FlamingO schrieb am 10.07.2020:Soweit zum Raum. Im Raum kann man sich bewegen, nach rechts oder links, vorn oder hinten, oben oder unten.
Aber Zeit ... was ist das, etwas Sprachliches? Haben wir Zeit? Hat die Zeit uns?
Zeit ist die Konsequenz aus Kausalität und Raum.
Das klingt jetzt ein bisschen abstrakt, aber im Grunde bedeutet es, dass Raum ermöglicht, dass Zustände sich ändern. (Bspw. die Position von Objektiven relativ zueinander) Und der Ablauf dieser Veränderung und die Stabilität des ganzen Systems erlaubt es uns davon so etwas wie Zeit abzuleiten. Ohne diese Veränderung gibt es keine Zeit.
Wenn ein Event statt findet in einem stabilen System, dann kann man ein "vorher" und "nachher" definieren. Zeit ist nichts weiter als das.
Das liegt daran, dass Prozesse im Raum nicht unendlich schnell ablaufen sondern nur mit Lichtgeschwindigkeit und die ist eine Konstante der Raumgeometrie. Wie diese Konstante genau ausfällt ist denke ich offen, die muss nur konstant sein.
Ohne Raum gibt es dementsprechend auch keine Zeit. Eine Singularität ist kein diverser veränderlicher Zustand und hat keine Raumgeometrie innerhalb derer bestimmte Gesetze festgelegt sind, dementsprechend existiert sie nicht mit einem zeitlichen Ablauf.
Im Raum kann man immer die Fragen nach dem Wo? und Wann? stellen. Also die Position jedes Teilchens relativ zum Rest der Materie zu einer bestimmten Zeit.
Ohne Raum machen beide Fragen keinen Sinn.
FlamingO schrieb am 10.07.2020:Wir fragen nach dem Anfang aller Dinge, aber selbst, wenn eines Tages erklärbar wäre, wie plötzlich Raum, Zeit und Energie ins "Nichts" schossen, bleibt immer noch die Frage woher ? Woher kommt das alles?
Diese Frage baut auf dem menschlichen Verständnis von Ursache und Wirkung auf. Das hilft uns hier aber nicht weiter.
Ursache und Wirkung sind eine Konsequenz der Naturgesetze, die gibts aber erst seitdem sich eine einigermaßen stabile Expansion im Universum etabliert hat.
Davor gabs die nicht und dementsprechen gab es auch kein Ursache-Wirkung-Prinzip.
Die Fragen nach dem Grund, der Ursache oder "woher" das alles kommt machen also nicht wirklich Sinn da sie auf der falschen Annahme beruhen, dass eine Ursache nötig war.
FlamingO schrieb am 10.07.2020:Schon Kant erkannte, dass unser Verstand Fragen erzeugt, auf die es vielleicht nie eine Antwort geben wird.
So mag die Frage "Warum ist Etwas und nicht vielmehr Nichts?" womöglich schon falsch gestellt sein.
Vielleicht ist das Universum ein Arzt, der einem Leichenzug hintergeht. Ursache folgt Wirkung.
Paradox.
Für Menschen, die Teil dieses Universums mit seinen Naturgesetzen sind, ist es natürlich schwierig die richtigen Fragen zu stellen, wenn es um Dinge geht die nicht innerhalb dieses Universums und seinen Regel passiert sind.
Perspektive ist hier wichtig.
Der Urknall war nicht einfach die plötzliche explosion eines kleinen, extrem dichten Materiepunkts, vielmehr war es der unvermeidbare Kollaps der ausgewogenen Nichtexistenz. (Unvermeidbar deswegen, weil es keine Referenz gibt gegen die man eine Unmöglichkeit definieren könnte und keine Zeit über die man eine Wahrscheinlichkeit definieren könnte.)
Wir können Energie definieren, da wir Schwankungen feststellen können. Jegliche Prozesse die wird kennen, definieren sich letzendlich über Abgrenzung von vergleichbaren Prozesses die mit anderen Parametern ablaufen.
Vor dem Urknall hatten wir aber einen Zustand der keine Unterschiede zuließ. Nichtmal theoretisch. Da es keinerlei Dimensionen gab in denen sich Unterschiede herausbilden konnten.
Kein Raum, keine Zeit, keine Materie, keine Gesetze die das Zusammenspiel all dieser Dinge regeln.
Aber trotzdem gab es Potential. Warum? Warum nicht?
Und wenn es Potential gibt, dann steht fest, dass dieses Potential sich "irgendwann" herausbildet. Das gleichgewicht kollabiert, Potential wird zu Energie und Materie die sich relativ zueinander Verhalten und dabei Raum und Zeit schaffen. Diese Raumgeometrie bildet sich mit bestimmten Parametern aus, die Naturkonstanten.
"Warum ist nicht Nichts?" wird eine bedeutungslose Frage wenn man es so betrachtet. Es war immer Nichts und es wird immer Nichts sein. Unser kleines Universum ist nur ein unvermeidbares Spin-Off. Nichts und Unendlich mögen wie die gegenüber liegende Extremen auf einem Spektrum wirken, aber das ist ein Trugschluss. Tatsächlich sind sie ein und das selbe Extrem auf einem "Spektrum", dass nur aus einem Zustand besteht in dem jegliche Referenz fehlt und damit jeglicher Anhaltspunkt um irgendwelche Art von individuellen Ausprägungen zu definieren. (Das ist nur ein komplizierter Weg um zu sagen, dass es im Nichts bzw. in der Unendlichkeit keinen Raum bzw. keine Zeit gibt)
Trotzdem ist das natürlich ein ziemlicher Mindfuck. Weswegen ja so viele Leute an Götter glauben, die man für das ganze Schlammasel verantwortlich machen kann.