Wenn Helden nach Antworten suchen...
30.09.2021 um 14:38Trailblazer schrieb:Ich habe den obigen Fall nur am Rand verfolgt, aber wenn ich es richtig mitbekommen habe, hat der Täter seine Halbschwester und einige ihrer Freundinnen in seiner Wohnung öfter übernachten lassen. Diese Atmosphäre der Vertrautheit hat er dann ausgenutzt, um sich den Kindern unangemessen zu nähern.Das ist für mich schon schlimm genug und widerwärtig, aber ich verstehe, was du damit sagen willst.
Dabei soll es auch zu einzelnen "schweren Fällen" gekommen sein, in denen er die Mädchen im Intimbereich berührt habe.
Trailblazer schrieb:Allerdings wurden die meisten Vorwürfe niedergeschlagen, weil sich die heutigen Frauen, damaligen Opfer, nicht mehr konkret erinnern konnten oder ihre Aussagen widersprüchlich waren.Genau deshalb halte ich es für problematisch, so lange zu warten, um eine Straftat zu verfolgen. Ist doch logisch, dass sie sich nach so langer Zeit nicht mehr in allen Details erinnern können. Unter Umständen kommt ein Straftäter so davon oder bekommt eine Strafe, die viel zu gering ist.
Trailblazer schrieb:Nach dem, was der Stammtisch unter "sexueller Misshandlung" versteht, hört sich das nicht unbedingt an.Zum Glück entscheidet das der Stammtisch nicht.
Trailblazer schrieb:Der Täter gab glaubhaft an, dass er das damalige Interesse an Kindern (er war selbst erst 19- Mitte 20 Jahre alt) später verloren habe und sich nachweislich einer Therapie unterzogen hat. Er lebt - nun knapp 20 Jahre später - in geregelten Verhältnissen mit eigener Familie, ist nie mehr einschlägig aufgefallen und bereut die Taten offenbar. Durch die Überlastung der Justiz und Corona haben sich das verfahren über zwei Jahre hingezogen, in denen der Täter in der Öffentlichkeit stand...Erstens: das Alter des Täters hat damit nichts zu tun. Es wäre schlimm genug, wenn ein Jugendlicher oder ein Kind einfach andere Menschen im Intimbereich antatscht, auch ein Kind sollte wissen, dass das nicht okay ist. Dieser Mann war ein junger Erwachsener und sich somit sehr wohl dessen bewusst, dass er da eine strafbare Handlung begeht - denn von einer Intelligenzminderung, die es verhindert, dass er das wissen könnte, war ja nie die Rede.
Zweitens: Therapie gut und schön, aber ich glaube eben nicht, dass eine solche Neigung therapierbar ist. Dass er nicht aufgefallen ist, sagt nichts aus - vielleicht haben sich die Opfer nur noch nicht gemeldet? Das war ja offenbar bei den früheren Taten auch so, sonst wäre es ja nicht erst jetzt zu einer Verhandlung gekommen. Wer weiß, wer sich nach 20 Jahren dann alles meldet?
Es kann ja gut sein, dass er die Taten ehrlich bereut, das kann ich nicht beurteilen. Aber man darf nicht vergessen, dass man Reue auch gut spielen kann, wenn man sich davon Vorteile erhofft. Niemand kann in einen Menschen hineinschauen.
In der Öffentlichkeit stand er bestenfalls regional, denn ich habe vorher noch nie von dem Fall gehört, der dürfte allenfalls in Deutschland in den Medien gewesen sein und da vielleicht auch nicht unbedingt deutschlandweit. Aber da tut er mir nicht leid, das war seine eigene Schuld. Er hätte ja keine Kinder antatschen müssen.
Trailblazer schrieb:Wie gesagt: Das Gericht muss abwägen und unser Strafvollzug hat vordergründig die Resozialisierung und nicht Sühne oder gar Vergeltung als Aufgabe. Aber was will man an diesem Mann resozialisieren?Ja, das Gericht muss abwägen und nein, Strafvollzug ist definitiv auch als Strafe gedacht Umsonst heißt das ja nicht so. Strafe ist eine Konsequenz für begangenes Unrecht und genau deshalb hätte man den Mann jetzt einsperren müssen. Dass er sich augenscheinlich gebessert hat, ist schön und gut, macht aber seine Taten nicht ungeschehen.
Soll man ihn jetzt nochmal drei oder vier Jahre einsperren? Was soll das bringen?
nairobi schrieb:Die Frage finde ich persönlich merkwürdig, aber für mich ist das natürlich klar.Du hast auch täglich damit zu tun. 😉 Mir erscheint so einiges im Rechtssystem nicht logisch oder gerecht.
Wenn eine Handlung am Tag x nicht strafbar war, kann man sie auch nicht ahnden. Das muss schon alles schwarz auf weiß im Gesetz stehen. Darum wird ja auch immer nachjustiert. Es gilt halt das Recht, das zur Tatzeit galt. Sonst wäre es ja auch nicht ge-recht.
Natürlich kann man eine Tat nicht ahnden, die am Tag X nicht strafbar war, aber bei sexuellem Missbrauch von Kindern ist das ja schon sehr lange her, dass das in Deutschland nicht strafbar war. Seit dem Mittelalter vielleicht? 😉 Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Tat, die heute geahndet wird, vor 20 Jahren noch nicht strafbar war, ist wohl eher gering. Einzelfälle gibt es da aber bestimmt.
Hypothetische Frage: stellen wir uns vor, Abtreibung oder Vergewaltigung in der Ehe seien vor 30 Jahren noch strafbar bzw. nicht strafbar gewesen. Wenn man also heute draufkommt, dass eine Frau vor 30 Jahren ein Kind abgetrieben hat, wird sie heute noch deshalb bestraft? Denn damals war es ja strafbar (ich weiß nicht, wie es mit der Verjährung in diesem Fall aussehen würde).
Nein, wird sie nicht, weil wie @Trailblazer oben hineinkopiert hat:
Trailblazer schrieb:(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.In dem Fall gut für die Frau, aber was ist mit dem Mann, der seine Frau vor 30 Jahren in der Ehe vergewaltigt hat? Wenn sie ihn heute deshalb anzeigt, wird er nicht bestraft, weil das damals eben noch nicht unter Strafe stand und das mildeste Gesetz anzuwenden ist?
Das würde ich nicht gerecht finden.