Ozeanwind schrieb:Ich kenne das gar nicht anders, lief bei mir/uns bisher immer so ab .
Ja, ich auch. In Österreich dürfen ja schon sehr lang maximal 3 Monatsmieten als Kaution verlangt werden und natürlich verlangen dann die Vermieter auch den Maximalwert.
Wenn man bedenkt, dass es auch wenig achtsame Mieter gibt, die eine Wohnung schmutzig und kaputt übergeben, wundert mich das auch nicht. Oft übersteigen dann die Renovierungskosten die Kaution um ein Vielfaches.
Normalerweise bekommt man die Kaution beim Auszug ja wieder verzinst zurück. Es gibt aber leider auch schwarze Schafe bei den Vermietern, die dann unter irgendeinem Vorwand versuchen, die Kaution einzubehalten, obwohl nur normale Abwohnung entstanden ist. Aber dafür gibt es dann Schlichtungsstellen oder Mietervereine, die dann Anwälte stellen, um das Geld wieder zurückzuholen.
Mir ist das zum Glück nie passiert, aber man liest solche Fälle öfter in Konsumentenschutzzeitungen.
Ozeanwind schrieb:Das glaube ich und stell es mir sehr anstrengend und aufreibend vor.
Das empfinde ich gar nicht so, ich kenne es ja nicht anders.
Ich weiß aber, dass es andere nerven kann, wenn ich sehr genau bin. Ich frage ja immer bei allem dann nach, wie zum Beispiel bei meiner Gehaltsabrechnung. Die rechne ich jedesmal nach und das ist auch gut so, weil es schon öfter vorkam, dass etwas nicht gepasst hat (nicht nur bei mir). Aber klar werden die Personalverrechner sich denken: "Die schon wieder, was will sie denn jetzt? 🙄"
Anderseits hat meine Genauigkeit die Firma dann aber auch schon vor Schäden bewahrt, weil ich Fehler entdeckt habe, die anderen nicht aufgefallen sind. Somit hat sich das auch als nützlich erwiesen und deshalb rügt mich auch niemand offen dafür.
Ozeanwind schrieb:Aber, ich bin mittlerweile sehr viel gelassener, nicht mehr so nervös und hektisch, nicht mehr so häufig genervt und verärgert, wie ich es früher oftmals war.
Das war ich sowieso noch nie. Meine Gefühlswelt ist ja nicht so ausgeprägt wie die anderer Menschen und manche Gefühle, die Menschen so beschreiben, kenne ich gar nicht und habe ich noch nie empfunden.
Nervös war ich höchstens als Kind vor unangenehmen Situationen, zum Beispiel in der Schule, wenn ich an die Tafel musste. Das lag aber weniger an der Tätigkeit selbst, sondern daran, dass sich die Lehrer gnadenlos über einen lustig machten. Das lag aber dann hat nicht an mir, sondern an der Unfähigkeit der Lehrpersonen.
Hektik kenne ich gar nicht. Das hat meine Eltern immer zur Weißglut getrieben, wenn ich 5 Minuten vor geplanter Abfahrt noch in Unterwäsche im Bad stand und mir seelenruhig die Zähne putzte. Ich wusste ja, dass sie ohne mich nicht fahren, also weshalb stressen? Und wenn sie ohne mich gefahren wären: Juhuuu, ein Tag alleine zu Hause und ich hab Ruhe von ihnen und kann lesen.
Genervt und verärgert bin ich zwar gelegentlich, aber das dauert nicht lange, nach ein paar Minuten habe ich das wieder vergessen.
Ozeanwind schrieb:Ich stell mir das als ein sehr geregeltes Leben vor, nach individuellen Maßstäben/Gewohnheiten und wenn sich da etwas verändert bzw. mit diesen Regeln nicht konform geht, sorgt das für Ärger und Irritation(?).
