkeit ist unendlich klein, aber nichts ist absolut auszuschließen.
Und das ist das Potential. Es hat keinerlei Eigenschaften ausser der Tatsache, dass es nichts gibt was seine Unmöglichkeit festlegt.
Noumenon schrieb:Sorry, aber du hast die Problemstellung definitiv nicht verstanden!
Es ist zunächst eine simple und immer wieder bestätigte Beobachtungstatsache, dass alles Ursachen hat, so wie auch alles aus Teilen besteht:
1) alles hat Ursachen
2) alles besteht aus Teilen
Das ist nur im Universum der Fall und es ist nur der Fall, weil es Naturgesetze gibt.
Wir wissen aber, dass es die Naturgesetze nicht schon immer gab, sie haben sich mit der Entstehung des Universum ausgebildet.
Der Denkrahmen, den sie uns also liefern, dürfen wir nicht auf Fragen zur Entstehung des Universum anwenden.
Das wäre ein Fehler.
Noumenon schrieb:Satz (2) wurde schon vor mehr als 2000 Jahren dahingehend beantwortet, dass sich dies doch unmöglich ad infinitum so fortsetzen könne, sondern es etwas geben müsse, das als kleinstes Teilchen fungiert, aber selbst nicht mehr teilbar sei. Der Rest ist Geschichte - von der Atomistik bis zur modernen Elementarteilchenphysik (und darüber hinaus...).
Satz (1) wurde in der Philosophiegeschichte ganz analog dahingehend beantwortet, dass sich dies doch unmöglich ad infinitum so fortsetzen könne, sondern es etwas geben müsse, das als erste Ursache(n) fungiert, aber selbst keinerlei Ursachen mehr hat.
Alles besteht aus Teilchen, aber was war vor den Teilchen und was verlieh den Teilchen ihre Eigenschaften? Was bestimmt ihre Wechselwirkungen?
Das philosophische Problem der "ersten Ursache" ist meiner Meinung nach kein echtes Problem, da die Naturgesetze nicht immer gegolten haben. Es gab keine "erste Ursache" und es war auch keine nötig.
Noumenon schrieb:Hier sprichst du von Wirkung einerseits, und von Konsequenz andererseits. Einerseits machst du zwar selbst von dem Unterschied zwischen kausaler und logisch-physikalischer Notwendigkeit Gebrauch, tust ihn mit Blick auf die diskutierte Problematik dann aber geflissentlich ignorieren. Sorry, aber genau so geht das eben einfach nicht! Du kannst nicht einerseits sagen, dass die Frage nach einem Grund, einer Ursache o.ä. beispielsweise und spätestens für die kausale Ordnung selbst sinnlos sei, weil hier die Existenz einer kausalen Ordnung ja bereits vorausgesetzt würde, um anderseits dann aber die Naturgesetze als eben jenen Grund, jene Ursache in den Raum zu werfen.
Das geht schon. Indem man die Ausprägung der Naturgesetze einfach dem Zufall überlässt, an keine kausalen Prozesse gebunden.
Wie oben schon geschrieben: Und das ist das Potential. Es hat keinerlei Eigenschaften ausser der Tatsache, dass es nichts gibt was seine Unmöglichkeit festlegt.
Man könnte jetzt argumentieren, dass man die Problematik wieder nur eine Instanz weiter geschoben hat und man jetzt Fragen muss woher das Potential kommt. Aber die Art des Potentials an und für sich ist bereits als Axiom definiert. Es ist schlicht und einfach die Aussage, dass im Nichts, also im Zustand vor Allem bzw. in der Abwesenheit jeglichen Zustands, nichts ausgeschlossen werden kann.
Die Unmöglichkeit der Existenz müsste im Wesen des Nichts in irgendeiner Form angelegt sein, sie müsste in irgendeiner Form bedingt sein, womit das Nichts wiederum Nichts nichts wäre, sondern eine Eigenschaft auswiese.
Absolutes Nichts kann solche Eigenschaften nicht haben, dementsprechend kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Nichts jemals zu etwas wird.
Die einzige unbelegbare Annahme die man also treffen muss ist die, dass Existenz nicht unmöglich ist. Und ausgehend davon, dass wir existieren, ist diese Annahmen relativ leicht zu akzeptieren.
Noumenon schrieb:Nur dass du, auf dass es hoffentlich keiner merkt, statt von "Wirkung" eben von "Konsequenz" sprichst.
Ich meine damit etwas anderes.
Kausalität und Raum entfalten ihre Wirkung auf Materie, nicht auf Zeit.
Zeit ist nur ein Beiprodukt der dadurch stattfindende Prozesse.
Im Grunde wie ein Schatten. Genauso wie ein Schatten ohne Licht und Materie die Licht absorbiert nicht existiert, so existiert Zeit nicht ohne Raum und Materie die sich im Raum relativ zueinander bewegt und verschiedene Wandlungsprozesse durchläuft.
Sind Schatten und Zeit also Dinge die für sich selbst existieren? Oder sind sie nur Konsequenzen anderer Prozesse die wird Menschen als eigenen Prozess fehlinterpretiert haben?
Noumenon schrieb:Interessanter Punkt. Allein die Möglichkeit, dass X ist... die mag sicherlich stets und (fast) ohne Weiteres gegeben sein. Nur die Logik scheint hier noch mitreden zu wollen (kann es bspw. runde Quadrate geben...?).
Logik steht dem nicht im Weg. Und solange Quadrate über vier 90° Winkel definiert sind und "Rundheit" über die Abwesenheit von Ecken kann es keine runden Quadrate geben. Aber wenn man einen Kreis(Rund) nur als Gebilde mit annähernd unendlich vielen Ecken mit annähernd unendlich kleinem Winkel definiert, dann ist ein Quadrat rund.
Auch wenn 4 Ecken weit von annähernd unendlich vielen Ecken entfernt, liegt es noch auf dem Spektrum der Idee von "rund".
Noumenon schrieb:Leider kann man für X aber so ziemlich alles mögliche einsetzen: Schlaraffenland, Marvel-Universum, Phantásien, Entenhausen... im Prinzip alle möglichen Märchenwelten und -figuren (solange sie wenigstens der Forderung nach logisch-physikalischer Realisierbarkeit genügen).
Richtig. Das Universum was jetzt existiert ist ja auch mindestens so absurd wie das Schlaraffenland oder Entenhausen.
Wir Menschen haben aber natürlich die grandiose Fähigkeit alles was wir kennen als normal anzusehen und alles was wir (noch) nicht kennen als komisch, unnormal und unnatürlich.
Aber ja, dass das Universum genau so ist wie es ist ist auch maximal unwahrscheinlich. Es hätte alles anders sein können.
Dann wären wohl irgendwelche andere intelligenten Wesen entstanden und hätte sich gewundert warum es "ausgerechnet" sie getroffen hat.
Noumenon schrieb:Zumal die Begründung, warum dieses "Potential" nun ausgerechnet zu der uns bekannten Energie, Materie und Raumzeit sowie den uns bekannten Naturgesetzen und -konstanten kollabiert, hier nirgends gegeben ist.
Welcher Logik die Ausprägung der Naturgesetze unterlag und ob sie überhaupt einer Logik unterlag(könnte ja auch reiner Zufall sein), ist eine Frage die von verschiedensten quantenmechanischen Theorien gestellt wird.
Sie zu beantworten ist nicht vorraussetzung für die Ursprungstheorien.