ligala schrieb:das neuerdings dort eingestellte Geständnis vom 30.12.1986
Falls das Dokument authentisch ist, dann haben wir jetzt Sörings Geständnis, das - da es das einzige ist, das auf Tape aufgenommen wurde - Grundlage seiner Verurteilung war.
So wie ich das verstehe, ist das ein Interview mit einem deutschen Staatsanwalt, auf das sich Söring mit seinem Verteidiger offenbar vorbereitetet hat. Letztendlich spricht Söring lediglich von einer Anwesenheit im Haus und einer Art Tatbeteiligung, unter Einfluss von Alkohol und ohne Vorsatz. Er spricht nicht explizit davon, die beiden getötet zu haben.
Da er auch Elizabeth als mögliche Täterin, die in einem anderen Auto fuhr, andeutet (siehe Zitat weiter unten), wirkt das ganze etwas wie eine Zwischenstufe von einem Geständnis auf dem Weg zu dessen Widerruf.
Fest steht, einiges von dem, was da gesagt wird, kann so nicht passiert sein. Leider wurden diese Punkte nicht überprüft und in weiteren Interviews hinterfragt und abgeklärt, insofern bleibt offen, was der Grund für diese offensichtlich falschen Aussagen ist.
Möglich wäre - neben dem Fehlen von tatsächlicher Erinnerung - der Versuch das ganze als eine Art Blackout hinstellen zu wollen, ausgelöst durch Alkohol. (Es gibt gleich mehrere Stellen übers Alkohol-Trinken: dass er es nicht gewohnt sei, dass er, als er mal betrunken war, jemanden geschlagen haben soll, ohne sich selbst daran zu erinnern. An dem Abend habe er auf der Autofahrt sich mit einigen Dosen Bier Mut angetrunken. Dann habe er mit den Haysoms angestoßen... Der Verteidiger stellt am Ende nochmal eine Frage dazu, und gibt Söring erneut die Gelegenheit, sich dazu zu äußern.)
Für das Fehlen eigener Erinnerung spräche die Ergebnis orientierten Erklärungen; es wirkt so, als ob er Erklärungen für bestimmte Dinge geben wollte, von denen er erfahren hatte, und sich dann dazu irgendwas ausdenkt:
Blut wurde am Tatort gefunden, der Täter muss sich also geschnitten haben. Um das zu erklären, erzählt er, wie Frau Haysom mit einem Messer auf ihn zukam und er versuchte ihr das Messer wegzunehmen. Er spricht dann auch davon, dass es keine Schnitte waren, sondern dass ein kleiner Fleisch-Klumpen rausgeschnitten wurde (
I had the impression that a small lump of flesh was
cut out), und er sehr blutete. Die geringe Menge an Fremdblut am Tatort passt aber nicht zu dieser Erklärung. Wahrscheinlicher wäre, dass der Täter beim wilden Zustechen abrutschte und sich so an der Klinge seines eigenen Messers schnitt.
Er glaubt von zwei Fußspuren zu wissen (eine Spur von einem Mann, eine von einer Frau) und versucht, dafür eine Erklärung zu geben (Elizabeth sei ihm nachgefahren).
Auf Seite 13 heißt es dazu (PP = Public Prosecutor, A = Accused):
PP: So you think she might have come along?
A: I don't know it. I don't know whether she
followed perhaps in another car or whether
she came along in the car. But I can not
remember anymore. I think, there remain a
few pictures of this evening here and there,
let us say, which I can remember. In between
there are quite enormous gaps, and partly there
is something missing within the pictures itself
It is possible that Elisabeth came along.
I can not commit myself. I don't believe it,
but on the other hand, the police has told me
that a second set of foot prints and actually
female ones had been found in the blood in the
house. When they were so fresh that they left
traces of blood somebody must have been there
most likely, or very soon after me or at the
same time with me. I do not know that. I have
no idea about it.
Was ja insofern interessant ist, weil ein weiteres Auto zu dem fehlenden Blut im Mietwagen passen würde. Leider wurde da nicht nachgehakt, wie bei all den anderen Ungereimtheiten. Wir wüssten vermutlich deutlich mehr über die Tat, wenn da anders befragt worden wäre. Vielleicht wüssten wir dann, was während dieser "Blackouts" passierte. Und wer dafür verantwortlich war. Diese Details wegzulassen könnte ja dann auch zu seiner Behauptung, Elizabeth schützen zu wollen, passen.
Generell ist dieses Interview schwer zu deuten, da wir nicht wissen, was bei den ganzen anderen Vernehmungen gesagt wurde, was Söring also zu diesem Zeitpunkt schon von der Tat (falls er es nicht war, bzw nicht anwesend war) hätte wissen können. Wenn er beispielsweise Täterwissen "preisgibt", kann das ganz banal damit zu tun haben, dass das Thema schon in den anderen Gesprächen durchgekaut wurde.
Interessanter ist vielleicht eher, was nicht thematisiert wurde. Warum er den Part auslässt, dass er als Täter im Haus der Haysoms geduscht haben müsste, und weshalb er stattdessen erzählt, dass er sich erst in Washington gewaschen habe.
-----
ligala schrieb:1. Woher will der Autor eigentlich wissen, welches Lied Söring gehört hat? Er wird ja nicht dabei gewesen sein!?
Den Namen des Songs soll er laut dem anderen Dokument dem Psychiater gesagt haben. Bei dem Interview mit dem Staatsanwalt erwähnt er zweimal einen "certain Song", der im Radio lief. Einmal, als er das erste mal am Abfall-Container gewesen sein will, und noch einmal bei der Rückfahrt.
Da es unwahrscheinlich ist, dass dieser Song zweimal kurz hintereinander im Radio lief, ist dieses musikalische Detail eher ein Hinweis darauf, dass Söring da Dinge erfunden hat, und sich bewusst als "Killer" in Szene setzen wollte.