Ich kann jetzt nur von mir sprechen, Autismus ist ja sehr individuell. Geregelt ist mein Leben schon, aber nicht sehr strikt. Eigentlich richte ich mich nur nach Arbeitszeit und Terminen. Der Rest der Zeit ist nicht verplant, da lebe ich dann in den Tag hinein und tue, was mir gerade Spaß macht.
Es gibt zum Beispiel keine festen Essenszeiten. Wenn ich hungrig bin, dann esse ich was, bin ich nicht hungrig, esse ich nichts. Ich habe auch keine bestimmte Badroutine im Sinne von festen Zeiten. Die Tätigkeiten sind immer dieselben mehr oder weniger.
Veränderungen stören mich nur dann, wenn sie meinen Tagesablauf durcheinander bringen. Zum Beispiel, wenn ich einen seit Monaten geplanten Termin absagen muss, weil etwas anderes dazwischen kommt. Und ich mag keine spontanen Besuche. Besuch mag ich generell nicht sehr gerne und nur von bestimmten Menschen und darauf muss ich mich vorbereiten.
nairobi schrieb:Ich bin der Meinung, dass das (auch) mit dem Alter zu tun hat insofern, dass man eine Reifung/Entwicklung durchmacht.
Das kann sein, aber manchmal entwickeln sich Menschen im Alter auch zum Negativen, Stichwort Altersstarrsinn.
nairobi schrieb:Man sagt ja, dass viele in einem höheren Lebensalter ruhiger und gelassener werden.
Das habe ich gerade anders erfahren bei meinen Eltern. Je mehr ihre körperliche Leistungsfähigkeit abnahm, also zum Beispiel je langsamer ihre Reaktionen werden und je schlechter sie sehen oder hören, desto nervöser und hektischer wurden sie.
Mein Vater bestand darauf, noch selbst Auto zu fahren, obwohl er es wirklich gar nicht mehr im Griff hatte. Da war nichts mit Vernunft und Gelassenheit. Wenn er einen Fehler machte, waren grundsätzlich alle anderen schuld und er schimpfte dann wie ein Rohrspatz.
Auch das Rechthaberische wurde bei meinem Vater und jetzt auch bei meiner Mutter immer stärker ausgeprägt mit zunehmendem Alter. Sie wurden beide sehr unflexibel und konnten sich nicht mehr auf Veränderungen einstellen. Alles musste so gemacht werden, wie sie es gewohnt sind. Mit mal Fünfe gerade sein lassen ist bei meinen Eltern nix. 😂
Aber vielleicht sind sie ja auch nicht diagnostizierte Autisten, wer weiß das schon. Als sie Kinder waren, gab es diese Form der Diagnostik nicht und als Erwachsene wären meine Eltern gar nicht auf diese Idee gekommen.
Meine Mutter besteht ja auch jetzt noch darauf, dass ich ganz sicher kein Asperger habe, obwohl die Diagnose schwarz auf weiß vorliegt.
Ozeanwind schrieb:Ich wurde auf Unabhängigkeit hin erzogen, sowohl finanziell, als auch menschlich. Ängste durfte ich nicht zeigen, musste alles mit mir selbst ausmachen, genau so, wie meine Eltern selbst erzogen wurden.
Das war bei mir genauso. Es hat mich auch sehr geprägt, denn ich sehe alle Ängste und alle Abhängigkeiten bis heute als Schwäche und Menschen, die Schwäche zeigen, empfinde ich als Weicheier, vor denen ich keinen Respekt haben kann. Ich bemühe mich aber, es diese Menschen nicht merken zu lassen, weil die für meine schräge Erziehung ja nichts können. Ich sage dann nicht, was ich wirklich denke, sondern weiche auf sozial akzeptiere Floskeln aus. Das kann man nämlich tatsächlich lernen, es ist ein bisschen wie Vokabeln lernen: Was ist in einer bestimmten Situation angebracht und was nicht?
Drum schäme ich mich auch heute noch, wenn ich weinen muss (außer, es handelt sich um einen Todesfall, da wird weinen ja geradezu erwartet).